VwGH 83/02/0166

VwGH83/02/016624.6.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Pichler und Dr. Degischer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Novak, über die Beschwerde des Mag. Dr. HE, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 5. April 1983, Zl. MA 70‑IX/E 93/81/Str., betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §52 lita Z1
WrKonsÜbk Art71 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1983:1983020166.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit dem Inhalt des erstinstanzlichen Straferkenntnisses und des Berufungsbescheides ergibt sich folgendes:

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 24. Juni 1981 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 27. Jänner 1981 um 14.35 Uhr in Wien 1, Rathausstraße 1, gegenüber der Lichtenfelsgasse, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws diesen auf einem Schutzweg abgestellt; er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a der Straßenverkehrsordnung 1960 in Verbindung mit § 24 Abs. 1 lit. c dieses Gesetzes begangen; nach der erstgenannten Gesetzesstelle wurde eine Geldstrafe von S 300,‑ ‑ (Ersatzarreststrafe 18 Stunden) verhängt. In der Begründung wurde ausgeführt, die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung sei durch eine Wachemeldung auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmung eindeutig erwiesen. Zur Einwendung des Beschwerdeführers, er dürfe, weil in Ausübung konsularischer Aufgaben als Honorargeneralkonsul der Republik Panama tätig gewesen, nicht bestraft werden, sei zu bemerken, daß der Beschwerdeführer der Jurisdiktion der Verwaltungsgerichtsbarkeit sehr wohl unterliege. Die Verwaltungsübertretung sei am 27. Jänner 1981 begangen worden, dem Beschwerdeführer sei das Exequatur vom Bundespräsidenten aber erst mit Entschließung vom 10. Februar 1981 erteilt worden. Ungeachtet dessen fänden die Bestimmungen des Art. 43 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen, BGBl. Nr. 318/1969, auf den Beschwerdeführer nicht Anwendung, da er als österreichischer Staatsbürger, somit als Staatsbürger des Empfangsstaates, gemäß Art. 71 des zitierten Übereinkommens nur Immunität von der Gerichtsbarkeit und persönliche Unverletzlichkeit in bezug auf seine in Wahrnehmung seiner Aufgaben vorgenommenen Amtshandlungen genieße. Im übrigen unterliege der Beschwerdeführer den inländischen Gesetzesbestimmungen und der Jurisdiktion der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der Beschwerdeführer habe einem Ladungsbescheid unter Androhung der Rechtsfolgen des § 41 Abs. 3 VStG 1950 unentschuldigt nicht Folge geleistet. Das Verfahren sei daher ohne seine Anhörung zu Ende geführt worden. Es folgen Erwägungen zur Strafbemessung.

Über Berufung des Beschwerdeführers erkannte die Wiener Landesregierung, mit Bescheid vom 5. April 1983 dahin, daß das erstinstanzliche Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 bestätigt werde. In der Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer bestreite zwar nicht den angezeigten Sachverhalt, führe aber aus, daß er sein Kraftfahrzeug in Ausübung seiner Amtstätigkeit als Generalkonsul der Republik Panama abgestellt habe. Diese in Wahrnehmung konsularischer Aufgaben gesetzten Handlungen seien der Jurisdiktion der Gerichts- und Verwaltungsbehörden des Empfangsstaates nicht unterworfen. Dem sei jedoch entgegenzuhalten, daß laut Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 26. Februar 1982, Zl. 151.093/4‑11/ 6/82, der Beschwerdeführer in der gegenständlichen Angelegenheit keine Immunität von der Verwaltungsgerichtsbarkeit genieße. Darüber hinaus seien die Ausführungen des Beschwerdeführers nicht geeignet, ihn zu exkulpieren. Die Parkraumnot in der Wiener Innenstadt dürfe als bekannt vorausgesetzt werden; der einzelne Autofahrer habe sich bei Beginn der Fahrt darauf einzustellen; der Beschwerdeführer habe keinen Grund dafür angegeben, warum er seine Amtsobliegenheiten lediglich unter Benützung eines Kraftfahrzeuges bewältigen könne. Der Meldungsleger habe als Zeuge angegeben, daß der Schutzweg gut sichtbar gewesen sei; gleichzeitig habe er seine Angaben in der Anzeige zum Inhalt seiner Zeugenaussage erhoben. Da der Sachverhalt im übrigen unbestritten sei, sei die angelastete Tat als erwiesen anzunehmen, weshalb der Berufung keine Folge zu geben und der erstinstanzliche Schuldspruch zu bestätigen gewesen sei. Es folgen Erwägungen zur Strafbemessung und Belehrung des Beschwerdeführers.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen „Gesetzwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Gesetzwidrigkeit seines Inhaltes“ erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erklärt in dieser ausdrücklich (unter II), durch den angefochtenen Berufungsbescheid in seinem Immunitätsrecht der bevorzugten Behandlung als Konsul und Leiter eines bedeutenden Generalkonsulates der Republik Panama gemäß den Art. 71, 58, 43 und anderen des genannten Wiener Übereinkommens verletzt zu sein. In Ausführung der behaupteten „Gesetzwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften“ behauptet der Beschwerdeführer ferner, der Bescheid müsse wegen gröblichster Verletzung der Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des Sachverhaltes der Aufhebung verfallen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG 1965 gebildeten Senat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 18. Juni 1982, Zl. 82/02/0019, mit der Rechtsstellung von Honorarkonsuln eines fremden Staates, die zugleich Staatsangehörige des Empfangsstaates Österreich sind, in einem Verwaltungsstrafverfahren wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 beschäftigt. Es kann gemäß Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes auf die dortigen Entscheidungsgründe des näheren verwiesen werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat dort ausgeführt, daß ein Staatsangehöriger des Empfangsstaates Österreich sich nicht auf Art. 43 Abs. 1 des oben genannten Wiener Übereinkommens berufen kann, weshalb zu prüfen sei, ob gemäß Art. 71 Abs. 1 erster Satz dieses Übereinkommens allenfalls Straflosigkeit des Beschwerdeführers hinsichtlich einer Verwaltungsübertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 vorliege. Die letztzitierte Stelle des Übereinkommens besagt, soweit der Empfangsstaat nicht zusätzliche Erleichterungen, Vorrechte und Immunität gewähre, genießen Konsuln ‑ somit gemäß Art. 1 Abs. 2 des Übereinkommens auch Honorarkonsuln -, die Angehörige des Empfangsstaates oder dort ständig ansässig sind, lediglich Immunität von Gerichtsbarkeit und persönliche Unverletzlichkeit in bezug auf ihre in Wahrnehmung ihrer Aufgaben vorgenommenen Amtshandlungen sowie das hier nicht gegenständliche Vorrecht der Befreiung von der Zeugnispflicht im Sinne des Art. 44 Abs. 3 des Übereinkommens.

Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner ausgeführt, daß sich eine Straflosigkeit des Beschwerdeführers in Beziehung auf die Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 nur dann ergebe, wenn die Fahrt mit dem Pkw entsprechend dem Wortlaut des Art. 71 Abs. 1 erster Satz des Übereinkommens als eine in Wahrnehmung seiner konsularischen Aufgaben vorgenommene Amtshandlung zu qualifizieren wäre. Dem Lenken eines Pkws durch einen (Honorar‑) Konsul komme grundsätzlich nicht der Charakter einer in Wahrnehmung seiner Aufgaben vorgenommenen Amtshandlung zu, weil eine solche Tätigkeit nicht zu den im Artikel 5 des Übereinkommens umschriebenen konsularischen Aufgaben zähle. Wenngleich das Lenken eines Fahrzeuges durch einen Konsul eine der Möglichkeiten darstelle, ihn an den Ort der Ausübung seiner konsularischen Tätigkeit zu bringen, so sei deshalb noch nicht die Schlußfolgerung gerechtfertigt, daß auch das Lenken des Fahrzeuges selbst bereits notwendigerweise zu einer Amtshandlung des Konsuls werden müsse.

Der Verwaltungsgerichtshof findet es für richtig, diese auf das Lenken eines Fahrzeuges abgestellten Erwägungen auch auf das Abstellen eines Fahrzeuges, im vorliegenden Fall auf einem Schutzweg, anzuwenden, woraus sich ergibt, daß der Beschwerdeführer sich zu Unrecht auf seine oben umschriebene Immunität gemäß dem Übereinkommen beruft.

Seiner Rechtsrüge kommt daher keine Berechtigung zu, wobei dahingestellt bleiben mag, inwieweit das von der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz gebrauchte Argument, die Tat sei vor Erteilung des Exequaturs erfolgt, zutrifft. Der Beschwerdeführer hat diese Ausführungen in seiner Berufung offenbar nicht bestritten, da sich die Berufungsbehörde, nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides zu schließen, damit nicht beschäftigte. Unter der Annahme der Richtigkeit der von der Behörde erster Instanz angegebenen Daten ergäbe sich aus Art. 12 Abs. 3 des Übereinkommens, daß der Leiter einer konsularischen Vertretung sein Amt nicht antreten kann, bevor er das Exequatur erhalten hat. Die ausdrücklich vorbehaltenen Fälle des Art. 13 (vorläufige Zulassung des Leiters einer konsularischen Vertretung) und Art. 15 (vorübergehende Wahrnehmung der Aufgaben des Leiters einer konsularischen Vertretung) lagen nach den Beschwerdebehauptungen und dem Inhalt der beiden Bescheide aber nicht vor.

Sofern der Beschwerdeführer als Verfahrensrüge geltend macht, die Behörden hätten sich nicht mit dem „Hinweis“ des Zeugen Inspektor H und dessen Meldung, daß trotz winterlichem Wetter der Schutzweg gut sichtbar gewesen sei, begnügen dürfen, sondern bei der „zuständigen Magistratsabteilung“ hinsichtlich des Straßenzustandes und des Schutzweges rückfragen müssen, sie hätten auch „zum Zwecke der Erforschung der Glaubwürdigkeit“ des Zeugen von diesem eine „genaue Darstellung“ verlangen müssen, bleibt zu unbestimmt und abstrakt, weil der Beschwerdeführer den Feststellungen der Behörden des Verwaltungsstrafverfahrens nach seinem eigenen Vorbringen keine bestimmten Behauptungen entgegensetzte, inwiefern denn der Schutzweg infolge der Witterungsverhältnisse unsichtbar gewesen sei. Dieser Art der Ausführung der Verfahrensrüge veranlaßt den Verwaltungsgerichtshof nicht, an der Schlüssigkeit der diesbezüglichen Erwägungen der belangten Behörde Zweifel zu hegen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 24. Juni 1983

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