VwGH 81/03/0303

VwGH81/03/030310.2.1982

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissär Dr. Forster, über die Beschwerde des Dr. KK, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 9. November 1981, Zl. IIb2-V-1480/1-81, betreffend Übertretung der Parkscheiben‑Verordnung, zu Recht erkannt:

Normen

ParkSchV 1961 §1
StVO 1960 §1
StVO 1960 §1 Abs1
StVO 1960 §2 Abs1 Z1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1982:1981030303.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Beschwerdevorbringens im Zusammenhalt mit der der Beschwerde beigelegten Fotokopie des angefochtenen Bescheides vom 9. November 1981 ist folgender Sachverhalt festzustellen:

Der Beschwerdeführer wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 24. September 1981 der Verwaltungsübertretung nach § 1 der Parkscheiben‑Verordnung, BGBl. Nr. 249/1961 idgF (PSchVO), schuldig erkannt, weil er am 9. Juni 1981 von 14,15 Uhr bis 18,00 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in Hall in Tirol auf dem Pfarrplatz auf der nördlichen Seite der Pfarrkirche in der gekennzeichneten Kurzparkzone geparkt habe, wobei laut Parkscheibe „Ankunft 14,15 Uhr - Parkende 15,45 Uhr“ die erlaubte Parkzeit um 2 Stunden und 15 Minuten überschritten worden sei. Über ihn wurde deshalb gemäß § 39 Abs. 3 lit. a StVO 1960 eine Geldstrafe von S 300,-- (Ersatzarreststrafe von 18 Stunden) verhängt.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, daß der genannte Abstellort im Privateigentum der römisch-katholischen Kirche stehe und die Eigentümerin das Parken durch die Tafel: „Parken bis auf Widerruf und auf eigene Gefahr gestattet“ erlaube. Auf diesem Privatgrundstück gelte daher die Straßenverkehrsordnung nicht.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 9. November 1981 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) als unbegründet abgewiesen und das erstinstanzliche Erkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß als Strafbestimmung anstelle von § 39 Abs. 3 lit. a StVO die Vorschrift des § 99 Abs. 3 lit. a StVO herangezogen werde. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, es komme bei der Qualifizierung einer Grundfläche als einer Straße mit öffentlichem Verkehr nicht auf die Eigentumsverhältnisse an. Maßgebend sei, ob das betreffende Grundstück von jedermann unter denselben Bedingungen befahren bzw. zum Abstellen von Fahrzeugen verwendet werden dürfe. Wie sich aus der genannten, an der Kirchenmauer angebrachten Hinweistafel ergebe, habe der (private) Grundeigentümer die betreffende Grundfläche der Allgemeinheit zum Abstellen von Fahrzeugen zur Verfügung gestellt. Sie sei abgesehen davon in keiner Weise sichtbar gegenüber der vorbeiführenden öffentlichen Gemeindestraße abgegrenzt, sondern bilde mit dieser eine einzige Fläche. Da die Grundfläche somit eine Straße mit öffentlichem Verkehr sei, habe auch die Kurzparkzonenregelung für den inneren Stadtbereich in Hall für sie Geltung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Anwendung des § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG 1965 erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Tatsachenfeststellungen der belangten Behörde, sondern bekämpft nur ihren daraus gezogenen Schluß, es handle sich bei der von ihm zum Abstellen seines Fahrzeuges benützten Grundfläche um eine Straße mit öffentlichem Verkehr.

Dieser Rüge kommt jedoch keine Berechtigung zu.

Gemäß § 1 Abs. 1 StVO gilt dieses Bundesgesetz für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Nach § 1 Abs. 2 leg. cit. erstrecken sich die Befugnisse der Behörden und Organe der Straßenaufsicht nur auf Straßen mit öffentlichem Verkehr. Demnach setzt die Bestrafung wegen einer Übertretung nach der Straßenverkehrsordnung oder einer auf Grund ihrer Bestimmungen erlassenen Verordnung (hier der Parkscheiben-Verordnung) voraus, daß die Tat auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr begangen wurde. Als Straße gilt gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 StVO eine für den Fußgänger oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt der in ihrem Zuge befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen, wobei darunter sowohl der ruhende als auch der fließende Verkehr zu verstehen ist. Straßen mit öffentlichem Verkehr sind zufolge § 1 Abs. 1 zweiter Satz StVO solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. Für die Wertung als Straße mit öffentlichem Verkehr ist somit ein Widmungsakt oder ein langer Gemeinbauch nicht erforderlich. (Vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 1978, Zl. 2370/77). Es kommt nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund an, ob also die Landfläche ganz oder teilweise im Privateigentum steht. Entscheidend ist vielmehr das ausschließliche Merkmal des Fußgänger- oder Fahrzeugverkehrs, also ihre Benützung. Eine Straße kann dann von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht. Mag daher auch ein Privatgrund Vorliegen, ist er aber nicht besonders gekennzeichnet, daß er nicht von jedermann benützt werden darf, so ist er als Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO anzusehen. Selbst aus dem alleinigen Umstand, daß eine Straße nur von einer bestimmten Gruppe von Verkehrsteilnehmern benützt werden darf, kann nicht geschlossen werden, daß es sich um eine Straße ohne öffentlichen Verkehr handelt. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 9. September 1981, Zlen. 81/03/0082, 81/03/0083, auf welches wie hinsichtlich der übrigen zitierten, nichtveröffentlichten Entscheidungen unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen wird, und die dort zitierte weitere Judikatur.) Aus der Anbringung der Tafel: „Privatweg. Bis auf Widerruf gestatteter Durchgang“ ergibt sich unmißverständlich, daß der Weg von jedermann ohne Beschränkung, jedenfalls zu Fuß, benützt werden darf, somit eine Straße mit öffentlichem Verkehr vorliegt. (Vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 12. November 1980, Zl. 2283/80.) Auch eine zum Abstellen von Fahrzeugen dienende, im Privateigentum stehende Fläche ist bei Vorliegen der oben genannten Merkmale eine Straße mit öffentlichem Verkehr. (Vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 9. September 1981, Zl. 81/03/0082, 81/03/0083.)

Die gegenständliche, im kirchlichen Privateigentum stehende Fläche ist von der dort verlaufenden Gemeindestraße baulich nicht getrennt und befindet sich an der Kirchenmauer die bereits in der Sachverhaltsdarstellung genannte Tafel. Die so gekennzeichnete Fläche kann demnach von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden und stellt somit eine Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne der Straßenverkehrsordnung dar. Es hat daher auch für sie die für den gesamten inneren Stadtbereich von Hall erlassene Kurzparkzonenverordnung Geltung. Der Beschwerdeführer irrt, wenn er vermeint, daß damit für alle privaten Grundstücke die Kurzparkzonenverordnung Geltung habe. Dies trifft nach den obigen Ausführungen nur auf jene zu, die eben als Straßen mit öffentlichem Verkehr zu qualifizieren sind.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war daher die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Ziff. 2 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 10. Februar 1982

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