VwGH 81/04/0176

VwGH81/04/017616.10.1981

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Hrdlicka, Dr. Baumgartner, Dr. Griesmacher und Dr. Weiss als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Csaszar, über die Beschwerde des AP in W, vertreten durch Dr. Harald Tichy, Rechtsanwalt in Wien I, Graben 27, gegen den Bescheid des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 6. August 1981, Zl. 305.095/2-III-3/81, betreffend Betriebsanlage-Verfahren gemäß § 358 Abs. 1 GewO 1973, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1973 §358 Abs1
GewO 1973 §74

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1981:1981040176.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 6. August 1981 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 358 Abs. 1 GewO 1973 zurückgewiesen, weil die Genehmigungspflicht für die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage offenkundig sei. Zur Begründung führte der Bundesminister aus, mit Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 4./5. Bezirk vom 10. Juli 1980 sei gemäß § 358 Abs. 1 GewO 1973 auf Antrag des Beschwerdeführers festgestellt worden, daß die am Standort W, Sgasse 11, bestehende Betriebsanlage (Verwendung der Liegenschaft als Abstellfläche für Kraftfahrzeuge und für Ladezwecke) genehmigungspflichtig sei. Auf Grund der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung sei mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 15. September 1980 der erstinstanzliche Bescheid behoben und "der Antrag auf Feststellung der Genehmigungspflicht" der genannten Betriebsanlage gemäß § 358 Abs. 1 GewO 1973 mit der Begründung zurückgewiesen worden, daß die Genehmigungspflicht für die gegenständliche Betriebsanlage offenkundig sei. Dagegen sei vom Beschwerdeführer neuerlich Berufung erhoben worden. Zur Klärung des Sachverhaltes habe der gewerbetechnische Amtssachverständige des Bundesministeriums am 6. April 1981 im Standort der Betriebsanlage einen unangesagten Augenschein vorgenommen, der im wesentlichen folgendes Ergebnis gebracht habe: Die Liegenschaft W, S-gasse 11, sei an der hinteren und an der rechten Grundstücksgrenze durch die Feuermauern angrenzender mehrstöckiger Häuser abgeschlossen. Links grenze an die Liegenschaft die Feuermauer des mehrstöckigen Nachbarhauses Sgasse 9 und die Feuermauer eines zu diesem Hause gehörigen Hintertrakten an. Zwischen den beiden Gebäuden befinde sich an der Grundgrenze eine etwa 2 m hohe Mauer. Vom Nachbarhaus S-gasse 4 wiesen zu dieser Liegenschaft die hofseitigen Wohnungs- und Stiegenhausfenster. Weiters wiesen auch Fenster der Häuser Sgasse 7 und C-gasse 4 zur genannten Liegenschaft. Die S-gasse sei eine Einbahn. Wenn auf dieser Liegenschaft Lkw reversieren oder den Motor am Stand laufen lassen, seien zufolge des Naheverhältnisses der Abstellfläche zu den Nachbarwohnhäusern Belästigungen der Nachbarschaft durch Motorlärm und Motorabgase nicht auszuschließen. Die gegenständliche Abstellfläche werde auch mit Großlastkraftwagen von Speditionen befahren. Beim Ausfahren benötigten solche Lkw für Reversiervorgänge die gesamte Breite der S-gasse einschließlich der Gehsteige. In der Zeit solcher Reversierungsvorgänge sei daher auch eine wesentliche Behinderung des Verkehrs in der S-gasse und eine Gefährdung von Benützern der Gehsteige im Bereich der Ausfahrt nicht auszuschließen. Gestützt auf diese gutächtliche Äußerung sei der Bundesminister in Übereinstimmung mit der Gewerbebehörde zweiter Instanz zur Ansicht gelangt, daß die Genehmigungspflicht der gegenständlichen Anlage offenkundig sei, weil auf Grund der Situierung der Abstellfläche Belästigungen der Nachbarschaft durch Lärm und Abgase nicht auszuschließen sind. Ebenso könne bei den gegebenen Verhältnissen die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf dem Gehsteig und auf der S-gasse wesentlich beeinträchtigt werden. Die Äußerung des Beschwerdeführers vom 25. Mai 1981 sei nicht geeignet gewesen, die Behörde zu einer anderen Ansicht gelangen zu lassen, zumal sie den Sachverhalt, wie er im Zeitpunkte des Augenscheines und der gegenständlichen Entscheidung vorliege, nicht in Frage stelle. Das gleichzeitig anhängige Genehmigungsverfahren und der Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes vom 23. April 1981 zeigten vielmehr, daß eine offenkundige Genehmigungspflicht vorliege.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem Vorbringen in dem Recht auf Feststellung verletzt, daß die gegenständliche Betriebsanlage nicht genehmigungspflichtig sei. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die belangte Behörde habe zwar Kenntnis von dem anhängigen Genehmigungsverfahren, jedoch dessen Inhalt nicht ausreichend verwertet. So habe in diesem Verfahren der Amtsarzt festgestellt, daß eine dauernde Belästigung der Anrainer in unzumutbarer Weise unter gewissen Auflagen nicht erfolgen werde, die Magistratsabteilung 46 habe die Errichtung der neuen Anlage begrüßt und es hätten weder der Arbeitsinspektor noch die Bezirksvertretung Auflagen verlangt. Zu diesen Feststellungen hätte der Amtssachverständige zu einer Äußerung verhalten werden müssen. Da dies unterblieb, sei auch die Entscheidung der Rechtsfrage unüberprüfbar und unrichtig. Dabei gehe es in erster Linie um den Begriff der Offenkundigkeit, den das Gesetz nicht ausdrücklich erläutere. Man könne aber die im § 74 Abs. 2 GewO genannten Gründe zur Interpretation heranziehen. Gerade diese Gründe seien aber nicht einmal nach dem Gutachten des Amtssachverständigen, schon gar nicht aber nach den Ergebnissen des Bewilligungsverfahrens gegeben. Es könne also nicht davon gesprochen werden, daß die Genehmigungspflicht "offenkundig" vorliege, sodaß das Gesetz in dieser Bestimmung unrichtig angewendet sei.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 358 Abs. 1 GewO 1973 hat die Behörde, wenn Umstände bekannt werden, die die Genehmigungspflicht einer Anlage im Sinne des § 74 begründen könnten, der Inhaber der Anlage aber in Zweifel zieht, daß die Voraussetzungen für die Genehmigungspflicht gegeben seien, auf Antrag des Inhabers der Anlage die Anlage oder das Vorhaben zu prüfen und durch Bescheid festzustellen, ob die Errichtung und der Betrieb der Anlage der Genehmigung bedürfen. Ein Feststellungsbescheid ist jedoch nicht zu erlassen, wenn die Genehmigungspflicht der Anlage offenkundig ist. Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen oder Geräten wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in den Z. 1 bis 5 dieser Bestimmung angeführten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen hervorzurufen. Nach der zuletzt angeführten Gesetzesstelle bedarf demnach eine Betriebsanlage der gewerbebehördlichen Genehmigung, wenn sie geeignet ist, die im Gesetz näher bezeichneten Immissionen zu bewirken. Die Genehmigungspflicht ist daher schon dann gegeben, wenn solche Immissionen nicht auszuschließen sind (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 21. September 1977, Zl. 659/77).

Bestehen bei Bedachtnahme auf den der Partei und der Behörde offenliegenden Sachverhalt keine Zweifel daran, daß solche Immissionen nicht auszuschließen sind, so kommt eine Prüfung der Anlage oder des Vorhabens im Sinne des ersten Satzes des § 358 Abs. 1 GewO 1973 nicht in Betracht. In einem solchen Fall ist die Genehmigungspflicht der Anlage offenkundig und es ist im Sinne des zweiten Satzes dieser Gesetzesbestimmung kein Feststellungbescheid zu erlassen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1980, Zl. 1869/77, hinsichtlich der zitierten, nicht veröffentlichten hg. Erkenntnisse wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen).

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltene Feststellung der belangten Behörde, daß er den vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen erhobenen Sachverhalt nicht in Frage gestellt habe. Auch in der vorliegenden Beschwerde wird dieser Sachverhalt nicht bekämpft. Sohin steht unbestritten fest, daß sich in der Umgebung der Betriebsanlage Wohnhäuser befinden und daß die Betriebsanlage u. a. auch mit Großlastkraftwagen befahren wird, die beim Ausfahren aus der Betriebsanlage reversieren müssen und dabei die gesamte Breite der S-gasse einschließlich der Gehsteige benötigen. Wenn die belangte Behörde angesichts dieser Umstände davon ausging, daß Immissionen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1973, insbesondere eine Belästigung der Nachbarn durch Lärm und Abgase sowie eine Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, nicht auszuschließen sind und die Genehmigungspflicht der Anlage schon aus diesem Grunde als offenkundig ansah, so vermag der Verwaltungsgerichtshof diese Annahme nicht als rechtswidrig zu erkennen. In Anbetracht des unbestritten gebliebenen Sachverhaltes war es ferner nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde von weiteren Ermittlungen im Gegenstande Abstand nahm. Die in der Beschwerde angeführten, im anhängigen Genehmigungsverfahren getroffenen Feststellungen, insbesondere des Amtsarztes des Inhaltes, wonach eine dauernde Belästigung der Anrainer in unzumutbarer Weise unter gewissen Umständen nicht erfolgen werden, stehen der Annahme der belangten Behörde nicht entgegen, vielmehr wird auch dadurch die Auffassung erhärtet, daß ohne Auflagen eine Belästigung der Nachbarschaft durch die Betriebsanlage jedenfalls nicht auszuschließen ist.

Da sohin der Inhalt der Beschwerde schon erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Mit der Erledigung der Beschwerde selbst wurde eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, entbehrlich.

Wien, am 16. Oktober 1981

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