VwGH 81/03/0069

VwGH81/03/00697.10.1981

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Baumgartner, Dr. Weiss und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissär Dr. Forster, über die Beschwerde des Dr. KM in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10. Februar 1981, Zl. MA 70-IX/M 459/78/Str., betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §36 lite;
KFG 1967 §36 lite;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Ein Beamter der Bundespolizeidirektion Wien erstattete am 13. März 1978 auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmung die Anzeige, der Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws habe dieses Fahrzeug am 10. März 1978 um 16,40 Uhr in Wien vor einem bestimmten Haus mit einer abgelaufenen Begutachtungsplakette (sie habe die Lochung 6/77 aufgewiesen) abgestellt.

Die Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Wien vom 31. März 1978, mit der dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wurde, zur Tatzeit seinen Pkw am genannten Ort auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr abgestellt, somit verwendet zu haben, obwohl an dem Fahrzeug keine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette angebracht gewesen sei, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 1 in Verbindung mit § 57 a Abs. 3 KFG begangen zu haben, trat zufolge eines rechtzeitigen Einspruches, in dem der Beschwerdeführer ausführte, daß der Tatbestand nicht gegeben sei, außer Kraft.

Mit schriftlicher Stellungnahme vom 27. April 1978 übermittelte der Beschwerdeführer die Fotokopie eines Gutachtens des Technischen Dienstes des ÖAMTC vom 31. März 1977 und brachte vor, daß somit zur Tatzeit seit der letzten Überprüfung noch kein Jahr vergangen sei. Aus dem Gutachten ergibt sich, daß an diesem Tag das am 1. Juni 1971 erstmals zugelassene Fahrzeug überprüft wurde und die Begutachtungsplakette mit der Nr. .. erhielt. Weiters ist darin festgehalten, daß die nächste Begutachtung spätestens im Monat Juni 1977 zu erfolgen habe.

Bei der Beschuldigtenvernehmung vom 14. Juni 1978 verantwortete sich der Beschwerdeführer damit, da die Überprüfung am 31. März 1977 erfolgt sei, laufe daher die Begutachtungsfrist bis Juni 1978. Sowohl im Gutachten als auch auf der Plakette müsse ein Irrtum in der Ausfertigung der Jahreszahl erfolgt sein.

Hiezu gab der ÖAMTC laut Bericht vom 17. Juli 1978 bekannt, daß die Begutachtungsplakette richtig ausgestellt worden sei; die nächste Begutachtung sei deshalb für Juni 1977 festgesetzt worden, weil der Juni mit dem Zulassungsdatum übereinstimme.

Bei seiner neuerlichen Vernehmung brachte der Beschwerdeführer am 25. Juli 1978 vor, es sei zwar richtig, daß der ÖAMTC die nächste Begutachtung nicht irrtümlich mit Juni 1977 angenommen habe, doch scheine diese Praxis durch das Gesetz nicht gedeckt.

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 26. Juli 1978 wurde der Beschwerdeführer unter Wiederholung des bereits oben wiedergegebenen Spruches der Strafverfügung vom 31. März 1978 der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 1 in Verbindung mit § 57 a Abs. 3 KFG schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzarreststrafe von 24 Stunden) verhängt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Tat sei auf Grund der Anzeige erwiesen, zumal die Begutachtungsplakette die Lochung 6/77 aufgewiesen habe und auch unter Anrechnung der gesetzlichen Toleranzfrist (des § 57 a Abs. 3 KFG) abgelaufen sei.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer neuerlich vor, der ÖAMTC habe anläßlich der Überprüfung vom 31. März 1977 eine falsche Lochung der Plakette vorgenommen. Da seit der Begutachtung noch kein Jahr vergangen sei, sei der Tatbestand des § 57 a Abs. 3 KFG nicht gegeben. Auch der des § 36 lit. e leg. cit. liege nicht vor, da es nach den dort genannten Bestimmungen der Abs. 5 und 6 des § 57 a nicht darauf ankomme, welches Datum auf der Begutachtungsplakette gelocht sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10. Februar 1981 wurde das erstinstanzliche Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 mit der Abänderung bestätigt, daß der Spruch zu lauten habe, der Beschwerdeführer habe am 10. März 1978 um 16,40 Uhr in Wien am genannten Ort seinen Pkw auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr abgestellt, obwohl an dem Fahrzeug keine den Vorschriften entsprechende Plakette angebracht gewesen sei, da die Begutachtungsplakette das Datum 6/77 aufgewiesen und daher auch unter Berücksichtigung der gesetzlichen Toleranzfrist nur bis Ende 1977 entsprochen habe, und als Übertretungsnorm der § 36 lit. e in Verbindung mit § 57 a Abs. 3 KFG zu zitieren sei. Zur Begründung wurde nach Wiedergabe der bezughabenden Gesetzesstellen ausgeführt, daß sich nach § 57 a Abs. 3 KFG der Zeitpunkt der wiederkehrenden Begutachtung nach dem Zulassungsdatum richte. Eine in der Toleranzfrist vorgenommene Begutachtung habe keine Wirkung auf den Zeitpunkt der nächsten Begutachtung. Da das gegenständliche Fahrzeug erstmals am 1. Juni 1971 am zugelassen worden sei, wäre die erste Begutachtung am 1. Juni 1974, die zweite am 1. Juni 1976 und die folgende am 1. Juni 1977 vorzunehmen gewesen, und zwar ohne Rücksicht darauf, wann die letzte tatsächlich stattgefunden habe. Der Beschwerdeführer habe am Fahrzeug eine Plakette mit der Lochung 6/77 (Juni 1977) angebracht gehabt, weshalb zur Tatzeit bereits auch die sechsmonatige Toleranzfrist abgelaufen gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe sich damit verantwortet, daß er vom ÖAMTC eine falsch gelochte Plakette erhalten habe, als er das Fahrzeug am 31. März 1977 überprüfen habe lassen, und ihn nicht die Pflicht treffe, sich von der richtigen Lochung zu überzeugen. Der Beschwerdeführer verkenne schon deshalb die Rechtslage, da sich die Begutachtungstermine nach den Zeitpunkt der Zulassung richten. Der Beschwerdeführer hätte überdies auf die Lochung der Plakette achten müssen. Er hätte damit die neue Begutachtung, welche am 1. Juni 1977 fällig gewesen sei, unter Bedachtnahme auf die Toleranzfrist (des § 57 a Abs. 3 KFG von sechs Monaten) bis längstens 31. Dezember 1977 durchführen lassen oder sein Fahrzeug aus dem öffentlichen Verkehr ziehen müssen. Sodann wurde insbesondere unter Berücksichtigung, daß am 31. März 1977 tatsächlich eine Begutachtung stattgefunden habe, also von der letzten Begutachtung bis zur Tatzeit weniger als ein Jahr verstrichen sei, unter Hinweis auf die (dreimonatige) Überschreitung der Toleranzfrist sowie den Umstand, daß sich die Verwirklichung des Tatbestandes hätte leicht vermeiden lassen, da die Lochung ja unschwer erkennbar gewesen sei, und die bis S 30.000,-- reicherende Strafdrohung des § 134 KFG ausgeführt, daß die verhängte Geldstrafe ungeachtet der Unbescholtenheit im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers durchaus angemessen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer vermeint, daß er deshalb der Verwaltungsübertretung nach § 36 lit. e KFG nicht hätte schuldig erkannt werden dürfen, da er ohnehin am 31. März 1977 eine Begutachtung durch den ÖAMTC habe durchführen lassen, daher der Zeitpunkt der nächsten Überprüfung erst der 31. März 1978 gewesen wäre und der ÖAMTC ihm eine falsch gelochte Begutachtungsplakette ausgestellt habe.

Dem Vorbringen kommt jedoch keine Berechtigung zu.

Gemäß § 36 lit. e KFG in der zur Tatzeit geltenden Fassung dürfen Kraftfahrzeuge unbeschadet weiterer Bestimmungen über die Verwendung von Kraftfahrzeugen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn bei im § 57 a Abs. 1 lit. a bis d angeführten zum Verkehr zugelassenen Fahrzeugen, soweit sie nicht unter § 57 a Abs. 1 letzter Satz fallen, eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette (§ 57 a Abs. 5 und 6) am Fahrzeug angebracht ist.

Das gegenständliche Fahrzeug fällt unter die in § 57 a Abs. 1 lit. b KFG angeführten Personenkraftwagen.

Nach § 57 a Abs. 5 KFG ist am Fahrzeug nach der im Rahmen der wiederkehrenden Begutachtung erfolgten Prüfung und Feststellung der Verkehrs- und Betriebssicherheit eine Begutachtungsplakette so anzubringen, daß das Ende der gemäß Abs. 3 für die nächste wiederkehrende Begutachtung festgesetzten Frist außerhalb des Fahrzeuges stets leicht festgestellt werden kann.

Nach dem Zusammenhang von § 36 lit. e und § 57 a Abs. 5 KFG ist das auf der Plakette aufscheinende (gelochte) Datum des Fristendes entgegen dem Beschwerdevorbringen von wesentlicher Bedeutung. Ist nämlich die darauf ersichtliche Frist abgelaufen und überdies die nach § 57 a Abs. 3 KFG eingeräumte Toleranzfrist von sechs Monaten, innerhalb der die Überprüfung noch nachgeholt werden kann, verstrichen, so darf das Fahrzeug nicht mehr auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet werden.

Aus der Bestimmung des § 36 lit. e KFG ergibt sich damit unmißverständlich, daß die Zulässigkeit der Verwendung eines unter diese Regelung fallenden Fahrzeuges davon abhängt, daß am Fahrzeug eine gültige Begutachtungsplakette angebracht ist, d. h. eine solche, aus der jederzeit zu entnehmen ist, daß die Begutachtungsfrist (samt Nachfrist von sechs Monaten) noch nicht abgelaufen ist. Fehlt daher die Plakette oder enthält sie ein Fristende, aus der sich ihre Ungültigkeit ergibt, so darf das Fahrzeug nicht auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr verwendet werden. Es kommt somit nicht darauf an, ob allenfalls eine Begutachtung fristgerecht erfolgt ist und der Fahrzeuglenker Anspruch auf die Anbringung einer gültigen Plakette hat. Der Fahrzeugbesitzer hat darauf zu achten, daß sich auf seinem Fahrzeug eine gültige Begutachtungsplakette befindet, wenn er es auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr benützt. Wird daher, wie es gegenständlich der Beschwerdeführer behauptet, z. B. von der die Begutachtung durchführenden Stelle eine unrichtig gelochte Begutachtungsplakette am Fahrzeug angebracht, so hat er dafür zu sorgen, daß die Lochung entsprechend berichtigt wird. Unterläßt er dies, verwendet das Fahrzeug aber trotzdem nach Ablauf der auf der Plakette aufscheinenden Frist (samt Toleranzfrist), so macht er sich der Verwaltungsübertretung nach § 36 lit. e KFG schuldig.

Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, daß am Fahrzeug des Beschwerdeführers zur Tatzeit (am 10. März 1978) eine Plakette angebracht war, die das Datum 6/77 aufwies und die auch unter Berücksichtigung der sechsmonatigen Nachfrist des § 57 a Abs. 3 KFG ihre Gültigkeit verloren hatte. An dem Fahrzeug war somit keine den Vorschriften entsprechende Plakette vorhanden. Nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides wurde der Beschwerdeführer auch entsprechend dem Tatbestand des § 36 lit. e KFG der Verwendung des Fahrzeuges auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr ohne gültige Begutachtungsplakette schuldig erkannt.

Wie bereits oben dargelegt wurde, ist der Tatbestand des § 36 lit. e KFG schon dann verwirklicht, wenn am Fahrzeug keine gültige Begutachtungsplakette angebracht ist, wie dies gegenständlich der Fall war. Es erübrigte sich daher eine Auseinandersetzung mit den vom Beschwerdeführer als rechtlich unzutreffend bezeichneten Ausführungen der belangten Behörde, daß auf Grund der Regelung des § 57 a Abs. 3 KFG (über die Fristen der Begutachtung - hiebei ist darauf zu verweisen, daß der zum Zeitpunkt der Überprüfung am 31. März 1977 geltende Wortlaut dieser Bestimmung durch die Novelle BGBl. Nr. 615/1977, die mit 21. Dezember 1977 in Kraft trat, also zur Tatzeit bereits wirksam war, eine Änderung erfuhr -) die Lochung der Begutachtungsplakette ohnedies richtig erfolgt sei, da die nächste wiederkehrende Begutachtung im Juni 1977 hätte vorgenommen werden müssen. Kommt es doch allein darauf an, daß am Fahrzeug eine zur Zeit der Verwendung noch gültige Begutachtungsplakette angebracht ist.

Die belangte Behörde handelte daher nicht rechtswidrig, wenn sie bei der gegebenen Sach- und Rechtslage den Beschwerdeführer der Verwaltungsübertretung nach § 36 lit. e in Verbindung mit § 57 a Abs. 3 KFG schuldig erkannte, wobei die (wenn auch überflüssige) Mitzitierung des § 57 a Abs. 3 leg. cit. einer zutreffenden Subsumtion nicht schadete, da diese Bestimmung im Zusammenhang mit dem äußeren Tatbestand für die auf Grund der Lochung vorzunehmende Fristenberechnung (Nachfrist von sechs Monaten nach Ablauf der auf der Plakette aufscheinenden Frist) von Bedeutung ist.

Aber auch dem gegen die Höhe der verhängten Strafe gerichteten Beschwerdevorbringen muß ein Erfolg versagt bleiben. Soweit der Beschwerdeführer darauf hinweist, daß bereits in der Strafverfügung eine Strafe von S 500,-- verhängt und diese Strafe später im ordentlichen Verfahren abermals ausgesprochen worden sei, obwohl sich doch herausgestellt habe, daß eine Überprüfung am 31. März 1977 stattgefunden habe, also weniger als ein Jahr (von der Tatzeit 10. März 1978 gerechnet), zurückgelegen sei, ist ihm zu erwidern, daß die Strafverfügung zufolge seines Einspruches außer Kraft getreten ist. In einem solchen Fall ist auf den Inhalt der Strafverfügung keine Rücksicht zu nehmen und kann auch eine höhere Strafe ausgesprochen werden. Im übrigen hat die belangte Behörde entgegen den Behauptungen des Beschwerdeführers den Umstand, daß eine Begutachtung innerhalb eines Jahres vor der Tat erfolgt ist, in ihre Erwägungen einbezogen und entsprechend berücksichtigt. Da der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben ein monatliches Einkommen von mindestens S 17.000,-- hat und nach der Aktenlage für die Gattin und ein Kind sorgepflichtig ist und weiters die verhängte Strafe an der Untergrenze des bis S 30.000,-- reichenden Strafrahmens des § 134 KFG liegt, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, daß der belangten Behörde bei der Strafbemessung eine Rechtswidrigkeit unterlaufen wäre.

Da es dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen ist, die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides darzutun, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. Wien, am 7. Oktober 1981

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