European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.141.043.14000.2019
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag.a Kovar-Keri über die Beschwerden 1) des Herrn Ing. A. B., Wien, E.-gasse, und 2) der Frau C. D., Wien, F.-Straße, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 - Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, vom 30.08.2019, Zahl ..., mit welchem die für den Zeitraum von 01.01.2009 bis 10.02.2019 aufgewendeten Kosten für Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von EUR 6.784,11 gemäß § 24 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) idgF rückgefordert wurden,
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
II. Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz - B-VG an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Entscheidungsgründe
Ad I.
Mit dem angefochtenen Bescheid verpflichtete der Magistrat der Stadt Wien die beiden nunmehrigen beschwerdeführenden Personen binnen 2 Wochen ab Rechtskraft des Bescheides die für den Zeitraum von 1. Jänner 2009 bis 10. Februar 2019 aufgewendeten Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von EUR 6.784,11 zu ersetzen. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, der verstorbenen G. B. seien in diesem Zeitraum Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Höhe von EUR 13.568,21 zuerkannt worden. Diese Kosten des Landes Wien seien im Verlassenschaftsverfahren als Forderung gegen den Nachlass bzw. gegen die erbserklärten Erbinnen und Erben angemeldet worden. Sie fänden im Nachlass Deckung. Daher seien die beiden erbserklärten Erben jeweils im Ausmaß von EUR 6.784,11 zum Kostenersatz zu verpflichten gewesen.
Dagegen richten sich die beiden gleichlautenden form- und fristgerecht eingebrachten Beschwerden mit folgendem Wortlaut:
„lch fechte den Bescheid seinem ganzen Inhalt nach an und mache Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Sachverhalt
Laut Angaben des Magistrat Wien/MA40 wurden meiner am 10.2.2019 verstorbenen Mutter G. B. vom 1.1.2009 bis 10.2.2019 Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung zuerkannt. Dadurch wären dem Land Wien als Träger der bedarfsorientierten Mindestsicherung in den letzten zehn Jahren der Hilfegewährung Kosten in der Höhe von EUR 13.568,23 Euro entstanden. Der Kostenersatzanspruch wurde im Verlassenschaftsverfahren als Forderung gegen den Nachlass bzw. die erbserklärten Erbinnen und Erben angemeldet.
Mit oa. Bescheid fordert das Magistrat Wien/MA40 nunmehr von mir als Erbin (50% des Nachlasses) die Hälfte des angeführten Betrages also EUR 6.784,11.
Beschwerdegründe
Die Angaben der Magistratsabteilung 40 wurden was Dauer bzw. Höhe der bedarfsorientierten Mindestsicherung betrifft in keiner Weise detailliert dargelegt und sind daher für mich in keinerlei Weise nachvollziehbar.
Im Wiener Mindestsicherungsgesetz (WMG) ist im § 24 Abs. 2 ist festgehalten:
Ersatzpflichtig sind alle Personen, die Leistungen der Mindestsicherung bezogen haben, soweit sie nach Zuerkennung der Leistung zu Vermögen oder Einkommen, das nicht aus eigener Erwerbstätigkeit stammt, gelangen, unabhängig davon, ob sie Hilfe empfangen oder das Vermögen noch vorhanden ist. Es sind jene Kosten zu ersetzen, die dem Träger der Mindestsicherung durch Hilfegewährungen in den letzten drei Jahren der Hilfeleistung entstanden sind. Stichtag für die Berechnung der Frist ist der letzte Tag des Monats, in dem Leistungen an die Ersatzpflichtige oder den Ersatzpflichtigen geflossen sind.
Die Ersatzpflicht der Beihilfebezieher beträgt somit 3 Jahre.
Im Abs. 4 mit dem die gegenständliche Forderung begründet wird ist festgehalten:
Ersatzpflichtig sind darüber hinaus die erbserklärten Erbinnen und Erben nach dem Tod der in Abs. 2 genannten Personen. Die Ersatzforderung wird mit dem Tag des Todes fällig. Soweit eine Zahlung aus dem Nachlass nicht erlangt werden kann, erlischt die Forderung. Weitere Ersatzforderungen gegen Erbinnen und Erben nach Einantwortung sind nicht zulässig. Es sind jene Kosten zu ersetzen, die dem Träger der Wiener Mindestsicherung durch Hilfegewährungen in den letzten zehn Jahren der Hilfeleistung entstanden sind. Stichtag für die Berechnung der Frist ist der letzte Tag des Jahres, in dem Leistungen an die Ersatzpflichtigen geflossen sind.
Die Ersatzpflicht der Erben beträgt somit 10 Jahre
Am 10.5.2017 und mit einem neuerlichen, gleichlautenden Schreiben am 19.5.2017 der MA40 wurde meine Mutter im Rahmen der Mitwirkungspflicht gem. § 16 WMG aufgefordert, zu der durch die MA 40 durchgeführten Grundbuchsauskunft in der meine Mutter als Miteigentümerin einer Liegenschaft BG H. Katastralgemeinde J., EZ ... angeführt ist Stellung zu nehmen. Unbeschadet dieser Aufforderung erfolgte seit Bezug der Mindestsicherung seit dem Jahr 2009 eine laufende Überprüfung des Anspruches auf Mindestsicherung durch die MA 40.
Es erfolgte daraufhin ein persönliches Gespräch meiner Mutter mit einem/r Sachbearbeiter/in der MA 40. In diesem Gespräch wurde von meiner Mutter im Beisein meines Vaters K. B. dargelegt, dass eigentlich ihr Hälfteanteil an der gegenständlichen Liegenschaft nach der Scheidung nach Zahlung einer Ablösesumme an meinen Vater übergegangen ist, jedoch der Grundbuchsstand nicht den tatsächlichen Verhältnissen angepasst wurde.
Nach dieser Überprüfung bzw. Mitwirkung nach § 16 Wiener Mindestsicherungsgesetz durch meine Mutter erging am 27.6.2017 ein Bescheid Zl.: ... der MA 40 für die weitere Zuerkennung der Mindestsicherung, ohne jeglicher Auflagen bezüglich der gegenständlichen Grundbuchseintragung. Diese Vorgänge müssen auf Grund des erlassenen Bescheides in der MA 40 dokumentiert und nachweisbar sein.
Es wäre daher festzuhalten, dass der von meiner Mutter angegebene Sachverhalt trotz Eintragung im Grundbuch im Ermittlungsverfahren nicht dazu führte, dass die Mindestsicherung für die letzten 3 Jahre zurückzuzahlen war oder die Zahlung der Leistung eingestellt wurde, sondern in einen positiven Bescheid zum weiteren Bezug mündete. Ein weiterer positiver Bescheid ZL: ... über die Zuerkennung der Mindestsicherung erging am 18.5.2018
Da meiner Mutter respektive meinem Vater von der MA 40 auch keine weiteren Auflagen bezüglich der Grundbuchseintragung vorgegeben wurden, blieb die Eintragung bis zu ihrem Tode unverändert. Im Verlassenschaftsverfahren wurde der gegenständliche Sachverhalt bezüglich Eigentumsverhältnisse und Grundbuchseintragung von der Erbengemeinschaft nochmals vorgetragen, es wurde jedoch im Verfahren jeweils 25% der gegenständlichen Liegenschaft mir und meinem Bruder A. B. zugesprochen.
Im Verlassenschaftsverfahren wurde durch die MA 40 eine Forderung zum Kostenersatz für die Gewährung der Mindestsicherung für die letzten 10 Jahre in der Höhe von EUR 13.568,23 angemeldet.
Auf ein Schreiben der MA 40 vom 16.7.2019 bezüglich der Übermittlung des Vermögensprotokolls wurde dieses mit dem Hinweis auf den historischen Ablaufs der Zuerkennung der Mindestsicherung übermittelt. Dem Vermögensprotokoll ist zu entnehmen, dass ausgenommen des im Grundbuch eingetragenen Hälfteanteils am gegenständlichen Grundstück Aktiva von EUR 4.758 Passiva von EUR 21.927 gegenüberstehen.
Ungeachtet dieses Schreibens erging der Bescheid des Magistrat Wien, Magistratsabteilung 40 vom 30.8 2019, GZ: ... mit der Forderung von EUR 6.784,11 der am 6.9.2019 von mir übernommen wurde.
Diese Beschwerde begründet sich daher auf die Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften des gegenständlichen Bescheides aus folgenden Gründen.
Durch laufende Überprüfungen der MA40 seit 2009 wurde laufend die soziale Notwendigkeit der Gewährung von Mindestsicherung an meine Mutter festgestellt.
Im Mai 2017 wurde im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens und unter Mitwirkung meiner Mutter gem. § 16 Wiener Mindestsicherungsgesetz trotz Kenntnis der Sachlage Eintragung im Grundbuch bescheidmäßig die weitere Zuerkennung der Mindestsicherung zuerkannt. Die angeführten Vorgänge müssen im entsprechenden Personalakt der MA 40 lückenlos evident sein.
Ohne jegliche Änderung der Sachlage, insbesondere ohne Änderung des Grundbucheintrages begehrt nunmehr die MA 40 die Rückzahlung der Mindestsicherung der letzten 10 Jahre.
Somit erfolgte somit bei gleicher Vermögens- bzw. Sachlage seit 2009 und einer noch eingehenderen Überprüfung 2017 keine Aufforderung zur Rückzahlung für die letzten 3 Jahre oder eine Einstellung der Mindestsicherung sondern die weitere bescheidmäßige Zuerkennung.
Nunmehr begehrt die gleiche Behörde unter den gleichen Vermögensbedingungen bzw. der gleichen Sachlage der Verlassenschaft die Rückzahlung für die letzten 10 Jahre.
Das bildet ein offensichtlich rechtswidriges Verhalten der belangten Behörde und/oder eine Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, das in meine Grundrechte eingreift.“
Daher wurde unter Beifügung einzeln aufgezählter Beilagen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Die belangte Behörde legte die bezughabenden Akten vor. Im Vorlageschreiben vom 3. Oktober 2019 verwies die belangte Behörde auf die Qualifikation des Kostenersatzanspruches als öffentlich-rechtlichen Anspruch, welcher gegenüber den Erben und Erbinnen im Gegensatz zur Vorgängerbestimmung des WSHG bescheidmäßig geltend zu machen sei. In weiterer Folge führte das Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung am 13. Jänner 2020, fortgesetzt am 28. September 2020 durch, anlässlich welcher die Verfahrensparteien ihre Standpunkte ausführlich darlegten.
Die beschwerdeführenden Personen verzichteten auf die schriftliche Ausfertigung der Entscheidung.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 3 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) ist die Zuerkennung von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung subsidiär. Sie erfolgt nur, wenn der Mindestbedarf nicht durch Einsatz eigener Arbeitskraft, eigener Mittel oder Leistungen Dritter gedeckt werden kann.
Nach § 6 Z 3 WMG haben Hilfe suchende oder empfangende Personen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen eigene Mittel vorsorglich und zweckmäßig einzusetzen.
§ 10 WMG lautet folgendermaßen:
Anrechnung von Einkommen und sonstigen Ansprüchen
§ 10.
(1) Auf den Mindeststandard ist das Einkommen der Person, für die der jeweilige Mindeststandard gilt, anzurechnen. Bei der Berechnung der Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs von mehreren Personen, die eine Bedarfsgemeinschaft bilden, erfolgt die Bemessung für die Bedarfsgemeinschaft. Dabei ist auf die Summe der heranzuziehenden Mindeststandards die Summe der Einkommen aller anspruchsberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen, sofern nicht § 7 Abs. 3 anzuwenden ist. Das Einkommen eines Elternteils, einer Ehegattin, eines Ehegatten, einer eingetragenen Partnerin, eines eingetragenen Partners, einer Lebensgefährtin oder eines Lebensgefährten, die nicht anspruchsberechtigt sind, ist jeweils in dem Maß anzurechnen, das 75 vH des Ausgleichszulagenrichtsatzes nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG abzüglich des Beitrages für die Krankenversicherung übersteigt.
(2) Als einkommensmindernd zu berücksichtigen sind Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträge, die im Rahmen der gesetzlichen Pflichtversicherung oder bei geringfügiger Beschäftigung geleistet werden.
(3) Nicht als einkommensmindernd zu berücksichtigen sind Zahlungsverpflichtungen, insbesondere in Zusammenhang mit unterhaltsrechtlichen Beziehungen, der zwangsweisen Eintreibung von Schulden (Exekutionen) oder einem Schuldenregulierungsverfahren.
(4) Gesetzliche oder vertragliche und der Höhe nach bestimmte Ansprüche der Hilfe suchenden Person auf Leistungen, die der zumindest teilweisen Deckung der Bedarfe nach § 3 dienen, sind auch dann anzurechnen, wenn die Hilfe suchende Person diese nicht nachhaltig, auch behördlich (gerichtlich) verfolgt, sofern die Geltendmachung weder offenbar aussichtslos noch unzumutbar ist. Dies ist von der unterhaltsberechtigten Person oder ihrer gesetzlichen Vertretung glaubhaft zu machen.
(5) Gesetzliche oder vertragliche und der Höhe nach bestimmte Ansprüche der Hilfe suchenden Person auf Leistungen, die der zumindest teilweisen Deckung der Bedarfe nach § 3 dienen, sind ohne Berücksichtigung eines allfälligen Ruhens oder subjektiven Anspruchsverlusts nach vertraglichen oder gesetzlichen Bestimmungen fiktiv anzurechnen, wenn dies auf ein Verhalten der Hilfe suchenden oder empfangenden Person zurückzuführen ist. Die Bestimmungen des § 15 bleiben davon unberührt.
(6) Von der Anrechnung ausgenommen sind:
1. Leistungen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 mit Ausnahme von Zuwendungen aus dem Familienhospizkarenz-Härteausgleich und Kinderabsetzbeträge nach § 33 Abs. 3 EStG 1988,
2. Schmerzensgeld, Entschädigungsleistungen für Opfer, Leistungen des Sozialentschädigungsrechts (Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, Opferfürsorgegesetz, Heeresentschädigungsgesetz, Verbrechensopfergesetz, Impfschadengesetz, Conterganhilfeleistungsgesetz, Heimopferrentengesetz), sofern es sich nicht um eine einkommensabhängige Rentenleistung mit Mindestsicherungscharakter handelt,
3. Pflegegeld nach bundesrechtlichen Vorschriften und andere pflegebezogene Geldleistungen, auch bei Dritten, denen diese Geldleistungen als Entgelt für deren Pflegetätigkeit zufließen, sofern die Pflegetätigkeit durch Ehegatte/Ehegattin und deren Kinder, die Eltern, Großeltern, Adoptiv- und Pflegeeltern, Kinder, Enkelkinder, Stiefkinder, Adoptiv- und Pflegekinder, den/die Lebensgefährten/Lebensgefährtin und dessen/deren Kinder, den/die eingetragene/n Partner/in und dessen/deren Kinder sowie Geschwister, Schwiegereltern und Schwiegerkinder und nicht zu Erwerbszwecken, erfolgt,
4. freiwillige Geldleistungen der freien Wohlfahrtspflege oder Leistungen von Dritten, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden, es sei denn diese Leistungen werden bereits für einen ununterbrochenen Zeitraum von vier Monaten gewährt oder erreichen ein Ausmaß, sodass keine Leistungen nach diesem Gesetz mehr erforderlich wären,
5. Einkünfte, die der Hilfe suchenden Person im Rahmen einer Tagesstruktur oder einer sonstigen therapeutischen Betreuungsmaßnahme als Leistungsanreiz zufließen (therapeutisches Taschengeld), es sei denn, diese überschreiten die Höhe des Taschengeldes gemäß § 17 Abs. 3.
Gemäß § 12 Abs. 1 WMG ist das verwertbare Vermögen von anspruchsberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft auf die Summe der Mindeststandards anzurechnen.
Soweit keine Ausnahmeregelung nach Abs. 3 anzuwenden ist, gelten nach § 12 Abs. 2 WMG unbewegliches Vermögen (Z 1) und Ersparnisse und sonstige Vermögenswerte (Z 2) als verwertbar.
Gemäß § 12 Abs. 3 WMG gelten als nicht verwertbar:
1. Gegenstände, die zu einer Erwerbsausübung oder der Befriedigung angemessener kultureller Bedürfnisse der Hilfe suchenden Person dienen;
2. Gegenstände, die als angemessener Hausrat anzusehen sind;
3. Kraftfahrzeuge, die berufsbedingt oder auf Grund besonderer Umstände (insbesondere Behinderung, unzureichende Infrastruktur) erforderlich sind;
4. unbewegliches Vermögen, wenn dieses zur Deckung des angemessenen Wohnbedarfs der Bedarfsgemeinschaft dient;
5. verwertbares Vermögen nach Abs. 2 bis zu einem Freibetrag in Höhe des Fünffachen des Mindeststandards nach § 8 Abs. 2 Z 1 (Vermögensfreibetrag);
6. sonstige Vermögenswerte, solange Leistungen der Wiener Mindestsicherung nicht länger als für eine Dauer von sechs Monaten bezogen wurden. Dabei sind alle ununterbrochenen Bezugszeiträume im Ausmaß von mindestens zwei Monaten innerhalb von zwei Jahren vor der letzten Antragstellung zu berücksichtigen.
§ 24 WMG lautet folgendermaßen:
Kostenersatz bei Vermögen oder Einkommen, das nicht aus eigener
Erwerbstätigkeit stammt
§ 24.
(1) Für Kosten, die dem Land Wien als Träger der Mindestsicherung durch die Zuerkennung von Leistungen zur Mindestsicherung entstehen, ist dem Land Wien als Träger der Mindestsicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Ersatz zu leisten. Ein Anspruch auf Mindestsicherung schließt dabei einen Kostenersatzanspruch des Trägers der Wiener Mindestsicherung nicht aus.
(2) Ersatzpflichtig sind alle Personen, die Leistungen der Mindestsicherung bezogen haben, soweit sie nach Zuerkennung der Leistung zu Vermögen oder Einkommen, das nicht aus eigener Erwerbstätigkeit stammt, gelangen, unabhängig davon, ob sie Hilfe empfangen oder das Vermögen noch vorhanden ist. Es sind jene Kosten zu ersetzen, die dem Träger der Mindestsicherung durch Hilfegewährungen in den letzten drei Jahren der Hilfeleistung entstanden sind. Stichtag für die Berechnung der Frist ist der letzte Tag des Monats, in dem Leistungen an die Ersatzpflichtige oder den Ersatzpflichtigen geflossen sind.
(3) Über die Verpflichtung zum Kostenersatz ist mit Bescheid zu entscheiden. Die Behörde ist berechtigt, die Aufrechnung gegen Ansprüche auf Leistungen der Wiener Mindestsicherung zu verfügen.
(4) Ersatzpflichtig sind darüber hinaus die erbserklärten Erbinnen und Erben nach dem Tod der in Abs. 2 genannten Personen. Die Ersatzforderung wird mit dem Tag des Todes fällig. Soweit eine Zahlung aus dem Nachlass nicht erlangt werden kann, erlischt die Forderung. Weitere Ersatzforderungen gegen Erbinnen und Erben nach Einantwortung sind nicht zulässig. Es sind jene Kosten zu ersetzen, die dem Träger der Wiener Mindestsicherung durch Hilfegewährungen in den letzten zehn Jahren der Hilfeleistung entstanden sind. Stichtag für die Berechnung der Frist ist der letzte Tag des Jahres, in dem Leistungen an die Ersatzpflichtigen geflossen sind.
(5) Ersatz ist im Umfang der durch die Hilfegewährung an die Bedarfsgemeinschaft entstandenen Kosten zu leisten. Alle anspruchsberechtigten Personen, denen als Bedarfsgemeinschaft Hilfe zuerkannt wurde, sind solidarisch zum Ersatz der Kosten verpflichtet.
(6) Der Kostenersatzanspruch des Trägers der Wiener Mindestsicherung verjährt drei Jahre nach Kenntnis der Umstände, die die Ersatzpflicht begründen.
Der Vermögensfreibetrag nach § 12 Abs. 3 Z 5 WMG iVm § 3 der Verordnung der Wiener Landesregierung zum Wiener Mindestsicherungsgesetz 2020 (WMG-VO 2020), LGBl. für Wien Nr. 67/2019, beträgt zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien EUR 4.586,75.
Auf Grund des unbedenklichen Akteninhaltes, des Beschwerdevorbringens sowie des vor dem Verwaltungsgericht Wien durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:
Die beiden beschwerdeführenden Personen sind Erben nach ihrer am 10. Februar 2019 verstorbenen Mutter, Frau G. B., und wurden auf Grund ihrer unbedingten Erbserklärungen mit Beschluss des Bezirksgerichtes L., GZ ..., eingeantwortet. Nach der Vermögenserklärung des Protokolls vom 23. April 2019 standen Aktiva von EUR 58.203,23, darunter der Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ ... KG J., Passiva von EUR 21.927,93, darunter die Forderung des Trägers Sozialhilfe, gegenüber.
Frau G. B. bezog jedenfalls im Zeitraum 1. Jänner 2009 bis 10. Februar 2019 Leistungen nach dem Wiener Sozialhilfegesetz und in weiterer Folge der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Form von Mietbeihilfe in einer Höhe von EUR 13.568,21. Bereits vor Antragstellung und Zuerkennung von dieser Fürsorgeleistung war die Beschwerdeführerin Hälfteeigentümerin der Liegenschaft EZ ... KG J.. Dies war der belangten Behörde seit 14. April 2008 bekannt, wobei Frau G. B. dieses Vermögen nicht von sich aus bekanntgab, sondern vielmehr die belangte Behörde durch Anfrage beim Grundbuch selbst recherchierte.
Erstmals beantragte Frau G. B. am 3. April 2008 Leistungen des Wiener Sozialhilfegesetzes.
Es steht daher fest, dass das gegenständliche Vermögen der Mutter der beschwerdeführenden Personen in Form des Hälfteanteils an Eigentum an der Liegenschaft EZ ... KG J. vor der Zuerkennung von Leistungen nach dem Wiener Sozialhilfegesetz bzw. in weiterer Folge des Wiener Mindestsicherungsgesetzes vorhanden war.
Diese Feststellungen gründen auf den eingangs erwähnten Beweismitteln. Die Höhe der ausbezahlten Leistungen der Mindestsicherung wurden von den beschwerdeführenden Personen nicht bestritten. Die Eigentumsverhältnisse von Frau G. B. und die Feststellungen zum Erbe der beschwerdeführenden Personen ergeben sich aus deren Vorbringen im Zusammenhalt mit dem Grundbuchsstand sowie dem unbedenklichen Akteninhalt.
Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich in rechtlicher Hinsicht Folgendes:
Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die beiden beschwerdeführenden Personen als Erben der Hilfe empfangenden Person G. B. zum Kostenersatz nach § 24 WMG verpflichtet werden können.
Für die Auslegung von Rechtsnormen im Bereich des Verwaltungsrechtes sind die allgemeinen Interpretationsregeln der §§ 6 f. ABGB heranzuziehen. Die Interpretation eines Rechtstextes kann auf drei unterschiedliche Aspekte abstellen, nämlich den Wortlaut, die Absicht des historischen Gesetzgebers und den objektiven Sinn und Zweck einer Norm. Der Verfassungsgerichtshof postuliert einen Vorrang des Wortlautes. So wird in dem Erkenntnis VfSlg. 5153/1965 ausgeführt, dass nur wenn der Wortlaut des Gesetzes unklar ist, zur Auslegung auf die Materialien zurückgegriffen werden kann. Diese sind jedoch in keiner Weise verbindlich. Würden sie mit dem Gesetzeswortlaut in Widerspruch stehen, könnte nur das Gesetz und nicht die Materialien entscheidend sein (vgl. auch VfSlg. 7698/1975). Auf das Mittel der teleologischen Auslegung ist nur dann zurückzugreifen, wenn der Wortlaut einer Vorschrift Zweifel offen lässt (VwGH vom 3. März 1981, ZfVB 1982/1220). Denn es ist nicht Sache der Rechtsprechung, eine - womöglich - unbefriedigende Regelung (eine Ungerechtigkeit) des Gesetzes zu korrigieren oder im Wege der Rechtsfortbildung oder einer allzu weitherzigen Interpretation möglicher Intentionen des Gesetzgebers Gedanken in ein Gesetz zu tragen, die darin nicht enthalten sind (vgl. Dittrich/Tades, ABGB34 [1994] [§ 6, E 55 und 56]).
Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 24 Abs. 4 WMG referiert der Kostenersatzanspruch der erbserklärten Erbinnen und Erben auf die in § 24 Abs. 2 WMG ersatzpflichtigen Personen. Der Kostenersatzanspruch gegen die erbserklärten Erbinnen und Erben ist daher insofern akzessorisch und kommt nur dann zum Tragen, wenn auch ein Ersatzanspruch gegen den Verstorbenen, der Mindestsicherung bezogen hat, bestanden hat. Dieser ist dann gegeben, wenn man Leistungen der Mindestsicherung bezogen hat und diese Personen nach Zuerkennung der Leistung zu Vermögen oder Einkommen, das nicht aus eigener Erwerbstätigkeit stammt, gelangen.
Im vorliegenden Fall stand die Verstorbene G. B. bereits vor erstmaliger Antragstellung im Eigentum des Hälfteanteils der Liegenschaft EZ ... KG J.. Sie ist daher nicht nach Zuerkennung der Sozialhilfeleistung ab April 2008 zu Vermögen oder Einkommen gelangt, sondern bestand ihr Eigentum bereits davor. Daraus folgt aber auch, dass die Verstorbene G. B. keine nach § 24 Abs. 2 WMG ersatzpflichtige Person ist, weswegen ein Kostenersatzanspruch nach § 24 Abs. 4 WMG der beschwerdeführenden Personen ausscheidet.
Bemerkt wird auch, dass die übrigen Aktiva des Erbes von den Bestattungskosten aufgebraucht wurden.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig und war daher spruchgemäß zu beheben.
Da der gegenständliche Bescheid zu beheben war, war den Beweisanträgen auf Einvernahme der Abteilungsleiterin der Magistratsabteilung 40 (dieser Antrag ist im Übrigen wohl als untauglich einzustufen) und des ehemaligen Sachbearbeiters des Aktes von Frau G. B. nicht Folge zu geben. Weiters erübrigt sich ein Eingehen auf die Ausführungen der beschwerdeführenden Personen zu einer allfälligen Gleichheitswidrigkeit der Bestimmung des § 24 WMG. In diesem Zusammenhang ist aber auch zu betonen, dass sich für die erkennende Richterin ein Verdacht eines strafbaren Verhaltens durch den Vertreter der belangten Behörde nach § 302 StGB nicht ergeben hat.
Ad II.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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