BauO Tir 2022 §46 Abs6
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.31.2914.3
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Hengl über die Beschwerde des AA, Adresse 1, **** Z, vertreten durch BB Rechtsanwälte OG, Adresse 2, **** Y, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 27.9.2022, ***, betreffend einen Entfernungsauftrag nach der Tiroler Bauordnung,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als dem Beschwerdeführer zudem gemäß § 46 Abs 6 lit a TBO 2022 die weitere Benützung der in Spruchpunkt I. genannten baulichen Anlage untersagt wird. Die Frist zur Abtragung und Beseitigung der gegenständlichen baulichen Anlage wird mit „bis spätestens 30.4.2023“ neu festgelegt.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Eingabe vom 8.6.2022, bei der belangten Behörde am selben Tag eingelangt, hat AA, wohnhaft in Adresse 1, **** Z, bei der belangten Behörde die Aufstellung eines Holzzaunes samt Errichtung eines Sprungplatzes, eines Auslaufplatzes für Stuten mit Fohlen, sowie 5 Paddocks für die Turnierpferde und die Errichtung eines Holzzaunes zur Abtrennung von der Wiese auf Gst **1 KG Z angezeigt.
Mit Rechtsauskunft der Abteilung Bau- und Raumordnungsrecht vom 10.6.2022 wurde hinsichtlich dieser Bauanzeige ausgeführt, dass sich der Bauplatz im Freiland gemäß § 41 TROG 2022 befindet und darauf nur die in Abs 2 angeführten baulichen Anlagen errichtet werden dürfen.
Der bauangezeigte Reitplatz wäre daher im Freiland nur zulässig, wenn es sich dabei um eine Nebenanlage im Sinn der Begriffsbestimmungen gemäß § 2 Abs 10 TBO 2022 handle, wonach nur bauliche Anlagen, die einem auf demselben Grundstück befindlichen Gebäude funktionell untergeordnet sind, als Nebenanlagen zu qualifizieren seien.
Da es sich gegenständlich um ein unbebautes Grundstück handle und sich die zugehörige Hofstelle auf einem anderen Grundstück befinde, sei der Reitplatz im Freiland nicht zulässig. Ob für die Fläche des Reitplatzes (gesamte befestigte Fläche ohne Wiese) die Widmung eine Sonderfläche gemäß § 47 TROG 2022 betriebswirtschaftlich erforderlich und raumordnungs-fachlich an diesem Standort vertretbar und ÖRK-konform sei, wäre zu prüfen. Für die Wiese im Freiland wäre lediglich eine ortsübliche Umzäunung zulässig.
Grundsätzlich ist die Errichtung eines Reitplatzes mit einer Umzäunung (welche nicht vom Geltungsbereich der TBO ausgenommen ist) gemäß § 28 Abs 2 lit b und e TBO 2022 anzeigepflichtig. Das gegenständlich angezeigte Bauvorhaben sei jedoch nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften unzulässig, sodass von der Baubehörde die Ausführung des Vorhabens gemäß § 30 Abs 3 TBO 2022 zu untersagen sei.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 27.7.2022, ***, wurde unter Spruchpunkt I. ausgesprochen, dass gemäß § 30 Abs 3 TBO 2022 festgestellt werde, dass die Ausführung des obgenannten Bauvorhabens gemäß § 28 Abs 1 TBO 2022 einer Bewilligung bedürfe und wurde in Spruchpunkt II. ausgeführt, dass gemäß § 30 Abs 3 dritter Satz TBO 2022 festgestellt werde, dass einer allfälligen Bewilligung ein Abweisungsgrund nach § 34 Abs 3 lit a Z 1 TBO 2022 entgegenstehe.
Dieser Bescheid, der an AA und CC ergangen ist, wurde vom Beschwerdeführer nicht bekämpft und ist mittlerweile in Rechtskraft erwachsen.
Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 27.9.2022, ***, wurde der Beschwerdeführer zu Spruchpunkt I. verpflichtet, die widerrechtlich auf Gst **1, KG Z, errichteten baulichen Anlagen, nämlich den Sprungplatz/Reitplatz, Auslauf für Stuten mit Fohlen und die widerrechtlich errichteten 5 Paddocks für Pferde laut den einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bildenden Lichtbildern in der Anlage „bis längstens 15.11.2022 abzutragen und gänzlich zu entfernen“.
In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde brachte AA durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung vor, dass ein auf § 46 Abs 1 TBO gestützter Beseitigungsauftrag stets an den Eigentümer der Baulichkeit zu richten sei. Dabei habe die Behörde die Frage, wer Eigentümer der fraglichen Baulichkeit sei, von Amts wegen zu überprüfen.
Dieser amtswegigen Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhaltes sei die belangte Behörde insofern nicht nachgekommen, als sie zwar ohne nähere Begründung Feststellungen bzw Unterstellungen zum Eigentümer des betreffenden Grundstückes sowie „Nutzungsberechtigten“ des Grundstückes treffe, jedoch offensichtlich keine Ermittlungen zum Eigentümer der baulichen Anlagen geführt habe.
Abschließend wurde der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen und allenfalls eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Bauakt der belangten Behörde sowie durch fernmündliche Rücksprache bei DD, Bauamt Z, vom 25.11.2022, in deren Rahmen mitgeteilt wurde, dass der Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 27.7.2022, der dem Benützer AA und dem Grundstückseigentümer CC zugegangen ist, unbekämpft geblieben und demgemäß in Rechtskraft erwachsen ist.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte vor dem Hintergrund des § 24 Abs 4 VwGVG entfallen, zumal die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, zumal der maßgebliche Sachverhalt feststand, insbesondere was die Benützung des in Rede stehenden Grundstückes sowie der darauf errichteten baulichen Anlagen anbelangt.
II. Rechtliche Grundlagen:
Im Gegenstandsfall ist folgende Bestimmung der Tiroler Bauordnung 2022, LGBl Nr 44/2022 (TBO 2022), von Bedeutung:
„§ 46
Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes
(1) Wurde eine bewilligungspflichtige oder anzeigepflichtige bauliche Anlage ohne die erforderliche Baubewilligung bzw. Bauanzeige errichtet, so hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage deren Beseitigung und erforderlichenfalls die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Bauplatzes aufzutragen. Wurde eine solche bauliche Anlage ohne die erforderliche Baubewilligung bzw. Bauanzeige geändert, so hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage die Herstellung des der Baubewilligung bzw. Bauanzeige entsprechenden Zustandes aufzutragen. Dies gilt auch, wenn ein Bauvorhaben abweichend von der Baubewilligung bzw. Bauanzeige ausgeführt wurde und diese Abweichung eine Änderung der baulichen Anlage darstellt, zu deren selbstständigen Vornahme eine Baubewilligung oder eine Bauanzeige erforderlich wäre. Ist die Herstellung des der Baubewilligung bzw. Bauanzeige entsprechenden Zustandes technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht vertretbar, so hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage stattdessen deren Beseitigung und erforderlichenfalls die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Bauplatzes aufzutragen.
(6) Die Behörde hat dem Eigentümer einer baulichen Anlage oder, wenn diese – außer im Rahmen einer kurzzeitigen Vermietung an wechselnde Personen – durch einen Dritten benützt wird, diesem deren weitere Benützung ganz oder teilweise zu untersagen,
a) wenn er sie benützt, obwohl es sich um ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben handelt, für das eine Baubewilligung nicht vorliegt,
b) wenn er sie benützt, obwohl es sich um ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben handelt, das ohne eine entsprechende Bauanzeige, erheblich abweichend von der Bauanzeige oder ungeachtet einer Untersagung nach § 30 Abs. 3 fünfter Satz ausgeführt wurde;
[…]
Im Fall der Untersagung der weiteren Benützung hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage erforderlichenfalls geeignete Maßnahmen zur Durchsetzung dieses Verbotes, wie eine entsprechende Beschilderung, die Anbringung von Absperrungen und dergleichen, aufzutragen. Bei Gefahr im Verzug kann die Behörde die bauliche Anlage durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt räumen.“
III. Rechtliche Erwägungen:
Zu Recht wird in der gegenständlichen Beschwerde darauf verwiesen, dass ein Beseitigungsauftrag gemäß § 46 Abs 1 TBO 2022 an den Eigentümer einer baulichen Anlage zu richten ist.
Fußend auf der zwischen dem Grundstückseigentümer CC und dem Beschwerdeführer AA am 9.6.2022 abgeschlossenen und im Akt einliegenden Vereinbarung, des Umstandes, dass AA in der Bauanzeige vom 8.6.2022 als Einbringer der Bauanzeige gemäß § 30 Abs 2 TBO 2018 aufgetreten ist und in keiner Lage des Verfahrens behauptet wurde, dass die seitens der belangten Behörde im bekämpften Bescheid monierten baulichen Anlagen nicht vom Beschwerdeführer errichtet wurden, dieser vielmehr sogar den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 27.7.2022, ***, mit dem festgestellt wurde, dass die Ausführung des Bauvorhabens gemäß § 28 Abs 1 TBO 2022 einer Bewilligung bedarf und einer solchen Bewilligung ein Abweisungsgrund nach § 34 Abs 3 lit a Z 1 TBO 2022 entgegensteht (Spruchpunkt II. dieses Bescheides), vom Beschwerdeführer unbekämpft geblieben ist, kann davon ausgegangen werden, dass niemand anderer als der Beschwerdeführer selbst als Bescheidadressat eines Auftrages gemäß § 46 Abs 1 TBO 2022 in Betracht kommt.
Der Umstand, dass es sich bei einem Reitplatz mit befestigtem Unterbau um eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage handelt, erhellt aus der Rechtsauskunft der Abteilung Bau- und Raumordnungsrecht vom 10.6.2022, dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 27.7.2022 und wurde auch in einem entsprechenden Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol zu LVwG-*** unter Beiziehung eines nichtamtlichen Sachverständigen für Pferdesport und Pferdehaltung umfassend geprüft und bestätigt.
Der gegenständliche Beseitigungsauftrag laut Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides war daher sowohl dem Grunde nach berechtigt als auch an den richtigen Adressaten gerichtet und zudem auch hinreichend bestimmt, zumal sich aus den beiliegenden Lichtbildern problemlos erkennen lässt, welche baulichen Anlagen vom gegenständlichen Beseitigungsauftrag umfasst sind.
Fußend auf dem Umstand, dass der Beschwerdeführer als Nutzungsberechtigter der gegenständlichen baulichen Anlagen auftritt, war auch diesem gemäß § 46 Abs 6 lit a TBO 2022 anstatt dem ursprünglich herangezogenen Grundstückseigentümer CC die weitere Benützung der gegenständlichen baulichen Anlagen zu untersagen.
Vor dem Hintergrund des feststehenden maßgeblichen Sachverhaltes war das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs 2 VwGVG befugt, den bekämpften Bescheid in jede Richtung abzuändern.
Hinsichtlich der von der belangten Behörde vorgenommenen Bemessung der Leistungsfrist im Sinn des § 59 Abs 2 AVG war davon auszugehen, dass aufgrund der Witterungslage und der zu entfernenden Bauteile nunmehr eine Leistungsfrist bis spätestens 30.4.2023 angemessen ist. Die Paritionsfrist wurde dementsprechend neu festgesetzt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Hengl
(Richter)
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