LVwG Tirol LVwG-2022/48/1480-9

LVwG TirolLVwG-2022/48/1480-922.11.2022

BauO Tir 2022 §46 Abs6 litg
ROG Tir 2022 §13 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.48.1480.9

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Frau Dr.in Müller über die Beschwerde von AA und BB, vertreten durch die CC, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid vom 09.11.2021, ohne Aktenzahl, und aufgrund des Vorlageantrags vom 20.05.2021 [gemeint: 20.05.2022] nach Erlassung der Beschwerdevorentscheidung des Bürgermeisters der Gemeinde Y, vom 03.05.2022, Zl ***, betreffend eine Untersagung der weiteren Benützung als Freizeitwohnsitz gemäß § 46 Abs 6 lit g TBO 2022, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

 

zu Recht:

 

1. Die Beschwerdevorentscheidung des Bürgermeisters der Gemeinde Y, vom 03.05.2022, Zl *** wird ersatzlos mangels Zuständigkeit behoben.

 

2. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass die weitere Benützung als Freizeitwohnsitz mit sofortiger Wirkung untersagt wird und die maßgebliche Bestimmung Tiroler Bauordnung 2022 (TBO 2022) idgF zu lauten hat.

 

3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Verfahrensablauf:

 

Mit Eingabe vom 15.06.2020 wurde an den Bürgermeister der Gemeinde Y eine Meldung hinsichtlich mutmaßlicher illegaler Freizeitwohnsitze unter anderem an der gegenständlichen Adresse zur Überprüfung übermittelt.

 

Nach der Einholung der Informationen zu Müllentleerungen und der Zählerstände sowie der Einsicht in das ZMR wurden die Beschwerdeführer zur Stellungnahme aufgefordert. Mit Schreiben vom 03.03.2021 übermittelte die ausgewiesene Rechtsvertreterin eine Stellungnahme und brachte vor, dass die beiden Beschwerdeführer deutsche Staatsbürger seien, miteinander verheiratet und zwei erwachsene Töchter mit jeweils eigenen Haushalten, konkret in X und in W an der DD hätten.

 

Die Beschwerdeführer haben je einen Nebenwohnsitz an der angeführten Adresse in Top * gemeldet und verfügen über keine weiteren Wohnsitze in Österreich. In Deutschland hätten sie noch weitere Wohnsitze in ***** V, Adresse 2, sowie in ***** U, Adresse 3. Die Beschwerdeführer verfügen sohin über mehrere (Haupt-)Wohnsitze und halten sich zu jeweils ca einem Drittel des Jahres, sohin zu gleichen Teilen an diesen drei Wohnsitzen in Y, V und U auf. Diese drei Wohnsitze stellen für die Beschwerdeführer gleichermaßen Lebensmittelpunkte dar und seien nicht unterschiedlich zu gewichten. Die Meldung als Nebenwohnsitz resultiere alleine daraus, dass gesetzlich nur eine Hauptwohnsitzmeldung möglich sei.

 

Der Beschwerdeführer befinde sich seit Ablauf des 30.11.2015 im Ruhestand. Die Beschwerdeführerin ist Landwirtin und könne aus gesundheitlichen Gründen nach mehreren Operationen im Zeitraum zwischen 2013 bis 2016 ihre eigene Arbeitskraft im landwirtschaftlichen Betrieb nicht mehr einbringen. Die Landwirtschaft werde nunmehr von langjährigen Mitarbeitern eigenständig bewirtschaftet und sei praktisch im täglichen Arbeitsgeschäft nicht mehr eingebunden. Sie sei damit zeitlich und örtlich völlig unabhängig.

 

Sohin seien beide Beschwerdeführer nicht mehr zeitlich gebunden und können ihren Lebensabend an drei Alterswohnsitzen verbringen. Ihren Ruhestand genießen die Beschwerdeführer je nach Jahreszeit, Wetter sowie Lust und Laune abwechselnd an ihren drei Wohnsitzen.

 

Der Beschwerdeführer sei leidenschaftlicher Schifahrer und habe eine Saisonkarte (Allstar Card für den Raum Tirol und Salzburg) sowie Mitglied beim EE Schiclub. Die Beschwerdeführerin fahre aus gesundheitlichen Gründen nicht Schi. Die Beschwerdeführerin fahre dagegen begeistert mit dem Rad. Ein Mountainbike und ein E- Bike sei eigens für diesen Wohnsitz in Y angeschafft worden und seien dort dauerhaft positioniert.

 

In Y genieße das Ehepaar ausgedehnte Spaziergänge und Wanderungen in Begleitung ihres Hundes. Für die Beschwerdeführerin sei das regelmäßige und längere Verweilen in Y von gesundheitlichem Vorteil und aus therapeutischen Gründen von Bedeutung.

 

Die Beschwerdeführer haben einen eher zurückgezogenen Lebenswandel, seien jedoch in das nachbarschaftliche Sozialleben integriert. Die Beschwerdeführer haben auch ein FF-Bank Konto in Z-T, Bankstelle Y.

 

Aufgrund ihrer emotionalen und sozialen Bindungen zu Y sei das Ehepaar mittlerweile in Y stark verwurzelt.

 

Zusammengefasst handle es sich für die Beschwerdeführer bei der Wohnung in Y um einen Alters- bzw Hauptwohnsitz. Die Anschaffung und Nutzung der Liegenschaft seien in Ausübung der Kapitalverkehrsfreiheit, der Niederlassungsfreiheit sowie des freien Personenverkehrs innerhalb der EU. Eine illegale Freizeitwohnsitznutzung des Objektes liege nicht vor.

 

Der Vollständigkeit halber werde angeführt, dass Freizeit rein begrifflich schon in irgendeiner Form mit Arbeit, Beschäftigung und Ausbildung verbunden sei. Da die Beschwerdeführer keinen beruflichen Beschäftigungen (mehr) nachgingen, sei eine Nutzung der Wohnung als Freizeitwohnsitz allein begrifflich nicht möglich. Als nicht berufstätige Personen haben sie gar keine bzw immerwährende Freizeit und sei es bei Pensionisten nicht möglich, zwischen Hauptwohnsitz und Freizeitwohnsitz zu unterscheiden. Die Bestimmung des § 13ff Tiroler Raumordnungsgesetz sei sicherlich nicht so auszulegen, dass es nichtberufstätigen Personen gänzlich verwehrt sei, in Tirol zu wohnen. Diese Gesetzesauslegung führe zu absurden Ergebnissen andernfalls.

 

Ohne weiteren Ermittlungsschritt wurde der Bescheid vom 09.11.2021 erlassen und den Beschwerdeführern gemäß § 46 Abs 6 lit g iVm § § 62 Abs 1 TBO 2018 die weitere Benützung des Objektes Adresse 4 als Freizeitwohnsitz untersagt.

 

Dagegen brachten die Beschwerdeführer durch ihre ausgewiesene Rechtsvertreterin Beschwerde ein und bemängelten insbesondere, dass mehr oder weniger kein Ermittlungsverfahren durchgeführt wurde. Selbst die vorgelegten Urkunden seien in der Entscheidungsfindung in keiner Weise gewürdigt. Im Übrigen würde ein Begründungsmangel vorliegen, da die Beschwerdeführer dargestellt hätten, dass sie sich zu je einem Drittel an ihren drei Wohnsitzen aufhalten würden und keine Tatsachenfeststellungen dazu getroffen worden seien, dass der gegenständliche Wohnsitz zu Freizeitwohnsitzen verwendet werde. Vielmehr ergebe sich aus der Darstellung der Beschwerdeführer, dass beide nicht mehr beruflich aktiv seien und jeweils zu einem Drittel an den drei gleichwertigen Alters-Hauptwohnsitzen sich aufhalten. Eine Differenzierung zwischen Freizeit und Erholung und sonstigen Aufenthalten sei daher nicht mehr möglich. Auch damit habe sich die Behörde nicht auseinandergesetzt.

 

Darüber hinaus werden die unrichtigen Tatsachenfeststellungen bekämpft, dass die Baubehörde auf Seite 2 eine vorwiegende Nutzung des genannten Wohnsitzes zu Erholungszwecken festgestellt habe, obwohl die Beschwerdeführer vorgetragen haben, dass sie nicht mehr beruflich aktiv seien. Vielmehr befinden sich die Beschwerdeführer im Ruhestand und lasse es die finanzielle Situation zu, über mehrere Wohnsitze zu verfügen, die für sich genommen keine Freizeitwohnsitze darstellen. Eine Differenzierung zwischen Arbeit und Freizeit könne sohin nicht mehr vorgenommen werden, da eben eine Arbeit im Gegensatz zur Freizeit fehle. Ein Aufenthalt für Wochenende bzw Kurzaufenthalte sei allein aufgrund der langen Anreise gar nicht möglich.

 

Eine tiefe Verwurzelung der Beschwerdeführer in Y wäre auch durch die Eröffnung eines Kontos bei der lokalen Bank, die Mitgliedschaft beim Schiclub sowie der Erwerb der Saisonschikarte dargestellt, wofür bereits Unterlagen vorgelegt worden seien. Es liege sohin viel mehr eine legale Nutzung der gegenständlichen Liegenschaft vor. Die gegenständliche Nutzung sei daher gemäß § 13 Abs 1 TROG zulässig.

 

Im Sinne der Judikatur des Landesveraltungsgerichtes und insbesondere der sogenannten Uschi Glas Entscheidung der Landesgrundverkehrskommission vom 17.12.2002 sei anerkannt, dass kein Freizeitwohnsitz vorliege, sofern ein deutliches Übergewicht hinsichtlich der beruflichen, wirtschaftlichen, familiären oder sonst sozialen Lebensbeziehung zum betreffenden Objekt bestehe (VwGH 2012/02/0171 vom 17.06.2014; LVwG-2015/11/0841 vom 30.06.2015). Dies könne auch bei Nebenwohnsitzen zutreffen. Der Rückschluss, dass eine Person, die drei Wohnsitz unterhalte und hiervon den Wohnsitz in Tirol, der zu einem Drittel genutzt werde, als Freizeitwohnsitz zu werten, sei rechtlich verfehlt.

 

Es entspreche dem modernen Zeitgeist, dass eine Person über mehrere Mittelpunkte der Lebensbeziehungen verfügen könne. Es entspreche durchaus der Lebenserfahrung, dass Personen im Ruhestand, deren finanzielle Situation es erlauben, über mehrere gleichwertige Wohnsitze zu verfügen, von denen keiner für sich genommen einen Freizeitwohnsitz darstelle. Bedeutsam sei dabei vor allem, dass Anknüpfungspunkt für einen Hauptwohnsitz nicht die Dauer der Nutzung, sondern Mittelpunkt der Lebensinteressen sei. Ein Mittelpunkt der Lebensinteressen bestimme sich im Sinne eines beweglichen Systems nach beruflichen, wirtschaftlichen, familiären, sozialen und emotionalen Bindungen. Bei Personen im Ruhestand entfalle dann logisch die Abgrenzung zwischen Arbeitszeit einerseits und Freizeit bzw Erholungszeit andererseits. Diesen Personen stehe es frei, ihren Ruhestand an Orten ihrer Wahl zu verbringen.

 

Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass nach den allgemeinen Beweislastregeln nachgewiesen werden müsse, dass ein Freizeitwohnsitz und dessen Nutzung vorliege. Mögen auch den Eigentümern und den verfügungsberechtigten Mitwirkungs- bzw Auskunftspflichten obliegen, so führe dies nicht zu einer Beweislastumkehr. Allein aus dem Umstand, dass kein Nachweis einer bestimmten Nutzung erbracht worden sei, könne nicht die Nutzung als Freizeitwohnsitz angelastet werden. Hinzuweisen sei, dass weder § 13a Abs 5 TROG noch § 29 Abs 4 TBO im Verfahren über ein vom Bürgermeister gemäß § 46 Abs 6 lit g verhängtes Benützungsverbot Anwendung finden.

 

Es werde sohin zusammengefasst wiederholt, dass es sich bei der gegenständlichen Liegenschaft um einen Alters- bzw Hauptwohnsitz handle. Im Übrigen berufen sich die Beschwerdeführer als deutsche Staatsangehörige ausdrücklich auf die ihnen als EU-Bürger zustehenden EU-Grundfreiheiten (Kapitalverkehrsfreiheit, Arbeitnehmerfreizügigkeit, Dienstleistungsfreiheit, Niederlassungsfreiheit, Recht des freien Personenverkehrs). Beantragt wurde die Einvernahme des Beschwerdeführers BB.

 

Die belangte Behörde holte zwei weitere ZMR-Auskünfte zu den Beschwerdeführern am 02.02.2022 ein. Mit Schreiben vom 03.05.2022 erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde.

 

Dagegen brachten die Beschwerdeführer durch ihre ausgewiesene Rechtsvertretung den Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG mit Schreiben vom 20.05.2021 [2022] ein.

 

Nach Einholung des Bauaktes, Grundbuchsauszuges und ZMR-Auszuges wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung am 07.07.2022 vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol durchgeführt, zu der beide Beschwerdeführer geladen wurden, jedoch nur BB erschien und dieser in weiterer Folge einvernommen wurde. Weiters in der Verhandlung dargetan die Auskunft des Tourismusverbandes GG zur Freizeitwohnsitz-Pauschale für die gegenständliche Eigentumswohnung.

 

Mit Schreiben vom 22.06.2022 brachte die Beschwerdeführervertreterin einen vorbereiteten Schriftsatz ein und bemängelte, dass die Beschwerdevorentscheidung rechtswidrig ergangen sei, da diese gemäß § 14 Abs 1 VwGVG nur binnen zwei Monaten erlassen werden könne. Nach Ablauf dieser zwei Monate gehe die Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung verloren und gehe die Zuständigkeit auf das Landesverwaltungsgericht über. Auch eine Mitteilung der Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht wurde entgegen § 15 Abs 2 VwGVG der Beschwerdeführervertreterin nicht zugestellt. Ebenso sei die Rechtsmittelbelehrung in der Beschwerdevorentscheidung mangelhaft.

 

Mit Schreiben vom 04.07.2022 teilte die Beschwerdeführervertreterin mit, dass die Beschwerdeführerin aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Tagsatzung am 07.07.2022 teilnehmen könne und dementsprechend auf ihre Einvernahme verzichtet werde.

 

 

II. Feststellungen:

 

Die Beschwerdeführer sind Ehegatten. Mit Kaufvertrag vom 05.12.2011 kauften die Beschwerdeführer die Eigentumswohnung Top * sowie die KFZ-Abstellplätze Top *, Top * und Top * auf GstNr **1, inneliegend EZ ****, KG ***** Y, mit der Adresse 4, **** Y:

 

 ***/*** verbundene Miteigentumsanteile (B-LNR ** und **), verbunden mit dem Wohnungseigentum an der Wohnung Top *

 */*** verbundene Miteigentumsanteile (B-LNR ** und **), verbunden mit dem Wohnungseigentum am KFZ-Abstellplatz Top * (

 */*** verbundene Miteigentumsanteile (B-LNR ** und **), verbunden mit dem Wohnungseigentum am KFZ-Abstellplatz Top *

 */*** verbundene Miteigentumsanteile (B-LNR ** und **), verbunden mit dem Wohnungseigentum am KFZ-Abstellplatz Top *

 

Der Kaufpreis für die Wohnung betrug Euro 895.000,00 und für die drei Abstellplätze jeweils Euro 15.000,00, sohin insgesamt Euro 940.000,00.

 

In Punkt XII wird im Kaufvertrag Folgendes festgehalten:

„XII. Staatsbürgerschaft/Grundverkehr:

Die Käufer erklären an eidesstatt deutsche Staatsbürger und damit EU-Bürger zu sein. Sie erklären weiters gemäß § 11 Abs 1 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996, durch den beabsichtigten Rechtserwerb keinen Freizeitwohnsitz zu schaffen. Über die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen sind die Käufer aufgeklärt.“

Mit Baubescheid vom 05.06.2007, AZ ***, hat der Bürgermeister der Gemeinde Y der JJ als damaligen Bauwerberin die Baubewilligung für das gegenständliche Wohnhaus mit fünf abgeschlossenen Wohneinheiten, einer Tiefgarage und fünf Besucherparkplätzen erteilt. Die Wohnnutzfläche von Top * wurde ursprünglich mit 161,73 m² bewilligt, mit Bescheid vom 17.06.2011, AZ ***, wurden die Änderungen von der Baubewilligung der nunmehrigen Bauwerberin KK bewilligt und die Wohnnutzfläche von Top * wurde auf 158 m² verkleinert. Drei Stellplätze sind dieser Wohnung zugeteilt.

 

Mit Bauanzeige vom 08.10.2013 wurde eine Abtrennung eines Tiefgaragenabstellplatzes angezeigt und mit Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 21.11.2013 zustimmend zur Kenntnis genommen.

 

Die Wohnung Top * befindet sich mit einem Eingang im Erdgeschoss und besteht aus Diele, WC, Ankleideraum, Badezimmer, einem Zimmer, Wohnzimmer mit integrierter Küche und Essecke sowie einem Stiegenhaus in das Kellergeschoß. Ein weiterer Eingang findet sich im Untergeschoss und besteht die Wohnung in dieser Etage aus einem Flur, Dusche/WC, Sauna, Zimmer/Vorsauna und einem weiteren Zimmer sowie einer Terrasse und einer Gartenfläche von 54,85 m2. Eine Terrasse befindet sich im Erdgeschoss vor der Wohnküche sowie vor den beiden Zimmern im Kellergeschoss. Die Wohnung ist sowohl vom Erdgeschoss als auch vom Kellergeschoss mit einer Eingangstür zu begehen. Den Beschwerdeführern stehen die Miteigentumsanteile an den Tiefgaragenplätzen *, * und * zu.

 

Am 06.12.2011 eröffneten die Beschwerdeführer ein Konto bei der FF-Bank Z Bankstelle Y. Der Beschwerdeführer hatte zumindest im Jahr 2014 eine Saisonkarte für den Schiverbund LL Allstar Card erworben, wofür eine Rechnung vorgelegt wurde. Wann diese zuletzt erworben wurde bzw ob diese regelmäßig für den Beschwerdeführer erworben wird, kann nicht festgestellt werden.

 

Der Beschwerdeführer war Verwaltungsoberamtsrat an der Stiftung Universität S und wurde mit Ablauf des 30.11.2015 in den Ruhestand versetzt.

 

Die Beschwerdeführerin ist Landwirtin und betreibt nur mehr sehr eingeschränkt den langwirtschaftlichen Betrieb, der sich neben dem Wohnhaus in V befindet. Es ist nur mehr ein kleiner Betrieb und als Pferdeeinstellplatz für 24 Einstellpferde dient. Aufgrund mehrerer Operationen zwischen 2013 und 2015 hat sie gesundheitliche Probleme. Es fällt ihr schwer, längere Strecken zu gehen und bewegt sie sich vor allem mit dem Auto oder mit dem Fahrrad. Gesundheitsbedingt ist die Beschwerdeführerin nicht mehr in den landwirtschaftlich angegliederten Betrieb der bei ihrer Einstellung vor Ort eingebunden, sondern vielmehr übernimmt sie nur mehr die Buchhaltung und Rechnungslegung. Dies kann sie auch ortsungebunden durchführen. Die Pflege bzw die Durchführung der Tätigkeiten haben zwei langjährige Mitarbeiter übernommen, die dafür angestellt wurden.

 

Die Beschwerdeführer haben einen gemeinsamen Wohnsitz in V, wo der Hauptwohnsitz gemeldet ist und von wo der Beschwerdeführer bzw die Beschwerdeführerin ihrer Arbeit bisher nachgingen und die Kinder großgezogen haben, bis sie ausgezogen sind.

 

Der Wohnsitz in V ist jedoch einer von insgesamt drei Wohnsitzen der Beschwerdeführer. Ein dritter Wohnsitz befindet sich auch in U. Je nach Wetter, Lust und Laune werden diese drei Wohnsitze von den Beschwerdeführern bewohnt. Normalerweise sind die Beschwerdeführer eher im Winter in Y und im Sommer in U. Zu Coronazeiten waren sie hauptsächlich in V aufhältig. Wenn sie nach Y kommen, dann für ein paar Wochen, für zwei bis fünf Wochen und fahren dann wieder. Aufgrund der langen Anfahrtszeit von ca 8,5 Stunden ist es nicht möglich, über das Wochenende anzureisen.

 

In Y genießen sie es gemeinsam Radfahren zu gehen bzw der Beschwerdeführer Schifahren zu gehen. Ebenso werden sie begleitet von ihrem gemeinsamen Hund, den der Beschwerdeführer spazieren führt. Aus gesundheitlichen Gründen ist es der Beschwerdeführerin nicht mehr möglich. Sie braucht einen Rollator zum Gehen.

 

Am 18.09.2018 meldeten die Beschwerdeführer einen Nebenwohnsitz in der gegenständlichen Wohnung Top * in Y an, dies deshalb, da nur ein Hauptwohnsitz angemeldet werden darf und in V bereits der Hauptwohnsitz gemeldet war.

 

Zur Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht ist die Beschwerdeführerin unentschuldigt nicht erschienen. Sie befinde sich in V und sei nicht mitgefahren. Sie sei gestürzt, habe ein geschwollenes Gelenk und nicht auftreten. Dafür wurden keine Belege vorgelegt.

 

Die Beschwerdeführerin hat eine Vertrauensärztin in R, die sie kontaktiert, wenn sie gesundheitliche Probleme in Y hat bzw dort auftreten. Ebenso haben die Beschwerdeführer eine Tierärztin in Q, die sie kontaktieren, wenn der Hund Probleme in Y hat. Der Beschwerdeführer war in Y noch nie beim Arzt.

 

Hinsichtlich sozialer Kontakte hatten die Beschwerdeführer Kontakt mit dem Nachbarn Herrn MM, mit dem sie sich unterhalten haben, wenn sie einander auf der Straße getroffen haben. Er war ihnen auch behilflich, wenn Malertätigkeiten notwendig waren etc. Dieser ist jedoch mittlerweile auch gesundheitlich beeinträchtigt, ob er Parkinson oder Ähnliches kann der Beschwerdeführer nicht angeben.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer mehr als ein Drittel des Jahres in Y verbringen. Nach Aussage des Beschwerdeführers, die nicht von der Behörde bestritten wurde, verbringen er und seine Frau etwa ein Drittel des Jahres abhängige vom Wetter und Lust und Laune in Y, etwa ein Drittel in V und etwa ein Drittel in U.

 

Die beiden Töchter der Beschwerdeführer sind bereits erwachsen und haben den familiären Wohnsitz verlassen. Die ältere Tochter, 36 Jahre alt wohnt mit P ca 250 Kilometer von V entfernt und die jüngere, 32jährige Tochter, wohnt in X, was ca 400 Kilometer von V entfernt ist, wie der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol mitteilte. Sie sehen einander, wenn die Beschwerdeführer nach U fahren oder werden von diesen in V, Y oder U besucht.

 

Den abgetrennten und versperrbaren Stellplatz nutzen die Beschwerdeführer zum Abstellen der Fahrräder etc. Einen anderen Stellplatz benutzen sie selbst und der dritte Stellplatz dient als Besucherparkplatz für die entsprechenden Besucher bei ihnen.

 

Die Beschwerdeführer leben relativ zurückgezogen, wie das der Beschwerdeführer angibt.

 

Dem Beschwerdeführer wurde ein Erhebungsbogen für Freizeitwohnsitze für Eigentümer und Besitzer übermittelt und hat der Beschwerdeführer die Freizeitwohnsitzpauschale ab 01.01.2018 entrichtet, obwohl er auf dem Erhebungsbogen „Freizeitwohnsitz“ durch „Nebenwohnsitz“ berichtigte. Seitens der Gemeinde Y wird keine Freizeitwohnsitzabgabe vorgeschrieben, da es sich nicht um einen bewilligten Freizeitwohnsitz handelt.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Behördenakt, dem verwaltungsgerichtlichen Akt und den vorgelegten Urkunden und insbesondere der Einvernahme des Beschwerdeführers, der selbst darstellte, dass die Liegenschaft und die Eigentumswohnung in Y neben den beiden anderen Wohnsitzen in V und auf U zu ungefähr ein Drittel des Jahres genutzt werden. Dies ist jedoch abhängig vom Wetter und den entsprechenden gesundheitlichen Umständen seiner Frau. Insbesondere stellte der Beschwerdeführer auch dar, dass er zu Coronazeiten kaum mit seiner Frau in Y war.

 

Der Hauptwohnsitz ist in V gemeldet, wie dies aus der Einvernahme des Beschwerdeführers zu entnehmen ist. Dabei handelt es sich um den früheren Familienwohnort, wo sie mit ihren Kindern bereits früher gewohnt haben und wo die Beschwerdeführer ihrer Arbeit nachgegangen sind. Der Beschwerdeführer war auf der Universität S, etwa 25 km von V entfernt tätig, die Beschwerdeführerin war bzw ist Landwirtin und betreibt die benachbarte Landwirtschaft, für die sie nur die Buchhaltung bzw die Abrechnung macht und nur im reduzierten Ausmaß betrieben wird.

 

Diese Aussagen des Beschwerdeführers konnten glaubhaft übernommen werden, zumal keine gegenteiligen Beweise vorlagen und der Beschwerdeführer einen verlässlichen und aufrichtigen Eindruck erweckte. Er schilderte auch, dass sie finanziell gut situiert sind und aus Selbstschutz zurückgezogen leben und wenig gesellschaftlich aktiv sind. Es ist für sie leistbar, drei Wohnsitze zu unterhalten.

 

Die Beschwerdeführerin war dort auch nun zum Zeitpunkt der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht aufhältig, da sie sich nach Angaben des Beschwerdeführers dort verletzt habe. Belege dafür wurden jedoch nicht vorgelegt, sodass ein Entschuldigungsgrund nicht nachgewiesen wurde. Auf die Einvernahme der Beschwerdeführerin wurde von Seiten der Rechtsvertreterin verzichtet.

 

Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin nunmehr gehbehindert ist und nur mit Rollator mit entsprechenden Schwierigkeiten gehen kann, führte auch dazu, dass die Maisonettenwohnung seit diesen Operationen nicht mehr regelmäßig von den Beschwerdeführern genutzt werden und zu maximal einem Drittel des Jahres benutzt wird. Dies sagte der Beschwerdeführer glaubwürdig ist und ist die Vertreterin der belangten Behörde diesen Ausführungen nicht entgegentreten. Es gab auch keine Kontrollen der Gemeinde, sodass zu den Anwesenheiten und den Nutzungen nur aufbauend auf den Ausführungen des Beschwerdeführer Feststellungen getroffen werden konnten.

 

Es liegt weder ein bescheidmäßig festgestellter noch ein baulich bewilligter Freizeitwohnsitz vor und besteht keine Ausnahmebewilligung im Sinne des § 13 Abs 8 TROG 2022. Dies ergibt sich – ebenso wie die Feststellungen zur Wohnung selbst - unzweifelhaft aus dem Bauakt, dem die entsprechenden Daten zur Wohnung zu entnehmen und die Bewilligungen waren. Ebenso war den Registern die Feststellung hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse (Grundbuch sowie der Nebenwohnsitzmeldung (ZMR) zu entnehmen.

 

 

IV. Rechtslage:

 

Tiroler Raumordnungsgesetz 2022 (TROG 2022) idF LGBl Nr 43/2022 lautet:

 

Freizeitwohnsitze

§ 13

Beschränkungen für Freizeitwohnsitze

(1) Freizeitwohnsitze sind Gebäude, Wohnungen oder sonstige Teile von Gebäuden, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet werden. […]“

[…]

(3) Als Freizeitwohnsitze dürfen nur mehr Wohnsitze verwendet werden,

a) die in der Zeit vom 1. Jänner 1994 bis einschließlich 31. Dezember 1998 nach den jeweils in Geltung gestandenen raumordnungsrechtlichen Vorschriften oder nachträglich nach § 17 als Freizeitwohnsitze angemeldet worden sind und für die eine Feststellung über die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz vorliegt oder

b) für die eine Baubewilligung im Sinn des § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. Nr. 11/1994, vorliegt.

Darüber hinaus dürfen neue Freizeitwohnsitze im Wohngebiet, in Mischgebieten, auf Sonderflächen für Gastgewerbebetriebe zur Beherbergung von Gästen sowie nach Maßgabe des § 44 Abs. 6 auf Sonderflächen für Hofstellen geschaffen werden, wenn dies für einen bestimmten Bereich durch eine entsprechende Festlegung im Flächenwidmungsplan für zulässig erklärt worden ist. Hierbei ist die dort höchstzulässige Anzahl an Freizeitwohnsitzen festzulegen.

[…]

(8) Weiters dürfen Wohnsitze aufgrund einer Ausnahmebewilligung des Bürgermeisters nach diesem Absatz oder aufgrund einer entsprechenden Ausnahmebewilligung nach früheren raumordnungsrechtlichen Vorschriften als Freizeitwohnsitze verwendet werden. Die Ausnahmebewilligung ist nur zu erteilen:

a) auf Antrag des Erben oder Vermächtnisnehmers, wenn die Voraussetzungen nach § 5 lit. a des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996, LGBl. Nr. 61/1996, in der jeweils geltenden Fassung vorliegen und der betreffende Wohnsitz dem Antragsteller oder anderen Personen nicht anderweitig der Befriedigung eines Wohnbedürfnisses dient,

b) auf Antrag des Eigentümers des betreffenden Wohnsitzes oder des sonst hierüber Verfügungsberechtigten, wenn ihm aufgrund geänderter Lebensumstände, insbesondere aufgrund beruflicher oder familiärer Veränderungen, eine andere Verwendung des Wohnsitzes nicht möglich oder zumutbar ist, der Wohnsitz anderen Personen nicht anderweitig der Befriedigung eines Wohnbedürfnisses dient und der Antragsteller insbesondere im Hinblick auf seine persönlichen oder familiären Verhältnisse oder seine Rechtsbeziehung zum Wohnsitz ein Interesse am Bestehen des Wohnsitzes hat.

[…]“

 

Tiroler Bauordnung 2022 (TBO 2022) idF LGBl 44/2022 lautet:

 

„§ 46

Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes

[…]

(6) Die Behörde hat dem Eigentümer einer baulichen Anlage oder, wenn diese – außer im Rahmen einer kurzzeitigen Vermietung an wechselnde Personen – durch einen Dritten benützt wird, diesem deren weitere Benützung ganz oder teilweise zu untersagen,

[…]

g) wenn er einen Wohnsitz entgegen dem § 13 Abs. 3 oder 8 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2022 als Freizeitwohnsitz oder ungeachtet des Erlöschens seiner Eigenschaft als Freizeitwohnsitz (§ 16 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2022) weiter als Freizeitwohnsitz verwendet oder

[…]“

 

 

V. Erwägungen:

 

Nach § 46 Abs 6 lit g TBO 2022 hat die Baubehörde dem Eigentümer einer baulichen Anlage oder, wenn diese – außer im Rahmen einer kurzzeitigen Vermietung an wechselnde Personen – durch einen Dritten benützt wird, diesem die weitere Benutzung ganz oder teilweise zu untersagen, wenn er einen Wohnsitz entgegen dem § 13 Abs 3 oder 8 TROG 2022 als Freizeitwohnsitz verwendet.

 

Die Baubehörde ist daher zu Erlassung eines baupolizeilichen Bescheides gemäß § 46 Abs 6 lit g TBO 2022 grundsätzlich zuständig und kommt aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlautes den Bestimmungen des § 13 TROG 2022 in einem solchen baupolizeilichen Verfahren Relevanz zu.

 

Gemäß § 13 Abs 1 TROG 2022 werden Freizeitwohnsitze definiert als Gebäude, Wohnungen oder sonstige Teile von Gebäuden, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zur Erholungszwecken verwendet werden.

 

In der Beschwerde wird moniert die vorgenannte Definition eines Freizeitwohnsitzes dahingehend, dass ein Freizeitwohnsitz lediglich zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet wird. Da die Beschwerdeführer als Pensionisten keiner Arbeit mehr nachgingen, hätten sie dementsprechend immer Freizeit bzw nie Freizeit und würden diesen Wohnsitz – neben den anderen beiden Wohnsitzen gleichermaßen zum Leben – und nicht nur für die Freizeit - verwenden.

 

Mit dieser rechtlichen Interpretation wird jedoch der gesetzlichen Bestimmung nicht Rechnung getragen. Vielmehr besteht diese auch dann, wenn das Gebäude oder Teile Gebäude, Wohnungen oder sonstige Teile von Gebäuden nicht der Befriedigung des ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen.

 

Auch wenn die höchstgerichtliche Rechtsprechung darauf hinweist, dass die Wohnsitzdefinition nach § 1 Abs 6 Meldegesetz nicht zielführend ist, da das TROG 2022 selbst eine Definition von Freizeitwohnsitzen enthält (vgl VwGH 30.08.2022, Ra 2022/06/0193 ua), so kann die Bestimmung nach § 1 Abs 8 Meldegesetz Anhaltspunkte liefern, was den Mittelpunkt der Lebensbeziehung eines Menschen charakterisiert. Nach Abs 8 leg cit sind dafür insbesondere folgende Kriterien maßgeblich: Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.

 

Die Beschwerdeführer sind beide pensioniert, weshalb kein Anknüpfungspunkt im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit mehr besteht. Insofern kommen bei dieser Betrachtungsweise den gesellschaftlichen, familiären und sozialen Kontakten, die im Zusammenhang mit ihren Aufenthalten in Y stehen, und der damit verbundenen Aufenthaltsdauer besondere Bedeutung zu.

 

Im Lichte der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (vgl VwGH 28.06.2021, Ra 2021/06/0056 mwN) kann von einem anderen Wohnsitz als von einem Freizeitwohnsitz dann nicht gesprochen werden, wenn kein deutliches Übergewicht hinsichtlich der beruflichen und familiären Lebensbeziehungen der Beschwerdeführer am konkreten Ort feststellbar ist.

 

Familiäre Beziehung der Beschwerdeführer bestehen nach Auszug der beiden Töchter an keinen der drei Wohnsitze. Sie verbringen ca ein Drittel des Jahres in der Wohnung in Y, ein Drittel in V und das restliche Drittel in U.

 

Daraus ergibt sich, dass sie ca zwei Drittel des Jahres nicht in der Wohnung in Y verbringen. Sie sind in Deutschland steuerpflichtig und sozialversichert. Die Beschwerdeführer haben nur einen Nebenwohnsitz in Y angemeldet, da sie bereits in V ihren Hauptwohnsitz und in U einen weiteren Wohnsitz gemeldet hatten.

 

Aufgrund der getroffenen Feststellungen, kann von einem deutlichen Übergewicht hinsichtlich der Lebensbeziehungen der Beschwerdeführer und die Befriedigung eines ganzjährigen Wohnbedürfnisses in Y nicht gesprochen werden, da insbesondere die Aufenthaltsdauer von etwa einem Drittel des Jahres nicht dazu führen kann, von einem ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnis sprechen zu können.

 

Es war sohin ein Freizeitwohnsitz gem § 13 Abs 1 TROG 2022 anzunehmen, der nicht genehmigt ist, dessen weitere Benützung zurecht zu untersagen war. Da im bekämpften Bescheid keine Leistungsfrist enthalten war, musste die Ergänzung im Spruch vorgenommen werden. Dem Gericht ist es versagt, eine andere Leistungsfrist als die unverzügliche Entsprechung der Benützungsuntersagung vorzusehen, da eine Benützung als Freizeitwohnsitz ohne entsprechende Genehmigung oder Vorliegen von Ausnahmen verboten ist.

 

Die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde musste mangels Zuständigkeit ersatzlos behoben werden, da nach Fristablauf von zwei Monaten die belangte Behörde gem § 14 VwGVG die Beschwerde jedenfalls dem Landesverwaltungsgericht vorzulegen hat und keine Beschwerdevorentscheidung mehr erlassen darf.

 

 

VI. Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da eine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen ist, der nach Ansicht des Verwaltungsgerichts grundsätzliche Bedeutung zukommt. Da im vorliegenden Fall Pensionisten, die im gleichen Umfang ihre verschiedenen Wohnsitze nutzen, was ihnen finanziell möglich ist, und sohin mehrere gleichartige bzw gleichwertige Wohnsitze zu erhalten und zu nutzen, stellt sich die Frage der Zulässigkeit der Definition und Auslegung des Begriffes eines Freizeitwohnsitzes anhand der in § 13 Abs 1 TROG 2022 angeführten Kriterien. Insbesondere fehlt die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob ein Freizeitwohnsitz im Sinne dieser Bestimmung vorliegt, wenn die Beschwerdeführer an keinen der Wohnsitze einen ganzjährigen Wohnsitz – und im eigentlichen Sinn einen Hauptwohnsitz - haben und sohin nur – wie es für die hier betreffenden Pensionisten möglich ist – an allen drei Wohnsitzen etwa gleich viel Zeit verbringen und zu keinem der Wohnsitze ein deutliches Übergewicht und damit einen Mittelpunkt der Lebensbeziehungen vorliegt.

 

 

B e l e h r u n g

 

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

 

 

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Müller, LL.M.

(Richterin)

 

 

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