European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2019.46.2157.5
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Vizepräsidenten Dr. Larcher über die Beschwerde des AA, wohnhaft in Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 04.07.2019, Zl ***, betreffend eine Angelegenheit nach dem Tiroler Jagdgesetz 2004 (TJG 2004), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und der Antrag der Agrargemeinschaft BB, vertreten durch ihren Obmann CC, vom 17.05.2017 auf Feststellung des Vorliegens einer Eigenjagd durch die in der EZ **, GB ***** Z, gebildeten Grundstücke, als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Eingabe der Agrargemeinschaft BB, vertreten durch den Obmann CC, bei der belangten Behörde eingelangt am 17.05.2017, wurde die Feststellung des Eigenjagdgebietes BB, bestehend aus den in der EZ **, GB ***** Z, einliegenden Grundstücke beantragt.
Begründet wurde diese Eingabe damit, dass die Agrargemeinschaft BB grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft in EZ **, GB Z, bestehend aus den Gstn **1, **2, **3, **4 und **5, mit einem Gesamtausmaß von 1.376.291 m2, sei. Die angeführten Grundstücke würden allesamt aneinander angrenzen und sohin eine große zusammenhängende Grundstücksfläche bilden. Insgesamt zehn Stammsitzliegenschaften würden die Agrargemeinschaft BB bilden. Im Rahmen der letzten Vollversammlung vom 07.04.2017 sei ua zu Tagespunkt *. das Thema der Eigenjagdfeststellung behandelt worden. Es sei einstimmig beschlossen worden, dass ein Antrag auf Feststellung eines Eigenjagdgebietes eingebracht werde. Derzeit werde der entsprechende Bereich der BB im Rahmen der Genossenschaftsjagd Z mitbewirtschaftet und sei dieses gesamte Jagdrevier gemeinschaftlich durch DD, EE und FF gepachtet, wobei dieses Pachtverhältnis zum 31.03.2021 ende. Die Anforderungen gemäß § 5 Abs 5 TJG 2004 seien im Fall der BB zweifellos erfüllt, da die Grundstücke **1 bis **5 einerseits eine zusammenhängende land- und forstwirtschaftliche Fläche in entsprechender Größe darstellen und andererseits auch die in § 5 Abs 5 lit a bis c geforderten Erfordernisse vorliegen würden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 04.07.2019, Zl ***, wurde gemäß § 4 Abs 2 iVm § 5 Abs 5 TJG 2004 festgestellt, dass die Grundstücke **1, **2, **3, **4 und **5, GB ***** Z, welche sich im Alleineigentum der Agrargemeinschaft BB befinden, das Eigenjagdgebiet BB, im Ausmaß von 137,6291 Hektar, bilden.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass im Gutachten des Amtssachverständigen zweifelsfrei und schlüssig festgestellt worden sei, dass die Grundvoraussetzungen zur Feststellung eines Eigenjagdgebietes grundsätzlich gegeben seien. Da die Wildökologin des Tiroler Jägerverbandes (TJV) ihre Stellungnahme ohne Aufforderung durch die belangte Behörde und nicht als Sachverständige im Verfahren abgegeben habe, sei diese Stellungnahme für die Entscheidungsfindung nicht zu berücksichtigen gewesen. Rechtliche und wirtschaftliche Interessen Dritter, welche unverhältnismäßig beeinträchtigt werden würden, seien von keiner Partei geltend gemacht worden und seien diese auch für die belangte Behörde nicht ersichtlich. Zu den Bedenken des Bezirksjagdbeirates sei anzumerken, dass es im Feststellungverfahren unerheblich sei, ob das Jagdgebiet im Hochwinter einige Tage nicht zu erreichen sei. Betreffend die jagdfachlichen Bedenken werde auf das jagdfachliche Gutachten verwiesen. Die belangte Behörde habe die Vorgaben nach dem Tiroler Jagdgesetz geprüft und abgewogen, und sei durch das durchgeführte Ermittlungsverfahren zum Schluss gekommen, dass sich nach den Einstands- und Äsungsbedingungen zumindest eine Schalenwildart ganzjährig als Standwild halten könne und die abschussplanmäßige Nutzung zumindest einer Schalenwildart möglich sei, die Interessen der Landeskultur der Feststellung als Eigenjagdgebiet nicht entgegenstehen würden, die ordnungsgemäße Jagdausübung auf den betroffenen Grundflächen und den benachbarten Jagdgebieten nicht wesentlich erschwert werde und Dritte durch die Feststellung als Eigenjagdgebiet in ihren rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden würden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des AA. Begründend führte der Beschwerdeführer aus, dass er mit seinem Gst **6 in EZ ***, GB ***** Z, Mitglied der Jagdgenossenschaft Z sei und damit als Grundeigentümer von der Eigenjagdfeststellung unmittelbar betroffen sei. Zudem sei er der für das beantragte Jagdgebiet zuständige Bezirksjägermeister. Als solcher sei er dem Verfahren beigezogen worden und habe er über die Wildökologin des Tiroler Jägerverbandes, GG, eine fachliche Stellungnahme zum Gutachten des Amtssachverständigen JJ abgegeben, die von der belangten Behörde jedoch zu Unrecht bei der Entscheidungsfindung gänzlich unberücksichtigt geblieben sei.
Demgegenüber stütze die belangte Behörde die Eigenjagdfeststellung einzig auf die im angefochtenen Bescheid wortwörtlich wiedergegeben gutachterlichen Aussagen des Amtssachverständigen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den widersprüchlichen Beweisergebnissen habe nicht stattgefunden. Dies gelte im Besonderen für die dem Gutachten des Amtssachverständigen diametral gegenüberstehenden, auf derselben fachlichen Ebene abgegebene Stellungnahme der Wildökologin des TJV vom 17.12.2018. Wenn die belangte Behörde auf Seite 12 des Bescheides dazu ausführe, dass Frau G diese Stellungnahme ohne Aufforderung durch die Behörde und nicht als Sachverständige im Verfahren abgegeben habe, weshalb sie bei der Entscheidungsfindung auch nicht zu berücksichtigen gewesen sei, so stimme dies einfach nicht. Tatsache sei vielmehr, dass Frau G ihr Gutachten für den Beschwerdeführer als Bezirksjägermeister abgegeben habe. In der Einleitung zu dem Schreiben vom 17.12.2018 an die belangte Behörde werde von ihr ausdrücklich drauf hingewiesen, dass diese Stellungnahme in Entsprechung des an den Bezirksjägermeister mit Schreiben der belangten Behörde vom 28.11.2018 gerichteten Ersuchens der belangten Behörde abgegeben werde.
Im Ermittlungsverfahren sei zunächst der Amtssachverständige des Amtes der Tiroler Landesregierung ersucht worden, eine jagdfachliche Stellungnahme zur beantragten Eigenjagdfeststellung abzugeben. In seinem Gutachten das im angefochtenen Bescheid auf den Seiten 4-8 wiedergegeben werde, komme der Amtssachverständige zusammenfassend zum Ergebnis, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Feststellung eines Eigenjagdgebietes grundsätzlich gegeben seien. Das Jagdgebiet weise für alle drei vorkommenden Schalenwildarten (Rot-, Reh- und Gamswild) sehr günstige Äsungs- und auch Einstandsbedingungen auf. Es würden sämtliche Strukturen vorhanden sein, die gewährleisten, dass sich zumindest das Reh- und Gamswild ganzjährig im beantragten Eigenjagdgebiet aufhalten könne. Eine abschussplanmäßige Nutzung aller drei Schalenwildarten sei in Anbetracht der Sommerlebensräume sowie der Einstands- und Äsungsflächen jedenfalls möglich, weil sich diese innerhalb der Schusszeit überwiegend in dem Jagdgebiet aufhalten könnten. Dritte würden durch die Feststellungen in ihren rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden. Interessen der Landeskultur würden durch die Feststellung des Jagdgebietes nicht berührt werden, da die Bejagbarkeit der Flächen gegeben sei und sei auch die ordnungsgemäße Jagdausübung auf den betroffenen Grundflächen und den benachbarten Jagdgebieten nicht wesentlich erschwert.
Nach Vorliegen dieses Gutachtens sei von der belangten Behörde mit Kundmachung vom 28.11. eine mündliche Verhandlung anberaumt worden. Mit Schreiben vom selben Tag sei das Gutachten des Amtssachverständigen dem zuständigen Hegemeister des Hegebezirkes, KK, sowie dem Beschwerdeführer als Bezirksjägermeister mit dem Ersuchen eine Stellungnahme abzugeben, zur Kenntnis gebracht worden. Am 19.12.2018 habe eine mündliche Verhandlung stattgefunden, im Zuge derer seitens des Obmannes der Jagdgenossenschaft Z auf die mit einer Verkleinerung des Jagdgebietes verbundenen Nachteile und die Erschwernisse bei der Bejagung hingewiesen worden sei. Vom Bürgermeister und Substanzverwalter sei auf die Nichterreichbarkeit des Jagdgebietes im Winter hingewiesen worden (öffentlicher Gemeindeweg). Der Beschwerdeführer in seiner Funktion als Bezirksjägermeister habe ebenfalls auf Erschwernisse in Bezug auf die Bejagbarkeit hingewiesen.
Mit dem bereits erwähnten Schreiben vom 17.12.2018 habe GG eine jagdfachliche und wildökologische Stellungnahme mit dem Ergebnis erstattet, dass die Voraussetzungen des § 5 Abs 5 TJG 2004 aus ihrer Sicht nicht gegeben seien. Entgegen der Annahme des Amtssachverständigen könne sich in dem beantragten Gebiet keine Schalenwildart ganzjährig halten. Das Gebiet sei ausnahmslos als Sommerlebensraum zu bewerten. Es halte sich dort nur Wechselwild auf, eine abschlussplanmäßige Nutzung zumindest einer Schalenwildart sei nicht möglich, da die Lebensraumnutzung der vier Schalenwildarten auf die Sommermonate und zusätzlich auf bestimmte Verhaltensweisen wie zum Beispiel Äsung beschränkt sei. In seiner Sitzung vom 23.04.2019 habe sich der Bezirksjagdbeirat mit der Angelegenheit befasst. Auch von ihm sei eine Eigenjagdfeststellung aufgrund der schwierigen ganzjährigen Erreichbarkeit des Reviers und aufgrund der jagdwirtschaftlichen Nachteile äußerst kritisch beurteilt worden. Vor allem werde die Installierung einer Fütterungsanlage aufgrund der Unerreichbarkeit im Winter als unmöglich gesehen. Zusammenfassend gelangte daher der Bezirksjagdbeirat einstimmig zum Ergebnis, dass die Eigenjagdfeststellung nicht zu befürworten sei.
Nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung sei davon auszugehen, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig seien, wobei dies vor allem auch für Sachverständigengutachten gelte, deren Beweiswert ausschließlich an ihrer Schlüssigkeit und Aussagekraft zu messen und demnach von der Behörde dahingehend zu prüfen seien. Vor allem komme dem Gutachten eines amtlichen Sachverständigen keine beweismachende Monopolstellung zu. Es dürfe daher diesem nicht schon wegen der amtlichen Eigenschaft des Gutachtens der Vorrang vor anderen Gutachten eingeräumt werden. Die belangte Behörde hätte sich sohin mit den Unterschieden und Wiedersprüchen in den Stellungnahmen (GG, Bezirksjagdbeirat, Jagdgenossenschaft) inhaltlich auseinandersetzen müssen.
Weiters wurde vorgebracht, dass man davon ausgehen könne, dass die belangte Behörde selbst nicht über das nötige Fachwissen verfüge, um die Fachfragen selbst beurteilen zu können und damit die Widersprüche in den Stellungnahmen auflösen könne. Sie hätte daher den Amtssachverständigen mit den widersprechenden Beweisergebnissen konfrontieren und auffordern müssen, dazu in schriftlicher Form Stellung zu nehmen.
Erst nach Vorliegen der Ergebnisse hätte eine Entscheidung getroffen werden dürfen, wobei davon auszugehen sei, dass bei Durchführung eines mängelfreien Ermittlungsverfahrens die belangte Behörde wohl zum Ergebnis gelangt wäre, dass die Voraussetzungen für die Feststellung eines Eigenjagdgebietes in casu tatsächlich nicht gegeben seien.
Abschließend wurde der Antrag gestellt, das Landesverwaltungsgericht Tirol möge – allenfalls nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens – den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben.
Aufgrund dieses Beschwerdevorbringens fand am 18.02.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol statt, im Zuge derer der Sachverhalt in Anwesenheit der Parteien ausführlich erörtert wurde. Zum Beschwerdevorbringen brachte der Beschwerdeführer ergänzend insbesondere vor, dass mit Feststellung des beantragten Eigenjagdgebietes das Gst **7 in EZ **, GB ***** Z, in der Genossenschaftsjagd Z mitumfasst sei und dieses Grundstück im Fall der positiven Erledigung von der bisherigen Genossenschaftsjagd Z völlig abgetrennt werden und zur Exklave würde. Im weitere Verlauf wäre dieses Grundstück sohin einer anderen Jagd, vermutlich der Eigenjagd LL, zuzuschreiben.
Der verwaltungsbehördliche sowie der verwaltungsgerichtliche Akt gilt als verlesen.
II. Sachverhalt:
Mit Eingabe der Agrargemeinschaft BB, vertreten durch den Obmann CC, bei der belangten Behörde eingelangt am 17.05.2017, wurde die Feststellung des Eigenjagdgebietes BB, bestehend aus den Gstn **1, **2, **3, **4 und **5 in der EZ **, GB ***** Z, beantragt. Die Agrargemeinschaft BB ist Alleineigentümerin der angeführten Grundstücke.
Das beantragte Eigenjagdgebiet BB setzt sich zur Gänze aus Flächen der Genossenschaftsjagd Z zusammen. Das Grundstück **7 in **, GB ***** Z, ist mit einem Grenzpunkt mit der Genossenschaftsjagd Z verbunden und von dieser mitumfasst. Im Übrigen ist das genannte Grundstück zur Gänze von der Eigenjagd LL umschlossen (vgl auch Abbildungen 1. – 4.).
Abbildung 1 (beantragte EJ BB – blaue Umrandung) Abbildung 2 (GJ Z – grüne Umrandung
Abbildung 3 (EJ LL – grüne Umrandung) Abbildung 4 (Gst **7, GB Z – blaue Umrandung)
Die in der EZ **, GB ***** Z, einliegenden Grundstücke bilden eine zusammenhängende land- oder forstwirtschaftlich nutzbare Grundfläche im Ausmaß von mindestens 115 Hektar. Durch die beantragte Feststellung der Eigenjagd BB kommt es zum Entstehen einer rund 3,5 Hektar großen Exklave (Gst **7 in **, GB ***** Z) im Grenzbereich zur Eigenjagd LL, welche infolge einer positiven Erledigung einer Angliederung zugeführt werden müsste.
Der Beschwerdeführer ist Alleineigentümer des Grundstückes **6in EZ ***, GB ***** Z, jenes von der Genossenschaftsjagd Z mitumfasst ist (vgl Abbildung 5).
Abbildung 5 (Gst **6, GB Z – blau eingezeichnet / Umrandung des Gst **6, GB Z; in oranger Farbe –
GJ Z)
III. Beweiswürdigung:
Beweiswürdigend ist in der vorliegenden Rechtssache festzuhalten, dass sich der zuvor festgestellte Sachverhalt unmittelbar aus dem Akt der belangten Behörde und dem Akt des Landesverwaltungsgerichts Tirol zur Zahl LVwG-2019/46/2157, ergibt.
Sohin ergeben sich die Feststellungen betreffend die Eigentümereigenschaft der betreffenden Grundstücke unzweifelhaft aus dem im verwaltungsbehördlichen Akt einliegenden Auszügen aus dem Grundbuch.
Die Lage der Grundstücke bzw der Eigenjagd/Genossenschaftsjagd zueinander sowie die Feststellung betreffend die Entstehung einer Exklave in Hinblick auf das Gst **7 in EZ **, GB ***** Z, ergibt sich insbesondere aus den in der Anwendung „Tiris-Maps“ angefertigten Auszügen (siehe Abbildungen unter Punkt II. Sachverhalt), sowie der jagdfachlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen JJ vom 23.11.2018, aus jenem auch hervorgeht, dass die in der EZ **, GB ***** Z, einliegenden Grundstücke eine zusammenhängende land- oder forstwirtschaftliche nutzbare Grundfläche im Ausmaß von mindestens 115 Hektar bilden. Zudem wurden die jeweiligen „Tiris-Karten“, aus denen sich die Grenzen des Jagdreviers Genossenschaftsjagd Z, der Eigenjagd LL sowie der nunmehr beabsichtigten Eigenjagd BB - gebildet aus der EZ **, GB ***** Z - ergeben, in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol am 18.02.2021 dargetan. Aufgrund der farblichen Hervorhebungen der Grundgrenzen, konnten die diesbezüglichen Feststellungen unzweifelhaft getroffen werden.
IV. Rechtslage:
Die hier relevanten Bestimmungen des Tiroler Jagdgesetzes 2004 (TJG 2004), LGBl Nr 41/2004, zuletzt geändert durch LGBl Nr 26/2017, lauten wie folgt:
„§ 5
Eigenjagdgebiet
(1) Ein Eigenjagdgebiet ist eine im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes demselben Eigentümer (physische oder juristische Person oder Mehrheit von Personen) gehörige zusammenhängende land- oder forstwirtschaftlich nutzbare Grundfläche von mindestens 200 Hektar, gleichgültig, ob sie in der gleichen Ortsgemeinde liegt oder nicht.
(2) Ein Eigenjagdgebiet ist auch eine Grundfläche im Ausmaß von 115 bis 200 Hektar, wenn sie vor Inkrafttreten dieses Gesetzes als Eigenjagdgebiet festgestellt und ihrem Eigentümer die Ausübung der Jagd zuerkannt war.
(3) Eine Grundfläche im Ausmaß von 115 bis 200 Hektar, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes zwar als Eigenjagdgebiet festgestellt, deren Eigentümer aber die Ausübung der Jagd nicht zuerkannt war, ist dann ein Eigenjagdgebiet, wenn eine vom Eigentümer bis zum 31. Dezember 1965 beantragte Überprüfung ergibt, dass sich nach Einstands- und Äsungsbedingungen mindestens eine Schalenwildart als Standwild halten kann und die abschussplanmäßige Nutzung mindestens einer Wildart möglich ist.
(4) Sofern nicht die Voraussetzungen der Abs. 1 bis 3 vorliegen, ist ein Eigenjagdgebiet eine demselben Eigentümer (physische oder juristische Person oder Mehrheit von Personen) gehörige zusammenhängende land- oder forstwirtschaftlich nutzbare Grundfläche von mindestens 300 Hektar, gleichgültig, ob sie in der gleichen Ortsgemeinde liegt oder nicht.
(5) Abweichend vom Abs. 4 ist eine demselben Eigentümer (physische oder juristische Person oder Mehrheit von Personen) gehörige zusammenhängende land- oder forstwirtschaftlich nutzbare Grundfläche im Ausmaß von mindestens 115 Hektar dann ein Eigenjagdgebiet, wenn
a) sich nach Einstands- und Äsungsbedingungen zumindest eine Schalenwildart ganzjährig als Standwild halten kann und die abschussplanmäßige Nutzung zumindest einer Schalenwildart möglich ist,
b) Interessen der Landeskultur der Feststellung als Eigenjagdgebiet nicht entgegenstehen,
c) die ordnungsgemäße Jagdausübung auf den betroffenen Grundflächen und den benachbarten Jagdgebieten nicht wesentlich erschwert wird und
d) Dritte dadurch in ihren rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden.
(6) Mit einem Eigenjagdgebiet in den angrenzenden Bundesländern zusammenhängende, dem Eigentümer des Eigenjagdgebietes gehörige Grundflächen können ohne Rücksicht auf ihr Ausmaß als Eigenjagdgebiet festgestellt werden, wenn die in den angrenzenden Bundesländern geltenden Jagdgesetze für entsprechende Grundflächen, die mit einem Tiroler Eigenjagdgebiet zusammenhängen, die gleiche Begünstigung einräumen.“
„§ 69
(1) […]
[…]
(3) Ein Antrag auf Feststellung einer Eigenjagd nach § 5 Abs. 5 in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 64/2015 ist bei sonstiger Unzulässigkeit bis zum Ablauf des 31. Dezember 2017 bei der Bezirksverwaltungsbehörde einzubringen.
[…].“
V. Erwägungen:
Einleitend ist festzuhalten, dass der Antrag auf Feststellung eines Eigenjagdgebietes nach § 5 Abs 5 TJG 2004 im Hinblick auf die in der EZ **, GB ***** Z, einliegenden Grundstücke zulässig ist, weil dieser von der Agrargemeinschaft BB, vertreten durch ihren Obmann, als Grundeigentümerin bis zum Ablauf des 31.12.2017 bei der belangten Behörde eingebracht wurde (vgl die Übergangsbestimmung in § 69 Abs 3 TJG 2004).
Nach den getroffenen Feststellungen besteht auf den Liegenschaften in EZ **, GB ***** Z, eine zusammenhängende land- oder forstwirtschaftlich nutzbare Grundfläche im Ausmaß von mindestens 115 Hektar.
Gemäß § 5 Abs 5 lit d TJG 2004 dürfen Dritte durch die Feststellung als Eigenjagdgebiet in ihren rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden. Dies ist etwa dann der Fall, wenn aufgrund der Feststellung des neuen Eigenjagdgebietes übrigbleibende Flächen an das neu festgestellte Jagdgebiet oder an andere Jagdgebiete anzugliedern wären. Da dieses Tatbestandsmerkmal die rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen Dritter ausdrücklich gesetzlich schützt, kommt den Betroffenen im Feststellungsverfahren Parteistellung zu und können diese auch wirtschaftliche Interessen im Verwaltungsverfahren zulässigerweise einwenden (vgl dazu Seite 4 der erläuternden Bemerkungen zum Entwurf des Gesetzes, mit dem das Tiroler Jagdgesetz 2004 geändert wird, Landtagsmaterialien 161/15). Die Erläuterungen zur Novelle des Tiroler Jagdgesetzes 2004, LGBl 64/2015, lassen auch nicht erkennen, dass durch die Novelle eine Einschränkung der – durch die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Feststellung von Eigenjagdten nach dem Tiroler Jagdgesetz gesicherten – Parteistellung einer Jagdgenossenschaft bewirkt werden sollte. Vielmehr wurde durch die ausdrückliche Aufnahme von (auch) wirtschaftlichen Interessen Dritter eine Ausweitung des Kreises der Verfahrensparteien vorgesehen (vgl VwGH 10.10.2018, Ro 2018/03/0030).
Demzufolge ergibt sich nach Ansicht des erkennenden Verwaltungsgerichts die Beschwerdelegitimation des AA als Eigentümer des Grundstückes **6 in EZ ***, GB ***** Z - in Anlehnung der obseits angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - daraus, dass das Gst **6 in EZ ***, GB ***** Z, feststellungsgemäß von der Genossenschaftsjagd Z mitumfasst ist, sich die beantragte Eigenjagd zur Gänze aus Flächen der Genossenschaftsjagd Z zusammensetzt und der Beschwerdeführer sohin im Sinne der zitierten Ausweitung des Kreises der Verfahrensparteien auf Dritte, als Partei zu qualifizieren ist.
Zum Einwand der Antragstellerin, dass die Parteistellung des Beschwerdeführers jedenfalls präkludiert sei, ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer dem Feststellungsverfahren aktenkundig, ausnahmslos in seiner Funktion als Bezirksjägermeister hinzugezogen wurde. Dies ergibt sich einerseits aus der an den Beschwerdeführer als Bezirksjägermeister gerichteten Kundmachung über die mündliche Verhandlung am 19.12.2018, sowie dass der Beschwerdeführer in dieser Funktion im Rahmen der mündlichen Verhandlung eine Stellungnahme abgegeben hat.
Eine persönliche Verständigung über die mündliche Verhandlung an den Beschwerdeführer als Grundeigentümer seines von der Genossenschaftsjagd Z mitumfassten Grundstückes ist unterblieben.
Die mündliche Verhandlung vom 19.12.2018 wurde nach der Aktenlage durch Anschlag an der Amtstafel der belangten Behörde kundgemacht. Betreffend die Übermittlung der Kundmachung ist der Zustellverfügung des Schreibens der belangten Behörde vom 28.11.2018 zu entnehmen, dass die Kundmachung ebenso an der Amtstafel der Gemeinde Z angeschlagen werden sollte. Diesbezüglich ist dem verwaltungsbehördlichen Akt kein Kundmachungsvermerk zu entnehmen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Kundmachung an der Amtstafel der Gemeinde Z - in jener sich die in der EZ **,GB ***** Z, einliegenden Grundstücke befinden - erfolgt ist, und davon ausgeht, dass die Kundmachung der Vorschrift des § 41 Abs 1 zweiter Satz AVG entsprach, ist festzuhalten, dass nach § 42 Abs 1 erster und zweiter Satz AVG die dort normierte Präklusionswirkung zusätzlich voraussetzt, dass die Verhandlung in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht wurde, oder – wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts Besonderes bestimmen – eine Kundmachung in „geeigneter Form“ erfolgte.
Eine solche besondere Kundmachungsform ist im Tiroler Jagdgesetz 2004 nicht statuiert. Die dann erforderliche weitere Kundmachung in „geeigneter Form“ im Sinne des § 42 Abs 1 zweiter Satz AVG erfolgte im vorliegenden Fall aktenkundig nicht. Die belangte Behörde ließ sohin unberücksichtigt, dass § 42 Abs 1 AVG für den Eintritt der Präklusion eine „doppelte Kundmachung“ der mündlichen Verhandlung voraussetzt. Eine dieser Formen allein - durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde – genügt nicht. Da der Beschwerdeführer wie bereits ausgeführt auch nicht rechtzeitig eine persönliche Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten hat, ist dieser im verfahrensgegenständlichen Fall nicht präkludiert.
Zu den weiteren Voraussetzungen der Feststellung einer Eigenjagd:
Die Materialien (Erläuternde Bemerkungen zum Entwurf des Gesetzes, mit dem das Tiroler Jagdgesetz 2004 geändert wird, Landtagsmaterialien 161/15) zu § 5 Abs 5 lit d TJG 2004 nennen als Beispiel – wie bereits angeführt - für einen Fall, in dem Dritte durch eine Eigenjagdfeststellung in diesem Sinn in ihren rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen unverhältnismäßig beeinträchtigt werden, ausdrücklich auch jenen Fall, dass aufgrund der Feststellung des neuen Eigenjagdgebietes übrig bleibende Flächen an das neue festgestellte Jagdgebiet oder an andere Jagdgebiete anzugliedern wären. Hier wird somit darauf abgestellt, ob bisher nicht an fremde Jagdgebiete angegliederte Flächen nun „übrig bleiben“ würden, die nach Feststellung der neuen Eigenjagd an andere Jagdgebiete anzugliedern wären. Träfe dies zu, wäre die Voraussetzung nach § 5 Abs 5 lit d TJG 2004 nicht erfüllt und der Antrag auf Feststellung des Eigenjagdgebietes wäre schon deshalb abzuweisen (vgl VwGH 20.11.2019, Ro 2019/03/0018; 28.01.2020, Ra 20109/03/0121).
Gemäß den getroffenen Feststellungen setzt sich das beantragte Eigenjagdgebiet BB zur Gänze aus Flächen der Genossenschaftsjagd Z zusammen. Das Grundstück **7 in EZ **, GB ***** Z, ist mit einem Grenzpunkt mit der Genossenschaftsjagd Z verbunden und von dieser mitumfasst. Im Übrigen ist das Grundstück **7 in EZ **, GB ***** Z, zur Gänze von der Eigenjagd LL umschlossen. Bei Feststellung des beantragten Eigenjagdgebietes bildet das Grundstück **7 in EZ **, GB ***** Z, eine Exklave, die – aufgrund deren Größe und Lage – gemäß den §§ 4 Abs 3 und 8 Abs 1 TJG 2004 einem umliegenden Jagdgebiet – dem Eigenjagdgebiet LL – anzugliedern wäre. Insofern werden in Ansehung der obseits zitierten Judikatur durch die Feststellung der in Rede stehenden Grundstücke als Eigenjagdgebiet Dritte in ihren rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen unverhältnismäßig beeinträchtigt, weshalb die Voraussetzung des § 5 Abs 5 lit d TJG 2004 im vorliegenden Fall nicht erfüllt und der Antrag auf Feststellung des Eigenjagdgebietes bereits aus diesem Grund abzuweisen war.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass der Antrag auf Feststellung eines Eigenjagdgebietes abzuweisen ist, wenn bisher nicht an fremde Jagdgebiete angegliederte Flächen nun „übrig bleiben“ würden, die nach Feststellung der neuen Eigenjagd an andere Jagdgebiete anzugliedern wären (vgl VwGH 20.11.2019, 2019/03/0018; 28.01.2020, Ra 2019/03/0121). Damit orientiert sich die vorliegende Entscheidung an der höchstrichterlichen Judikatur, weshalb das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu verneinen war.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Larcher
(Vizepräsident)
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