LVwG Tirol LVwG-2018/32/2077-19

LVwG TirolLVwG-2018/32/2077-198.4.2019

BauO Tir 2018 §6 Abs10
BauO Tir 2018 §71 Abs7
BauO Tir 2018 §71 Abs9
BauO Tir 2018 §71 Abs12
BauO Tir 2018 §33 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2018.32.2077.19

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Ing. Mag. Peinstingl über die Beschwerde von AA, vertreten durch RA BB, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 28.05.2018, Zahl ***, betreffend eine Angelegenheit nach der Tiroler Bauordnung 2018 nach der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht:

 

1. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe des Spruchpunktes 2. als unbegründet abgewiesen.

 

2.

a. Die Baubeschreibung mit Eingang beim Landesverwaltungsgericht Tirol am 07.01.2019 bildet an Stelle der behördlich bewilligten Baubeschreibung mit dem Eingang bei der belangten Behörde am 09.05.2018 einen wesentlichen Bestandteil der Baubewilligung.

 

b. Der Plan „Übersichtsplan; Grundrisse, Schnitte und Ansichten“, überarbeitet am 20.12.2018, eingegangen beim Landesverwaltungsgericht Tirol am 07.01.2019, bildet anstelle des gleichen behördlich bewilligten Planes mit Stand vom 08.05.2018, eingegangen bei der belangten Behörde am 09.05.2018, einen wesentlichen Bestandteil der Baubewilligung.

 

c. Die Vermessungsurkunde GZ *** mit dem Eingang beim Landesverwaltungsgericht Tirol am 07.01.2019 bildet anstelle der bei der belangten Behörde eingegangen Vermessungsurkunde *** vom 24.05.2018 einen wesentlichen Bestandteil der Baubewilligung.

 

d. Der Energieausweis, eingegangen beim Landesverwaltungsgericht Tirol am 07.01.2019, bildet einen wesentlichen Bestandteil der Baubewilligung.

3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I. Verfahrensgang:

 

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag vom 08.05.2018, eingegangen bei der belangten Behörde am 09.05.2018, haben CC und DD die Baubewilligung für Zu- und Umbauten am bestehenden Wohnhaus und weitere Baumaßnahmen auf dem Grundstück **1 KG Y beantragt.

 

Vorausgegangen ist diesem Antrag eine Einreichung vom 28.02.2018. In diesem Zusammenhang erfolgte eine mündliche Verhandlung am 05.04.2018, welche zur geänderten Einreichung geführt hat.

 

Im Hinblick auf den Antrag vom 08.05.2018 und den bezüglichen Plänen fand am 24.05.2018 eine mündliche Bauverhandlung statt, an der der nunmehrige Beschwerdeführer, nämlich Nachbar AA, teilgenommen hat. Das Verfahren wurde unter Hinzuziehung eines hochbautechnischen Sachverständigen geführt.

 

Sowohl in der Bauverhandlung am 05.04.2018 als auch jener am 24.05.2018 hat der nunmehrige Beschwerdeführer ein Vorbringen erstattet.

 

In der Folge wurde der nunmehr angefochtene Bescheid vom 28.05.2018 erlassen, gegen den der rechtsfreundlich vertretene Nachbar rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben hat.

 

In dieser Beschwerde führt er aus, dass aufgrund des Zubaus ein Verstoß gegen § 6 Abs 7 TBO 2018 vorliegen würde. Weiters wird vorgebracht, dass für das Bestandsgebäude ein Baukonsens nicht vorliege. Außerdem bringt die Beschwerde vor, dass die Ausnahmebestimmung nach § 71 Abs 9 TBO 2019 nicht zur Anwendung gelangen könne; es liege kein Treppenturm vor.

 

Im weiteren Schriftsatz vom 18.01.2019 (im Zuge des verwaltungsrechtlichen Verfahrens) bringt der rechtsfreundlich Beschwerdeführer vor, dass eine Auslegung des § 71 Abs 12 TBO 2018 nicht derart zu erfolgen habe, dass der Zubau zulässig in der Mindestabstandsfläche zum Grundstück des Beschwerdeführers errichtet werden könne. Es liege eine gegen die seinerzeitige Gesetzeslage als auch gegen den seinerzeitigen Baubescheid verstoßende Bauführung vor, sodass an diesen Baubestand keine Erweiterung stattfinden könne. Eine andere Gesetzesauslegung wäre verfassungswidrig.

Der Zubau könne deshalb nicht unter die Bestimmung nach § 6 Abs 10 TBO 2018 subsumiert werden, da der Bauteil zusätzlich zu den dort schon bestehenden Bauteilen in der gesetzlichen Mindestabstandsfläche beabsichtigt sei, weshalb von den bestehenden Voraussetzungen weiter als bisher abgewichen würde.

Mit dem Schreiben vom 19.09.2018 wurde die Beschwerde samt dem behördlichen Akt dem Landesverwaltungsgericht Tirol übermittelt.

 

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wurde ein hochbautechnischer Amtssachverständiger beigezogen und die Vorakten betreffend die baulichen Anlagen auf dem Bauplatz bei der belangten Behörde eingeholt.

 

Es ergingen die Stellungnahmen durch den rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer und die belangte Behörde.

 

Seitens der Bauwerber erging eine Änderung des verfahrenseinleitenden Antrages dahingehend, wonach geänderte Planunterlagen beigebracht wurden.

 

Beim Landesverwaltungsgericht Tirol wurde am 08.02.2019 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer, die Bauwerber, Vertreter der belangten Behörde und der hochbautechnische Amtssachverständige erschienen sind.

 

Den Parteien des Beschwerdeverfahrens wurde die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 08.02.2019 übermittelt.

 

 

II. Sachverhalt:

 

Mit dem Baubescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 02.09.1959, Zahl ***, wurde auf dem (jetzigen) Grundstück **2 KG Y der Neubau eines Wohnhauses baubehördlich bewilligt.

 

Auf dem in diesem Zusammenhang bewilligten Lageplan im Maßstab 1:1000, welcher auf einer Mappendarstellung 1:2880 fußt, lässt sich der Grenzabstand des Gebäudes zur Grundstücksgrenze **3 des hier einschreitenden Nachbarn mittels Maßstab mit 4 m bestimmen.

 

Der Baubeschreibung zum Baubescheid aus dem Jahr 1959 ist zu entnehmen, dass das oberirdische Mauerwerk in „EE *** cm“ erstellt wird.

 

Aus dem genehmigten Plan betreffend das Erdgeschoß und Obergeschoß ergeben sich eine kotierte Länge des Gebäudes mit 8,62 m und eine kotierte Breite von 8,32 m, wobei die Stärke des Mauerwerks mit 30 cm kotiert ist.

 

Die Länge des bestehenden Wohngebäudes beträgt 8,67 m; dessen Breite beträgt 8,37 m.

 

Im Jahr 2006 wurde beim Gebäude ein Vollwärmeschutz mit einer Gesamtstärke von 13 cm angebracht.

 

Der kleinste Abstand des bestehenden Wohngebäudes (samt Vollwärmeschutz) zur Grundstücksgrenze des Beschwerdeführers im nordwestlichen Eckbereich beträgt 2,77 m.

 

Der kleinste Abstand des beabsichtigten nordöstlich Zubaus zur Grundstücksgrenze des Beschwerdeführers beträgt 2,77 m.

 

In der Mindestabstandsfläche zum Grundstück des Beschwerdeführers weist der beabsichtigte Zubau eine Länge von ca 2,11 m, was im Verhältnis zur Länge des Bestandsgebäudes (8,93 m) 23,62% entspricht.

 

In einem Abstand von 4 m weist der Zubau eine Länge von 3,08 m auf, was im Verhältnis zur Länge des Bestandsgebäudes (8,93 m) 34,49% entspricht.

 

Die Höhe des beabsichtigten Zubaus beträgt in der Mindestabstandsfläche zum angrenzenden Grundstück des Beschwerdeführers 5,41 m.

 

Der höchste Punkt des Bestandsgebäudes im Mindestabstandsbereich (Giebel, der im Zuge des gegenständlichen Bauvorhabens abgebrochen werden soll) zum Grundstück des Beschwerdeführers liegt um 2,99 m höher als die Wandhöhe im Anschluss zum Zubau (im Einreichplan kotiert 600,23 m – 597,24 m).

 

Im Anschluss an den gegenständlichen Zubau beträgt die Höhe des Bestandsgebäudes im Mindestabstandsbereich zum Grundstück des Beschwerdeführers 5,41 m.

 

Bezogen auf den Bestand ragen auf dem Niveau des Kellergeschoßes die beiden an der Nordseite befindlichen Kellerräume, auf dem Niveau des Erdgeschoßes ein Teil der Küche, des Bades bzw WCs als auch der Flur bzw die Garderobe und im Obergeschoß ein Teil des hier vorgesehenen Koch-, Ess- und Wohnbereiches, des WCs sowie der Speis in die Mindestabstandsfläche zum Grundstück des Beschwerdeführers.

 

Bezogen auf den Zubau befindet sich in der Mindestabstandsfläche zum Grundstück des Beschwerdeführers ein Teil des geschlossenen Treppenaufgangs als Erschließung des Kellergeschoßes, Erdgeschoßes und (letztlich zurückversetzt) 1. Obergeschoßes.

 

Anhaltspunkte, wonach durch den Zubau im Mindestabstandsbereich den brandschutztechnischen Erfordernissen nicht entsprochen wird, liegen nicht vor.

 

Der Verwendungszweck des Gebäudes verändert sich durch den Zubau nicht. Zusätzliche nachteilige Auswirkungen durch Emissionen zum Grundstück des Beschwerdeführers hin sind nicht zu erwarten.

 

In der Verhandlung am 05.04.2018 hat der Beschwerdeführer darauf verwiesen, dass seinerzeit beim Zubau der Garage der Überlänge sowie beim Neubau des Wohnhauses 1959 einem verringerten Abstand zugestimmt wurde. Dem geplanten Projekt werde nicht zugestimmt mit folgender Begründung:

- fehlender Grenzpunkt nordöstlich

- im Einreichplan nicht angeführte Abstände

- fehlender Vertreter-öffentliches Gut.

- das vorgelegte Projekt entspricht nicht der TBO (bezieht sich nur auf das Stiegenhaus) und entspricht nicht der örtlichen Raumordnung der Gemeinde Y (Abstand zur Verkehrsfläche) und Bebauungsdichte, etc.

 

In der Verhandlung am 24.05.2018 monierte der Nachbar AA wie folgt:

- fehlender Grenzpunkt

im Prinzip gleich wie bei der letzten Verhandlung

 

Weiters möchte Herr AA festgehalten haben, dass laut Aussage des Bürgermeisters auf diesem Straßenzug kein Gehsteig vorgesehen ist (wurde so im Bauausschuss beschlossen);

Gleiche Stellungnahme wie bei der letzten Verhandlung

- außer fehlender Vertreter öffentliches Gut

- im Einreichplan nicht angeführte Abstände; bleibt aufrecht

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

Die vorgenannten Sachverhaltsfeststellungen lassen sich anhand der erwähnten Urkunden, der beiden behördlichen Verhandlungsschriften vom 05.04.2018 und 24.05.2018, der Gutachten des hochbautechnischen Amtssachverständigen vom 22.10.2018, 13.12.2018 und 16.01.2019 und seinen Erläuterungen und Ausführungen im Zuge der mündlichen Verhandlung am 08.02.2019 treffen.

Die zahlenmäßige Richtigkeit der Angaben des hochbautechnischen Amtssachverständigen wird vom rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer zu keiner Zeit beanstandet.

Die höchste Höhe des Bestandsgebäudes im Mindestabstandsbereich sowie dessen Höhe im Anschluss an den Zubau kann dem Einreichplan entnommen werden.

 

 

IV. Rechtslage:

 

Tiroler Bauordnung 2018 /TBO 2018):

 

„§ 6

Abstände baulicher Anlagen von den übrigen Grundstücksgrenzen und von anderen baulichen Anlagen

 

(1) Sofern nicht aufgrund der in einem Bebauungsplan festgelegten geschlossenen oder besonderen Bauweise oder aufgrund von darin festgelegten Baugrenzlinien zusammenzubauen bzw. ein anderer Abstand einzuhalten ist, muss jeder Punkt auf der Außenhaut von baulichen Anlagen gegenüber den Grenzen des Bauplatzes zu den angrenzenden Grundstücken mindestens einen horizontalen Abstand aufweisen, der

beträgt. Wurde das Geländeniveau durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert, so ist bei der Berechnung der Abstände nach lit. a bis d vom Geländeniveau vor dieser Veränderung auszugehen. Andernfalls ist vom bestehenden Geländeniveau auszugehen. Dies gilt auch dann, wenn eine Geländeveränderung mehr als zehn Jahre zurückliegt. Ist jedoch in einem Bebauungsplan eine Höhenlage festgelegt, so ist in allen Fällen von dieser auszugehen.

(2) Wird eine bauliche Anlage wieder aufgebaut oder lotrecht erweitert, so ist bei Vorliegen eines Lageplanes, aus dem sich das der Baubewilligung oder Bauanzeige zugrunde gelegene Gelände ergibt, von diesem Geländeniveau auszugehen. Anderenfalls ist von jenem Gelände auszugehen, das sich aufgrund der geradlinigen Interpolierung der an die Außenhaut der baulichen Anlage anschließenden Geländekonturen ergibt.

(3) Bei der Berechnung der Mindestabstände nach Abs. 1 bleiben außer Betracht und dürfen innerhalb der entsprechenden Mindestabstandsflächen errichtet werden:

(4) Folgende bauliche Anlagen oder Bauteile dürfen in die Mindestabstandsflächen von 3 bzw. 4 m ragen oder innerhalb dieser errichtet werden:

(5) Ist eine Baugrenzlinie festgelegt, so gilt Abs. 3 und 4 lit. c sinngemäß. Soweit keine Baugrenzlinien für unterirdische Geschoßebenen festgelegt sind, gilt weiters Abs. 4 lit. e sinngemäß. Darüber hinaus dürfen nur Pflasterungen, Zufahrten und dergleichen sowie Kinderspielplätze vor die Baugrenzlinie ragen oder vor dieser errichtet werden. § 59 Abs. 3 fünfter, sechster und siebter Satz des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 bleibt unberührt.

(6) Auf einem Bauplatz dürfen mehrere Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen errichtet werden, wenn die nach ihrem Verwendungszweck erforderliche Belüftung und Belichtung gewährleistet ist, den Erfordernissen des Brandschutzes entsprochen und das Orts- und Straßenbild nicht erheblich beeinträchtigt wird.

(7) Die Mindestabstandsflächen von 3 bzw. 4 m dürfen insgesamt nur im Ausmaß von höchstens 15 v. H. der Fläche des Bauplatzes mit oberirdischen baulichen Anlagen im Sinn des Abs. 3 lit. a und Abs. 4 verbaut werden. Dabei bleiben bauliche Anlagen nach Abs. 4 lit. c und d sowie Vordächer, Pflasterungen und dergleichen unberücksichtigt. Oberirdische bauliche Anlagen nach Abs. 4 lit. a und b dürfen überdies nur in einem solchen Ausmaß errichtet werden, dass innerhalb der Mindestabstandsflächen zu jedem angrenzenden Grundstück und zu jeder Seite hin mindestens die Hälfte der gemeinsamen Grenze von solchen baulichen Anlagen frei bleibt, außer der betroffene Nachbar stimmt einer weitergehenden Verbauung nachweislich zu. Gemeinsame Grenzen von weniger als 3 m Länge auf einer Seite bleiben unberücksichtigt.

(8) An eine im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung oder der Erstattung der Bauanzeige an der Grundstücksgrenze bestehende bauliche Anlage darf bis zur Länge und bis zur Höhe der Wand oder des Bauteiles an der Grundstücksgrenze angebaut werden, wenn zur betreffenden Seite hin keine Baugrenzlinie festgelegt ist und wenn dadurch das Orts- und Straßenbild nicht erheblich beeinträchtigt wird. An bauliche Anlagen, die nach dem bewilligten bzw. dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck nur zum Schutz von Sachen oder Tieren bestimmt sind, dürfen nur bauliche Anlagen mit einem solchen Verwendungszweck angebaut werden.

(9) Bauliche Anlagen dürfen aufgrund eines gemeinsamen Antrages der Eigentümer der betreffenden Bauplätze oder der daran Bauberechtigten an der Grundstücksgrenze in gekuppelter Bauweise errichtet werden, wenn

Besteht aufgrund eines solchen gemeinsamen Antrages zumindest für einen der betroffenen Bauplätze eine Baubewilligung oder Bauanzeige, so ist die Errichtung von baulichen Anlagen mit Ausnahme von Nebenanlagen und Nebengebäuden in offener Bauweise nicht weiter zulässig. Für eine im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung oder der Erstattung der Bauanzeige aufgrund eines solchen gemeinsamen Antrages an der Grundstücksgrenze bereits bestehende bauliche Anlage gilt Abs. 8 mit der Maßgabe, dass in dem im § 2 Abs. 13 genannten Mindestausmaß jedenfalls zusammenzubauen ist.

(10) Erfüllt ein nach früheren baurechtlichen Vorschriften rechtmäßig bestehendes Gebäude die Voraussetzungen nach den Abs. 1, 3 bis 5 oder 7 nicht, so sind ein Umbau, ein geringfügiger Zubau, eine sonstige Änderung dieses Gebäudes oder eine Änderung seines Verwendungszweckes auch dann zulässig, wenn

An jener Seite des Gebäudes, an der die Mindestabstände unterschritten werden, darf die Wandhöhe gegenüber dem bestehenden Gebäude nicht vergrößert werden. Dieser Absatz gilt sinngemäß für die Änderung sonstiger baulicher Anlagen.

(11) Abs. 10 ist weiters auf den Wiederaufbau von Gebäuden im Fall ihres Abbruches oder ihrer sonstigen Zerstörung anzuwenden, wenn die Baubewilligung hierfür innerhalb eines Jahres nach der Zerstörung des betreffenden Gebäudes erteilt wird. In diese Frist sind die Zeiten des Bauverfahrens, eines Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht, dem Verwaltungsgerichtshof oder dem Verfassungsgerichtshof und einer Bausperre im Sinn des § 74 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 nicht einzurechnen. Dies gilt sinngemäß für die Wiedererrichtung sonstiger baulicher Anlagen mit der Maßgabe, dass bei anzeigepflichtigen Bauvorhaben anstelle der Erteilung der Baubewilligung auf das Wirksamwerden der Bauanzeige abzustellen ist.

(12) Bei baulichen Anlagen, deren Errichtung an der Bauplatzgrenze zulässig ist, dürfen Dächer und Einrichtungen zur Ableitung von Niederschlagswasser über die Bauplatzgrenze ragen, wenn der betroffene Nachbar dem nachweislich zustimmt.

(1) Parteien im Bauverfahren sind der Bauwerber, die Nachbarn und der Straßenverwalter.

(2) Nachbarn sind die Eigentümer der Grundstücke,

Nachbarn sind weiters jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein Baurecht zukommt.

(3) Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines horizontalen Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

(4) Die übrigen Nachbarn sind berechtigt, die Nichteinhaltung der im Abs. 3 lit. a und b genannten Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen.

 

§ 33

Parteien

 

(1) Parteien im Bauverfahren sind der Bauwerber, die Nachbarn und der Straßenverwalter.

(2) Nachbarn sind die Eigentümer der Grundstücke,

Nachbarn sind weiters jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein Baurecht zukommt.

(3) Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines horizontalen Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

(4) Die übrigen Nachbarn sind berechtigt, die Nichteinhaltung der im Abs. 3 lit. a und b genannten Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen.

§ 71

Übergangsbestimmungen

(7) Wird an ein im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehendes Gebäude ein Vollwärmeschutz angebracht, so darf dieser bis höchstens 20 cm vor die Baufluchtlinie, vor die Baugrenzlinie, mit Zustimmung des Straßenverwalters vor die Straßenfluchtlinie und mit Zustimmung des Eigentümers des betroffenen Grundstückes oder des sonst hierüber Verfügungsberechtigten über die Grenzen des Bauplatzes ragen. Im Fall der Festlegung der besonderen Bauweise darf das für die Gebäudesituierung festgelegte Höchstausmaß oder zwingende Ausmaß um höchstens 20 cm überschritten werden. Ein entsprechender Vollwärmeschutz bleibt weiters im Ausmaß von höchstens 20 cm im Rahmen der Abstandsbestimmungen des § 6 Abs. 1, 3, 7 erster Satz, 8 und 10 sowie der Baumassendichte und der Bebauungsdichte unberücksichtigt.

(9) Bei Gebäuden, für die die Baubewilligung aufgrund von Vorschriften vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erteilt wurde, dürfen nachträglich angebaute Treppentürme und bauliche Anlagen für Hebeanlagen zur Personenbeförderung unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 erster Satz vor die Baufluchtlinie ragen oder vor dieser errichtet werden. Nachträglich angebaute Treppentürme und bauliche Anlagen für Hebeanlagen zur Personenbeförderung dürfen im Fall der Festlegung der geschlossenen Bauweise auch in offener Bauweise errichtet werden. Weiters dürfen solche Anbauten in die Mindestabstandsflächen nach § 6 Abs. 1 ragen oder innerhalb dieser Flächen errichtet werden, wenn den Erfordernissen des Brandschutzes entsprochen wird. Ist eine Baugrenzlinie festgelegt, so dürfen sie unter dieser Voraussetzung vor die Baugrenzlinie ragen oder vor dieser errichtet werden. Im Übrigen bleiben sie im Rahmen des § 6 Abs. 7 erster Satz unberücksichtigt. Der Abstand von 1 m gegenüber anderen Grundstücken als Verkehrsflächen darf jedoch nur unterschritten werden, wenn der betroffene Nachbar dem nachweislich zustimmt.

(12) Bei Gebäuden, für die die Baubewilligung nach den baurechtlichen Vorschriften vor der Novelle LGBl. Nr. 10/1989 zur seinerzeitigen Tiroler Bauordnung erteilt worden ist, berührt eine lagemäßige Abweichung des Gebäudes gegenüber der Lage aufgrund der Baubewilligung von höchstens 120 cm die Rechtmäßigkeit des Baubestandes nicht. Bei Gebäuden, für die die Baubewilligung nach der seinerzeitigen Tiroler Bauordnung in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 10/1989 oder nach der Tiroler Bauordnung 1989, LGBl. Nr. 33, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl. Nr. 31/1997, erteilt worden ist, gilt dies nur, wenn deren Abstände gegenüber den Grenzen des Bauplatzes zu den angrenzenden Grundstücken außer zu Verkehrsflächen im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung zumindest das Doppelte der gesetzlichen Mindestabstände betragen haben.

...“

 

Im Übrigen wird auf die Internetseite ris.bka.gv.at (Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes) verwiesen.

 

 

V. Erwägungen:

 

Das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Grundstück **4 grenzt direkt an den Bauplatz **2 an und treffen für die Beschwerdeführer auch die Voraussetzungen nach § 33 Abs 2 lit b TBO 2018 zu. Insofern kommt dem Beschwerdeführer grundsätzlich Parteistellung nach § 33 Abs 3 TBO 2018 zu.

Die beiden weiteren im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstücke **5 und **6 liegen außerhalb des 5 Meter-Abstandsbereiches (vgl § 33 Abs 4 TBO 2018).

 

Grundsätzlich ist zunächst auszuführen, dass das Mitspracherecht der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in zweifacher Weise beschränkt ist. Es besteht einerseits nur insoweit, als den Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in denen die Nachbarn solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht haben (vgl VwGH 01.04.2008, 2007/06/0304; VwGH 31.01.2008, 2007/06/0152 uva).

 

Der Bauwerber hat im Zuge der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass ua ein Grenzpunkt im nordöstlichen Bereich im Plan nicht ersichtlich ist.

Die vom Bauwerber vorgelegten Pläne müssen nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausreichen, dem Nachbarn jene Informationen zu vermitteln, die er zur Verfolgung seiner Rechte im Verwaltungsverfahren, verwaltungsgerichtlichen Verfahren und vor dem Verwaltungsgerichtshof braucht. Ein weitergehendes subjektives Recht dahingehend, dass die Planunterlagen und sonstigen Belege vollständig der Rechtslage entsprechend vorgelegt werden, kommt den Nachbarn nicht zu (vgl VwGH 28.03.1996, 95/06/0253).

 

Der hochbautechnische Amtssachverständige hat in seinem Gutachten vom 22.10.2018 ausgeführt, dass die genauen Abstände des Bestandes zu den betreffenden Grundstücksgrenzen aufgrund zum Teil fehlender Maßangaben nicht nachvollzogen werden können. Dies führte letztlich auch zu einer Verbesserung des Vermessungsplanes im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

 

Insofern waren die Einreichunterlagen nicht ausreichend, damit der nunmehrige Beschwerdeführer seine Rechte ausreichend verfolgen konnte. Deshalb ist sein Vorbringen jedenfalls als zulässige Einwendung im Sinn des § 33 Abs 3 lit e TBO 2018 zu werten.

 

Als Vorfrage ist im gegenständlichen Fall wesentlich, inwieweit das Bestandsgebäude rechtmäßig besteht.

 

Betrachtet man die Baubewilligung aus dem Jahr 1959, so ist festzustellen, dass in den bewilligten Plänen die Rohbaumaße mit 8,32 m und 8,62 m eingetragen sind. Dies ist deshalb so zu beurteilen, da in der Baubeschreibung das Mauerwerk mit „EE *** cm“ beschrieben und in den bewilligten Einreichplänen das Mauerwerk mit dieser Stärke ausgewiesen ist. Somit ist bei der Bemaßung der Außenputz (und Innenputz) nicht berücksichtigt. Der hochbautechnische Amtssachverständige führt in Ansehung der Eingabe der belangten Behörde vom 21.09.2018 samt der angeschlossenen Ausführungen des hochbautechnischen Sachverständigen der belangten Behörde zutreffend aus, dass eine Putzstärke von insgesamt 5 cm in Anschlag zu bringen ist und sich so die tatsächlichen Ausmaße des Bestandsgebäudes erklären.

Deshalb geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass das oberirdische Mauerwerk mit der Baubewilligung aus dem Jahr 1959 mit Länge mit 8,67 m und eine Breite von 8,37 m bewilligt wurde.

 

Der hochbautechnische Amtssachverständige hat eine abweichende Lage des errichteten Gebäudes von 110 cm – ohne den später angebrachten Vollwärmeschutz - gegenüber dem Lageplan der Baubewilligung 1959 anhand der gegenständlichen Einreichplanung bestimmt. Nach § 71 Abs 12 TBO 2018 schadet im gegenständlichen Fall diese abweichende Lage des auf Grundlage des Baubescheides aus dem Jahr 1959 errichteten Gebäudes nicht. Den erläuternden Bemerkungen EB *** zu dieser Bestimmung ist zu entnehmen, dass mit den einen Bestandteil der Katastralmappen bildenden Katasterplänen die in der Natur mehr oder weniger deutlich gekennzeichneten Grundstücksgrenzen für das gesamte damalige österreichischen Staatsgebiet im Maßstab von 1:2880 erfasst wurden. (vgl Kahl in Weber/Rath-Kathrein (Hrsg), Kommentar zur Tiroler Bauordnung (2014), § 62). Nach dieser Bestimmung ist daher eine Abweichung von bis zu 120 cm möglich. Dieses Gebäude - ohne den später aufgebrachten Vollwärmeschutz - weist einen Abstand von der Grundgrenze des Nachbarn von 2,90 m auf und weicht somit um 110 cm gegenüber dem Lageplan ab, der einen Grenzabstand von 4 m ausweist. Es handelt sich in Ansehung der vorgenannten Bestimmung um ein rechtmäßig bestehendes Gebäude, da die Baubewilligung nach den baurechtlichen Vorschriften vor der Novelle LGBl Nr 10/1989 erteilt worden ist.

 

Mit der Bestimmung soll keine Bebauung als rechtmäßig erachtet werden, für die überhaupt keine Baubewilligung vorliegt, sondern werden lediglich Ungenauigkeiten der verwendeten Lagepläne zugunsten einer erteilten Baubewilligung gesetzlich normiert. Eine derartige Lageänderung kann - wie im gegenständlichen Fall – auch dazu führen, dass eine bauliche Anlage (zum Teil) in der Mindestabstandsfläche zu einem Nachbargrundstück errichtet wird. Anhaltspunkte dafür, dass eine gewillkürte Lageänderung des Bestandsgebäudes erfolgte, wie dies der Beschwerdeführer vorbringt, haben sich aus dem vorliegenden Bauakt aus dem Jahr 1959 nicht ergeben. Insbesondere kann dies auch nicht der Verhandlungsschrift vom 17.08.1959 und der Verhandlungsschrift zum Bauverfahren *** (Baubewilligung aus dem Jahr 1984 für den Zubau einer Garage) entnommen werden. Im Übrigen nimmt die Bestimmung nach § 71 Abs 12 TBO 2018 keinen Bezug auf eine allfällige Ursache der Lageänderung.

Zum Unterschied zu dem vom rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer angezogenen „Schwarzbauten-Sanierungs-Gesetz“ wurde im gegenständlichen Fall eine Baubewilligung vor der Errichtung des Bauvorhabens erwirkt.

 

Ein Blick in die Planunterlagen zum Baubescheid vom 22.05.1984, Zahl ***, mit dem der Anbau einer PKW-Garage bewilligt wurde, zeigt, dass der Abstand zwischen dem Bestandsgebäude und dem Grundstücksgrenze des hier einschreitende Nachbarn mit 3,00 m ausgewiesen ist.

Dazu ist auszuführen, dass der baurechtliche Status des Bestandsgebäudes davon unberührt bleibt, da die Errichtung des Bestandsgebäudes nicht Gegenstand der Baubewilligung aus dem Jahr 1984 war. Im Übrigen wird damit dokumentiert, dass das Gebäude in seiner Lage verschoben errichtet wurde. Über das genaue Ausmaß der Lageänderung gibt jedoch nicht dieser Lageplan, der im Unterschied zu dem im Jahr 1959 geführten Bauverfahren im Maßstab 1:500 gehalten ist, sondern die Vermessungsurkunde im gegenständlichen Verfahren Aufschluss, welche wesentlich genauer ist.

 

Der im Jahr 2006 auf Grundlage der Bestimmung des nunmehrigen § 71 Abs 7 TBO 2018 angebrachte Vollwärmeschutz weist eine zulässige Stärke von 13 cm auf; zum Zeitpunkt der Umsetzung war diese Baumaßnahme weder bewilligungs- noch anzeigepflichtig. Diese Bestimmung wurde mit der Novelle zur Tiroler Bauordnung, LGBl Nr 48/2011, neu gefasst, wonach ausdrücklich klargestellt wird, dass neben den Abstandsbestimmungen nach § 6 Abs 1 TBO der Vollwärmeschutz bis zu 20 cm auch im Rahmen der Abstandsbestimmungen nach § 6 Abs 2, 6 erster Satz, 7 und 9 TBO (nunmehr § 6 Abs 1, 3, 7 erster Satz, 8 und 10 TBO 2018) unberücksichtigt bleibt.

 

Nachdem die Übergangsbestimmung betreffend die Zulässigkeit der lagemäßigen Abweichung von Gebäuden (nunmehr § 71 Abs 12 TBO 2018) mit der (dieser) Novelle eingeführt wurde, mit der auch die Neufassung der Bestimmung über die Zulässigkeit der Anbringung von Vollwärmeschutz erfolgte (siehe oben), bestehen aus Sicht des Verwaltungsgerichtes keine Bedenken, dass zum Zeitpunkt der hier getroffenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung beide Bestimmungen angewendet werden.

 

Im Ergebnis führt dies dazu, dass für das bestehende Gebäude, welches einen Abstand zur Grundstücksgrenze des Beschwerdeführers von 2,77 m aufweist, ein baurechtlicher Konsens vorliegt. Das Bestandsgebäude ist im Hinblick auf seine Lage und seine Abmessungen in den gegenständlichen Einreichunterlagen korrekt dargestellt.

Auch seitens des Landesverwaltungsgerichtes Tirol wird - wie vom Beschwerdeführer und der belangten Behörde - die Rechtsansicht vertreten, dass der gegenständliche Zubau in der Mindestabstandsfläche zum Grundstück des Beschwerdeführers keinen Treppenturm im Sinn des § 71 Abs 9 TBO 2018 darstellt.

 

Die Zulässigkeit ergibt sich jedoch aus nachstehenden Überlegungen:

In § 6 Abs 10 TBO 2018 sind auch geringfügige Zubauten genannt. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers wird durch den Zubau nicht weiter als bisher von den Voraussetzungen nach § 6 Abs 1 TBO 2018 abgewichen, da der Abstand des Zubaus - nach der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erfolgten Planänderung - von der Grundstücksgrenze des Beschwerdeführers mit 2,77 m gegenüber dem Bestand gleich bleibt.

Die vom Beschwerdeführer dargelegte Sichtweise würde dazu führen, dass bei einem rechtmäßig bestehenden verringerten Grenzabstand die Bestimmung nach lit a leg cit einem Zubau immer entgegenstehen würde und somit der Bestimmung - soweit sie auf Zubauten abstellt - kein Anwendungsfall im Zusammenhang mit dem Unterschreiten der Mindestabstände nach § 6 Abs 1 TBO 2018 mehr zukommen würde. Nachdem dies dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, entspricht die hier getroffene Überlegung, einen Zubau in der Form zuzulassen, wonach dieser nicht näher an die Grundgrenze herangerückt als der Bestand, dem Gesetz.

 

Zwar beträgt die Länge des Zubaus gegenüber der Bestandslänge zwischen 23,62 % und 34,49 % derselben, doch wird in der Zusammenschau im gegenständlichen Fall der Zubau noch als geringfügig erachtet. Dies begründet sich darin, dass der Zubau, soweit er der Grundstücksgrenze am nächsten ist, zwischen einem Viertel und einem Fünftel der Länge des Bestandsgebäudes beträgt und sich aufgrund der vorgenommenen Abschrägung erst in größerer Entfernung von der Grundstücksgrenze verbreitert. In einem Abstand von 4 m weist der Zubau ca 1/3 der Länge des Bestandsgebäudes auf. Auch die Höhe des Zubaus mit 5,41 m ist in Ansehung des höchsten Punktes der Bestandsgebäudes (abzubrechender Giebel), welcher um 2,99 m darüber liegt, unauffällig. Der Zubau ist so gehalten, dass seine Wandhöhe gleich hoch ausfällt, wie des anschließenden, rechtmäßigen Bestandes.

 

Zwar stellt § 6 Abs 10 lit c TBO 2018 auf des Tatbestandsmerkmal der Änderung des Verwendungszweckes ab, doch ist im Zusammenhang mit der hier in Rede stehenden Verwendung als Stiegenhaus bzw Erschließung trotzdem festzuhalten, dass in Ansehung der rechtmäßig bestehenden Räumlichkeiten des Bestandes (vgl die obigen Sachverhaltsfeststellungen) mit keinen zusätzlichen nachteiligen Auswirkungen für das Grundstück des Beschwerdeführers (zB Lärm) zu erwarten sind, die auf den Zubau zurückzuführen wären. Aus diesem Blickfeld bleibt der Zubau unbeachtlich.

 

Im Hinblick auf § 6 Abs 7 zweiter und dritter Satz TBO 2018 ist anzumerken, dass es sich bei dem gegenständlichen Zubau um keine oberirdische bauliche Anlage im Sinn des Abs 4 lit a und b leg cit handelt, da er eine Höhe von über 3,50 m aufweist und auch sonst nicht unter die dort genannten baulichen Anlagen subsumiert werden kann.

 

Anhaltspunkte, wonach durch den Zubau im Mindestabstandsbereich den brandschutztechnischen Erfordernissen nicht entsprochen wäre, liegen nicht vor. Der hochbautechnische Amtssachverständige, der brandschutztechnische Angelegenheiten im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens grundsätzlich dann berücksichtigt, wenn – wie im gegenständlichen Fall - nicht zwingend die Beiziehung eines brandschutztechnischen Sachverständigen erforderlich ist (vgl § 32 Abs 4 TBO 2018), wurde verwaltungsgerichtlich um Begutachtung im Hinblick auf § 6 Abs 10 TBO 2018 ersucht. Bedenken im Zusammenhang mit den Erfordernissen des Brandschutzes wurden vom hochbautechnischen Amtssachverständigen zu keiner Zeit geäußert. Im Übrigen wird vom Beschwerdeführer nicht ausdrücklich darauf abgestellt, dass den Erfordernissen des Brandschutzes nicht entsprochen wäre.

 

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass mit den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingereichten geänderten Planunterlagen lediglich dem Umstand Rechnung getragen wurde, dass der Zubau nicht näher an die Grundstücksgrenze des Beschwerdeführers herangerückt werden darf, als dies durch den Bestand vorgegeben ist. Zudem wurden fehlende Bemaßungen nachgeholt. Das Verwaltungsgericht hatte den Bauwerbern Gelegenheit zu geben, der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes folgend Planänderungen vorzunehmen, die nunmehr eine um 2 cm geringere Stärke der Wärmedämmung vorsehen, sodass sich die Breite des Zubaus um 2 cm verringert (und sich der Abstand zur Grundgrenze des Beschwerdeführers um 2 cm auf 2,77 m erhöht). Dieser Umstand ist in den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingereichten Planunterlagen, der Baubeschreibung, dem Lageplan sowie dem Energieausweis berücksichtigt (siehe obiger Spruchpunkt 2.).

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage kann schon deshalb nicht vorliegen, da es sich sowohl bei der Beurteilung der Vorfrage hinsichtlich des baurechtlichen Konsenses des Bestandsgebäudes als auch der Entscheidung über die Zulässigkeit des Zubaus um eine Einzelfallbeurteilung bzw eine Einzelfallentscheidung handelt, die in keiner die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden sind.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

 

 

Landesverwaltungsgericht Tirol

Ing. Mag. Peinstingl

(Richter)

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