BauG Stmk 1995 §4 Z58
BauG Stmk 1995 §4 Z64
BauG Stmk 1995 §4 Z48
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGST:2020:LVwG.50.14.461.2020
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Dr. Merli über die Beschwerde des C D, vertreten durch Dr. E F, Rechtsanwalt in G, Hgasse, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Trieben vom 12.12.2019, GZ: 131/9-33/2019-ds,
z u R e c h t e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 iVm § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz BGBl. I Nr. 33/2013 idgF (VwGVG) wird die Beschwerde, soweit darin die Verletzung von Nachbarrechten gemäß § 26 Abs 1 Stmk. BauG geltend gemacht werden, als
unbegründet abgewiesen,
darüber hinaus als unzulässig zurückgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz BGBl. Nr. 10/1985 idgF eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Sachverhalt – Aktenlage
1.1. Frau A B ist als Rechtsnachfolgerin ihrer Eltern G H und I J Alleineigentümerin der Grundstücke Nr. *** und ***, beide KG Sbach (Adresse: Asiedlung, T). Das sich im Eigentum des Beschwerdeführers C D befindliche Grundstück Nr. ***, KG Sbach (Adresse: Asiedlung, T) grenzt im Westen an die Grundstücke der A B an:
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1.2. Mit dem Bauansuchen, datiert mit 05.04.2019, beantragte Frau A B die Erteilung einer (nachträglichen) Baugenehmigung für Abbrucharbeiten auf dem Grundstück Nr. ***, sowie für Baumaßnahmen, die Gegenstand der ihr erteilten Beseitigungsaufträge vom 29.08.2016, GZ: 131-1/2016-3, und vom 25.03.2019, GZ: 131/9-143/2018, gewesen sind. Im Einzelnen umfasst das Bauansuchen laut Baubeschreibung den teilweisen Abbruch des bestehenden Stallgebäudes am Grundstück Nr. ***, die Veränderung der Traufenhöhe, die Herstellung einer neuen Dacheindeckung und einen Toraustausch am (verbleibenden) ehemaligen Stallgebäude am Grundstück Nr. ***, nunmehr mit der Nutzung Abstellraum, sowie die Herstellung einer neuen Dachdeckung und den Austausch eines Rolltores am Nebengebäude am Grundstück Nr. ***.
1.3. Im Einreichplan vom 19.03.2019 wird der Umfang der Abbrucharbeiten auf Grundstück Nr. *** sowie die Lage des nicht abgebrochenen Stallgebäudeteiles gegenüber dem Grundstück des Beschwerdeführers wie folgt dargestellt:
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1.4. Im Bauverfahren erhob C D mit Schriftsatz vom 04.06.2019 Einwendungen gegen die beantragte Baubewilligung. Als prozessualer Einwand wurde vorgebracht, aus dem Bauantrag und den Einreichunterlagen gehe nicht hervor, ob es sich bei den beantragten Maßnahmen um solche handle, die erst hergestellt oder um solche, die bereits vorgenommen worden seien und nachträglich genehmigt werden sollen. Im Einreichplan werde auf der Titelseite ausdrücklich nur das Grundstück Nr. *** genannt. Damit seien die vorgelegten Urkunden nicht ausreichend, um das Bauvorhaben entsprechend begutachten zu können. Zu den einzelnen Baumaßnahmen wurde ausgeführt, dass es sich bei dem Nebengebäude auf dem Grundstück Nr. *** nicht um einen rechtmäßigen Bestand handle, der umgebaut und verändert werde, sondern um einen Neubau, der aus mehreren Gründen nicht bewilligungsfähig sei. Dadurch, dass der überwiegende Teil des Gebäudes bereits abgebrochen worden sei, und am verbleibenden Gebäude im Laufe der Jahre zahlreiche bauliche Veränderungen vorgenommen worden seien, sei ein allfälliger vormaliger Konsens für das Gebäude untergegangen. Das Gebäude verletze sämtliche Abstandsvorschriften gegenüber seinem Grundstück, weil nicht nur die Dacheindeckung, sondern das Gebäude selbst einen zu geringen Abstand gemäß dem Steiermärkischen Baugesetz aufweise. Weiters erfülle das Gebäude die brandschutztechnischen Voraussetzungen hinsichtlich der Außenwände an der Nachbargrenze nicht (§ 52 Abs 2 Stmk. BauG). Das Bauansuchen selbst enthalte keine konkreten Angaben zum Verwendungszweck. Allein die Angabe, das Gebäude soll als Abstellfläche bzw. Abstellraum verwendet werden, sage noch nichts darüber aus, was im Gebäude tatsächlich abgestellt werden soll. Das Gebäude sei jedenfalls für die Nutzung als Garage (als solche sei es im Behördenakt und in den Bauplänen des Jahres 2015 tituliert) oder als Unterstand für Maschinen (es seien dort ein 2 CV und landwirtschaftliche Maschinen untergestellt) nicht geeignet (u.a. kein Ölabscheider). Weiters werde die für das Grundstück bestehende Bebauungsdichte überschritten und stehe das Bauwerk somit im Widerspruch zum geltenden Flächenwidmungsplan. Bei dem Gebäude auf dem Grundstück Nr. *** handle es sich um einen „Schwarzbau“, weil es für das Gebäude keine Baubewilligung gebe und das Gebäude nicht, auch nicht nachträglich, bewilligungsfähig sei. Das seinerzeit an diesem Platz befindliche Gebäude sei nahezu zur Gänze weggerissen, ohne Baubewilligung umgebaut und neu hergestellt worden. Auch durch dieses Gebäude würde die bestehende Dichte für das Grundstück überschritten werden. Offenbar soll dieses Gebäude zumindest teilweise auch als Garage genutzt werden (Rolltor), wobei auch hier die dafür erforderlichen brandschutztechnischen Voraussetzungen nicht vorlägen und die Gefahr bestünde, dass auslaufendes Öl oder Treibstoff in das Erdreich gelangen würde. Abschließend verwehrt sich der Beschwerdeführer gegen die Angaben des Bausachverständigen, die er zur Rechtmäßigkeit einer Mauer am Grundstück Nr. *** abgegeben habe. Diese Mauer sei ohne Bewilligung errichtet worden und müsste von der Gemeinde ein entsprechender Beseitigungsauftrag erlassen werden.
1.5. Nach Durchführung einer mündlichen Bauverhandlung erteilte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Trieben mit Bescheid vom 29.10.2019, GZ: 131/9-33/2019/ds/wie, der Frau A B die beantragte baurechtliche Bewilligung. Den Einwendungen des C D hielt die Baubehörde entgegen, aus den Einreichunterlagen sowie der Baubeschreibung gehe Art und Umfang des Bauvorhabens klar hervor. Das Stallgebäude auf dem Grundstück Nr. *** sei rechtmäßiger Bestand, weil vor 1969 errichtet (Ergebnisse im geführten Feststellungsverfahren gemäß § 40 Stmk. BauG), die am rechtmäßigen Bestand vorgenommenen Abbruch- und Umbauarbeiten sowie die Veränderung der Traufenhöhe am Stallgebäude (nunmehr Abstellraum) seien nachträglich genehmigungsfähig, eine Nutzungsänderung für das Einstellen von Fahrzeugen und Maschinen sei nicht beantragt worden. Die aktuell gültigen Abstandsvorschriften seien auf einen rechtmäßigen Bestand gemäß § 40 Abs 1 Stmk. BauG nicht anzuwenden, und sei auch keine Überbauung festzustellen gewesen; das aufsteigende Mauerwerk liege nach der eingeholten Stellungnahme der K L GmbH, Wbach vom 17.10.2019 zur Gänze auf dem Grundstück Nr. ***. Hinsichtlich der Änderungen am Nebengebäude am Grundstück Nr. *** komme dem Beschwerdeführer keine Parteistellung zu, weil seine subjektiv öffentlichen Nachbarrechte von den Antragsgegenständen nicht berührt werden könnten. Im Übrigen habe die von Amts wegen durchgeführte Überprüfung ergeben, dass es sich bei diesem Nebengebäude (Abstellraum mit angebauter Gerätehütte und Pergola) nicht um einen Schwarzbau handle (rechtmäßiger Bestand vor 1969, Vornahme von bewilligungsfreien Bauvorhaben, die der Baubehörde angezeigt worden seien). Vom Gebäude gingen keine Immissionen auf das Nachbargrundstück des Beschwerdeführers aus. Schallimmissionen würden nicht verursacht werden, eine Brandwand an der Grundgrenze sei nicht vorhanden. Es werde der erforderliche Grenzabstand von 3 m eingehalten. Hinsichtlich der Mauer am Grundstück Nr. *** verwies die Baubehörde auf die Ergebnisse eines Feststellungsverfahrens gemäß § 40 Stmk. BauG, wonach es sich bei der Mauer laut der bezughabenden Stellungnahme des Bausachverständigen um einen rechtmäßigen Bestand handle.
1.6. Die Berufung des C D gegen die Baubewilligung (in der Berufung wird im Wesentlichen das Vorbringen im erstinstanzlichen Bauverfahren wiederholt) wies der Gemeinderat der Stadtgemeinde Trieben mit Bescheid vom 12.12.2019, GZ: 131/9-33/2019/ds, als unbegründet ab, wobei der Bauwerberin in Ergänzung des angefochtenen Bescheides gemäß § 39 Abs 3 Stmk. BauG Auflagen hinsichtlich eines (vermeintlich) als Garage genutzten Raumes im Gebäude auf Grundstück Nr. *** vorgeschrieben worden sind.
2. Beschwerde
2.1. Die Beschwerde vom 15.01.2020 gegen den Bescheid vom 12.12.2019 ist fristgerecht erhoben worden. Als Beschwerdegründe werden unter den Beschwerdepunkten Mangelhaftigkeit des Verfahrens/Verletzung von Verfahrensvorschriften (III. a.) und unrichtige rechtliche Beurteilung (III. b.) im Kern die bereits im Bauverfahren vorgebrachten Einwendungen wiederholt (vgl. 1.4.) und im Hinblick auf die Bescheidbegründung ergänzt.
2.2. Der Bescheid leide an Begründungsmängel und seien keine Feststellungen zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt, insbesondere zur Nutzung des Gebäudes am Grundstück Nr. ***, getroffen worden. Die geltend gemachte Abstands-verletzung im Sinne des § 13 Stmk. BauG läge darin, dass das Dach des Gebäudes am Grundstück Nr. *** in das Grundstück Nr. *** hineinreiche (Verweis auf Fotobeilagen ./C und ./D). Es fehle auch eine Beurteilung der Rechtslage. Zum Gebäude am Grundstück Nr. *** wird noch vorgebracht, es sei nicht nachvollziehbar, wie es zur behördlichen Feststellung eines Grenzabstandes von 9,08 m zum Grundstück des Beschwerdeführers gekommen sei (von welchem Punkt wurde gemessen, welche Geräte wurden eingesetzt, wer war bei den Messungen anwesend). In Wirklichkeit liege keinesfalls ein Grenzabstand vom Gebäude zur Grundgrenze von 3 m vor. Die Behörde wäre verpflichtet gewesen, die Einhaltung eines größeren Abstandes vorzuschreiben, um eine das ortsübliche Maß übersteigende Belästigung hintanzuhalten. Ein mängelfrei geführtes Verfahren hätte das Ergebnis erbracht, dass subjektiv-öffentliche Rechte des Beschwerdeführers verletzt und die beantragte Bewilligung nicht zu erteilen gewesen wäre.
2.3. In Bezug auf die zusätzliche Auflagenvorschreibung wird ausgeführt, dass nunmehr offenbar die Baubehörde doch davon ausgehe, dass dieses Gebäude zumindest teilweise als Garage (und nicht als Abstellraum) genutzt werde. Dafür liege jedoch weder die erforderliche Widmung, noch ein Antrag der Bauwerberin auf Nutzungsänderung vor. Damit habe die Berufungsbehörde unzulässigerweise eine Bewilligung ohne erforderlichen Antrag erteilt, in dem sie eine Nutzungsänderung an Teilen des Gebäudes auf dem Grundstück Nr. *** (von Abstellraum zu Garage) ohne entsprechenden Antrag bewilligt, und hinsichtlich der Garagennutzung Auflagen vorgeschrieben habe.
2.4. Der Beschwerdeführer stellte nachstehende Anträge:
Das Landesverwaltungsgericht möge gemäß Art. 130 Absatz 4 B-VG und § 28 Abs 2 VwGVG in der Sache selbst entscheiden und dem Ansuchen der Bauwerberin A B vom 05.04.2019 nicht Folge geben; in eventu den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs 3 VwGVG mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Ermittlung einer tauglichen Sachverhaltsgrundlage und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen; jedenfalls gemäß § 24 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
3. Beschwerdeverfahren – Allgemeine Erwägungen
3.1. Gemäß § 50 VwGVG in der Zusammenschau mit § 28 Abs 1 und Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, dann in der Sache selbst zu entscheiden und die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Im vorliegenden Fall liegt kein Zurückweisungs- oder Einstellungsgrund vor; die Voraussetzungen für eine Entscheidung in der Sache durch das Landesverwaltungsgericht Steiermark sind gegeben.
3.2. Im Falle einer Nachbarbeschwerde beschränkt sich der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens auf die Frage, ob die von der Baubehörde erteilte Baubewilligung in die vom Nachbarn rechtzeitig geltend gemachten Nachbarrechte eingreift, wie sie in § 26 Abs 1 Stmk. BauG, LGBl. Nr. 59/1995, hier in der anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 61/2017, taxativ aufgezählt werden:
„§ 26
Nachbarrechte
(1) Der Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlichrechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über
1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan und einem Bebauungsplan, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist
2. die Abstände (§ 13) ;
3. den Schallschutz (§ 77 Abs. 1)
4. die brandschutztechnische Ausführung der Außenwände von Bauwerken an der Nachbargrenze (§ 52 Abs. 2)
5. die Vermeidung einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung bzw. unzumutbaren Beeinträchtigung (§ 57 Abs. 2, § 58, § 60 Abs. 1, § 66 zweiter Satz und § 88)
6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6).“
3.3. Mit dem bekämpften Bescheid bestätigte die Berufungsbehörde eine im erstinstanzlichen Bauverfahren nachträglich erteilte Baubewilligung für den teilweisen Abbruch eines Stallgebäudes auf dem Grundstück Nummer *** sowie für Änderungen an den Gebäuden auf den Grundstücken Nr. *** und Nr. ***.
3.4. Der Beschwerdeführer hat rechtzeitig die zulässige Einwendung erhoben, durch die baubewilligten Änderungen an den Gebäuden auf den Grundstücken Nr. *** und Nr. *** werde in sein subjektiv öffentliches Nachbarrecht auf Einhaltung der Abstandsvorschriften in § 13 Stmk. BauG eingegriffen, und den aus Sicht der Baubehörde bestehenden rechtmäßigen Bestand der Gebäude in Abrede gestellt. Die weiteren Einwendungen (Überschreitung der Bebauungsdichte, brandschutztechnische Ausgestaltung der Gebäude) erweisen sich – weil vom Mitspracherecht der Nachbarn im Bauverfahren nicht umfasst – als unzulässig. Gleiches gilt sinngemäß für die Einwendung, das Gebäude am Grundstück Nr. *** erfülle die brandschutztechnischen Voraussetzungen hinsichtlich der Außenwände an der Nachbargrenze nicht, weil das Gebäude keine Außenwand an der Nachbargrenze ausbildet (vgl.1.3 .). Soweit im Beschwerdevorbringen unzulässige Einwendungen vorgebracht werden, oder sich das Beschwerdevorbringen auf Sachverhalte bezieht, die nicht Gegenstand der Baubewilligung sind (Mauer an der Grundgrenze zwischen den Grundstücken Nr. *** und ***), oder das Vorbringen nur Anordnungen der Berufungsbehörde gegenüber der Bauwerberin zum Inhalt hat (Vorschreibung von Auflagen ohne Bezug zum Bewilligungsgegenstand) erfährt es keine weitere Behandlung.
3.5. Am 06.10.2020 fand die öffentliche mündliche Verhandlung unter Beiziehung des bautechnischen Amtssachverständigen des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung DI M N statt. Vor Ort wurde ein Augenschein durchgeführt. Der Beschwerdeführer erschien mit Mag. O P, Anwärter für Dr. E F, Rechtsanwalt in G, die Bauwerberin nahm gemeinsam mit ihren Vater I J an der Verhandlung teil. Die Baubehörde war durch den Stadtamtsdirektor Q R, sowie rechtlich durch Dr. S T, Rechtsanwalt in L, vertreten. Nach dem Ortsaugenschein wurde die Verhandlung in der Baubezirksleitung Liezen mit den Ausführungen des bautechnischen Amtssachverständigen zur Befundlage und deren Bewertung fortgesetzt; die Verfahrensparteien konnten Fragen an den Sachverständigen stellen; mit den Verfahrensparteien wurde die Sach- und Rechtslage erörtert. Es wurden keine weiteren Beweisanträge gestellt, die Beweisaufnahme wurde geschlossen.
4. Feststellungen
4.1. Auf den Grundstücken mit den Nr. *** und Nr. ***, beide KG Sbach, befand sich zumindest seit den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts eine landwirtschaftliche Hofstelle, bestehend aus einem Wohngebäude und einem zum großen Teil aus Holz auf Steinfundament gebauten Stallgebäude (auf Grundstück Nr. ***); in den 50er-Jahren wurde auf Grundstück Nr. *** eine Wagenhütte errichtet. Auf der Hofstelle wurden unter anderem Pferde, Schweine und Rinder gehalten, die im Stallgebäude räumlich getrennt untergebracht waren (Pferdestall, Schweine- und Rinderstall). In den 70er-Jahren wurde die Tierhaltung zur Gänze aufgegeben.
4.2. In den 60-er Jahren bestanden die Wände des Stallgebäude bereits zum großen Teil aus Betonsteinziegeln; das Dach hatte eine der Eterniteindeckung:
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(Lichtbildbeilage 2 zum Aktenvermerk vom 30.11.2015, Lichtbild aufgenommen 1964)
4.3. Das seit Anfang der 60er-Jahre baulich unveränderte Stallgebäude am Grundstück Nr. *** mit einer Länge von rund 13 m und rund 8 m Breite wurde von den Eltern der Konsenswerberin (G H und I J) im Jahr 1986 teilweise abgetragen. Im Zuge der Abtragungsarbeiten wurde der gesamte Dachstuhl (Dacheindeckung, Dachlattung/Dachschalung) entfernt und der größere Teil des Mauerwerkes des Stallgebäudes (der ursprüngliche Schweine- und Rinderstall) auf eine Länge von rund 8 m abgetragen, sodass (abgesehen vom Steinfundament des abgebrochenen Teiles des Stallgebäudes und ein betonierter Schweinetrog) nur mehr der ursprüngliche Pferdestall (Länge rund 4,5 m) mit seinen drei Außenmauern und der Trennmauer zum Schweinestall – die innenliegende Trennwand des Pferdestalles wurde zur Außenwand – mit den Öffnungen im aufgehenden Mauerwerk (Flügeltor südseitig, Fensterluke nordseitig, Durchgangstür zwischen Schweinestall und Pferdestall ostseitig) und dem Betonboden als unveränderter Bestand erhalten blieb. Die Dacheindeckung des verbleibenden Stallgebäudeteiles wurde unter Verwendung von abgetragenem Dachstuhlholz und Eternitplatten des Altdaches wiederhergestellt, wobei der Dachstuhl in seiner Neigung (flacher) und Kniestockhöhe (um ca. 0,5 m tiefer) verändert worden ist. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte wurde das Mauerwerk des nunmehr als Abstellraum genutzten Nebengebäudes (Firsthöhe nicht über 5 m, Traufenbereich unter 3 m, Bruttogeschossfläche unter 40 m²) an allen vier Wänden mit bereits verwendeten Baumaterialien repariert und instandgesetzt, und Teile des Mauerwerkes mit einem Außenputz versehen. Zwischen 1995 und 2000 wurde am Nebengebäude die Flügeltür aus Holz durch ein Rolltor ersetzt. Ein Hagelschaden am Eternitdach (entstanden 2011, anschließend notdürftig repariert) wurde 2014 durch eine neue Dacheindeckung mit Strangfalzziegeldeckung behoben, wobei auch die Unterkonstruktion des Daches den neuen Ziegeln angepasst werden musste. An der Nutzung des Gebäudes als Abstellraum/Geräteschuppen hat sich seit 36 Jahren nichts geändert.
4.4. Laut dem der Einreichplanung zugrundeliegenden Vermessungsplan der K L GmbH vom 14.10.2019 stellt sich die Grundgrenze zum Beschwerdeführer hin wie folgt dar:
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Das aufsteigende Mauerwerk des Nebengebäudes befindet sich zur Gänze auf Grundstück Nr. ***. Der Abstand des Nebengebäudes zum Grundstück Nr. *** beträgt nordseitig rund 35 cm, nach Süden nimmt der Grenzabstand bis rund 1,10 m zu.
4.5. Der in der Natur bestehende (und bereits im Altbestand vorhandene) Dachüberstand des Ost-West gerichteten Satteldaches auf Nachbargrund (nordseitig, nordwestliche Dachecke über eine Länge von ca. 1-2 Meter) wird in der Weise rückgebaut, dass der Dachüberstand zur Gänze auf dem Grundstück der Bauwerberin liegt. Im Einreichplan vom 19.03.2019 wird die Dachausführung wie folgt dargestellt:
4.6. Das Gebäude auf dem Grundstück Nr. *** mit den Ausmaßen von rund 6 m x 5 m, errichtet in massiver Bauweise mit einer Holzverschalung im Bereich des Dachgeschosses (Spitzboden) und einem Satteldach dient Abstellzwecken. 2009 wurde südseitig des Gebäudes eine Pergola mit Terrasse zu Aufenthaltszwecken errichtet; 2014 wurde westseitig eine Gerätehütte angebaut. Sowohl die Pergola mit Terrasse als auch die Gerätehütte wurden der Baubehörde als bewilligungsfreies Bauvorhaben angezeigt und von dieser nach Prüfung zur Kenntnis genommen. Das Dach des Gebäudes wurde gleichfalls mit einer Strangfalzziegeldeckung eingedeckt und das vormals vorhandene Holztor durch ein Rolltor ersetzt. Das Gebäude weist keine Gebäudefront zur Grundgrenze mit dem Grundstück Nr. *** auf (vgl. 1.1.). Der Abstand zwischen der südwestlichen Gebäudeecke zur nordöstlichen Ecke der Grundstücksgrenze des Beschwerdeführers beträgt maßstäblich dargestellt rund 7,50 Meter (vgl. 1.3. Lageplan M 1:500).
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5. Beweiswürdigung
5.1. Die getroffenen Feststellungen zu den Ursprüngen der Hofstelle und zur Entstehungsgeschichte des Nebengebäudes auf dem Grundstück Nr. *** (vgl. 4.1, 4.2., 4.3.) gründen sich auf die Angaben und vorgelegten Beweismittel des Herrn I J und der Frau A B in dem von der Baubehörde geführten Feststellungsverfahren gemäß § 40 Stmk. BauG, sowie auf deren Bestätigungen und Ergänzungen in der mündlichen Verhandlung. Die G H und I J wohnt seit Jahrzehnten an diesem Ort und konnten sowohl Vater als auch Tochter ihre Angaben auf persönliche Erinnerungen stützen.
5.2. Die Schilderungen der Bauwerberin und ihres Vaters erscheinen auch aus bautechnischer Sicht plausibel. So hat der bautechnische Amtssachverständige in der mündlichen Verhandlung vom 06.10.2020 zum vorgefundenen Bauwerk Folgendes ausgeführt: „Vor Ort konnte festgestellt werden, dass im Bereich des Abbruches ein ursprünglicher Betonsockel noch vorhanden ist, in diesem Abbruchbereich ist Humus angeschüttet und eine Grünfläche angelegt, Betonteile aus dem ursprünglichen Bestand (Schweinetrog laut Angaben von Frau A B) bilden den Niveaustrom zur tieferliegenden Eingangstür ostseitig. Der vorgefundene Betonboden im östlichen Zugangsbereich und im verbleibenden Gebäuderest selbst wird den ursprünglichen Bestand darstellen. Auf diesem wurden in mehreren Schritten westseitig mit Standardformatziegeln, bereichsweise mit Betonschalsteinen, Betonziegel, das Mauerwerk hochgezogen (…). Die einzelnen Schritte der Instandsetzung des Außenmauerwerks lassen sich in ihrer zeitlichen Umsetzung nicht im Detail abgrenzen. Was jedoch im Zusammenhang plausibel erscheint ist, dass laut Beilage 2 des Aktenvermerks rund um das Jahr 1964 Außenwände aus Betonwandsteinen bestanden haben. Dass diese zumeist mit augenscheinlich bereits verwendeten Baumaterialen wieder repariert bzw. instandgesetzt wurden, kann an allen vier Außenwänden nachvollzogen werden. Vor Ort konnte festgestellt werden, dass große Teile des Dachstuhles zimmermannsmäßige Bearbeitung aufweisen, die auf die Wiederverwendung des Dachstuhlholzes schließen lassen. Kerben und Zapfenstücke liegen lose ohne konstruktiven Zusammenhang oder sind z.B. die Sparren im Firstbereich mit Zangen gehalten, wobei die Zangenteile jedenfalls jüngeren Datums sind. Insbesondere aufgrund der abweichenden Dachneigung erscheint es plausibel, dass der gesamte Dachstuhl abgetragen wurde und auf einer laut Aktenlage vermutlich 0,5 m tiefer liegenden Mauerbank wieder aufgesetzt wurde. …“
5.3. Die Einwände des Beschwerdeführers gegen die bautechnische Beurteilung beschränkten sich darauf, anzuzweifeln, dass die Fensterluke im nördlichen Mauerwerk zeitgleich mit diesem errichtet worden sei, weil die nördliche Außenwand unterschiedliche Wandstärken aufweise und daher die Fensterluke auch zu einem späteren Zeitpunkt eingesetzt werden hätte können. Allein mit der unterschiedlichen Wandstärke lässt sich eine solche Annahme nicht begründen. Dazu konnte der bautechnische Amtssachverständige auf Basis der Inaugenscheinnahme der nördlichen Wand im Zuge der Erhebung vor Ort feststellen, dass „die nördliche Außenwand im östlichen Bereich und der Wandteil im mittleren Bereich bei der Luke eine leicht klaffende Fuge im Verband aufweist, welche sich im Raum in unterschiedlicher Wandstärke zeigt. Die augenscheinliche Prüfung der Mörtelfugen deutet darauf hin, dass derselbe Mörtel für beide Wandteile verwendet wurde, da auffällig feinkörnige schwarze Zuschlagsstoffe enthalten sind. Dies deutet auf eine Errichtung zum selben Zeitpunkt hin. Die Leibungen der Luke unmittelbar angrenzend sind deutlich im Verbund verbaut. Über dem Sturz der Luke ist das Mauerwerk verputzt bzw. sind Mörtellagen so aufgebracht, dass die Fuge nicht eindeutig erkennbar ist, ob die Luke ursprünglich höher war, kann daher nicht festgestellt werden. Die Ausführung der Leibung deutet jedenfalls auch auf eine Errichtung in den 60er Jahren hin.“ Der Beschwerdeführer konnte keine weiteren Anhaltspunkte für seine Annahme nennen. Auf Grundlage der schlüssigen und nachvollziehbaren gutachtlichen Ausführungen des bautechnischen Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung am 06.10.2020 (die sich im Übrigen auch mit der bautechnischen Beurteilung im Bauverfahren decken) ist abgesichert davon auszugehen, dass auch die ostseitige Wand des Nebengebäudes mit der Fensterluke vor 1969 errichtet worden ist.
5.4. Der vom Beschwerdeführer weiters betonte Umstand, „dass seinerzeit das Mauerwerk des alten Stallgebäudes wesentlich mehr war als das, was jetzt übrig ist und somit mehr Mauerwerk abgebrochen wurde, als jetzt noch besteht“, ist unstrittig, weshalb sich dazu eine weitere Beweiswürdigung erübrigt. Gleiches gilt sinngemäß für die Feststellungen zum Grenzverlauf, zur Lage und zum Abstand des Gebäudes zur Nachbargrenze, die sich auf die Aktenlage stützen können; vom Beschwerdeführer wurde dazu kein konkretes gegenteiliges Vorbringen auf gleicher fachlicher Ebene erstattet.
5.5. Die Feststellungen zum Gebäude am Grundstück Nr. *** und zum Abstand des Gebäudes zur Nachbargrenze von mehr als 7 m gründen sich auf die Aktenlage und die Planunterlagen (vgl. 1.3.). Die Behauptung des Beschwerdeführers, „in Wirklichkeit liege keinesfalls in Grenzabstand von 3 m vor“ erfolgte wider besseren Wissens; die Behauptung wurde in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr aufrechterhalten.
6. Rechtliche Beurteilung
6.1. Zum verfahrensrechtlichen Einwand unzureichender Einreichunterlagen ist festzuhalten, dass die dem Bauverfahren zugrundeliegenden Planunterlagen von ihrem Informationsgehalt ausreichen, um den Beschwerdeführer die Verfolgung seiner subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte zu ermöglichen. In den Planunterlagen (Einreichplan mit Lageplan, Ansichten und Schnitte unter Angabe des jeweiligen Maßstabes) sind die Nachbargrenze und die für die Bestimmung der Abstände wesentliche Lage der verfahrensgegenständlichen Gebäude in Bezug auf die Liegenschaft des Beschwerdeführers dargestellt. Der Beschwerdeführer hat auch keine konkreten Informationsmängel benannt, die ihn an der Durchsetzung seiner subjektiv öffentlichen Nachbarrechte gehindert hätten. Abseits ihres Mitspracherechtes haben Nachbarn im Bauverfahren keinen Rechtanspruch darauf, dass der Baubehörde Planunterlagen und sonstige erforderliche Belege vollständig und in jeglicher Hinsicht der Rechtslage entsprechend vorgelegt werden.
6.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Stmk. BauG 1995, LGBl. Nr. 59/1995 in der zum Zeitpunkt des Ansuchens geltenden Fassung LGBl. Nr. 29/2014 (im Folgenden Stmk. BauG) lauten auszugsweise wie folgt:
„§ 4
Begriffsbestimmungen
Z 29: „ Gebäude : überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossene Bauwerke“;
Z 45: „ Nachbargrenze : Grenze zwischen Grundstücken verschiedener Eigentümer;“
Z 47: „ Nebengebäude : eingeschossige, ebenerdige, unbewohnbare Bauten von untergeordneter Bedeutung mit einer Geschosshöhe bis 3,0 m, einer Firsthöhe bis 5,0 m und bis zu einer bebauten Fläche von 40 m²;“
Z 48: „ Neubau : Herstellung einer neuen baulichen Anlage, die keinen Zu- oder Umbau darstellt. Ein Neubau liegt auch dann vor, wenn nach Abtragung bestehender baulicher Anlagen alte Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wiederverwendet werden;“
Z 58: „ Umbau : die Umgestaltung des Inneren oder Äußeren einer bestehenden baulichen Anlage, die die äußeren Abmessungen nicht vergrößert oder nur unwesentlich verkleinert, jedoch geeignet ist, die öffentlichen Interessen zu berühren (z. B. Brandschutz, Standsicherheit, äußeres Erscheinungsbild), bei überwiegender Erhaltung der Bausubstanz;“
Z 64: „ Zubau : die Vergrößerung einer bestehenden baulichen Anlage der Höhe, Länge oder Breite nach bis zur Verdoppelung der bisherigen Geschossflächen.“
„§ 13
Abstände
(1) Gebäude sind entweder unmittelbar aneinander zu bauen oder müssen voneinander einen ausreichenden Abstand haben. Werden zwei Gebäude nicht unmittelbar aneinandergebaut, muss ihr Abstand mindestens so viele Meter betragen, wie die Summe der beiderseitigen Geschoßanzahl, vermehrt um 4, ergibt (Gebäudeabstand).
(2) Jede Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrenze errichtet wird, muss von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein, wie die Anzahl der Geschoße, vermehrt um 2, ergibt (Grenzabstand).
(...)
(12) Lässt der Verwendungszweck von baulichen Anlagen eine unzumutbare oder das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Nachbarn erwarten oder ist dies zum Schutz des Ortsbildes erforderlich, hat die Behörde größere Abstände vorzuschreiben.“
(…)“
„§ 40
Rechtmäßiger Bestand
(1) Bestehende bauliche Anlagen und Feuerstätten, für die eine Baubewilligung zum Zeitpunkt ihrer Errichtung erforderlich gewesen ist und diese nicht nachgewiesen werden kann, gelten als rechtmäßig, wenn sie vor dem 1. Jänner 1969 errichtet wurden.
(2) Weiters gelten solche bauliche Anlagen und Feuerstätten als rechtmäßig, die zwischen dem 1. Jänner 1969 und 31. Dezember 1984 errichtet wurden und zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen wären.
(2a) Die Abs. 1 und 2 gelten auch dann, wenn ab dem 1. Jänner 1969 bzw. ab dem 1. Jänner 1985 Veränderungen (z. B. durch Zubauten, Umbauten oder Nutzungsänderungen) an der baulichen Anlage durchgeführt wurden. Erfolgten die Veränderungen zwischen dem 1. Jänner 1969 und 31. Dezember 1984, so hat die Behörde ein Feststellungsverfahren gemäß Abs. 3 durchzuführen. Erfolgten sie hingegen ab dem 1. Jänner 1985, so kann für diese bei Vorliegen der geforderten Voraussetzungen eine nachträgliche Baubewilligung oder Baufreistellung erwirkt werden.
(3)...“
6.3. Die beantragten und von der Baubehörde genehmigten baulichen Veränderungen am Nebengebäude am Grundstück Nr. *** (Änderung der Traufenhöhe, Dachneueindeckung, Toraustausch) basieren auf einem rechtmäßigen Bestand im Sinne des § 40 Abs 1 Stmk. BauG. Es liegt kein Neubau vor. Den rechtlichen Anhaltspunkt dafür bietet schon die Begriffsdefinition in § 4 Z 48, die in Bezug auf bestehende Bausubstanz erst dann von einem „Neubau“ spricht, „wenn nach Abtragung bestehender baulicher Anlagen alte Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wiederverwendet werden.“ Daraus ist der Umkehrschluss zu ziehen, dass nach teilweiser Abtragung von Altbestand (vor 1969 errichtet) unverändert bestehenbleibendes, aufgehendes Mauerwerk, das (getrennt vom abgebrochenen Teil) noch die erforderliche Standsicherheit aufweist, nicht als Neubau, sondern als verbleibender rechtmäßiger Bestand zu beurteilen ist, der für sich genommen einer Umgestaltung im Sinne der Begriffsdefinition des § 4 Z 58: „Umbau“ bzw. Z 64 „Zubau“ zugänglich ist.
6.4. Dies trifft hier auf den nach dem Abbruch bestehen gebliebenen Teil des Stallgebäudes zu; untergegangen ist nur der Baukonsens für den bis auf die Grundmauern abgetragenen Teil des Stalles. Die nach den Abbrucharbeiten 1986 erfolgte Wiederherstellung der Dacheindeckung unter Veränderung der Dachneigung und der Kniestockhöhe ist, wie auch der zwischen 1995 und 2000 erfolgte Ersatz der Flügeltür aus Holz durch ein Rolltor, als Umbau am verbleibenden rechtmäßigen Altbestand zu qualifizieren, für den die Bauwerberin bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine nachträgliche Baubewilligung oder Baufreistellung gemäß § 40 Abs 2a letzter Satz Stmk. BauG erwirken hätte können. Mittlerweile ist die Dacheindeckung aus 1986 im Zuge der Behebung eines Hagelschadens 2014 wieder beseitigt, und gleichzeitig eine Neueideckung des Daches mit Veränderungen in der Unterkonstruktion vorgenommen worden. Der erst 2019 (aus Anlass von Beseitigungsaufträgen) gestellte Bauantrag und die erteilte Baubewilligung beziehen sich somit auf Umbauten im Sinne des § 4 Z 58 Stmk. BauG (keine Vergrößerung der äußeren Abmessungen des verbleibenden Altbestandes bei überwiegenden Erhalt der Bausubstanz), die 1986 bzw. 2014 an einem bis dato unveränderten rechtmäßigen Altbestand vor 1969 vorgenommen worden sind. In diesem Sinne folgt das Landesverwaltungsgericht der Rechtsauffassung der belangten Behörde.
6.5. Der Rechtsansicht des Beschwerdeführers, mit dem Abbruch des größeren Teiles des Stallgebäudes sei der Baukonsens für das gesamte Stallgebäude untergegangen; durch die Neueindeckung des verbleibenden Teiles und die Herabsetzung des Dachstuhles sei ein nie genehmigter Neubau entstanden, der auch keinen Rechtsbestand nach § 40 Abs 2 Stmk. BauG darstellen könne, kann aus den oben dargelegten Überlegungen nicht beigepflichtet werden. In welchem Ausmaß Bausubstanz abgebrochen wird – mehr als die Hälfte oder weniger – ist für Abgrenzung rechtmäßiger Bestand/Neubau nicht maßgeblich. Laufende Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten am Mauerwerk sind als Erhaltungsarbeiten im Sinne des § 39 Abs 1 Stmk. BauG anzusehen, zu der der Eigentümer einer baulichen Anlage verpflichtet ist.
6.6. § 13 Abs 2 Stmk. BauG (Grenzabstand) ist, wie schon der belangten Behörde zutreffend ausgeführt, nicht auf einen rechtmäßigen Bestand vor 1969 anzuwenden. Der in der Natur noch vorhandene Dachüberstand ist, weil nicht projektiert, von der Baubewilligung nicht umfasst; von ihm kann daher auch keine Abstandsverletzung, wie vom Beschwerdeführer vorgebracht (vgl. 2.2.) ausgehen.
6.7. Hinsichtlich des Gebäudes auf dem Grundstück Nr. *** ist die belangte Behörde auf Grundlage der Ergebnisse ihrer Ermittlungen von einem rechtmäßigen Bestand ausgegangen. Der Beschwerdeführer ist gegenteiliger Ansicht, wobei er seine Behauptung, das an diesem Platz befindliche Gebäude sei „seinerzeit“ nahezu zur Gänze weggerissen, umgebaut und neu hergestellt worden, auch nicht näher präzisiert hat. Den Nachbarn als Verfahrenspartei steht zwar ein Recht auf Klärung der Frage zu, ob eine Baubewilligung, die Grundlage für eine beantragte Änderungsbewilligung ist, überhaupt noch aufrecht ist (VwGH 010.8. 2017, Ra 2017/06/0072; 25.09. 2007, 2006/06/0001 zum Stmk. BauG). Allerdings gehen die prozessualen Rechte der Nachbarn nicht weiter, als ihr materiell-rechtlich grundgelegtes Mitspracherecht (VwGH 9.10.2014, 2011/05/0159). Für die Beurteilung der geltend gemachten Abstandsverletzung in Bezug auf das Gebäude am Grundstück Nr. *** ist es (anders als hinsichtlich des Gebäudes am Grundstück Nr. ***) nicht entscheidungswesentlich, ob es sich beim Gebäude um einen rechtmäßigen Bestand oder um einen Neubau handelt, weil selbst bei Vorliegen eines Neubaus der gesetzliche Mindestgrenzabstand von 3 m nicht nur eingehalten, sondern § 13 Abs 2 Stmk. BauG bei einem Grenzabstand von mehr als 7 m übererfüllt wird. Die Forderung des Beschwerdeführers auf Vorschreibung eines größeren Abstandes geht gänzlich an der Sachlage vorbei. Der Verwendungszweck des Nebengebäudes als Geräteschuppen ist mit keiner wie immer gearteten Belästigung oder gar Gesundheitsgefährdung für den Beschwerdeführer verbunden, sodass für die Vorschreibung eines größeren Abstandes von vornherein die Grundvoraussetzung fehlt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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