LVwG Niederösterreich LVwG-AV-1465/001-2019

LVwG NiederösterreichLVwG-AV-1465/001-20193.9.2021

SHG NÖ 2000 §15
SHG NÖ 2000 §64

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.1465.001.2019

 

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Einzelrichter Dr. Becksteiner über die Beschwerde von Frau A, vertreten durch deren Erwachsenenvertreter RA B in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 21.11.2019, ***, betreffend Verpflichtung zur Leistung eines monatlichen Kostenbeitrages in der Höhe von € 360,-- zu der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 22.03.2007, ***, bewilligten Sozialhilfe durch Hilfe bei stationärer Pflege nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

1. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der ab 01.01.2019 monatlich zu leistende Kostenbeitrag mit € 276,60 neu festgelegt. Im Übrigen wird der Beschwerde nicht Folge gegeben.

 

2. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist zulässig.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§§ 15, 64 NÖ Sozialhilfegesetz 2000 – NÖ SHG

§ 4 der Verordnung über die Berücksichtigung von Eigenmitteln, LGBl. 9200/2

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich bekämpften Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Tulln die nunmehrige Beschwerdeführerin verpflichtet, zu der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 22.03.2007, ***, bewilligten Sozialhilfe durch Hilfe bei stationärer Pflege ab 01.01.2019 einen monatlichen Kostenbeitrag in der Höhe von € 360;-- zu leisten.

 

Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die nunmehrige Beschwerdeführerin aus der Vermietung einer Liegenschaft einen monatlichen Mietertrag in der Höhe von € 450,-- erziele. Aufgrund der zitierten gesetzlichen Bestimmung wäre sie verpflichtet, 80 % dieses Ertrages – sohin € 360,-- – als monatlichen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde mit dem Vorbringen, dass der Mieterlös in Höhe von € 450,-- nicht zur Gänze zur Verfügung stünde, da die Beschwerdeführerin monatlich einen Annuitätendienst in der Höhe von € 86,17 sowie Instandhaltungskosten in der Höhe von € 66,-- zu tragen habe. Darüber hinaus sei die Beschwerdeführerin auch Einkommenssteuerpflichtig, sodass sich unter Berücksichtigung eines realistischen Steuersatzes von rund 25 % die Mietzins-einnahme auf eine Größenordnung von rund € 220,-- reduziere. Davon sei die Beschwerdeführerin auch noch verpflichtet, Ansparungen vorzunehmen, sollten Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen im Inneren des Mietobjektes vorzunehmen sein. Beantragt wurde neben der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung die Einholung eines Buchsachverständigengutachtens zum Nachweis des tatsächlich aus der Vermietung lukrierten Nettoeinkommens sowie die Einnahme des Erwachsenenvertreters.

 

Das erkennende Verwaltungsgericht hat am 30.08.2021 eine öffentlich mündliche Verhandlung durchgeführt, in der eine Beweisaufnahme durch Vorbringen des Erwachsenenvertreters der Beschwerdeführerin sowie Einsicht in den gesamten Verwaltungsakt erfolgte.

 

Aufgrund dieser Beweisaufnahme ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

 

Der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 22.03.2007, ***, Sozialhilfe durch Hilfe bei stationärer Pflege bewilligt.

 

Die Beschwerdeführerin ist u.a. Eigentümerin einer Eigentumswohnung im Hause ***, ***, mit einer Nutzfläche von ca. 94 m². Diese Eigentumswohnung wurde mit Mietvertrag vom 04.12.2018 für den Zeitraum ab 01.01.2019 bis 31.12.2028 vermietet. Der Hauptmietzins beträgt monatlich € 450,--.

 

Laut Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 vom 15.01.2021 belief sich der Gesamtbetrag der Einkünfte auf € 35.991,57 (bestehend aus zwei Pensionen in der Gesamthöhe von € 30.590,54 sowie den Einkünften aus der obig erwähnten Vermietung in der Höhe von € 5.401,03). Abzüglich der Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988) im Ausmaß von € 730,-- reduzierte sich das Gesamteinkommen auf € 35.261,57.

 

Die gesamte Einkommensteuer (sowohl für die beiden Pensionen als auch die Einkünfte aus der verfahrensgegenständlichen Vermietung) wurde von der Finanzbehörde mit dem Betrag von € 8.346,67 festgelegt.

 

Dieser Sachverhalt stützt sich auf die unbedenkliche Aktenlage und ist unbestritten.

 

In rechtlicher Hinsicht ist der festgestellte Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

 

Seitens Beschwerdeführerseite wird grundsätzlich die Berechtigung zur Vorschreibung eines Kostenbeitrages nicht bestritten, im Ergebnis richtet sich die Beschwerde jedoch gegen die Höhe der festgelegten Vorschreibung.

 

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin (Berücksichtigung von Annuitätenleistungen sowie Innstandhaltungen und dergleichen) hat im Wesentlichen das Einkommen unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten im Blick. Für die Berücksichtigung der einkommensteuerrechtlichen Seite findet sich nach Ansicht des erkennenden Verwaltungsgerichtes jedoch in den diesbezüglichen Rechtsgrundlagen keine ausreichende Grundlage.

 

Vielmehr ist ein allfälliger Kostenbeitrag nach dem NÖ SHG ebenso wie allfällige Unterstützungsleistungen nach dem NÖ SAG unter dem Gesichtspunkt des Zuflussprinzips zu beurteilen. Schließlich darf nicht übersehen werden, dass die Beschwerdeführerin beispielsweise Instandhaltungskosten sowie Darlehensrück-zahlungen udgl. für die verfahrensgegenständliche Wohnung auch ohne Vermietung zu leisten hätte und wäre es geradezu gleichheitswidrig, im Falle der Vermietung einer Wohnung derartiger Umstände zu berücksichtigen, wobei für den Fall der Nicht-vermietung diese Umstände nicht berücksichtigt werden könnten.

 

Nach Ansicht des erkennenden Verwaltungsgerichtes sind daher grundsätzlich Mieteinnahmen unter dem Gesichtspunkt des Zuflussprinzips zur Gänze zu berücksichtigen, vermindert allerdings um die für diesen Anteil zu entrichtende Einkommensteuer, da um diesen Steuerbetrag tatsächlich dem Vermieter weniger Geldmittel zufließen.

 

Von den Gesamteinkünften betragen die Mieteinnahmen gerundet 15 % sowie das Einkommen aus den beiden Pensionen gesamt rund 85 %.

 

Es erscheint daher dem Prinzip des Zuflussprinzips gerecht werdend, von der gesamt zu entrichtenden Einkommensteuer in der Höhe von € 8.346,67 einen Anteil in Höhe von 15 % für die Mieteinnahmen heranzuziehen. Dies ergibt einen Steueranteil für die Mieteinnahmen für das Kalenderjahr 2019 in der Höhe von € 1.252,00. Wird dieser Betrag von der Jahresmieteinnahme in der Höhe von € 5.401,03 abgezogen, so ergibt sich ein Gesamtjahresnettobetrag von € 4.149,03, umgelegt auf einen Monat beträgt dieser Wert € 345,75.

 

Von diesem Wert ergeben 80 % an Kostenbeitrag den nunmehr vorgeschriebenen Betrag von € 276,60.

 

Die Revision war zuzulassen, da für die verfahrensgegenständliche Berechnung ausreichende Rechtsprechung nicht vorliegt.

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