VwGVG 2014 §31 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.453.001.2020
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch die Richterin Hofrat Dr. Trixner über die Beschwerde des Herrn A, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 27.März 2020, Zl. ***, betreffend eine Absonderungsmaßnahme aufgrund eines Ansteckungsverdachtes mit der Lungenerkrankung 2019-nCov („neuartiges Corona-Virus“, COVID-19), den
B E S C H L U S S:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde wegen sachlicher Unzuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Begründung:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 10. März 2020, ZI. ***, wurde gemäß §§ 1, 6, 7, 43 Abs. 4 Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186/1950 idgF, iVm §§ 1, 2, 4 und 5 Absonderungsverordnung, RGBI Nr. 39/1915 idgF, über den Beschwerdeführer aufgrund seines hohen Infektionsrisikos (Hoch-Risiko-Exposition) mit der Lungenerkrankung 2019-nCoV („neuartiges Corona-Virus“, COVID-19) die ab 09. März 2020 beginnende und bis 16. März 2020 aufrechte Absonderung in seinen Räumlichkeiten bzw. in seiner Wohnung in *** angeordnet und verfügt, dass er sich in diesem Zeitraum ausschließlich in seiner Wohnung aufzuhalten habe. Dieser Bescheid war sofort vollstreckbar.
In ihrer Begründung führte die Behörde zusammengefasst aus, dass der Magistrat der Stadt Wien (MA *** – ***) die Behörde am 09. März 2020 um 14:30 Uhr verständigt habe, dass der Beschwerdeführer zu einem 2019-nCov (COVID-19) Fallpatienten mit einer Hoch-Risiko-Exposition Kontakt gehabt habe. In der Folge seien durch den amtsärztlichen Dienst Befund und Gutachten erstellt worden, aufgrund dessen der dringende Verdacht bestanden habe, dass sich der Beschwerdeführer einer Ansteckung durch 2019-nCOV (COVID‑19) ausgesetzt habe und dieser trotz fehlender Symptome als ansteckungsverdächtig nach den Bestimmungen des Epidemiegesetzes anzusehen gewesen wäre.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 16. März 2020 fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass nicht die Absonderungsmaßnahme an sich, sondern deren Zeitpunkt des Beginns bekämpft werde. Im konkreten Fall sei der Beginn der Absonderung – wie das beiliegende Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom 10. März 2020 zweifelsfrei zeige – mit 06. März 2020 eingetreten, wobei die fernmündliche Absonderung durch den Magistrat der Stadt Wien der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha am 09. März 2020 mitgeteilt worden sei. Aus diesem Grund sei im Bescheid als Beginn der Absonderung das Datum 06. März 2020 anzuführen gewesen. Der Beschwerdeführer habe das Rechtsmittel erhoben, da sich der Anspruch einer Entschädigung nach dem Epidemiegesetz auf die Dauer der Absonderung beziehe und das Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom 10. März 2020 womöglich keine Ansprüche nach dem Epidemiegesetz begründe sowie der bekämpfte Bescheid für den Beschwerdeführer wirtschaftliche Nachteile mit sich gebracht habe. Darüber hinaus sei der Bescheid, mit welchem die Absonderung aufgrund des Infektionsrisikos mit der Lungenkrankheit 2019-nCoV angeordnet worden sei, ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren erlassen worden. Abschließend verwies der Beschwerdeführer auf die Bestimmung des § 43 Abs. 3 Epidemiegesetzes, wonach in sonstigen Fällen dringender Gefahr Erhebungen und Vorkehrungen nach §§ 7-14 leg. cit. auch sofort an Ort und Stelle von den zuständigen, im öffentlichen Sanitätsdienste stehenden Ärzten zu treffen seien sowie auf die Bestimmung § 43 Abs. 5 Epidemiegesetz, wonach bei Kenntnis einer bundesländerübergreifenden Erkrankung die Landeshauptmänner zur Zusammenarbeit aufgerufen seien und ihre Tätigkeiten zu koordinieren haben.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 27. März 2020, ZI. ***, wurde der Vorstellung gegen den Bescheid vom 10. März 2020 keine Folge gegeben und dieser bestätigt, sodass die Absonderungsmaßnahmen mit Wirkung vom 09. März 2020 bis einschließlich 16. März 2020 aufrecht blieben.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer rechtzeitig mit E-Mail vom 22. April 2020 Beschwerde erhoben und Folgendes vorgebracht:
„Gegen den Bescheid der BH Bruck an der Leitha vom 10.3.2020,
Zahl ***, sowie gegen den Spruch vom 27.3.2020 erhebe ich innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der
BESCHWERDE
und begründe diese wie folgt:
Im Bescheid sowie im diesen Spruch bestätigenden Schreiben vom 27.3.2020 wurde meine Absonderung auf Grund eines hohen Infektionsrisikos mit der Lungenkrankheit 2019-nCoV mit Beginn 9.3.2020 festgeschrieben. Der Bescheid wurde ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren erlassen.
Der Beginn der Absonderung ist – wie sich aus dem Schreiben der MA *** der Stadt Wien vom 10.3.2020 zweifelsfrei ergibt – mit 6.3.2020 eingetreten und diese wurde auch fernmündlich der do. BH durch die MA *** am 9.3.2020 mitgeteilt. Es wäre daher richtiger Weise durch die do. BH der 6.3.2020 im Bescheid anzuführen gewesen, da dieser Tag auch ohne Ermittlungsverfahren zweifelsfrei festzustellen war bzw. gewesen wäre.
Nachdem sich alle meine Ansprüche aus meiner selbstständigen Tätigkeit nach der Dauer der Absonderung richten, bin ich daher gezwungen, den Bescheid zu bekämpfen, da das beiliegende Schreiben der MA *** womöglich keine Rechtsfolgen nach dem Epidemiegesetz 1950 auslöst und mich daher der Bescheid wirtschaftlich schädigt.
Ich halte fest, dass der im Bescheid genannte Beginn der Absonderung nicht mit der Wirklichkeit in Einklang zu bringen ist und der Bescheid somit in seinem Spruch unrichtig ist. Die Behörde beruft sich darauf, dass der Bescheid wegen der Dringlichkeit ohne Ermittlungsverfahren erlassen wurde. Es mag schon sein, dass
ein solches auch nicht notwendig gewesen ist, denn die Behörde wurde von einer gleichrangigen Institution eines anderen Bundeslandes ausreichend über den Sachverhalt informiert und die Behörde war vom ersten Moment an in Kenntnis, dass die Absonderung meiner Person bereits am 6.3.2020 stattgefunden hat. Die Behörde konnte auch darauf vertrauen, dass ein Oberarzt und Landesbediensteter der Stadt *** den Anordnungen der Wiener Behörde Folge leistet und die Quarantäne einhält. Es wäre aus diesem Blickwinkel gesehen aber auch gar keine Dringlichkeit gegeben gewesen und die Behörde hätte durchaus auch ein ordentliches Ermittlungsverfahren durchführen können.
Die Weigerung der BH Bruck/Leitha die Quarantänezeit richtig festzuhalten ist unverständlich und verstößt gegen die Rechtsordnung. Insbesondere die Begründung des Spruches vom 27.3.2020 ist zu bekämpfen, denn einerseits wird im Sachverhalt eine Absonderung ab 6.3.2020 festgehalten, andererseits aber beruft sie sich darauf, dass sie nicht behördliche Maßnahmen rückwirkend verfügen kann, von denen sie noch gar keine Kenntnis hatte. Hier verkennt die Behörde leider die einschlägigen Bestimmungen des Epidemiegesetzes, die eben die BH des Hauptwohnsitzes der betroffenen Person als zuständig für die Bescheiderlassung anordnet, aber auch allen anderen gleichrangigen Behörden die Möglichkeit einräumt, Verfügungen im Sinne des Gesetzes zu treffen. Die Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, die Anordnungen eines anderen Bundeslandes in den Bescheid einfließen zu lassen, um nicht einen betroffenen Bürger wissentlich zu schädigen. Spätestens nach Erhebung meiner Vorstellung und des schriftlich vorliegenden Sachverhaltes durch die Wiener Behörde, hätte die BH den Spruch des Bescheides richtigstellen müssen.
Die Behörde beruft sich in der Begründung vom 27.3.2020 auch darauf, dass es keine rechtliche Möglichkeit der Rückdatierung eines Bescheides gibt. Auch hier irrt die Behörde, denn niemand will eine Rückdatierung eines Bescheides sondern ich will nur, dass behördlich mich treffende Auflagen in einem Bescheid richtig festgehalten werden und dass es nicht zum Schaden eines Bürgers kommen kann, nur weil dieser in *** arbeitet und in Niederösterreich seinen Hauptwohnsitz hat.
Ich will mich auch nicht auf die Diskussion darüber einlassen, ob eine Ermittlungsverfahren durchgeführt werden hätte müssen oder die Behörde berechtigt war, den Bescheid ohne ein solches wegen Gefahr in Verzug zu erlassen. Tatsache ist, dass ich als betroffene Person ein Oberarzt eines *** Spitals bin und
somit entsprechende Fachkenntnisse vorausgesetzt werden können. Tatsache war auch, dass ich bereits seit Tagen in Quarantäne war – auch dies war der BH Bruck/Leitha bekannt - und daher jedwede Annahme von Gefahr in Verzug aus der Luft gegriffen ist.
Ich beantrage daher nach wie vor wie in der Vorstellung ausgeführt und überdies auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem dortigen Verwaltungsgericht.
Ich verweise insbesondere auch auf meine bisherigen Eingaben samt Beilagen zu der oben genannten Aktenzahl und stütze meine Ansprüche auf alle nur erdenklichen Rechtsgrundlagen, auch wenn diese in dieser Beschwerde nicht extra angeführt wurden. Den Einzahlungsbeleg für die Gebühr der Beschwerde lege ich bei“.
Die Behörde legte die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 23. April 2020 dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vor. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde ausdrücklich verzichtet.
Das erkennende Gericht hat den Akt zuständigkeitshalber ohne unnötigen Aufschub zur Überprüfung der Zulässigkeit und Aufhebung der Freiheitsbeschränkung an das Bezirksgericht *** übermittelt.
Das Bezirksgericht *** hat sich mit der Begründung, dass im gegenständlichen Fall mit dem Rechtsmittel nicht die Absonderung an sich, sondern nur deren Dauer bekämpft werde, für unzuständig erachtet und den Akt gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG Akt an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich rückübermittelt.
In rechtlicher Hinsicht wurde hierüber erwogen:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) lauten auszugsweise wie folgt:
§ 28 Erkenntnisse
(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
[…]
§ 31 Beschlüsse
(1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
[…]
Die maßgebliche Bestimmung des Epidemiegesetzes 1950, BGBl Nr. 186/1950, idF BGBl I Nr. 63/2016 lautet wie folgt:
§ 7 Absonderung Kranker
[…]
(1a) Zur Verhütung der Weiterverbreitung einer in einer Verordnung nach Abs. 1 angeführten anzeigepflichtigen Krankheit können kranke, krankheitsverdächtige oder ansteckungsverdächtige Personen angehalten oder im Verkehr mit der Außenwelt beschränkt werden, sofern nach der Art der Krankheit und des Verhaltens des Betroffenen eine ernstliche und erhebliche Gefahr für die Gesundheit anderer Personen besteht, die nicht durch gelindere Maßnahmen beseitigt werden kann. Die angehaltene Person kann bei dem Bezirksgericht, in dessen Sprengel der Anhaltungsort liegt, die Überprüfung der Zulässigkeit und Aufhebung der Freiheitsbeschränkung nach Maßgabe des 2. Abschnitts des Tuberkulosegesetzes beantragen. Jede Anhaltung ist dem Bezirksgericht von der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen, die sie verfügt hat. Das Bezirksgericht hat von Amts wegen in längstens dreimonatigen Abständen ab der Anhaltung oder der letzten Überprüfung die Zulässigkeit der Anhaltung in sinngemäßer Anwendung des § 17 des Tuberkulosegesetzes zu überprüfen, sofern die Anhaltung nicht vorher aufgehoben wurde.
[…]
Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich:
Durch die Novellierung des Epidemiegesetzes im Jahr 2016 wurde die Entscheidung über die Überprüfung der Zulässigkeit und Aufhebung der freiheitsbeschränkenden Absonderungsmaßnahmen durch die Bezirksgerichte, in deren Sprengel der Anhaltungsort liegt, eingeführt (§ 7 Abs. 1a Epidemiegesetz 1950).
In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend § 7 Abs. 1 und 1a Epidemiegesetz 1950 (RV zu BGBl I Nr. 63/2016) wurde ausgeführt, dass nach dem Vorbild des Tuberkulosegesetzes und den aktuellen verfassungsrechtlichen Vorgaben folgend auch im Epidemiegesetz das Rechtsschutzinstrumentarium für freiheitsbeschränkende Maßnahmen den menschenrechtlichen Standards entsprechend ausgestaltet wurde. Kranken, krankheitsverdächtigen oder ansteckungsverdächtigen Personen, denen gegenüber eine freiheitsbeschränkende Maßnahme (Absonderung in der Wohnung oder einer entsprechenden Krankenanstalt) verfügt wurde, steht aus diesem Grund die Möglichkeit einer Überprüfung dieser Maßnahme durch das Gericht zu. Die freiheitsbeschränkende Maßnahme kann dabei je nach Sachlage, insbesondere der Dringlichkeit der Maßnahme, entweder durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (auch unter Assistenz der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vgl. § 28a leg. cit.) oder durch Bescheid erfolgen. Hinsichtlich des vorgesehenen gerichtlichen Überprüfungsverfahrens ist sinngemäß der Zweite Abschnitt des Tuberkulosegesetzes anwendbar.
Aus den Erläuterungen ergibt sich eindeutig, dass kranken, krankheitsverdächtigen oder ansteckungsverdächtigen Personen, welchen gegenüber eine freiheitsbeschränkende Maßnahme in Form einer Absonderung verfügt wurde, die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung dieser Maßnahme offensteht. Die Überprüfung der Freiheitsbeschränkung durch das Bezirksgericht, in dessen Sprengel der Anhaltungsort liegt, steht daher nicht nur – dem Gesetzeswortlaut entsprechend – angehaltenen Personen offen, sondern können auch jene Personen, die im Verkehr mit der Außenwelt durch Absonderungsmaßnahmen beschränkt wurden, die Überprüfung durch das Bezirksgericht beantragen.
Darüber hinaus entspricht es nicht dem Willen des Gesetzgebers, dass die Entscheidung betreffend die Überprüfung der Zulässigkeit der Absonderung an sich, dem (nach dem Anhalteort örtlich zuständigen) Bezirksgericht obliege, hingegen das (entsprechende örtlich zuständige) Landesverwaltungsgericht über die Dauer der Absonderungsmaßnahme zu entscheiden habe. Die Auffassung einer derartigen Zuständigkeitsaufteilung zwischen den Landesverwaltungsgerichten und den Bezirksgerichten betreffend die Überprüfung von Freiheitsbeschränkungen nach dem Epidemiegesetz ist schon im Hinblick auf den Wortlaut der Bestimmung § 7 Abs. 1a Epidemiegesetz verfehlt, wonach die angehaltene Person „bei dem Bezirksgericht, in dessen Sprengel der Anhaltungsort liegt, die Überprüfung der Zulässigkeit und Aufhebung der Freiheitsbeschränkung nach Maßgabe des 2. Abschnittes des Tuberkulosegesetzes beantragen“ kann. Die Entscheidung durch das Bezirksgericht umfasst daher auch die Dauer der Absonderungsmaßnahme. Darüber hinaus würde diese Zuständigkeitsaufteilung zu einem Nachteil für Rechtsunterworfene führen sowie eine Unsicherheit seitens der Rechtsunterworfenen mit sich bringen, da gegen einen Bescheid, mit welchem die Absonderung angeordnet wurde, sowohl ein Rechtsmittel an das örtlich zuständige Bezirksgericht, als auch an das örtlich zuständige Landesverwaltungsgericht erhoben werden müsste. Letztlich würde ein derartiger Rechtszug auch dem Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung vor den Verwaltungsgerichten widersprechen.
Im vorliegenden Fall wurde mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 23. April 2020 die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vorgelegt.
Da der Beschwerdeführer als angehaltene Person beim Bezirksgericht, in dessen Sprengel der Anhaltungsort liegt, die Überprüfung der Zulässigkeit und Aufhebung der Freiheitsbeschränkung beantragen kann und der Rechtsweg gegen Bescheide der Behörde, mit welchen Absonderungsmaßnahmen angeordnet wurden, an das Landesverwaltungsgerichtes durch die Novelle 2016 nicht mehr vorgesehen ist, sondern stattdessen durch die Bestimmung § 7 Abs. 1a Epidemiegesetz 1950 die Überprüfung der Zulässigkeit und Aufhebung der Freiheitsbeschränkung durch das Bezirksgericht, in dessen Sprengel der Anhaltungsort liegt, eingeführt wurde, erachtet sich das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich im gegenständlichen Fall für unzuständig, weshalb unter Berücksichtigung der oben wiedergegebenen Sach- und Rechtslage spruchgemäß zu entscheiden war.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im konkreten Fall unterbleiben, da bereits die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstanden.
Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich geht von der Zulässigkeit der Revision aus, weil betreffend die Frage der sachlichen Zuständigkeit bei der Überprüfung der Zulässigkeit und Aufhebung der Absonderungsmaßnahmen nach dem Epidemiegesetz 1950 noch keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ersichtlich ist. Dies rechtfertigt nach Auffassung des erkennenden Gerichtes die Einschätzung, dass im gegenständlichen Fall eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
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