BauO NÖ 2014 §14
BauO NÖ 2014 §35
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.213.001.2018
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr über die Beschwerde des Herrn A und der Frau B, beide ***, ***, vertreten durch C Rechtsanwälte OG in ***, vom 6. Februar 2018 gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems an der Donau vom 13. Dezember 2017, Zahl ***, soweit damit eine Berufung gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Krems an der Donau vom 1. April 2016, Zahl ***, betreffend die Erteilung eines Auftrages zum Abbruch mehrerer konsensloser Baulichkeiten (Lagerbereich, Lagerhalle, Flugdach Lagerboxen, Verbindungs- bzw. Quertrakt) auf Liegenschaft ***, bestehend aus den Grundstücken Nr. ***, ***, ***, *** und ***, allesamt KG ***, abgewiesen wurde, und soweit damit der Auftrag zum Abbruch des asphaltierten Lagerplatzes erteilt wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:
1. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Anordnung des Abbruches des „asphaltierten Lagerplatzes“ stattgegeben und der angefochtene Bescheid in diesem Umfang ersatzlos behoben.
2. Im Übrigen, hinsichtlich des erteilten Abbruchauftrages für die im angefochtenen Bescheid näher bezeichneten Baulichkeiten a) bis e), wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die Frist für die Durchführung des Abbruches wird mit 15 Monaten ab Zustellung dieses Erkenntnisses festgesetzt.
3. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 28 Abs. 2 Z. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Entscheidungsgründe:
1. Sachverhalt und bisheriges Verfahren:
Herr A und Frau B (in der Folge: Beschwerdeführer) sind je zur Hälfte grundbücherliche Eigentümer der Liegenschaft ***, welche sich aus den Grundstücken Nr. ***, ***, ***, *** und ***, allesamt KG *** zusammensetzt. Auf diesen Grundstücken wurden ein Lagerbereich, bestehend aus dem südlichsten Bauteil der Lagerboxen (a), dem nördlichen Teil der östlichen Lagerboxen (b), einer Lagerhalle (c), einem Flugdach in seiner Gesamtheit (d) sowie der nördlichsten Koje der östlichen und ein Verbindungs- bzw. Quertrakt (e) ohne baubehördliche Bewilligung errichtet. Die Beschwerdeführer hatten die Liegenschaft samt den darauf befindlichen und gegenständlichen Baulichkeiten im Jahr 2001 aus einer Konkursmasse erworben.
Mit Bescheid des Magistrats der Statutarstadt Krems an der Donau als Baubehörde erster Instanz vom 1. April 2016, Zl. ***, wurde den Beschwerdeführern der baupolizeiliche Auftrag erteilt, die auf deren Liegenschaft *** in der KG *** konsenslos errichteten Baulichkeiten binnen vier Monaten ab Rechtskraft des Bescheides abzubrechen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass im Rahmen der Überprüfung von konsenslosen Bauten im Brunnenschutzgebiet der KG *** festgestellt worden sei, dass sich in diesem die bescheidgegenständlichen und oben angeführten Baulichkeiten befänden. Die örtliche Anordnung und die Ausmaße dieser Baulichkeiten seien im Zuge eines Lokalaugenscheins am 11. Dezember 2015 gemeinsam mit dem Grundstückseigentümer festgestellt worden und werde deren Bestand an sich auch nicht bestritten. In den historischen Bauakten lägen keine Baubewilligungen für die zuvor angeführten baulichen Anlagen auf und seien auch von den Beschwerdeführern keine Bewilligungen vorgelegt worden, sodass der Abbruch anzuordnen sei.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer am 29. April 2016 fristgerecht Berufung. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, die Baubehörde sei beweispflichtig, dass keine Baubewilligung betreffend die gegenständlichen Baulichkeiten vorliege. Insbesondere werde darauf hingewiesen, dass die Behörde einen entsprechenden Antrag aus dem Jahr 1972 nie negativ erledigt habe. Selbst wenn davon auszugehen sei, dass die Bewilligung nicht erteilt worden sei, handle es sich lediglich um anzeigepflichtige Bauvorhaben im Sinne des § 94 NÖ Bauordnung 1969 und sei die Ausführung von der Behörde nicht binnen der gesetzlichen Frist untersagt worden. Daher liege mangels negativen Bescheides nach Anzeige der Bauvorhaben eine entschiedene Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 vor. Betreffend das Verfahren hätte die Behörde den Abbruchauftrag nicht ausreichend bestimmt und sei der Bescheid zudem unvollständig, da der in der Verhandlung erstellte Lageplan nicht angeschlossen worden sei. Der Begründung könne keine genaue Bezeichnung der Lagerungen und deren Zuordnung zu den einzelnen betroffenen Grundstücken entnommen werden. Im Übrigen könne der Abbruchbescheid auch nicht vollstreckt werden, da das Bauverfahren aus 1972 noch immer anhängig sei. Nicht zuletzt sei ein vermuteter Baukonsens anzunehmen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Stadtsenates der Statutarstadt Krems an der Donau als Baubehörde zweiter Instanz vom 13.12.2017, Zl. ***, wurde der Berufung gegen den Bescheid vom 1. April 2016 insoweit Folge gegeben, als sämtliche vorgeschriebenen Auflagen sowie der Spruchpunkt betreffend die Sanierung eines Baugebrechens ersatzlos aufgehoben wurden. Im Übrigen wurde die getroffene Anordnung zum Abbruch der konsenslosen Baulichkeiten a) bis e) vollinhaltlich bestätigt und um die Anordnung des Abbruchs des „asphaltierten Lagerplatzes“ bei gleicher Frist von vier Monaten ab Rechtskraft des Bescheides ergänzt.
Begründend führte die Behörde aus, dass in der Verhandlung durch den Beschwerdeführer selbst der Bestandsplan verfasst und in der Verhandlungsschrift vom 11. Dezember 2015 auf Seite 6 festgehalten worden sei, dass für die Berufungswerber die Zuordenbarkeit der Objekte in der Natur zu den in der Niederschrift beschriebenen und in der Planunterlage referenzierten klar ersichtlich sei, weshalb nun das Vorbringen, man wisse nicht, auf welche Gebäudeteile sich die literae a) bis e) bezögen, nicht nachvollzogen werden könne. Zur Behauptung eines vermuteten Konsenses werde entgegnet, dass nach Rsp. des VwGH ein vermuteter Konsens nicht auch aus dem Umstand angenommen werden könne, dass ein Einschreiten der Baubehörde wegen Konsenslosigkeit bislang nicht erfolgt sei. Dies sei vielmehr damit zu erklären, dass man sich in den zwischenzeitlich abgeführten Verfahren jeweils nur auf den verfahrensgegenständlichen Liegenschaftsanteil konzentriert habe. Voraussetzung für einen Abbruchauftrag sei lediglich das Nichtvorliegen einer benötigten Baubewilligung, ein anhängiger Bewilligungsantrag sei für die Verfügung des Abbruches nicht zu berücksichtigen.
2. Zum Beschwerdevorbringen:
Gegen diesen Bescheid des Stadtsenates der Statutarstadt Krems an der Donau vom 13. Dezember 2017 richtet sich die Beschwerde des Herrn A und der Frau B vom 6. Februar 2018, fristgerecht eingebracht durch deren ausgewiesene Rechtsvertretung.
Bekämpft wurde der Bescheid in jenem Umfang, in dem der Berufung nicht stattgegeben wurde, somit hinsichtlich der Abbruchaufträge für die konsenslos errichteten Baulichkeiten sowie hinsichtlich des erstmals von der Berufungsbehörde erteilten Abbruchauftrages für den asphaltierten Lagerplatz.
Im Wesentlichen wurde auf das Berufungsvorbringen verwiesen und ergänzend vorgebracht, dass die Beschwerdeführer im guten Glauben davon ausgehen hätten können, dass die Bewilligung vorliege, da sie nicht damit rechnen mussten, dass die Behörde entgegen der gesetzlichen Bestimmungen über 40 Jahre untätig geblieben sei. Die belangte Behörde habe überdies mit der Erweiterung des Spruchs über den durch den Spruch des Bescheides der Baubehörde erster Instanz abgesteckten Verfahrensgegenstand hinaus entschieden. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH habe dies die Unzuständigkeit der Berufungsinstanz im Hinblick auf die gegenständliche Erweiterung des Spruchpunktes zur Folge.
3. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
3.1. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG:
§ 28 (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2. NÖ Bauordnung 2014:
§ 4 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes gelten als
…
6. bauliche Anlagen: alle Bauwerke, die nicht Gebäude sind;
7. Bauwerk: ein Objekt, dessen fachgerechte Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert und das mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist;
…
15. Gebäude: ein oberirdisches Bauwerk mit einem Dach und wenigstens 2 Wänden, welches von Menschen betreten werden kann und dazu bestimmt ist, Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen, wobei alle statisch miteinander verbundenen Bauteile als ein Gebäude gelten;
§ 14 Bewilligungspflichtige Bauvorhaben
Nachstehende Bauvorhaben bedürfen einer Baubewilligung:
1. Neu- und Zubauten von Gebäuden;
2. die Errichtung von baulichen Anlagen;
…
§ 35 Sicherungsmaßnahmen und Abbruchauftrag
(1) Die Baubehörde hat alle Sicherungsmaßnahmen, die zum Schutz von Personen und Sachen erforderlich sind, insbesondere die Untersagung der Nutzung sowie die Räumung von Gebäuden oder Teilen davon anzuordnen.
(2) Die Baubehörde hat den Abbruch eines Bauwerks ungeachtet eines anhängigen Antrages nach § 14 oder einer anhängigen Anzeige nach § 15 anzuordnen, wenn
…
2. für das Bauwerk keine Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) vorliegt.
Für andere Vorhaben gilt Z 2 sinngemäß.
…
4. Feststellungen:
Vom Abbruch betroffen sind folgende Gebäude (Bezeichnung wie im Bescheid des Magistrates): a) Lagerbereich, teilweise auf Grundstück ***, teilweise auf Grundstück ***, im Bauland Agrar b) drei Lagerboxen, teilweise auf Grundstück ***, teilweise auf Grundstück ***, teilweise Bauland Agrar, teilweise Grünland-Kleingarten c) „***“, auf Grundstück *** (früher ***), teilweise Bauland Agrar, teilweise Grünland-Kleingarten d) überdachte Lagerplätze (Flugdach), teilweise Grundstück ***, teilweise Grundstück ***, teilweise Bauland Agrargebiet, teilweise Grünland-Kleingarten e) Lagerhalle, auf Grundstück ***, im Grünland-Kleingarten
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und der am 18. Juni 2018 durchgeführten mündlichen Verhandlung steht unzweifelhaft fest, dass für diese, auf dem vom Beschwerdeführer A erstellten und in der Verhandlung der erstinstanzlichen Baubehörde am 11. Dezember 2015 konkretisierten Bestandsplan mit den literae a) bis e) bezeichneten und damit eindeutig bestimmten Baulichkeiten auf der Liegenschaft ***, bestehend aus den Grundstücken Nr. ***, ***, ***, *** und ***, allesamt KG ***, keine Baubewilligungen im Sinne der NÖ Bauordnung vorliegen.
Der Beschwerdeführer hat in der Verhandlung der erstinstanzlichen Behörde am 11. Dezember 2015 auch ausdrücklich bestätigt, dass die hinzugefügte Bezeichnung auf dem von ihm beigebrachten Bestandsplan eindeutig und nachvollziehbar ist.
Die Errichtung dieser Gebäude ist jedenfalls dokumentiert vor 1976. Schriftliche Bewilligungsbescheide zu diesen Gebäuden konnten bisher nicht aufgefunden werden.
5. Beweiswürdigung:
Aufgrund der unbestrittenen Aktenlage und der Tatsache, dass auch während des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht keine Baubewilligungen für die betreffenden Baulichkeiten vorgelegt wurden, steht fest, dass diese konsenslos errichtet wurden.
Bei objektiver Betrachtung der verfahrensgegenständlichen Baulichkeiten mit besonderem Augenmerk auf deren Abmessungen, liegt es auf der Hand, dass es für deren Errichtung wesentlicher bautechnischer Kenntnisse bedarf, insbesondere hinsichtlich der Statik, um diese stand-, sturm- und kippsicher errichten zu können. Daraus wiederum ist unzweifelhaft abzuleiten, dass entgegen des Vorbringens der Beschwerdeführer von diesen Bauten naturgemäß eine Gefahr für Personen oder Sachen ausgehen kann, weshalb die Baulichkeiten auch aus diesem Grund nicht bloß anzeigepflichtig sein können.
Die Beschwerdeführer haben in der Bauverhandlung am 11. Dezember 2015 sowie in der Beschwerdeverhandlung zu Protokoll gegeben, dass die Bezeichnungen auf dem Bestandsplan eindeutig zuordenbar und nachvollziehbar seien.
6. Rechtliche Erwägungen:
Hinsichtlich eines vermuteten Baukonsenses wird auf die ständige Rechtsprechung des VwGH verwiesen, wonach die Vermutung des rechtmäßigen Bestandes einer Baulichkeit nur dann Platz greifen soll, wenn der Zeitpunkt der Erbauung derselben offensichtlich so weit zurückliegt, dass, von besonders gelagerten Einzelfällen abgesehen, auch bei ordnungsgemäß geführten Archiven die Wahrscheinlichkeit, noch entsprechende Unterlagen auffinden zu können, erfahrungsgemäß nicht mehr besteht (vgl. VwGH 2001/05/0835; 89/06/0076).
Nach der Aktenlage ist nicht davon auszugehen, dass der gegenständliche Fall ein besonders gelagerter Einzelfall ist, zumal der Errichtungszeitpunkt noch nicht so weit zurückliegt, als dass nicht auf ordnungsgemäß geführte Archive zurückgegriffen werden könnte.
Das Vorliegen eines konsensgemäßen Zustandes kann zudem nur vermutet werden, wenn keine Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme vorliegen. Die Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit der so genannten "alten" Bestände kommt einem Bauzustand, der auch nach der zur Zeit seiner Herstellung geltenden Bauordnung gesetzwidrig war, nicht zustatten, weil nicht angenommen werden kann, dass die Baubehörde die gesetzwidrige Herstellung bewilligt hätte. In einem solchen Fall müsste vielmehr von der Partei, die den Konsens behauptet, der Nachweis erbracht werden, dass dieser tatsächlich erteilt worden ist (vgl. VwGH 2001/05/0835).
Da der erforderliche Nachweis von den Beschwerdeführern im Verfahren nicht erbracht wurde, kann vom Vorliegen eines vermuteten Konsenses nicht ausgegangen werden, zumal nach der Aktenlage auch die vorgelegten Flächenwidmungspläne gegen eine Bewilligungsfähigkeit sprechen.
Nicht zu prüfen ist im gegenständlichen Verfahren nach § 35 Abs. 1 Z. 2 NÖ Bauordnung 2014 die Bewilligungsfähigkeit der Bauwerke, wofür auf die Judikatur des VwGH verwiesen werden kann (VwGH Ra2015/05/0045).
Nach den Gesetzesmaterialien zu § 35 Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014 wurde in § 35 Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014 die bisherige Regelung des § 35 Abs. 2 Z. 3 NÖ Bauordnung 1996 mit der Maßgabe übernommen, dass die Baubehörde sofort einen Abbruchauftrag zu erlassen hat, sodass für die Baubehörde nunmehr eine Überprüfung, ob für das konsenslos errichtete Bauwerk eine nachträgliche Baubewilligung bzw. nachträgliche Anzeige möglich ist, ob es an sich zulässig ist, nicht mehr erforderlich ist. Ob das Bauwerk bei Erlassung des Abbruchauftrages konsensfähig war, ist daher nicht (mehr) zu prüfen.
Die Konsensfähigkeit des Bauwerks ist dementsprechend nicht Gegenstand des Abbruchverfahrens, diese wäre ausschließlich im Verfahren zur Erlangung des erforderlichen Konsenses, d.h. in einem Anzeige- bzw. Bewilligungsverfahren, zu prüfen. Ob die verfahrensgegenständlichen Baulichkeiten daher überhaupt errichtet werden durften, ob sie dem Flächenwidmungsplan entsprechen oder nicht, ist im Abbruchverfahren nicht zu prüfen, sondern einzig und allein, ob ein allenfalls erforderlicher Baukonsens vorliegt oder nicht. Die Erlassung eines baupolizeilichen Beseitigungsauftrages ist auch dann zulässig, wenn das Gebäude jahrelang unbeanstandet existierte (VwGH 87/05/0199).
Wie festgestellt, liegen für die verfahrensgegenständlichen Baulichkeiten keine Baubewilligungen vor und sind dieser daher konsenslos errichtet worden, weshalb die Baubehörde einen Abbruchauftrag zu erteilen hatte.
Gemäß § 35 Abs. 2 Z. 2 NÖ Bauordnung 2014 hat die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerkes ungeachtet eines anhängigen Antrages anzuordnen, wenn für das Bauwerk keine Baubewilligung vorliegt. Da im gegenständlichen Verfahren für sämtliche Baulichkeiten keine Baubewilligungen vorliegen, hatte die Behörde den Abbruch anzuordnen. Für eine Ermessensentscheidung bzw. die Abwägung öffentlicher und persönlicher Interessen lässt der Gesetzeswortlaut hier keinen Spielraum.
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass ein Abbruchauftrag auch während eines anhängigen Baubewilligungsverfahrens erteilt, jedoch nicht vollstreckt werden kann.
Wenn die Beschwerdeführer vorbringen, durch die Nichterledigung des Baubewilligungsantrages aus dem Jahr 1972 und damit die überlange Verfahrensdauer geschädigt zu sein, so sind sie einerseits mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg zu verweisen, andererseits könnte – gegebenfalls – die Anhängigkeit eines solchen Verfahrens die Vollstreckbarkeit eines diesbezüglichen Abbruchauftrages ausschließen.
Sämtliche verfahrensgegenständlichen Baulichkeiten sind konsenslos errichtet worden, da diese sowohl zum heutigen, als auch im Zeitpunkt ihrer Errichtung aufgrund ihrer Beschaffenheit und ihres Ausmaßes der Grundfläche bewilligungspflichtig waren und die entsprechenden Bewilligungen nicht vorliegen.
Die Anordnung des Abbruches der, im Spruch mit lit a) bis e) bezeichneten, gegenständlichen Objekte gemäß § 35 Abs. 2 Z. 2 NÖ Bauordnung 2014 erfolgte daher zu Recht und war spruchgemäß (Spruchpunkt 2.) zu bestätigen.
Hingegen erfolgte die erstmalige Anordnung des Abbruches des „asphaltierten Lagerplatzes“ im angefochtenen Berufungsbescheid aufgrund Überschreitung des Verfahrensgegenstandes nicht zu Recht. Da der Auftrag zum Abbruch des Lagerplatzes nicht Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung war, war es der Berufungsbehörde verwehrt, an Stelle der zuständigen Behörde erster Instanz erstmals diesen Auftrag - unter Verkürzung des Instanzenzuges – zu erteilen. Die belangte Behörde - der in diesem Verfahren lediglich die Funktion der Berufungsbehörde zukommt - war daher diesbezüglich funktionell unzuständig. Daraus folgt, dass der angefochtene Bescheid hinsichtlich des Auftrages zum Abbruch des Lagerplatzes spruchgemäß (Spruchpunkt 1.) wegen funktioneller Unzuständigkeit zu beheben war.
Gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 59 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 war gleichzeitig eine neuerliche angemessene Leistungsfrist zur Herstellung des angeordneten Zustandes festzusetzen.
Für die Durchführung des Abbruches sämtlicher Baulichkeiten wird eine Frist von 15 Monaten eingeräumt, welche im Hinblick auf das doch umfangreiches Ausmaß der Baulichkeiten jedenfalls angemessen erscheint.
7. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
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