BauO NÖ 2014 §11
BauO NÖ 2014 §39 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.735.001.2019
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde A GmbH, ***, ***, vom 19. März 2019 gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wiener Neustadt vom 4. März 2019, ***, mit welchem der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Abgabenbescheid des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt vom 22. August 2018 betreffend Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe nach der NÖ Bauordnung 2014 keine Folge und der angefochtene Beschied bestätigt worden war, zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen
2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B‑VG) ist nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Sachverhalt:
1.1. Grundsätzliche Feststellungen:
Die A GmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin) war grundbücherliche Eigentümerin des Grundstückes Nr. *** KG ***. Mit Teilungsplan der B GmbH vom 12. Mai 2017, GZ. ***, wurde die Teilung dieses Grundstückes Nr. *** KG *** auf die Grundstücke Nr. *** und *** KG *** planerisch dargestellt. Alle neu geschaffenen Grundstücke weisen - wie das Grundstück Nr. *** (***) - zu einem Teil die Widmung Bauland‑Betriebsgebiet auf. Zum anderen Teil weisen diese Grundstücke die Widmung als private Verkehrsfläche-Zivilflugplatz auf.
1.2. Verwaltungsbehördliches Verfahren:
1.2.1.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt vom 29. Juli 1992 wurde das Grundstück Nr. *** KG *** zum Bauplatz erklärt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
1.2.2.
Mit rechtskräftigem Bescheid des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt vom 31. Juli 2007, ZI. ***, wurde die Abteilung des Grundstückes Nr. *** vom Grundstück Nr. *** KG *** nicht untersagt.
1.2.3.
Mit Schreiben vom 1. August 2018 brachte die Beschwerdeführerin eine Teilungsanzeige gemäß § 10 NÖ Bauordnung 2014 (unter Verweis auf den beigelegten Plan und eine beigelegte Vermessungsurkunde) zur Aufteilung des Grundstückes Nr. *** auf die Grundstücke Nr. *** und ***, alle KG ***, ein.
1.2.4.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt vom 9. August 2018 wurde gemäß § 10 Abs. 5 NÖ Bauordnung 2014 bestätigt, dass die angezeigte Änderung der Grundstücksgrenzen nicht untersagt wird. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
1.3. Abgabenbehördliches Verfahren:
1.3.1.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt vom 22. August 2018, Zl. ***, wurde gemäß § 39 NÖ Bauordnung 2014 für die neu geformten Bauplätze auf Grund der bewilligten Änderung der Grundgrenzen eine Ergänzungsabgabe in der Höhe von € 25.555,10 vorgeschrieben. Begründend wird dargelegt, dass die Gemeinde gesetzlich verpflichtet sei, bei Vergrößerungen von Bauplätzen, sei es deren Anzahl oder das Gesamtausmaß der Gesamtgrundfläche, eine Ergänzungsabgabe zu den bereits nach der Höhe bestimmten Ergänzungsabgaben vorzuschreiben. Der Einheitssatz betrage gemäß der Verordnung des Gemeinderates € 520,00. Der Bauklassenkoeffizient betrage gemäß § 38 Abs. 5 NÖ Bauordnung 2014 für Grundstücke im Baulandbereich in der Bauklasse I 1,00 und bei jeder weiteren zulässigen Bauklasse um je 0,25 mehr.
„
Bauplatz | F gesamt (m²) | TF1 (m²) | BKK1 | TF2 (m²) | BKK2 | TF3 (m²) | BKK3 | ES (Euro) | AA(Euro) |
*** | 3177 | 709 | 1,25 | 866 | 1,5 | 1602 | 1,75 | 520 | 46.024,22 |
*** | 2596 | 591 | 1,25 | 722 | 1,5 | 1283 | 1,75 | 520 | 41.507,37 |
| Summe | 87.531,59 | |||||||
abzüglich |
| ||||||||
*** | 5773 | 1300 | 1,25 | 1588 | 1,5 | 2885 | 1,75 | 520 | 61.976,49 |
| Ergänzungsabgabe | 25.555,10 | |||||||
Aufteilung der Ergänzungsabgabe:
Ergänzungsabgabe pro Meter
EUR 25.555,10: 107,3108 m = EUR 238,1410
Gst. Nr. *** = 56,3613 m x EUR 238,1410 = EUR 13.421,94
Gst. Nr. *** = 50,9495 m x EUR 238,1410 = EUR 12.133,16
Summe: EUR 25.555,10“
1.3.2.
Mit Schreiben vom 4. September 2018 erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung und führte im Wesentlichen aus, dass die Grundstücke Nr.*** EZ *** und Nr.*** den Flugplatz *** als Verkehrsfläche (Zivilflugplatz) zugeordnet wären, sodass die NÖ Bauordnung 2014 nicht anzuwenden sei. Die Grundfläche werde selbst vom Magistrat der Stadt Wiener Neustadt nicht als Bauplatz gemäß NÖ Bauordnung 2014 gesehen. In der Folge wird der Antrag auf Aufhebung der vorgeschriebenen Ergänzungsabgabe sowie gemäß § 239 BAO die Rückzahlung der bereits geleisteten Aufschließungsabgabe in der Höhe von € 61.976,49 begehrt.
1.3.3.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wiener Neustadt vom 4. März 2019, ***, wurde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Begründend wird nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften dargelegt, dass gemäß § 39 NÖ Bauordnung 2014 bei Änderung der Grenzen von Bauplätzen für jeden der neugeformten Bauplätze eine Ergänzungsabgabe vorzuschreiben sei, wenn das Gesamtausmaß oder die Anzahl der Bauplätze vergrößert werde. Luftfahrtbehördliche Verfahren für zivile Bodeneinrichtungen schlössen auch das Bauverfahren in sich ein, sofern die Bodeneinrichtungen als dem Luftverkehr dienend zu qualifizieren seien. Auf Bauvorhaben, die dem Luftverkehr dienten, fänden die Bestimmungen der NÖ Bauordnung 2014 daher keine Anwendung. lm konkreten Fall handle es sich jedoch um kein derartiges Bauvorhaben. Für Bauten, die dem Luftverkehr nicht iSd § 78 Luftfahrtgesetz dienten, eine luftfahrtrechtliche Bewilligung nicht in Betracht komme, selbst wenn sich solche Bauten auf Flugplätzen befänden. Das teilungsgegenständliche Grundstück Nr. *** sei durch Abteilung vom Grundstück Nr. *** entstanden (Teilung mit rechtskräftigem Bescheid vom 31. Juli 2007, ZI. *** nicht untersagt). Das Grundstück Nr. *** sei bereits mit Bescheid der Baubehörde vom 29. Juli 1992 zum Bauplatz erklärt worden. Somit sei auch die Fläche im Bauland des Grundstückes Nr. *** gemäß § 11 Abs. 1 Z. 3 NÖ Bauordnung ein Bauplatz gewesen, da das Grundstück durch eine nach dem 1. Jänner 1989 baubehördlich bewilligte oder angezeigte Änderung von Grundstücksgrenzen ganz oder zum Teil aus einem Bauplatz entstanden sei und nach den damals geltenden Vorschriften Bauplatzeigenschaft besessen habe. Die Fläche im Bauland des durch Abteilung vom Grundstück Nr. *** geschaffenen Grundstückes Nr. *** sei daher gemäß § 11 NÖ Bauordnung ebenfalls als Bauplatz zu qualifizieren. Im konkreten Fall seien aus einem Bauplatz zwei neue Bauplätze geschaffen und daher das Gesamtausmaß der Anzahl der Bauplätze vergrößert worden. Die Grundstücke Nr. *** und Nr. *** hätten die Widmung teils Bauland-Betriebsgebiet und teils private Verkehrsfläche‑Zivilflugplatz. Der Abgabenanspruch sei mit Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde über die Änderung der Grenzen (§ 10 NÖ Bauordnung) vom 9. August 2018., ZI. ***, der in Rechtskraft erwachsen sei, entstanden.
1.4. Beschwerdeverfahren:
Mit Schreiben vom 19. März 2019 erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wiener Neustadt vom 4. März 2019 ein und begründete diese im Wesentlichen wie die Berufungsschrift vom 4. September 2018. Weiters wird ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO gestellt.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
2.1. Bundesabgabenordnung - BAO:
§ 1. (1) Die Bestimmungen der BAO gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden
§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
§ 254. Durch Einbringung einer Bescheidbeschwerde wird die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, insbesondere die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten.
§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.
2.2. NÖ Bauordnung 2014:
Änderung von Grundstücksgrenzen im Bauland
§ 10. (1) Änderungen von Grundstücksgrenzen im Bauland sind vor ihrer Durchführung im Grundbuch der Baubehörde anzuzeigen. …
(2) Die Änderung von Grundstücksgrenzen muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Flächenwidmungsplans und des Bebauungsplans;
2. die Bebauung der neugeformten unbebauten Grundstücke im Bauland darf entsprechend den Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans und der §§ 49 bis 54 (Anordnung von Bauwerken) nicht erschwert oder verhindert werden;
3. bei bebauten Grundstücken darf kein Widerspruch zu bautechnischen Ausführungsbestimmungen dieses Gesetzes oder einer Durchführungsverordnung (z. B. über die Beschaffenheit von Wänden an Grundstücksgrenzen) entstehen;
4. bei Grundstücken, die mit der öffentlichen Verkehrsfläche durch einen streifenförmigen Grundstücksteil verbunden werden (Fahnengrundstücke), muss dieser Grundstücksteil eine Mindestbreite von 3,5 m aufweisen.
(3) Der Anzeige nach Abs. 1 sind anzuschließen:
1. die Zustimmung der Eigentümer aller von der Änderung betroffenen Grundstücke;
2. ein von einem Vermessungsbefugten (§ 1 des Liegenschaftsteilungsgesetzes BGBl. Nr. 3/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 190/2013) verfasster Plan der Änderung der Grundstücksgrenzen, ausgenommen bei Vereinigungen von Grundstücken, von denen kein Straßengrund abzutreten ist (§ 12);
3. ein Antrag auf Bauplatzerklärung für wenigstens ein neugeformtes Grundstück, wenn noch keines der geänderten Grundstücke Bauplatz nach § 11 Abs. 1 ist. Dies gilt nicht für Grundstücke in Aufschließungszonen.
…
(5) Die Baubehörde hat innerhalb von 8 Wochen nach Einlangen der Anzeige auf der Anzeige und einem Duplikat, das dem Anzeigeleger zurückzustellen ist, zu bestätigen, dass die angezeigte Änderung nicht untersagt wird. Im Falle einer gleichzeitigen Bauplatzerklärung (§ 11), Grundabtretung (§ 12) oder Grenzverlegung (Abs. 8) ist anstelle der Bestätigung nach Rechtskraft der diesbezüglichen Entscheidung die Bezugsklausel anzubringen.
(6) Die Änderung der Grundstücksgrenzen im Bauland darf im Grundbuch durchgeführt werden, wenn auf der vorgelegten Anzeige
die Bestätigung der Nichtuntersagung (Abs. 5 erster Satz) oder
die Bezugsklausel (Abs. 5 zweiter Satz) angebracht ist und
das Grundbuchsgesuch vollinhaltlich der Anzeige nach Abs. 1 entspricht und
innerhalb von 2 Jahren ab dem Datum der Bestätigung oder der Bezugsklausel bei Gericht eingebracht wird.
(7) Jeder Beschluss des Grundbuchsgerichtes über die Durchführung einer Änderung von Grundstücksgrenzen im Bauland ist der Baubehörde zuzustellen. Gegen einen solchen Beschluss des Grundbuchsgerichtes steht der Gemeinde das Rechtsmittel des Rekurses zu.
Bauplatz, Bauverbot
§ 11. (1) Bauplatz ist ein Grundstück im Bauland, das
1. hiezu erklärt wurde oder …
(4) Wenn ein Grundstück nur zum Teil als Bauland gewidmet ist, darf nur der als Bauland gewidmete Teil – unter Angabe des Flächenausmaßes – zum Bauplatz erklärt werden. Die Ein- und Ausfahrt darf auch durch andere Widmungen erfolgen, wenn dies mit dem jeweiligen Widmungszweck vereinbar ist.
Ergänzungsabgabe
§ 39. (1) Bei der Änderung der Grenzen von Bauplätzen (§ 10) ist für jeden der neugeformten Bauplätze eine Ergänzungsabgabe vorzuschreiben, wenn das Gesamtausmaß oder die Anzahl der Bauplätze vergrößert wird. Der Abgabentatbestand ist erfüllt, wenn auf der vorgelegten Anzeige und dem Duplikat die Bestätigung der Nichtuntersagung (§ 10 Abs. 5 erster Satz) oder die Bezugsklausel (§ 10 Abs. 5 zweiter Satz) angebracht wird (Datum der Bestätigung oder der Bezugsklausel). …
Die Höhe der Ergänzungsabgabe (EA) wird wie folgt berechnet:
Von der Summe der neuen Berechnungslängen wird die Summe der damaligen Berechnungslängen abgezogen. Der Differenzbetrag wird mit dem zur Zeit der Anzeige der Grenzänderung (§ 10) geltenden Bauklassenkoeffizienten und Einheitssatz multipliziert und das Produkt nach dem Verhältnis der neuen Berechnungslängen auf die neuen Bauplätze aufgeteilt;
z. B. 3 Bauplätze neu (1, 2, 3), 2 Bauplätze alt (a, b)
EA = [(BL1 + BL2 + BL3) – (BLa + BLb)] x BKK x ES
EA/m (Ergänzungsabgabe pro Meter) = EA : (BL1 + BL2 + BL3)
EA für Bauplatz 1 = EA/m x BL1
EA für Bauplatz 2 = EA/m x BL2
EA für Bauplatz 3 = EA/m x BL3
Erfolgt die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe für einen Bauplatz, der durch eine Teilfläche des Grundstücks vergrößert wurde, für das eine Vorauszahlung nach § 38 Abs. 2 vorgeschrieben wurde, sind die entrichteten Teilbeträge anteilsmäßig zu berücksichtigen. Der Anteil ergibt sich aus dem Verhältnis des Ausmaßes der Teilfläche zum Gesamtausmaß der Grundstücksfläche, für die die Vorauszahlung nach § 38 Abs. 2 entrichtet wurde. Bei der Berechnung der auf den Anteil entfallenden Vorauszahlung ist der Einheitssatz, der der Vorschreibung der Ergänzungsabgabe zu Grunde zu legen ist, heranzuziehen. …
(4) Die Ergänzungsabgabe ist eine ausschließliche Gemeindeabgabe nach § 6 Abs. 1 Z 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl.Nr. 45/1948 in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012. Für die Ergänzungsabgabe gelten die Bestimmungen des § 38 Abs. 4 bis 6 und 9 sinngemäß. Falls bisher kein Aufschließungsbeitrag und keine Ergänzungsabgabe eingehoben wurde, gilt auch § 38 Abs. 7 sinngemäß. Wenn eine Ergänzungsabgabe nach Abs. 1 für Bauplätze im Baulandbereich ohne Bebauungsplan vorzuschreiben ist, beträgt der Bauklassenkoeffizient mindestens 1,25, sofern auf den neugeformten Bauplätzen nicht Gebäude mit einer Höhe zulässig sind, die einer höheren Bauklasse entspricht als der Bauklasse II.
2.3. Verordnung der Stadt Wiener Neustadt idF vom 13. Dezember 2012:
Der Einheitssatz zur Berechnung der Ergänzungsabgabe gemäß § 38 Abs. 6 NÖ Bauordnung wird mit € 520,- festgesetzt.
2.4. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG:
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:
1. Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;
2. Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;
3. Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.
(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …
(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
3. Würdigung:
3.1. Zu Spruchpunkt 1:
Die Beschwerde ist nicht begründet.
3.1.1.
In der Sache ist eingangs festzuhalten, dass die von den Abgabenbehörden der mitbeteiligten Gemeinde der Abgabenfestsetzung zugrunde gelegten Berechnungen außer Streit stehen.
Das Beschwerdevorbringen lässt sich vielmehr auf die Frage reduzieren, ob für das verfahrensgegenständliche Grundstück überhaupt eine Ergänzungsabgabe nach der NÖ Bauordnung 2014 vorgeschrieben werden durfte (bzw. in der Folge die bereits in der Vergangenheit entrichtete Aufschließungsabgabe zurückzuerstatten ist).
3.1.2.
Nach § 4 Abs. 1 der von den Verwaltungsbehörden (und dem erkennenden Gericht) anzuwendenden BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Angesichts der Komplexität der Sachlage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass aus der rechtlichen Konstruktion der Abgabenschuldverhältnisse folgt, dass dieses bereits mit Verwirklichung eines gesetzlich normierten Abgabentatbestandes entsteht. Der Abgabenbescheid ist seinen wesentlichen Merkmalen nach lediglich feststellender Natur. Er bringt den Abgabenanspruch nicht zum Entstehen, sondern stellt den aus dem Gesetz erwachsenden Anspruch lediglich fest (vgl. VwGH 94/17/0419). Daraus ergibt sich, dass die Abgabenbehörde die Abgabe festzusetzen hat, sobald der Abgabenanspruch entstanden ist. Da sich der Abgabenanspruch der Gemeinde aus der Sicht des Abgabepflichtigen als Abgabenschuld darstellt, ist die Abgabenfestsetzung zulässig, sobald die Abgabenschuld entstanden ist.
3.1.3.
Gemäß § 39 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 ist bei der Änderung der Grenzen von Bauplätzen (§ 10) für jeden der neugeformten Bauplätze eine Ergänzungsabgabe vorzuschreiben, wenn das Gesamtausmaß oder die Anzahl der Bauplätze vergrößert wird. Der Abgabentatbestand ist nach dieser Bestimmung erfüllt, wenn auf der vorgelegten Anzeige und dem Duplikat die Bestätigung der Nichtuntersagung (§ 10 Abs. 5 erster Satz) oder die Bezugsklausel (§ 10 Abs. 5 zweiter Satz) angebracht wird (Datum der Bestätigung oder der Bezugsklausel).
Im vorliegenden Fall entstand der Abgabenanspruch somit mit Erlassung des (letztinstanzlichen) Bescheides vom 9. August 2018, ZI. ***, über die Änderung der Grenzen gemäß § 10 NÖ Bauordnung 2014.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Festsetzung von Abgaben nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften jene Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes gegolten hat (vgl. VwGH 2005/17/0055, und VwGH 2005/17/0168). Abgabenschuldner Gemäß § 10 Abs. 1 iVm § 39 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 ist der Grundstückseigentümer im Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches. Eigentümer sowohl des Grundstückes Nr. *** als auch der Grundstücke Nr. *** und *** ist zum Zeitpunkt der Bestätigung der Nichtuntersagung die Beschwerdeführerin gewesen, sodass ihr gegenüber auch die Abgabe vorgeschrieben werden musste.
In die Berechnung der Anzahl der Bauplätze vor Durchführung der Teilung (im Verständnis von § 39 Abs. 1 erster Satz NÖ Bauordnung) sind alle Bauplätze miteinzubeziehen, im vorliegenden Fall also nur ein Bauplatz in Gestalt des Grundstückes Nr. ***. Werden bei einem solchen Bauplatz in der Folge die Grenzen geändert und wird dabei das Gesamtausmaß oder - wie im vorliegenden Fall - die Anzahl der Bauplätze vergrößert (nunmehr zwei Bauplätze), so ist dies zum Anlass für die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zu nehmen (vgl. VwGH 2006/17/0139). Vor diesem Hintergrund haben die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Gemeinde zu Recht eine – anteilige – Ergänzungsabgabe zur Ergänzungsabgabe mit Abgabenbescheid für die Grundstücke Nr. *** und *** vorgeschrieben. Diesen Überlegungen folgt weiters, dass für das gegenständliche Verfahren der in der maßgeblichen Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wiener Neustadt festgelegte Einheitssatz von € 520,- heranzuziehen war.
3.1.4.
Im Lichte der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des VwGH schließt ein luftfahrtbehördliches Verfahren für zivile Bodeneinrichtungen auch das Bauverfahren in sich ein, sofern die Bodeneinrichtungen als dem Luftverkehr dienend zu qualifizieren sind. (vgl. VwGH 2011/06/0089). Auf Bauvorhaben, die dem Luftverkehr dienen, finden die Bestimmungen der NÖ Bauordnung daher keine Anwendung. lm vorliegenden Fall handelt es sich jedoch nicht um ein Bauvorhaben betreffend eine zivile Bodeneinrichtung.
Darüber hinaus war sowohl das Ursprungsgrundstück Nr. *** bzw. sind auch die Grundstücke Nr. *** und *** als Bauland-Betriebsgebiet gewidmet. Zudem war das Ursprungsgrundstück Nr. *** mit Bescheid vom 29. Juli 1992 - rechtskräftig - zum Bauplatz erklärt worden.
Diesen Überlegungen folgt, dass die neu geschaffenen Grundstücke Nr. *** und *** mit jenen Teilen, die die Widmung Bauland-Betriebsgebiet aufweisen, ebenfalls als Bauplätze zu qualifizieren sind.
3.1.5.
Der Antrag auf Rückzahlung der bereits geleisteten Aufschließungsabgabe in der Höhe von € 61.976,49 geht somit ebenso ins Leere, als es sich auch in der Vergangenheit um Bauplätze mit der Widmung Bauland-Betriebsgebiet gehandelt hat, die die Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe dem Grunde nach gerechtfertigt hat.
3.1.6.
Die Erlassung des Abgabenbescheides vom 22. August 2018 erfolgte somit grundsätzlich zu Recht. Da die Beschwerde somit im Ergebnis keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids aufzeigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
3.1.7.
Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführerin nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
3.1.8. Zur beantragten Aussetzung der Einhebung:
Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auszusetzen. Zufolge § 288 Abs. 1 zweiter Satz BAO ist diese Bestimmung sinngemäß auch im Berufungsverfahren eines zweistufigen Instanzenzuges bei Gemeinden zu anzuwenden.
Über einen solchen Antrag hat zufolge des eindeutigen Gesetzeswortlautes stets die Abgabenbehörde (nicht etwa das Verwaltungsgericht) zu entscheiden, bei Vorliegen eines zweistufigen Instanzenzuges bei Gemeinden mangels abweichender gesetzlicher Regelung somit die Abgabenbehörde erster Instanz (vgl. dazu VwGH 2013/17/0184). Ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung stellt kein Rechtsmittel gegen einen Bescheid dar, sondern handelt es sich dabei um einen gesonderten Antrag, über den nicht die Berufungsbehörde (und auch nicht das Verwaltungsgericht) zu entscheiden hat, sondern die Abgabenbehörde erster Instanz, der die Einhebung der den Gegenstand des Antrages bildenden Abgabe obliegt, also im gegenständlichen Fall der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde.
Über diesen Antrag hätte auch im Beschwerdeverfahren die Abgabenbehörde zu entscheiden und ist die Beschwerdeführer gemäß § 50 BAO an die zuständige Abgabenbehörde, der die Einhebung der den Gegenstand des Antrages bildenden Abgabe obliegt, zu weisen. Angesichts der gegenständlichen Beschwerdeentscheidung erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über diesen, ausdrücklich ans Landesverwaltungsgericht gerichteten Antrag.
3.2. Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht und eine gesicherte und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, die unter Punkt 3.1. auch dargelegt wird.
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