NatSchG Krnt 2002 §9 Abs1
NatSchG Krnt 2002 §11
NatSchG Krnt 2002 §57
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGKA:2022:KLVwG.654.5.2022
Das Landesverwaltungsgericht Kärnten erkennt durch seine Richterin xxx über die Beschwerde des xxx, xxx, xxx, vertreten durch Dr. xxx, Rechtsanwalt, xxx, xxx, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xxx vom 17.12.2021, Zahl: xxx, wegen 1.) Abweisung eines Antrages auf naturschutzrechtliche Bewilligung gemäß § 5 Abs. 1 lit. i.), § 9 Abs. 1 sowie § 11 und 2.) Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes gemäß § 57 Abs. 1 und 2, alle Kärntner Naturschutzgesetz 2002 – K-NSG 2002, idF LGBl. Nr. 62/2021, zu Recht:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet
a b g e w i e s e n .
II. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist
u n z u l ä s s i g .
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Bisheriger Verfahrensgang:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xxx vom 17.12.2021, Zahl: xxx wurde unter Spruchpunkt 1. der Antrag des xxx, xxx, xxx auf Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung zur Änderung des bereits bewilligten Viehunterstandes mit Heulager durch Errichtung einer Sennstube anstatt des Heulagers auf Grundstück Nr. xxx, KG xxx, abgewiesen.
Unter Spruchpunkt 2. wurde xxx aufgetragen, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides die konsenslos errichtete Sennstube im ersten Obergeschoss des Viehunterstandes auf Grundstück Nr. xxx, KG xxx, abzubrechen bzw. rückzubauen und das bewilligte Heulager herzustellen.
In der dagegen eingebrachten Beschwerde wurde zunächst Mangelhaftigkeit des Verfahrens eingewendet, da kein Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Veterinärmedizin eingeholt worden sei, welches bestätigen würde, dass es für eine zeitgemäße Tierhaltung unbedingt erforderlich sei, dass die Sennstube und der Viehunterstand/Stall eine Einheit bildeten und die Sennstube zeitgemäß ausgestattet sein müsse.
Klar nachvollziehbar sei überdies, dass es nicht möglich sein werde, einen Hirten zu beschäftigen mit einer unterdimensionierten Almhütte ohne entsprechende sanitäre Einrichtungen und allenfalls Übernachtungen mit fremden Personen.
Es sei auch eine unrichtige rechtliche Beurteilung betreffend „Zersiedelung“ vorgenommen worden, zumal kein neues Gebäude errichtet worden sei, sondern nur die Funktion des Obergeschosses des errichteten Gebäudes verändert worden sei. Darüber hinaus stehe es der Behörde nicht zu, über die Nutzungsrechte der (alten) xxx-Hütte zu bestimmen bzw. diese auszulegen.
Die Errichtung der Sennstube sei zur Existenzsicherung und wegen der Erfordernisse eines zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebes und aus veterinärmedizinischer Sicht unbedingt erforderlich und komme es auch zu keiner Zersiedelung. Daher habe der Beschwerdeführer ein Recht auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung.
Am 11. April 2022 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Kärnten zur Entscheidung vor.
Mit Schriftsatz vom 09.09.2022 ergänzte der Beschwerdeführer die Beschwerde dahin, dass im Sommer 2022 17 trächtige Kühe aufgetrieben worden seien. Es seien 14 lebende Kälber geboren worden und seien 14 Tage nach der Geburt ständig der Beschwerdeführer selbst oder seine Frau auf der Alm gewesen. Vier Kälber von den 14 seien gestorben (einmal Wolfsriss, einmal zu Tode gehetzt und die Zwillinge seien auch nach der Geburt verstorben).
Es wurde nochmals hervorgehoben, dass die xxx-Almhütte nicht als Sennhütte genützt werden könne, einerseits wegen des Nutzungsrechtes des Bruders des Beschwerdeführers, andererseits wegen nicht zeitgemäßer Ausstattung.
Am 17.10.2022 fand am Landesverwaltungsgericht Kärnten eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Teilnahme des Beschwerdeführers, seines Rechtsvertreters sowie der Vertreterin der belangten Behörde und des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen statt. Es wurden der Beschwerdeführer und die Vertreterin der belangten Behörde gehört sowie das Gutachten des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen erörtert.
II. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer xxx ist Eigentümer der EZ xxx, vlg. xxx, zu deren Gutsbestand auch das Grundstück Nr. xxx, KG xxx, im Ausmaß von ca. 26 ha gehört. Dies ist die sogenannte xxx-Alpe auf welcher sich – neben dem Viehunterstand - eine Almhütte befindet.
An der Almhütte steht dem Bruder des Beschwerdeführers seit dem Jahr 1994 ein privates Nutzungsrecht zu. Er ist kein Landwirt.
Der Betrieb des Beschwerdeführers hat im Jahr 2003 auf Mutterkuhhaltung umgestellt und werden seit dem Jahr 2004 trächtige Kühe auf die Alm aufgetrieben. Im Jahr 2022 waren es 17, wobei von den 14 auf der Alm geborenen Kälbern 4 verendet sind.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xxx vom 15.03.2017 wurde dem Beschwerdeführer die naturschutzrechtliche Bewilligung zur Errichtung eines Viehunterstandes mit Heulager auf dem Grundstück Nr. xxx, KG xxx, nach Maßgabe der eingereichten Pläne und Beschreibungen und näher angeführter Auflagen erteilt. Unter anderem unter der Auflage, dass der Viehunterstand mit Heulager, mit Ausnahme der beiden Gaupen und der außenliegenden Stiege, entsprechend dem Einreichprojekt plangemäß zu errichten ist.
Am 05.04.2017 berichtigte die Bezirkshauptmannschaft xxx den Bescheid dahingehend, dass der Auflagenpunkt 1. so geändert wurde, dass der Entfall der außenliegenden Stiege darin nicht mehr enthalten war, sondern nur mehr der Entfall der beiden Gaupen.
Mit Änderungsbescheid vom 15.09.2017 erteilte die belangte Behörde auch für die Errichtung der zwei Gaupen die naturschutzrechtliche Bewilligung.
Mit am 07. Dezember 2020 eingelangtem Antrag begehrte der Beschwerdeführer die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Änderung des bewilligten Viehunterstandes dahin, dass im Obergeschoss anstelle des Heulagers eine Sennstube laut beiliegendem Änderungsplan eingerichtet werden sollte.
Am 01. Februar 2021 wurde der belangten Behörde seitens der Marktgemeinde xxx ein Änderungsplan vom 14.11.2020 für das verfahrensgegenständliche Projekt vorgelegt, aus welchem ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer um baurechtliche Bewilligung einer Ferienwohnung ober dem Viehunterstand angesucht hat.
Nach dem am 01.07.2021 erfolgten Ortsaugenschein erstattete der landwirtschaftliche Sachverständige der Bezirkshauptmannschaft xxx am 14.07.2021 ein Gutachten zur Frage, ob die beantragte Änderung im Form der Nutzung des ersten Obergeschosses des Viehunterstandes nicht mehr als Heulager, sondern als Sennstube für diesen Betrieb erforderlich und spezifisch ist.
Mit Besichtigungsstichtag 01.07.2021 war die (geplante) Sennstube im ersten Obergeschoss des neu errichteten Viehunterstandes bereits teilweise fertiggestellt.
Unter dem Gesichtspunkt der Existenzsicherung der Erfordernisse eines zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebes ist die Errichtung einer Sennstube im ersten Obergeschoss des bereits errichteten Viehunterstandes auf dem Grundstück Nr. xxx der KG xxx für den landwirtschaftlichen Betrieb des xxx nicht notwendig und nicht spezifisch.
Eine Almhütte zur Beaufsichtigung der Tiere ist mit der bestehenden xxx-Almhütte vorhanden. Diese ist dem Verwendungszweck entsprechend dimensioniert und ortsüblich. Die 80 Meter vom Viehunterstand entfernt gelegene Hütte bildet eine Einheit mit diesem. Das bereits im vorhergehenden Verfahren beurteilte Heulager ober dem Viehunterstand ist zum Zufüttern der Mutterkühe bei verstärktem Energie- und Futterbedarf, wie es auch vor Abkalbungen und bei der Nachgeburtsphase notwendig ist (Seehöhe 2.000 m), besser geeignet als die geplante Verwendung.
Im Normalfall ist es bei Abkalbungen auf der Alm nicht zwingend notwendig, dass man an Ort und Stelle übernachtet. Bei natürlicher Besamung – wie im Gegenstand - wird das „Sollabkalbedatum“, d.h. der konkrete Abkalbungszeitpunkt, nach einer Trächtigkeitsuntersuchung durch den Tierarzt genau eingegrenzt.
Der Begriff „zeitgemäße Bewirtschaftung“ eines Almbetriebes bezieht sich unter anderem auf die Einzäunung und das Koppeln der Alm, sowie die Beweidung und die Beaufsichtigung der Tiere.
Wie die Unterbringung eines Halters erfolgt bzw. dessen persönliche Körperpflege ist keine Frage der zeitgemäßen Bewirtschaftung des Almbetriebes. Es gibt vergleichbare Almen im Bezirk xxx, die auch keine sanitären Anlagen, aber trotzdem einen Hirten haben. Daher ist die bestehende xxx-Almhütte als ortsüblich und dem Zweck entsprechend anzusehen.
Private Nutzungsrechte stehen einer widmungsgemäßen Verwendung hintan.
Mit der Errichtung einer Sennstube anstatt des Heulagers wird eine Zersiedelung herbeigeführt. Im naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren ist sie daher hinsichtlich funktionaler Erforderlichkeit zu überprüfen.
III. Beweiswürdigung:
Die obigen Feststellungen gründen sich auf den unbedenklichen Inhalt des Verwaltungsaktes der belangten Behörde sowie auf die Ergebnisse der im Gegenstand durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie auf das im Verfahren erstellte Gutachten.
Das im Verfahren erstellte Gutachten des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen, welches in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Kärnten auch umfassend erörtert wurde, ist als plausibel und überzeugend zu bewerten. Insbesondere sind die sachverständigen Feststellungen dazu, ob die geplante Änderung des Heulagers in eine Sennstube einem funktionalen Erfordernis der Land- und Forstwirtschaft dient, nachvollziehbar. Der landwirtschaftliche Amtssachverständige stellte fest, dass eine (neue) Sennstube deshalb nicht erforderlich sei, weil bereits ein Bestand vorhanden sei. Die bestehende Almhütte sei ca. 80 Meter vom Viehunterstand entfernt. Die gesamte Alm mit der bestehenden xxx-Almhütte und dem bestehenden Heulager bzw. Viehunterstand bildeten eine Einheit.
Es könnten zwar bei Abkalbungen veterinärtechnische Schwierigkeiten auftreten (falsche Lagerung des Kalbes); im Normalfall sei es jedoch nicht zwingend notwendig, dass man an Ort und Stelle übernachte. Zum Zeitpunkt der Geburt sei natürlich eine Überwachung vorteilhaft, genauso wie am Heimbetrieb.
Es sei auch nicht Standard, dass bei der Abkalbung jemand dabei sein müsse. Rinder seien Herdentiere und durch Bewegung werde in der Regel ohne Komplikationen gekalbt. Es gäbe ein Managementkonzept hinsichtlich trächtiger Tiere, vor allem hinsichtlich der Vorbereitung der Geburt und deren Nachbereitung. Der Tierbesitzer wisse grundsätzlich um den Zeitraum von ein paar Tagen, wann eine Kuh kalbe. Bei natürlicher Besamung gäbe es die Möglichkeit einer Trächtigkeitsuntersuchung durch den Tierarzt und könne durch diese Untersuchung der Abkalbungszeitpunkt genau eingegrenzt werden. Dies sei das sogenannte „Sollabkalbedatum“.
Die Beaufsichtigung der Tiere durch die Sennstube sei nicht besser geeignet als durch die alte xxx-Hütte, zumal nicht jede Kuh im Viehunterstand kalbe. Rinder suchten sich vor der Abkalbung eigene Plätze. Dies könne natürlich irgendwo auf der 26 ha großen xxx-Alm sein. Bei der Einleitung einer Geburt werde das Vieh nicht in den Viehunterstand getrieben, sondern vor Ort versorgt.
Der Begriff zeitgemäße Bewirtschaftung eines Almbetriebes beziehe sich auf die Einzäunung oder das Koppeln der Alm sowie auf die Beweidung und Beaufsichtigung der Tiere. Die bestehende xxx-Hütte sei für eine Beweidung von 26 ha mit 17 Mutterkühen und deren Beaufsichtigung hinsichtlich des Ess- und Schlafbereiches ausreichend dimensioniert. An sanitären Anlagen bestehe ein Plumpsklo. Weitere sanitäre Einrichtungen wie Bad und WC seien nicht vorhanden. Vergleichbare Almen mit Hütten ohne Bad und WC im Bezirk xxx hätten Hirten. Fragen der Unterbringung sowie der persönlichen Körperpflege von Hirten seien nicht Teil der zeitgemäßen Bewirtschaftung des Almbetriebes.
Diesen fachgutachtlichen Feststellungen ist der Beschwerdeführer nicht mit einem auf gleicher fachlicher Ebene erstelltem Gutachten entgegengetreten.
Der Beschwerdeführer führte zur Notwendigkeit der Errichtung einer Sennstube anstatt des Heulagers ober dem Viehunterstand ins Treffen, dass die neue Sennstube vor allem der Unterbringung eines Hirten dienen sollte.
Aufgrund der Situation, dass dem Bruder des Beschwerdeführers ein privatrechtlich geregeltes Nutzungsrecht seit 1994 an der bestehenden Hütte zustehe und dieser die bestehende Almhütte auch mit seinen Familienangehörigen durchgängig benütze, könne einem Hirten nicht zugemutet werden, mit fremden Personen in einer nicht zeitgemäßen Almhütte untergebracht zu werden.
Die bestehende Hütte baulich zu renovieren sei nicht möglich gewesen, weil einerseits dort kein Wasser sei und die Substanz aus dem 19ten Jahrhundert stamme. Der Hirte brauche eine Waschgelegenheit und auch die Viecher bräuchten Wasser. Die Quelle bei der Hütte sei zwischenzeitig versiegt und sein Bruder hole das Wasser aus dem ca. 100 Meter entfernten Bach.
Eine neue Quellfassung sei ca. 200 Meter vom Viehunterstand entfernt errichtet worden. Von der alten Hütte sei die Quelle ca. 100 Meter entfernt. Es sei aber mangels Gefälle nicht möglich gewesen, das Wasser von der Quelle zur alten Hütte zu leiten. Sein Bruder schöpfe das Wasser aus dem nahegelegenen Bach.
Die Sennstube sei so weit errichtet, dass man sich dort aufhalten könne. Der Beschwerdeführer hätte im Sommer dort auch geschlafen.
Seit dem Jahr 2004 würden vom Hof des Beschwerdeführers trächtige Kühe auf die Alm aufgetrieben. Um nicht jedes Mal eine Anfahrtszeit von 1 Stunde zur Beaufsichtigung bzw. Kontrolle der Tiere in Kauf zu nehmen, bestehe die Notwendigkeit der Errichtung einer Sennstube. Des Weiteren werde die Sennstube wegen der aufgetretenen Wolfsproblematik gebraucht, da im Sommer 2022 ein Kalb vom Wolf gerissen worden sei. Der Wolfsriss sei zwar durch keinen Experten nachgewiesen worden, aber um bei einer Unruhe im Unterstand vor Ort zu sein, hätte man beschlossen, in der Sennstube zu übernachten. Wegen der Wolfsproblematik sei auch eine Einfriedung um den Viehunterstand errichtet worden und würden die Kühe sowie die Kälber für die Nacht in diesen getrieben werden.
Ein veterinärmedizinisches Gutachten war deshalb nicht einzuholen, als veterinärmedizinische Fragen hinsichtlich der Frage, ob die Errichtung einer Sennstube einem funktionalen Erfordernis der Land- und Forstwirtschaft dient, entbehrlich sind. Der landwirtschaftliche Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass auch die alte 80 Meter vom Viehunterstand entfernte Almhütte mit dem Viehunterstand eine Einheit bilde. Zum Zeitpunkt der Geburt sei natürlich eine Überwachung vorteilhaft, aber auch die alte Hütte diene diesem Zweck.
IV. Rechtsgrundlagen:
Kärntner Naturschutzgesetz 2002 - K-NSG, LGBl.Nr. 79/2002 zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 36/2022
§ 5:
In der freien Landschaft, das ist der Bereich außerhalb von geschlossenen Siedlungen, Gewerbeparks und den zu diesen Bereichen gehörigen besonders gestalteten Flächen, wie Vorgärten, Haus- und Obstgärten und Parkplätzen, bedürfen folgende Maßnahmen einer Bewilligung:
[…]
i) die Errichtung von Gebäuden, baulichen Anlagen sowie sonstigen Anlagen auf Rädern auf Grundflächen, die im Flächenwidmungsplan als Grünland ausgewiesen sind;
[…]
§ 9:
(1) Bewilligungen im Sinne der §§ 4, 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 dürfen nicht erteilt werden, wenn durch das Vorhaben oder die Maßnahme
a) das Landschaftsbild nachhaltig nachteilig beeinflusst würde,
b) das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum nachhaltig beeinträchtigt würde oder
c) der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachhaltig beeinträchtigt würde.
[…]
§ 11:
Einer Bewilligung bedarf auch jede Änderung nach Art, Lage, Umfang und Verwendungszweck von bewilligungspflichtigen Anlagen im Sinne der §§ 4, 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 sowie von Anlagen, die auf Grund von Ausnahmebewilligungen nach § 10 errichtet wurden. Keiner Bewilligung bedürfen lediglich als geringfügig zu wertende Änderungen.
§ 57:
(1) Wurden Maßnahmen, die nach diesem Gesetz oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung verboten oder bewilligungspflichtig sind, entgegen dem Verbot, ohne Bewilligung oder abweichend von der Bewilligung ausgeführt, ist die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes binnen angemessen festzusetzender Frist aufzutragen. Ist die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes nicht möglich oder würde dies den Zielsetzungen dieses Gesetzes widersprechen, können entsprechende Maßnahmen zur Herbeiführung eines den Interessen des Schutzes und der Pflege der Natur möglichst weitgehend Rechnung tragenden Zustandes vorgeschrieben werden.
(2) Die Wiederherstellung oder sonstige nach Abs 1 zu setzende Maßnahmen obliegen in den Fällen, in denen Maßnahmen abweichend von einer Bewilligung ausgeführt werden, dem Antragsteller oder dessen Rechtsnachfolger, im übrigen primär demjenigen, der die Maßnahmen veranlasst oder gesetzt hat, kann dieser nicht herangezogen werden, dem Grundstückseigentümer oder dem sonst über ein Grundstück Verfügungsberechtigten.
[…]
V. Rechtliche Beurteilung:
Im Gegenstand war zu klären, ob die beantragte Änderung des am Grundstück Nr. xxx, KG xxx, welches als Grünland für die Land- und Forstwirtschaft gewidmet ist, bestehenden Heulagers in eine Sennstube einem funktionalen Erfordernis der Land- und Forstwirtschaft dient. Das im Gegenstand eingeholte landwirtschaftliche Amtssachverständigengutachten kommt zum Schluss, dass die Errichtung einer Sennstube unter dem Gesichtspunkt der Existenzsicherung und der Erfordernisse eines zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebes des Antragstellers weder notwendig noch spezifisch ist.
Unter dem Begriff „Zersiedelung“, welcher im Kärntner Naturschutzgesetz nicht definiert ist, ist nach der Judikatur eine „ohne funktionales Erfordernis oder ohne ortsplanerische Konzeption vorgenommene Bebauung außerhalb geschlossener Siedlungen“ zu verstehen.
Auch eine Verwendungsänderung - wie im Gegenstand - ist naturschutzrechtlich bewilligungspflichtig. Die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung ist daher nur möglich, wenn die neue Verwendung erforderlich und spezifisch ist. Wenn das nicht der Fall ist, wird nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs davon ausgegangen, dass eine Zersiedelung eingeleitet oder fortgesetzt wird.
Auf der 26 ha großen xxx-Alm ist bereits eine entsprechend dimensionierte und ortsübliche Almhütte zur Beaufsichtigung der Weidetiere vorhanden. Ortsüblich deshalb, als es auf vergleichbaren Almen im Bezirk xxx auch Almhütten ohne zeitgemäße sanitäre Anlagen gibt. Trotzdem haben diese einen Hirten.
Die Frage eines Halters hat mit einer zeitgemäßen Bewirtschaftung nur so viel zu tun, als dass ein Hirte vorhanden ist. Wie seine Unterbringung erfolgt bzw. die Frage seiner persönlichen Körperpflege sind nicht Teil der zeitgemäßen Bewirtschaftung des Almbetriebes.
Der Betrieb des Beschwerdeführers hat bereits im Jahr 2003 auf Mutterkuhhaltung umgestellt und offensichtlich seit dieser Zeit bis zur Errichtung der Sennstube im Jahr 2021 auch ohne diese das Auslangen in Bezug auf die Beweidung der Alm gefunden. Ob im Zeitraum von 2003 bis 2021 die alte xxx-Hütte zur Viehbeaufsichtigung genutzt wurde, ist nicht bekannt. Die Möglichkeit dazu hat es jedenfalls gegeben, zumal ein privates Nutzungsrecht eines Nichtlandwirtes die widmungsgemäße Nutzung der Almhütte nicht aushebeln kann. Dieser Umstand kann kein Grund dafür sein, eine weitere Unterkunft auf der Alm zu errichten, vor allem wenn diese nicht spezifisch und nicht notwendig für den landwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers ist.
Das dem Bruder des Beschwerdeführers zustehende Nutzungsrecht an der alten Almhütte ist kein sachdienlicher Grund, die Almhütte nicht ihrer Widmung entsprechend, das heißt als Unterkunft für Almpersonal, zu verwenden.
Ob das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Kalb von einem Wolf gerissen wurde, ist durch keinen Fachmann nachgewiesen worden. Daher ist es auch entbehrlich, diesbezügliche Erwägungen über die Notwendigkeit der Übernachtung von Hirten bzw. des Beschwerdeführers und seiner Familienmitglieder über dem Viehunterstand hinsichtlich der neu aufgetretenen Wolfsproblematik anzustellen. Jedenfalls entspricht es der Lebenserfahrung und ist daher auch anzunehmen, dass eine in diesem Zusammenhang im Viehunterstand auftretende Unruhe unter dem Weidevieh auch in der 80 m davon entfernten Almhütte wahrnehmbar ist.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass durch die Errichtung einer Sennstube anstelle des Heulagers eine Zersiedelung eingeleitet wird, da die beantragte Verwendungsänderung des bereits bewilligten Heulagers unter dem Gesichtspunkt der Existenzsicherung und der Erfordernisse des zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebes des Antragstellers weder notwendig noch spezifisch ist.
Auch ein allenfalls selbstverschuldeter Notstand begründet nach der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung noch kein öffentliches Interesse und konnte sohin eine naturschutzrechtliche Bewilligung für den beantragten Verwendungszweck nicht erteilt werden.
Daher wurde zu Recht der Auftrag erteilt, die bereits konsenslos errichtete Sennstube in das bewilligte Heulager rückzubauen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
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