BVwG W153 2010005-1

BVwGW153 2010005-127.10.2014

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61
AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W153.2010005.1.00

 

Spruch:

W153 2010005-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter über die Beschwerde von xxxx, StA. Somalia, vertreten durch den xxxx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.07.2014, Zl. 100934000-14502057, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 idgF und § 61 FPG idgF

als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Somalia, brachte am 30.03.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Am 01.04.2014 wurde der Beschwerdeführer in einer Polizeiinspektion einvernommen und gab an, dass er sein Heimatland Ende 2009, Anfang 2010 mit dem PKW illegal nach Kenia verlassen habe. Er sei dann über Uganda per Flugzeug nach Frankreich gelangt. Dort habe er keinen Asylantrag gestellt, obwohl er bei der Einreise festgenommen wurde. Er habe innerhalb von 8 Tagen das Land verlassen müssen und er sei dann letztlich nach Norwegen gelangt, wo er am 23.10.2010 einen Asylantrag gestellt habe. Im September 2013 sei er nach Schweden gereist und habe dort einen weiteren Asylantrag gestellt. Am 21.10.2013 sei er im Rahmen des Dublin-Übereinkommens nach Norwegen rücküberstellt worden. Nachdem dort sein Antrag auf humanitären Aufenthalt abgelehnt worden sei, habe er sich in Schweden einen schwedischen Reisepass, eine ID Card und Visa Card besorgt und sei dann über xxxx nach Österreich geflogen. Von dort habe er nach Kanada weiterreisen wollen. Bei der Ausreise sei er wegen gefälschter Dokumente festgenommen worden und habe hier in Österreich um Asyl angesucht. Als Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, er sei in Somalia von Milizen der Al-Shabaab entführt und misshandelt worden. Auch werde er von seiner Frau schlecht behandelt und von deren Familie bedroht. Er sei Angehöriger einer Minderheit und sei außerdem psychisch am Ende.

Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer am 19.03.2010 einen Asylantrag in Norwegen (NO1...AS93) und am 25.10.2013 (SE1...AS93) einen in Schweden gestellt hatte.

Am 04.04.2014 wurde daher ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) an Norwegen gestellt. Mit Schreiben der norwegischen Behörden vom 11.04.2014 stimmte Norwegen einer Übernahme gem. Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zu.

Am 17.04.2014 fand im Beisein eines Rechtsberaters eine Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) /EAST Ost statt. Hierbei gab der Beschwerdeführer an, es gehe ihm gesundheitlich nicht gut, da er mit seiner Frau Probleme habe und deshalb schlecht schlafe. Seine Angaben im Rahmen der Erstbefragung seien richtig, vollständig und wahrheitsgetreu gewesen. Er wolle nur ergänzen, dass er in Norwegen viele Probleme gehabt habe. Er wolle nicht mehr nach Norwegen zurück, da sein Asylantrag bereits dreimal negativ entschieden worden sei. Als er gehört habe, dass Norwegen plane die Asylwerber abzuschieben, habe er versucht Norwegen mit gefälschten Dokumenten in Richtung Kanada zu verlassen. Bindungen zu Österreich, insbesondere familiäre, finanzielle, private oder berufliche Bindungen bestehen keine. Zu den vorgelegten Länderfeststellungen führte er aus, dass er in Norwegen medizinisch schlecht behandelt worden sei. Er habe einen Schulterbruch gehabt und auch eine Narbe am Kopf. Er sehe schlecht, ohne Brille könne er nicht lesen. Hier in Österreich sei ihm geholfen worden. In Norwegen werden abgelehnte Asylwerber nicht medizinisch behandelt. Auch bekomme er mit einem negativen Bescheid nur mehr 1000 statt 3000 Kronen Taschengeld. Außerdem gebe es in Norwegen nicht so etwas wie eine Rechtsberatung, die vom Staat finanziert wird. Er wolle daher nicht nach Norwegen zurück.

Mit Aktenvermerk vom 17.04.2014 wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer am Ende der Einvernahme, nach der Rückübersetzung, aber vor der Unterschriftsleistung in den Räumlichkeiten des Amtes einen Suizidversuch unternahm. Der Beschwerdeführer sei freiwillig in eine Psychiatrie verbracht worden. Der Beschwerdeführer blieb unverletzt.

Laut Befund des Landesklinikums xxxx befand sich der Beschwerdeführer vom 17. bis 19.04.2014 in stationärer Behandlung. Er leide an akuter und posttraumatischer Belastungsstörung (F43.0 und F43.1) und im Falle einer Abschiebung seien impulshafte suizidale Handlungen nicht auszuschließen.

Ein Gutachten vom 14.05.2014 durch einen medizinischen Sachverständigen ergab, dass der Beschwerdeführer zum Begutachtungszeitpunkt nicht an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. Bezüglich der Überstellungsfähigkeit wurde festgestellt, dass derzeit keine suizidale Einengung und keine konkrete Handlungsplanung vorliegen. Eine Verschlechterung sowie eine Affekthandlung seien aber nicht auszuschließen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 04.08.2014 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Norwegen für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d der Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Norwegen gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Feststellungen zur Lage in Norwegen wurden im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst:

Allgemeines zum norwegischen Asylverfahren

Gesetzliche Grundlagen

Diese bilden die "Regulations of 15 October 2009 on the Entry of Foreign Nationals into the Kingdom of Norway and their Stay in the Realm (Immigration Regulations)" in Kraft getreten mit 1.1.2010. Weiters, insbesondere im Zusammenhang mit Rückführungen der Child Welfare Act (1992) und der Children Act (1991).

(European Council of Refugees and Exiles/Save the Children:

Comparative Study on Practices in the Field of Return of Minors, Final Report; December 2011)

Norwegische Gesetze und internationale Verinbarungen regeln die Erlaubnis sich in Norwegen aufhalten zu dürfen.

(Norwegian Organisation for Asylum seekers (NOAS): Asylum, Protection, Strong Humanitarian Grounds, ohne Datum; http://www.noas.no/en/tema-asyl-beskyttelse-sterke-menneskelig-hensyn/ , Zugriff 22.11.2012)

Asylverfahren

Eine Aufenthaltserlaubnis in Norwegen kann aus drei Gründen erteilt werden: Asyl (Flüchtlingsstatus), Schutzstatus und humanitäre Gründe, die Gesundheitsfragen, Behinderungen und Verletzungen, Alter, Familie, Beziehung zum Land und Missbrauchsgefahr und Diskriminierung und Belästigung im Heimatland einschließen können. (NOAS: Asylum, Protection, Strong Humanitarian Grounds, ohne Datum)

Für die Registrierung von Asylwerbern (AW) und die Abgabe von Asylanträgen ist die Fremdenpolizei zuständig. Danach werden AW in das Aufnahmezentrum in Tanum gebracht, wo diese auch medizinisch untersucht werden- Nach dem Antrag des Asylwerbers wird dieser mit Unterstützung der NGO "Norwegische Organisation für Asylwerber" (NOAS) über seine Rechte, Pflichten, die Aussicht auf Erfolg des Asylantrags, das Dublinverfahren und anderes Wissenswertes informiert. Der Asylantrag wird von der Immigrationsbehörde UDI (Utlendingsdirektoratet) bearbeitet. Bei der darauf folgenden Einvernahme, bei der das Herkunftsland, Fluchtgründe, der Fluchtweg und die Asylgründe geklärt werden, steht dem Asylwerber kostenlos ein Dolmetscher zur Verfügung.

(Norwegian Directorate of Immigration (UDI): When you arrive in Norway, Last updated 21.5.2008;

http://www.udi.no/Norwegian-Directorate-of-Immigration/Central-topics/Protection/Procedure-in-asylum-cases/Personal-declaration-and-interview/ , Zugriff 22.11.2012)

Die Dauer der Bearbeitung des Asylantrags ist grundsätzlich abhängig vom jeweiligen Einzelfall. Man unterscheidet ein gewöhnliches Verfahren, ein 48 Stundenverfahren, ein 3 Wochenverfahren, ein Dublinverfahren und ein spezielles Verfahren im Falle unbegleiteter Minderjähriger. Jeder Asylantrag wird individuell untersucht. Danach wird dem Asylwerber Asyl oder ein Aufenthalt aus humanitären Gründen (im Falle von ernsten gesundheitlichen Problemen) gewährt, oder der Antrag wird abgelehnt. Im Falle eines positiven Entscheids erhält der Asylberechtigte eine Aufenthaltserlaubnis.

(UDI: Case processing of applications for protection, Last updated 30.12.2009;

http://www.udi.no/Norwegian-Directorate-of-Immigration/Central-topics/Protection/Procedure-in-asylum-cases/What-is-the-procedure-in-asylum-cases/ , Zugriff 22.11.2012)

Wird einer Person Asyl gewährt, erhält sie zunächst eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis, die gegebenenfalls verlängert werden kann. Nach positivem Entscheid wird der AW vom "Norwegian Directorate of Integration and Diversity" (IMDI) einer Gemeinde zugeteilt, wo er sich niederlassen kann.

(UDI: What are your rights and obligations if the UDI grants your application for protection? Last updated 12.1.2010; http://www.udi.no/Norwegian-Directorate-of-Immigration/Central-topics/Protection/Procedure-in-asylum-cases/What-happens-if-your-application-is-granted/ .

Zugriff 22.11.2012)

Schnellverfahren

In Norwegen gibt es ein 48 Stunden-Verfahren, sowie ein 3 Wochen-Verfahren. Das 48 Stunden-Verfahren ist ein vereinfachtes Verfahren das bei Asylanträgen stattfindet, die vermutlich unbegründet sind, da die Asylwerber aus einem Staat kommen, der als sicher eingestuft wird. UDI führt dabei mit dem AW wegen des Asylantrags ein kurzes Interview. Wird dieser als unbegründet eingestuft, kommt es zu dessen Ablehung innerhalb von 48 Stunden und der AW wird außer Landes gebracht.

Das 3 Wochen-Verfahren findet Anwendung bei Asylwerbern, die aus Ländern kommen, aus denen Asylanträge meistens abgelehnt werden, da die Verfolgungsgefahr von der Immigrationsbehörde UDI als gering eingeschätzt wird. Zu diesen Ländern gehören derzeit (Stand Dez. 2009): Albanien, Bosnien, Georgien, Weißrussland, Irak, Mazedonien, Nepal, Nigeria, Russland (nur Russen!), Serbien, Montenegro und Kosovo (ausgenommen Minderheiten).

(European Council on Refugees and Exiles, Report on the Application of the Dublin II Regulations in Europe: Norway, März 2006 / UDI:

Protection (asylum),

http://www.udi.no/Norwegian-Directorate-of-Immigration/Central-topics/Protection/Procedure-in-asylum-cases/What-is-the-procedure-in-asylum-cases/ , Zugriff 22.11.2012)

Berufungsmöglichkeiten

Bei negativem Bescheid kann der Asylwerber gegen diese Entscheidung innerhalb von 3 Wochen Berufung bei der Immigrationsbehörde UDI einlegen. Bleibt diese bei ihrer Entscheidung, wird die Berufung an das Immigration Appeals Board (UNE) zur weiteren Entscheidung weitergeleitet. UDI stellt für eine Berufung einen Rechtsanwalt als Rechtsbeihilfe zur Verfügung, der von den norwegischen Behörden bezahlt wird. Eine negative Entscheidung des UNE bewirkt, dass der AW innerhalb von zwei Wochen Norwegen verlassen muss, kann aber letztendlich noch bei einem ordentlichen Gericht beeinsprucht werden. Dieser Instanzenzug wird allerdings nicht mehr vom Staat finanziert und hat außerdem keine aufschiebende Wirkung.

(UDI: What happens if your application for protection is rejected? Last updated 30.12.2009,

http://www.udi.no/Norwegian-Directorate-of-Immigration/Central-topics/Protection/Procedure-in-asylum-cases/What-happens-if-your-application-is-rejected/ , Zugriff 22.11.2012)

Dublin II-Rückkehrer

AW, die gemäß der Dublin II-Verordnung nach Norwegen zurückgebracht wurden, haben wiederum Zugang zum ordentlichen Asylverfahren. Ist das ursprüngliche Verfahren aufgrund von Abwesenheit des AW mittlerweile geschlossen worden, ist ein Antrag auf Wiedereröffnung desselben bei der Berufungsinstanz zu beantragen. Kommt der AW aus einem Land, dass seitens der norwegischen Behörden als sicher eingestuft wird, wird dabei das sog. 48-Stunden-Verfahren angewandt. Eine diesbezügliche negative Entscheidung kann zwar beeinsprucht werden, hat aber keine aufschiebende Wirkung. Auch Anspruch auf rechtliche Unterstützung im Verfahren besteht wie im ordentlichen Verfahren.

Asylwerber, die sich in einem Asylverfahren gemäß der Dublin II-Verordnung befinden (die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaates wird überprüft), haben den gleichen Zugang zu Versorgungseinrichtungen wie andere Asylwerber, jedoch erhalten sie weniger finanzielle Unterstützung. Asylwerbern, die aufgrund der Dublin II VO nach Norwegen zurückkehren, stehen die genau gleichen Versorgungsbedingungen zu.

(European Council on Refugees and Exiles, Report on the Application of the Dublin II Regulation in Europe, March 2006, AD3/3/2006/EXT/MH, available at:

http://www.unhcr.org/refworld/docid/47fdfacdd.html , Zugriff 23.11.2012)

...

Non-Refoulement

Die Regierung hat ein System zur Gewährung des Flüchtlings- bzw. Asylstatus im Sinne der GFK geschaffen und gewährte auch Schutz vor "Refoulement". Die Regierung gewährte ebenso temporären Schutz für Personen, die sich nicht als Flüchtlinge qualifizieren konnten.

(U.S. Department of State: Country Reports on Human Rights Practices for 2011 Norway; May 2012;

http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?dynamic_load_id=186390 #wrapper, Zugriff 23.11.2012)

Versorgung

Nach der Registrierung durch die Polizei werden AW in ein Transitaufnahmezentrum gebracht, wo diese bis zur Befragung durch das UDI bleiben können. Weiters werden Informationen seitens der Norwegian Organisation for Asylum Seekers über das Asyl- und Dublinverfahren und über die Aussicht Asyl zu bekonmen jedem Asylwerber zur Verfügung gestellt. (Norwegian Directorate of Immigration (UDI): When you arrive in Norway, Last updated 21.5.2008)

Aufnahmezentren sind über ganz Norwegen verteilt und werden von lokalen Behörden, NGOs und privaten Unternehmungen auf Vertragsbasis mit dem UDI geführt. Die Anzahl der Zentren ist abhängig von der Anzahl der Asylwerber, wobei es je nach Bedarf zu Neuerrichtungen aber auch zu Schließungen kommen kann.

Die Errichtung von Aufnahmezentren ist Sache der jeweiligen Kommunen, wobei diese bei solchen Vorhaben mit der Regierung zusammenarbeiten. Es gibt verschiedene Arten von solchen Zentren. Die Unterbringung erfolgt jeweils nach dem aktuellen Verfahrensstand den der AW gerade durchläuft bzw. nach vorhandenen speziellen Bedürfnissen. Das sog. Child Welfare Service ist z.B. für die Betreuung von unbegleiteten Minderjährigen unter 15 Jahren verantwortlich. Die Unterbringungseinrichtungen werden als Care Centres bezeichnet.

(UDI: Reception centres, Last updated 30.12.2009;

http://www.udi.no/Norwegian-Directorate-of-Immigration/Central-topics/Protection/Various-types-of-reception-centres/ , Zugriff 23.11.2012)

Die Gemeinden haben dafür zu sorgen, dass ihre Einwohner die erforderlichen Gesundheitsdienstleistungen erhalten. Dies gilt auch für Einwanderer, Flüchtlinge und Asylbewerber. Das Angebot des kommunalen Gesundheitswesens soll unter anderem folgende Dienstleistungen umfassen:

Die Fylkeskommunen müssen dafür Sorge tragen, dass alle, die im Fylke wohnen oder sich vorübergehend dort aufhalten, in einem zufriedenstellendem Ausmaß Zugang zu Zahnärzten, hierunter fallen auch Spezialisten, haben.

Die regionalen Gesundheitsunternehmen sind für die Bereitstellung von Gesundheitsdienstleistungen auf Krankenhaus- und Facharztebene zuständig. Diese Dienstleistungen können von allen Personen in Anspruch genommen werden, die in der betreffenden Gesundheitsregion wohnen oder sich dort vorübergehend aufhalten.

Die kommunalen Gesundheitsdienstleistungen werden vom Staat getragen durch die Regelung der Sozialversicherung, durch kommunale Mittel und durch Selbstbeteiligung des Patienten. Die Gesundheitspflege im Rahmen von speziellen Gesundheitsdienstleistungen wird vom Staat getragen durch Bewilligungen an die öffentlichen regionalen Gesundheitsdienste, durch die Sozialversicherung und durch Selbstbeteiligung des Patienten.

(Neu in Norwegen: Die Gesundheitsdienstleistungen, ohne Datum; http://www.nyinorge.no/de/Ny-i-Norge-velg-sprak/Neu-in-Norwegen/Gesundheit/Gesundheitsdienstleistungen/Die-Gesundheitsdienstleistungen/ , Zugriff 23.11.2012)

Anschließend wurde im angefochtenen Bescheid zusammengefasst festgehalten, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden seien, dass der Beschwerdeführer tatsächlich konkret Gefahr liefe, in Norwegen Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihm eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen würde. Akut existenzbedrohende Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Norwegen seien der Aktenlage nicht zu entnehmen.

Gegen den Bescheid des Bundesamtes richtete sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, worin im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass der Inhalt der Einvernahme vom 17.04.2014 nicht den tatsächlichen Abläufen entspreche. Die Einvernahme sei wegen seines Suizidversuches nicht zu Ende geführt worden. Der Beschwerdeführer habe die Niederschrift nicht unterschrieben und er habe keine Kopie erhalten. Auch habe er das fachärztliche Gutachten weder erhalten noch habe er dazu eine Stellungnahme abgeben können. Wenn die Polizei komme, um ihn nach Norwegen zu überstellen, werde er aus dem Fenster springen und sich umbringen.

Auf Grund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 15.09.2014 wurde die gegenständliche Rechtssache am 23.09.2014 der h. o. Gerichtsabteilung zugewiesen.

Am 27.10.2014 wurde seitens der LPD xxxx mitgeteilt, dass der Festnahmeauftrag zwecks Überstellung nicht vollzogen werden konnte. Laut Bericht vom 13.10.2014 wohne der Beschwerdeführer nicht an der gemeldeten Adresse. Die Wohnungseigentümerin habe angegeben, dass der Beschwerdeführer lediglich aus Gefälligkeit an der Adresse angemeldet worden sei und er dort nicht wohne.

Am 27.10.2014 legte der Beschwerdeführer eine Vollmacht eines Rechtsvertreters vor und in einem Schreiben wird ersucht festzustellen, dass die Überstellungsfrist abgelaufen und das Verfahren damit in Österreich zuzulassen sei. Bezüglich seiner Abwesenheit, als die Polizei an der angegebenen Unterkunft Nachschau gehalten habe, führte er aus, dass er bereits auf dem Weg zu einem Rechtsberatungsgespräch gewesen sei.

Eine Recherche beim BFA ergab, dass der Beschwerdeführer ab 26.08.2014 vorerst unbekannten Aufenthaltes war und dies zwecks Verlängerung der Überstellungsfrist den norwegischen Behörden mitgeteilt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Somalia, stellte am 23.10.2010 einen Asylantrag. Nachdem der Asylantrag abgelehnt wurde, beabsichtigte der Beschwerdeführer Ende März 2014 mit einem gefälschten Reisepass per Flugzeug über Österreich nach Kanada reisen. Nach seiner Festnahme in Österreich stellte er am 30.03.2014 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

Am 04.04.2014 richtete das BFA ein Wiederaufnahmeersuchen an Norwegen gestellt. Mit Schreiben der norwegischen Behörden vom 11.04.2014 stimmte Norwegen einer Übernahme gem. Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zu.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur allgemeinen Situation im Mitgliedstaat Norwegen an.

Besondere, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Norwegen sprechen, liegen nicht vor.

Der Beschwerdeführer leidet an psychischen Problemen. Nach einem Suizidversuch wurde er zwei Tage stationär behandelt. Ein Gutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin, psychosomatische und psychotherapeutische Medizin, welche zudem eine allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige ist, hat ergeben, dass der Beschwerdeführer zum Begutachtungszeitpunkt nicht an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. Bezüglich der Überstellungsfähigkeit wurde festgestellt, dass derzeit keine suizidale Einengung und keine konkrete Handlungsplanung vorliegen. Eine Verschlechterung sowie eine Affekthandlung seien aber nicht auszuschließen. Es liegen keine aktuellen Befunde einer weiteren stationären Aufnahme in einer psychiatrischen Abteilung oder über eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes vor.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine besonderen privaten oder familiären Bindungen.

Wegen unbekannten Aufenthaltes des Beschwerdeführers hat sich die Überstellungsfrist bis 11.10.2015 verlängert.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Reiseweg und den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers ergeben sich u.a. aus dem eigenen Vorbringen im Zusammenhang mit der damit im Einklang stehenden Aktenlage.

Die Feststellung hinsichtlich des Wiederaufnahmeersuchens seitens der österreichischen Dublin-Behörde und der damit einhergehenden ausdrücklichen Zustimmung Norwegens zum Ansuchen beruht auf dem durchgeführten Konsultationsverfahren.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes sind keine wesentlichen Verfahrensfehler im Behördenverfahren festzustellen. Dem Beschwerdeführer wurden der Inhalt der Einvernahme vom 17.04.2014 sowie das ärztliche Gutachten spätestens im Bescheid zur Kenntnis gebracht. Diesbezügliche konkrete inhaltliche Einwendungen wurden in der Beschwerde jedoch nicht vorgebracht.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich ebenfalls aus der Aktenlage. Es liegen trotz der psychischen Probleme des Beschwerdeführers keine Befunde vor, die eine Rücküberstellung nach Norwegen verhindern würden.

Die Länderfeststellungen sind vom November 2012. Da sich die Situation des Asylwesens in Norwegen seither nicht relevant verändert hat und auch in der Beschwerde keine aktuelleren Dokumente vorgelegt wurden, werden diese vom Bundesverwaltungsgericht als ausreichend aktuelle Quellen, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen, anerkannt. Die Behörde hat im angefochtenen Bescheid ausreichend Feststellungen zur Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer gem. der Dublin - Verordnung) in Norwegen samt dem dortigen jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelwege getroffen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den getroffenen Erwägungen des Bundesamtes vollinhaltlich an.

Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderfeststellungen klar und substantiell widersprechen würden, hat der Beschwerdeführer nicht dargetan.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I 144/2013 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I 144/2013 lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I 144/2013 lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 16 Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Artikel 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird.

In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Art 29 Modalitäten und Fristen

(1) ..............

(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedsstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedsstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.

Art 9 Abs. 2 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 der Kommission lautet:

(2) Ein Mitgliedsstaat, der aus einem der in Artikel 29 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 genannten Gründe die Überstellung nicht innerhalb der üblichen Frist von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Annahme des Gesuchs um Aufnahme oder Wiederaufnahme der betroffenen Person oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese aufschiebende Wirkung hat, vornehmen kann, unterrichtet den zuständigen Mitgliedstaat darüber vor Ablauf dieser Frist. Ansonsten fallen die Zuständigkeit für die Behandlung des Antrags auf internationalen Schutz bzw die sonstigen Verpflichtungen nach der Verordnung (EU) Nr 604/2013 gemäß Artikel 29 Absatz 2 der genannten Verordnung dem ersuchenden Mitgliedstaat zu.

Zur Frage der Unzuständigkeit Österreichs für die Durchführung des gegenständlichen Asylverfahrens pflichtet das Bundesverwaltungsgericht dem BFA bei, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt die Zuständigkeit Norwegens ergibt. Dies folgt aus den Regelungen des Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-Verordnung.

In einem Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 18 Dublin III-Verordnung findet eine neuerliche Überprüfung der Richtigkeit der seinerzeit erfolgten Zuständigkeitsbestimmung nicht mehr statt, es ist vielmehr lediglich zu prüfen, ob die Zuständigkeit inzwischen wieder erloschen ist (vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung, K5 zu Art. 16). Es ist allerdings eine (Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, auf welcher Bestimmung diese Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaates beruht (VfGH 17.06.2012, U 462/12). Im vorliegenden Fall gibt es für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaates als Norwegen keine Anhaltspunkte.

Zu einer Verpflichtung Österreichs, von seinem Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung Gebrauch zu machen, wird bemerkt:

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das Fremdenrechtspaket 2005 führen zu der damals geschaffenen Bestimmung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 Folgendes aus (952 BlgNR, 22. GP):

"Es ist davon auszugehen, dass diese Staaten Asylwerbern ein faires, den rechtsstaatlichen und völkerrechtlichen Vorschriften entsprechendes Asylverfahren einräumen. Im zweiten Erwägungsgrund der Präambel zur Dublin-Verordnung ist ausdrücklich festgehalten, dass sich die Mitgliedstaaten als "sichere Staaten" - insbesondere die Grundsätze des Non-Refoulements beachtend - für Drittstaatsangehörige ansehen. Daher normiert Abs. 3 eine Beweisregel, nach der der Asylwerber besondere Gründe vorbringen muss, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes sprechen. Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH 19.02.2004, 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR).

Im Erkenntnis des VwGH vom 31.03.2005, 2002/20/0582, führt dieser - noch zum AsylG 1997 - aus, dass es für die Frage der Zulässigkeit einer Abschiebung in einen anderen Mitgliedstaat aufgrund des Dublin-Übereinkommens nicht darauf ankommt, dass dieser Mitgliedstaat dem Asylwerber alle Verfahrensrechte nach Art. 13 EMRK einräumt. Verlangt sei statt einer detaillierten Bewertung der diesbezüglichen Rechtslage des anderen Mitgliedstaats lediglich eine ganzheitliche Bewertung der möglichen Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch Österreich durch die Überstellung. Dabei ist auf die "real risk"-Judikatur des EGMR abzustellen. Die Gefahrenprognose hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen zu beziehen. Dies wird durch die neue Beweisregel des Abs. 3 für Verfahren nach § 5 hervorgehoben, wobei der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Behörde entweder notorisch von solchen Umständen - die nur nach einer entscheidenden Änderung zum jetzigen Zustand im jeweiligen Staat vorliegen können - weiß oder diese vom Asylwerber glaubhaft gemacht werden müssen."

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (z. B. VfGH 17.06.2005, B 336/05; 15.10.2004, G 237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (z. B. VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949; 25.04.2006, 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären, etwa durch eine Kettenabschiebung.

Der Gerichtshof der Europäischen Union sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12 , Shamso Abdullahi/Österreich, aus, Art. 19 Abs. 2 der Dublin II-Verordnung sei dahin auszulegen, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (in Folge "GRC") ausgesetzt zu werden.

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-Verordnung auszuüben ist, hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10 , N.S./Vereinigtes Königreich, befasst und, ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Urteil vom 21.01.2011, 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland, ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten.

Zu einer möglichen Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK wurde im vorliegenden Fall Folgendes erwogen:

Gemäß Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Laut Aktenlage wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers in Norwegen negativ entschieden.

Relevant wären im vorliegenden Zusammenhang schon bei einer Grobprüfung erkennbare grundsätzliche schwerwiegende Defizite im Asylverfahren des zuständigen Mitgliedstaates (also etwa:

grundsätzliche Ablehnung aller Asylanträge oder solcher bestimmter Staatsangehöriger oder Angehöriger bestimmter Ethnien; kein Schutz vor Verfolgung "Dritter", kein Rechtsmittelverfahren).

Solche qualifizierten Defizite (die bei einem Dublin-Mitgliedstaat nicht vorausgesetzt werden können, sondern zunächst einmal mit einer aktuellen individualisierten Darlegung des Antragstellers plausibel zu machen sind, dies im Sinne der Regelung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005) sind auf Basis der Feststellungen des Bundesamtes nicht erkennbar.

Im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin-Verordnung nach Norwegen rücküberstellt werden, sind aufgrund der norwegischen Rechtslage oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten nach der EMRK nicht feststellbar. Wie aus den Länderfeststellungen vielmehr ersichtlich ist, haben Dublin - Rückkehrer wiederum Zugang zum ordentlichen Asylverfahren bzw. sie können einen Antrag auf Wiedereröffnung stellen. Weiters ist festzuhalten, dass Norwegen Schutz vor "Refoulement" gewährt (vgl oben Seite 6).

Der Beschwerdeführer hat auch die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen in seinen Rechten, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinn des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Norwegen und letztlich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, insbesondere auch durch Beantragung einer vorläufigen Maßnahme gemäß Art. 39 EGMR-VerfO, geltend zu machen.

Letztlich ist im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgetreten, dass die norwegische Asylrechtspraxis systematische Defizite aufweist, weshalb kein "real risk" im Hinblick auf eine Art. 3 EMRK-Verletzung erkannt werden kann.

Bezüglich der gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers wird festgestellt, dass diese keinesfalls jene besondere Schwere aufweisen, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zu Art. 3 EMRK eine Abschiebung nach Norwegen als eine unmenschliche Behandlung erscheinen ließe. Es ist derzeit nicht aktenkundig, dass sich der Beschwerdeführer in dauernder stationärer Behandlung befände oder auf Dauer nicht reisefähig wäre. Laut den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides wird Asylwerbern in Norwegen die notwendige medizinische Versorgung gewährt und es können daher die erforderlichen Therapien und Behandlungen auch in diesem Mitgliedstaat der Union erfolgen. In Norwegen sind alle Krankheiten uneingeschränkt behandelbar. Nach der Rechtsprechung zu Art. 3 EMRK wäre es schließlich auch unerheblich, ob die Behandlung im Zielland etwa nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver wäre als im abschiebenden Staat.

Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die Fremdenpolizeibehörde bei der Durchführung einer Abschiebung im Fall von bekannten Erkrankungen des Fremden durch geeignete Maßnahmen dem Gesundheitszustand Rechnung zu tragen hat. Insbesondere wird kranken Personen eine entsprechende Menge der verordneten Medikamente mitgegeben. Anlässlich einer Abschiebung werden von der Fremdenpolizeibehörde auch der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen die entsprechenden Maßnahmen gesetzt. Im Fall einer schweren psychischen Erkrankung und insbesondere bei Selbstmorddrohungen werden geeignete Vorkehrungen zur Verhinderung einer Gesundheitsschädigung getroffen.

Insgesamt gesehen handelt es sich im vorliegenden Fall nach dem Maßstab der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte um keinen "ganz außergewöhnlichen Fall, in dem die humanitären Gründe gegen die Rückführung zwingend sind" ("a very exceptional case, where the humanitarian grounds against the removal are compelling"), fehlt es doch an sämtlichen dafür maßgeblichen Kriterien: Denn im Fall D./Vereinigtes Königreich (EGMR 02.05.1997, 30240/96) lagen die ganz außergewöhnlichen Umstände darin, dass sich der Beschwerdeführer erstens in der Endphase einer tödlichen Erkrankung befand, zweitens für ihn im Herkunftsstaat keine Krankenbehandlung und -pflege verfügbar war und drittens mangels Angehöriger seine Grundbedürfnisse nicht gesichert waren.

Seitens des Bundesamtes wurde somit zu Recht festgestellt, dass der Beschwerdeführer keine auf sich selbst bezogenen besonderen Gründe, die für eine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK sprächen, glaubhaft machen konnte, weshalb die Rechtsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 zur Anwendung kommt, wonach ein Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat Schutz vor Verfolgung findet.

Mögliche Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK:

Familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich hat der Beschwerdeführer keine vorgebracht, weshalb durch die Überstellung nach Norwegen bereits definitionsgemäß kein Eingriff in das Recht auf Familienleben vorliegt. Ebenso wenig sind schützenswerte Aspekte des Privatlebens hervorgekommen, wie beispielsweise eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer (vgl. VfGH 26.02.2007, Z. 1802,1803/06-11).

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Daher bestand auch keine Veranlassung, von dem in Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehenen Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz vorzunehmen.

Gem. Art. 29 Abs. 2 letzter Satz kann sich die Überstellungsfrist auf höchstens 18 Monate erhöhen, wenn die betreffende Person flüchtig ist. Die Fristverlängerung tritt auch dann ein, wenn der Betreffende wieder betreten wird (vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, K12 zu Art. 29).

Der Beschwerdeführer hat sich am 26.08.2014 von der Betreuungsstelle ohne Abmeldung entfernt und ist seither für die Behörde nicht erreichbar. Die laut ZMR angegebene Wohnadresse hat sich als Scheinadresse herausgestellt. Die norwegischen Behörden wurden gem. Art. 9 Abs. 2 DurchführungsVO (EU) Nr. 118/2014 innerhalb der 6-monatigen Überstellungsfrist darüber informiert, dass der Beschwerdeführer flüchtig ist und sich somit die Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängert.

Nach § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

In seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Zlen. Ra 2014/20/0017 und 0018, erachtete der Verwaltungsgerichtshof für die Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG folgende Kriterien als maßgeblich: "Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen."

Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der Feststellung der Zuständigkeit des Mitgliedstaates Norwegens zur Prüfung des Antrages des Beschwerdeführers gegeben. Der Sachverhalt ist im gegenständlichen Fall aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen. Es ergab sich sohin auch keinen Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291).

Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG lagen zu keinem Zeitpunkt des gegenständlichen Verfahrens vor.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im vorliegenden Fall liegen die tragenden Elemente der Entscheidung allein in der Bewertung der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedsstaat, die auf den umfassenden und aktuellen Feststellungen der Behörde über die Lage im Vertragsstaat beruht, sowie in der Bewertung der Intensität des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers und demgemäß in Tatbestandsfragen.

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

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