Normen
B-VG Art140 Abs1 Z1 litb
StGG Art5
EMRK 1. ZP Art1
Oö GVG 1994 §1, §2, §4, §6, §7
VfGG §7 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2025:G164.2024
Spruch:
§7 des Landesgesetzes über den Verkehr mit Grundstücken (Oö Grundverkehrsgesetz 1994 ‑ Oö GVG 1994), LGBl Nr 88/1994, idF LGBl Nr 85/2002 wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren
1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E2269/2023 eine auf Art144 B‑VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
1.1. Der Beschwerdeführer ist auf Grund eines Einantwortungsbeschlusses des Bezirksgerichtes Bad Ischl vom 7. September 2020 außerbücherlicher Miteigentümer eines Wohnungseigentumsobjektes von 85/20.000‑Anteilen an einer näher bezeichneten Liegenschaft in Lindau. Die Tante des Beschwerdeführers hat ihm und seinem Bruder ihre Anteile an der Liegenschaft jeweils zur Hälfte vererbt.
1.2. Der Beschwerdeführer beabsichtigte, mit Kaufvertrag vom 4. Mai 2021 bzw 6. Mai 2021 die Hälfteanteile seines Bruders zu erwerben.
1.3. Mit Eingabe vom 18. Juni 2021 beantragte der Beschwerdeführer die Erlassung eines Feststellungsbescheides für den Rechtserwerb an 85/20.000‑Anteilen an näher bezeichneter Liegenschaft in Lindau auf Grund des Kaufvertrages vom 4. Mai 2021 bzw 6. Mai 2021. Darin begehrte er die Feststellung, dass das Rechtsgeschäft einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung nicht bedürfe; in eventu möge die Behörde die grundverkehrsbehördliche Genehmigung erteilen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei diesem Rechtsgeschäft um die Zusammenziehung der Hälfteanteile (Erbantritt gemäß Einantwortungsbeschluss) handle.
1.4. Mit Bescheid vom 10. Jänner 2023 stellte die zuständige Behörde fest, dass eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung erforderlich sei. Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel erhoben. Er ist rechtskräftig geworden.
1.5. Mit Bescheid vom 15. Februar 2023 versagte die Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden die grundverkehrsbehördliche Genehmigung für den Kaufvertrag auf Grund des Eventualantrages des Beschwerdeführers, den dieser wegen des rechtskräftigen Bescheides, dass eine Genehmigungspflicht bestehe, gestellt hat. Begründend wurde ausgeführt, dass die Ausnahmetatbestände im Sinne des §7 Abs2 und 3 Oö GVG 1994 nicht vorlägen.
1.6. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Erkenntnis vom 7. Juni 2023 als unbegründet ab.
1.7. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich stellte zunächst fest, dass der Beschwerdeführer seinen Hauptwohnsitz in Wien habe. Es sei kein Ausnahmetatbestand nach §7 Abs2 Oö GVG 1994 verwirklicht. Er beabsichtige, in der Wohnung ungefähr fünf Mal im Jahr für eine Nacht zu bleiben. Es sei nicht geplant, dort einen Wohnsitz im Sinne des Meldegesetzes zu begründen. Ebenso sei die Behauptung, dass auf Grund der geringen Größe der Wohnung kein Hauptwohnsitz begründet werden könne, eine Schutzbehauptung, weil die Erblasserin laut Zentralem Melderegister (ZMR) vom 6. Mai 2014 bis 7. März 2020 mit Hauptwohnsitz dort gemeldet gewesen sei. Es handle sich somit um einen Freizeitwohnsitz im Sinne des Oö GVG 1994, weil sich der Beschwerdeführer in dieser Wohnung in der Absicht niederlasse, sie nicht zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs, sondern nur zeitweilig zu Erholungszwecken zu verwenden.
Der Verkäufer (der Bruder des Beschwerdeführers) sei in den letzten zehn Jahren nicht Eigentümer der Wohnung gewesen, und die Wohnung sei auch nicht in den letzten fünf Jahren als Freizeitwohnsitz genutzt worden.
Weiters sei ein Überhang an Nebenwohnsitzen (gemeint sind Freizeitwohnsitze) im Siedlungsbereich gegeben, und das Gebiet sei als Vorbehaltsgebiet im Sinne der OÖ Vorbehaltsgebiete‑Verordnung und dem Oö GVG 1994 anzusehen. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich argumentiert insbesondere, dass der Erwerb durch den Beschwerdeführer den Planungszielen bzw der angestrebten Ortsentwicklung in soziokultureller, strukturpolitischer, wirtschaftspolitischer und gesellschaftspolitischer Sicht widerspreche, weil im unmittelbaren örtlichen Bereich ein Überhang an Nebenwohnsitzen (gemeint sind Freizeitwohnsitze) gegeben sei. Damit bestehe auch keine Ausnahme gemäß §7 Abs3 Oö GVG 1994. Der Antrag sei daher zu Recht abgewiesen worden.
2. Bei der Behandlung der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §7 Oö GVG 1994 LGBl 88/1994, idF LGBl 85/2002 entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 20. September 2024 beschlossen, diese Gesetzesbestimmung von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.
3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:
"[…]
4.3. Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen §7 Oö GVG 1994 das Bedenken, dass diese Bestimmung gegen das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums verstößt:
4.3.1. Der Gesetzgeber kann angesichts des in Art1 1. ZPEMRK enthaltenen Gesetzesvorbehalts Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes auf Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt (VfSlg 9189/1981, 10.981/1986 und 15.577/1999), soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt (VfSlg 9911/1983, 14.535/1996, 15.577/1999, 17.071/2003 und 20.089/2016) und nicht unverhältnismäßig ist (VfSlg 13.587/1993, 14.500/1996, 14.679/1996, 15.367/1998, 15.753/2000, 19.950/2015 und 20.397/2020).
4.3.2. Aus dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums ergibt sich, dass im Baugrundstücksverkehr von der Unzulässigkeit nach §7 Abs1 Oö GVG 1994 nur solche Rechtserwerbe umfasst sein können, die öffentlichen Interessen zuwiderlaufen. Dabei sind auch die Zielsetzungen des §1 Abs1 Oö GVG 1994 zu berücksichtigen. Ferner müssen Einschränkungen des Grundrechtes auf Unversehrtheit des Eigentums zur Zielerreichung geeignet, erforderlich sowie verhältnismäßig im engeren Sinn sein. Eine Eigentumsübertragung eines ideellen Anteils an einer Liegenschaft, die von einem Erwerber bereits als Freizeitwohnsitz rechtmäßig nach dem Oö GVG 1994 genutzt wird und unabhängig vom Rechtserwerb weiter genutzt werden darf, dürfte öffentlichen Interessen nicht widersprechen und daher nicht verhindert werden.
Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass das Ziel der Vermeidung der Nutzung eines Freizeitwohnsitzes mit der Untersagung eines Rechtserwerbes nicht erreicht werden kann, wenn ein Erwerber Miteigentum an einer Liegenschaft hat und diese bereits als Freizeitwohnsitz rechtmäßig nach dem Oö GVG 1994 nutzt und unabhängig vom Rechtserwerb nutzen darf. Die Eigentumsbeschränkung dürfte weder öffentlichen Interessen dienen noch erforderlich sein.
Bereits in VfSlg 12.695/1991 ist im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehrsfalles zum Ausdruck gekommen, dass durch die Übertragung des Hälfteanteils durch einen Miteigentümer auf den anderen Miteigentümer keine den öffentlichen Interessen gemäß §4 Abs1 Oö GVG 1975 zuwiderlaufende Schwächung eines landwirtschaftlichen Betriebes eintritt.
Der Verfassungsgerichtshof wird zu prüfen haben, ob die Übertragung eines Anteils an einen Erwerber, der bereits Miteigentümer ist und das dem zu genehmigenden Rechtserwerb unterliegende Grundstück bzw den Grundstücksteil als Freizeitwohnsitz rechtmäßig nach dem Oö GVG 1994 nutzt und unabhängig vom Rechtserwerb nutzen darf, von der Unzulässigkeit nach §7 Abs1 Oö GVG 1994 ausgenommen sein müsste und §7 Oö GVG 1994 deshalb gegen das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums verstößt.
4.3.3. Es wird auch zu prüfen sein, ob und allenfalls inwieweit zur Verhinderung von Umgehungshandlungen im Zuge erbrechtlicher Vorgänge landesrechtliche Bestimmungen, wie §7 Oö GVG 1994, erforderlich sind.
4.4. Der Verfassungsgerichtshof hegt zudem das Bedenken, dass die in Prüfung gezogene Bestimmung des §7 Oö GVG 1994 dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen dürfte.
4.4.1. Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001).
4.4.2. Durch die in Prüfung gezogene Bestimmung sind Rechtserwerbe gemäß §1 Abs2 Z1 bis 4 Oö GVG 1994 zu Freizeitwohnsitzzwecken an Baugrundstücken innerhalb eines Vorbehaltsgebietes unzulässig, soweit nichts anderes bestimmt ist. Von der Unzulässigkeit sind Rechtserwerbe an Grundstücken mit der Widmung Zweitwohnungsgebiet (§23 Abs2 Oö ROG 1994), durch nahe Angehörige, wobei bei einer Übertragung des Eigentums der Rechtsvorgänger zumindest die letzten zehn Jahre Eigentümer des Grundstücks oder Grundstücksteiles gewesen sein muss, oder deren Gegenstand während der letzten fünf Jahre ausschließlich zu Freizeitwohnsitzzwecken genutzt wurde, ausgenommen. Für den Verfassungsgerichtshof erscheint es vorläufig nicht sachlich gerechtfertigt, dass der Rechtserwerb an einer Liegenschaft, an der ein Erwerber bereits Miteigentum begründet und diese schon als Freizeitwohnsitz rechtmäßig nach dem Oö GVG 1994 nutzt und unabhängig vom Rechtserwerb nutzen darf, von der Unzulässigkeit des §7 Abs1 Oö GVG 1994 umfasst ist. Die Regelung dürfte daher gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen.
5. Im Gesetzesprüfungsverfahren wird auch zu klären sein, ob, sollten diese Bedenken des Verfassungsgerichtshofes zutreffen, §7 Oö GVG 1994 einer verfassungskonformen Interpretation dahingehend zugänglich ist, dass es sich bei der Übertragung eines Anteils an einen Erwerber, der bereits Miteigentümer ist und das dem zu genehmigenden Rechtserwerb unterliegende Grundstück bzw den Grundstücksteil als Freizeitwohnsitz rechtmäßig nach dem Oö GVG 1994 nutzt und unabhängig vom Rechtserwerb nutzen darf, um keinen unzulässigen Rechts-erwerb im Sinne des §7 Oö GVG 1994 handelt."
4. Die Oberösterreichische Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken wie folgt entgegentritt:
"[…]
Nach der Systematik des Oö GVG 1994 sind Rechtserwerbe zu Freizeitwohnsitzzwecken an Baugrundstücken oder Teilen davon grundsätzlich (uneingeschränkt) zulässig. Eine Beschränkung ergibt sich nur dort, wo diese Rechtserwerbe innerhalb eines Vorbehaltsgebiets erfolgen sollen.
Gemäß §6 Abs1 Oö GVG 1994 sind durch Verordnung der Landesregierung Gebiete (Gemeindegebiete – derzeit sind 26 von insgesamt 438 Gemeinden zu Vorbehaltsgebieten verordnet), in denen die Anzahl der Freizeitwohnsitze im Verhältnis zur Anzahl der Hauptwohnsitze erheblich über den entsprechenden Zahlen in den angrenzenden oder vergleichbaren Gemeinden liegt, in denen die Anzahl der Freizeitwohnsitze einer sozio‑kulturellen, strukturpolitischen, wirtschaftspolitischen oder gesellschaftspolitischen Entwicklung dieses Gebiets entgegensteht oder in denen eine überdurchschnittliche Erhöhung der Preise für Baugrundstücke durch die Nachfrage an Freizeitwohnsitzen eingetreten ist bzw eine solche unmittelbar droht, zu Vorbehaltsgebieten zu erklären, sofern es zur Verwirklichung der im §1 Abs1 Z1 und 3 bis 6 Oö GVG 1994 genannten Ziele notwendig ist.
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Prüfungsbeschluss selbst festgehalten, dass hinsichtlich der Beurteilung der Frage, ob die vorliegende Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt, auf die im §1 Abs1 Oö GVG 1994 normierten Zielsetzungen dieses Landesgesetzes abzustellen ist (Rz 33). Entsprechend den Zielen des Oö GVG 1994 soll beim Verkehr mit Grundstücken oder Teilen davon insbesondere unter Bedachtnahme auf die Grundsätze eines umfassenden Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutzes das öffentliche Interesse beispielsweise an einer geordneten Siedlungsentwicklung, an Schutz vor Grundstückserwerb zu vorwiegend spekulativen Zwecken, an einer geordneten Entwicklung des sogenannten Freizeitwohnsitzes und an einer Sicherung der nicht vermehrbaren Bodenreserve zur Begründung eines Hauptwohnsitzes, insbesondere für den Wohnbedarf der ortsansässigen Personen, gewährleistet werden.
Die Ziele des Oö GVG 1994 sollen somit allgemein dem Umstand Rechnung tragen, dass eine verstärkte Nachfrage nach dem unvermehrbaren Gut Boden – vor allem in jenen Gebieten, wo das Angebot an Grundstücken auf Grund der topographischen Verhältnisse knapp ist – zu einem Preisniveau führt, das zum Teil ortsansässige Wohnungssucher vom örtlichen Wohnungsmarkt verdrängt. Damit verbunden ist auch das Problem sozialer Selektion und in Tourismusgebieten der Trend, dass Dauerwohnnutzung durch Freizeitwohnnutzung ersetzt wird (vgl Beilage 471/1994 zum kurzschriftlichen Bericht des Oö Landtags, XXIV. Gesetzgebungsperiode, S 1). Die Befriedigung eines ganzjährigen Wohnbedarfs, insbesondere für ortansässige Personen, soll gesichert werden. Personen, die sich entschließen, sich in einem bestimmten Gebiet dauernd niederzulassen, aber auch jene, deren Familien in diesem Gebiet bereits ansässig sind, sollen Vorrang vor jenen Personen haben, die in einem bestimmten Gebiet lediglich einen Freizeitwohnsitz für Ferien- und Urlaubszwecke errichten wollen. Daher ist es jedenfalls im öffentlichen Interesse gelegen, den ortsansässigen Personen und deren Nachkommen beschaffbaren Lebensraum für den Verbleib in diesem Gebiet zur Verfügung zu stellen; Gleiches gilt auch für jene Personen, die in ein Gebiet ziehen, um sich dauernd niederzulassen, also einen Hauptwohnsitz begründen (vgl Beilage 471/1994 zum kurzschriftlichen Bericht des Oö Landtags, XXIV. Gesetzgebungsperiode, S 21).
Anknüpfend an die im §1 Abs1 Oö GVG 1994 dargelegten Ziele enthält §6 Abs1 Oö GVG 1994 jene (negativen) Voraussetzungen, bei deren Vorliegen ein Widerspruch zu den Zielsetzungen dieses Landesgesetzes gegeben und somit die Erklärung eines Gemeindegebiets zu einem Vorbehaltsgebiet im öffentlichen Interesse erforderlich ist. Die im §7 Abs1 Oö GVG 1994 normierte grundsätzliche Unzulässigkeit des Rechtserwerbs zu Freizeitwohnsitzzwecken an Baugrundstücken oder Teilen davon ist an das Vorliegen eines im öffentlichen Interesse gelegenen Vorbehaltsgebiets gekoppelt und kann daher ebenfalls als durch die Zielsetzungen des Oö GVG 1994 gerechtfertigt eingestuft werden. Die dadurch bewirkte Eigentumsbeschränkung ist zur Erreichung der vom Oö GVG 1994 verfolgten und im öffentlichen Interesse gelegenen Ziele erforderlich und auch geeignet, weil in diesem Gebiet, in dem der Rechtserwerb grundsätzlich unzulässig ist, insbesondere die geordnete Entwicklung der Freizeitwohnsitze und die Sicherung der Bodenreserve für den Wohnbedarf der ortsansässigen Personen nicht mehr gegeben sind.
Nach Ansicht der Oö Landesregierung bestehen somit keine Zweifel, dass das Regelungssystem des Oö GVG 1994 in seinen wesentlichsten Teilen der Sicherstellung öffentlicher Interessen dient und daher auch die grundsätzliche Unzulässigkeit von Rechtserwerben zu Freizeitwohnsitzzwecken an Baugrundstücken oder Teilen davon innerhalb von Vorbehaltsgebieten gemäß §7 Abs1 Oö GVG 1994 als maßgebliches Instrument verfassungskonform ist.
1.3. Die Regelung des §7 Abs1 Oö GVG 1994 ist somit jedenfalls im öffentlichen Interesse gelegen. Eine Eigentumsbeschränkung hat für ihre Zulässigkeit jedoch zudem verhältnismäßig zu sein. Es muss eine vernünftige Beziehung der Verhältnismäßigkeit zwischen den eingesetzten Mitteln und dem angestrebten Ziel bestehen, wobei der Gesetzgeber dabei über einen relativ weiten Beurteilungsspielraum verfügt (vgl Korinek, Art1 1. ZPEMRK, in Korinek/Holoubek et al [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht, Rz. 12 ff. (2005)). So ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs eine gesetzliche Regelung dann verhältnismäßig, wenn sie unter Bedachtnahme auf die Intensität der Grundrechtsbeschränkung eine angemessene Relation der Erfordernisse des Allgemeininteresses zu den Grundrechtsschutzinteressen des Einzelnen bewirkt (vgl VfSlg 13.964/1994, 19.950/2015 ua). Für das Vorliegen der Verhältnismäßigkeit des §7 Oö GVG 1994 dürfte dabei nicht unwesentlich sein, dass durch Abs1 dieser Bestimmung – anders als in den den Entscheidungen VfSlg 13.964/1994 und 15.577/1999 zugrundeliegenden Rechtsvorschriften – keine ausnahmslose Unzulässigkeit angeordnet wird, sondern gleichzeitig im Abs2 und 3 Ausnahmen für Rechtserwerbe zu Freizeitwohnsitzzwecken an Baugrundstücken oder Teilen davon innerhalb eines Vorbehaltsgebiets vorgesehen werden.
Nach §7 Abs2 Oö GVG 1994 sind Rechtserwerbe an Grundstücken bzw Grundstücksteilen mit der Widmung Zweitwohnsitzgebiet von der Unzulässigkeit gemäß §7 Abs1 Oö GVG 1994 ausgenommen. Dies gilt auch für Rechtserwerbe durch nahe Angehörige, wobei bei einer Übertragung des Eigentums der Rechtsvorgänger zumindest die letzten zehn Jahre Eigentümer des Grundstücks bzw Grundstücksteils gewesen sein muss. Weiters sind von den Ausnahmetatbeständen Rechtserwerbe erfasst, deren Gegenstand während der letzten fünf Jahre ausschließlich zu Freizeitwohnsitzzwecken genutzt wurde. Nach §7 Abs3 Oö GVG 1994 sind darüber hinaus Rechtserwerbe im Sinn des §7 Abs1 Oö GVG 1994 zu genehmigen, wenn im unmittelbaren örtlichen Bereich des Erwerbsgegenstands die Voraussetzungen gemäß §6 Abs1 Z2 und 3 Oö GVG 1994 nicht zutreffen.
Die maßgeblichen Erläuterungen (vgl Beilage 1478/2002 zum kurzschriftlichen Bericht des Oö Landtags, XXV. Gesetzgebungsperiode, S 10) führen dazu aus, dass durch die Bestimmung des §7 Oö GVG 1994 lediglich Rechtserwerbe reguliert werden sollen, die zu Freizeitwohnsitzzwecken in dafür nicht ausdrücklich gewidmeten Bereichen dienen. Im Interesse der Rechtsunterworfenen wird jedoch auch in diesem Bereich von einem vollständigen Verbot abgesehen. Neben der Möglichkeit einer Erklärung zB für die Fälle, dass am erworbenen Gegenstand bereits seit mindestens zehn Jahren Eigentum eines nahen Angehörigen bestanden hat oder dass der Gegenstand des Rechtserwerbs während der letzten fünf Jahre ausschließlich zu Freizeitwohnsitzzwecken genutzt wurde und deshalb der Rechtserwerb nach dem Oö GVG 1994 genehmigungsfrei zulässig ist, soll auch in Fällen, die sich nicht für ein Erklärungsmodell eignen, die Möglichkeit zum Erwerb von Immobilien im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens erhalten bleiben; dies allerdings nur nach behördlicher Beurteilung der im konkreten Einzelfall gegebenen Siedlungs- und Infrastruktursituation – Voraussetzungen, die sich der Selbstbeurteilung und somit einem Erklärungsmodell entziehen.
Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des §7 Oö GVG 1994 ist somit jedenfalls zu berücksichtigen, dass sich die im Abs1 vorgesehene Unzulässigkeit von Rechtserwerben zu Freizweitwohnsitzzwecken an Baugrundstücken oder Teilen davon einerseits nicht unterschiedslos auf das gesamte Landesgebiet von Oberösterreich erstreckt, sondern ausdrücklich nur auf Vorbehaltsgebiete beschränkt ist, sowie andererseits – wie zuvor ausgeführt – im Abs2 gesetzliche Ausnahmen von dieser Unzulässigkeit vorgesehen sind und zudem nach Abs3 die Möglichkeit einer Einzelfallgenehmigung besteht. Überdies sind Rechtserwerbe, die nicht zu Freizeitwohnsitzzwecken an Baugrundstücken oder Teilen davon innerhalb eines Vorbehaltsgebiets vorgenommen werden, wenn also ein Hauptwohnsitz begründet werden soll, nicht vom Anwendungsbereich des §7 Abs1 Oö GVG 1994 erfasst und somit zulässig.
Als Maßstab für die Bewertung der Verhältnismäßigkeit zwischen den eingesetzten Mitteln und dem angestrebten Ziel kann auch die Entscheidung VfSlg 14.679/1996 herangezogen werden, in der der Verfassungsgerichtshof die Ausführungen der beteiligten Landesregierung bestätigt hat, wonach ganz gewichtige öffentliche Interessen an einer rigiden Beschränkung von Freizeitwohnsitzen bestehen. Solche gewichtigen öffentlichen Interessen, die – wie bereits zuvor bei den Zielen dargestellt – auch mit den Bestimmungen des Oö GVG 1994 verfolgt werden, rechtfertigen intensivere Eigentumseingriffe, wie sie eben im §7 Oö GVG 1994 für den Rechtserwerb zu Freizeitwohnsitzzwecken an Baugrundstücken oder Teilen davon innerhalb eines Vorbehaltsgebiets vorgesehen sind, auch wenn diese mitunter – wie im gegenständlichen Anlassfall – zu Härtefällen führen können. Im Prüfungsbeschluss (Rz. 35) führt der Verfassungsgerichtshof zwar aus, er habe in VfSlg 12.695/1991 im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehrsfalles zum Ausdruck gebracht, dass durch die Übertragung des Hälfteanteils durch einen Miteigentümer auf einen anderen Miteigentümer keine den öffentlichen Interessen zuwiderlaufende Schwächung eines landwirtschaftlichen Betriebs eintritt. Diesen Ausführungen kann allerdings entgegengehalten werden, dass die öffentlichen Interessen an einer geordneten Entwicklung des sogenannten Freizeitwohnsitzes und an einer Sicherung der nicht vermehrbaren Bodenreserve zur Begründung eines Hauptwohnsitzes, insbesondere für den Wohnbedarf der ortsansässigen Personen, auf Grund der zeitlichen Entwicklung und der Veränderung der Zielsetzungen des Oö GVG 1994 als gewichtiger eingestuft werden können und es daher nicht denkunmöglich ist, dass die Übertragung eines ideellen Anteils an einer Liegenschaft an einen Erwerber, der bereits Miteigentümer ist, diesen öffentlichen Interessen widerspricht. Zudem räumt der Verfassungsgerichtshof dem einfachen Gesetzgeber bei der Zielverfolgung grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum ein. Der Beurteilung durch den Verfassungsgerichtshof unterliegt nicht die Zweckmäßigkeit der Verfolgung bestimmter rechtspolitischer Ziele, sondern lediglich, ob diese Ziele vertretbar als im öffentlichen Interesse liegend anzusehen sind (zB VfSlg 12.094/1989, 19.687/2012, 19.950/2015).
Die Eigentumsbeschränkung ist somit – entgegen der im Prüfungsbeschluss vorgenommenen vorläufigen Annahme – nicht unverhältnismäßig. Das Gewicht der mit §7 Oö GVG 1994 verfolgten Interessen ist größer als die Schwere des dadurch bewirkten Grundrechtseingriffs. Überträgt man den grundsätzlichen Gedanken des Verfassungsgerichtshofs, wonach ua die Hauptaufgabe des Gesetzgebers darin zu sehen ist, sich über den Wert der vielfach entgegenstehenden Interessen eine Meinung zu bilden, das nach seiner Ansicht nach höhere Interesse zu begünstigen oder zwischen widerstreitenden Interessen einen Kompromiss zu schließen, so ist der durch §7 Oö GVG 1994 bewirkte Eingriff in das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums nach der Einschätzung der Oö Landesregierung jedenfalls als verhältnismäßig einzustufen und der Gesetzgeber hat die Grenzen des ihm zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraums nicht überschritten.
1.4. Die Bestimmung des §7 Oö GVG 1994 ist – entsprechend der im Prüfungsbeschluss vom Verfassungsgerichtshof aufgeworfenen Frage (Rz. 37) – auch insofern erforderlich, als dadurch verhindert wird, dass im Erbrechtsweg (dem Oö GVG 1994 unterliegen nur zivilrechtliche Rechtserwerbe unter Lebenden) begründetes Eigentum an in einem Vorbehaltsgebiet gelegenen Grundstücken oder Grundstücksteilen, die – wie im vorliegenden Fall – durch die vererbende Person bislang nicht zu Freizeitwohnsitzzwecken genutzt wurden, lediglich dazu dienen könnte, durch den unmittelbar daran anschließenden zivilrechtlichen Rechtserwerb einen Erwerb (nunmehr) zu Freizeitwohnsitzzwecken an Baugrundstücken oder Teilen davon innerhalb eines Vorbehaltsgebiets zu ermöglichen. Der Rechtserwerb zu Freizeitwohnsitzzwecken an Baugrundstücken oder Teilen davon innerhalb eines Vorbehaltsgebiets soll jedoch nur aus den im §7 Abs2 und 3 Oö GVG 1994 genannten Gründen zulässig bzw genehmigungsfähig sein. Durch die uneingeschränkte Zulässigkeit eines unmittelbar an den Erbrechtsvorgang anschließenden zivilrechtlichen Rechtserwerbs an Baugrundstücken oder Teilen davon innerhalb eines Vorbehaltsgebiets, die bislang nicht zu Freizeitwohnsitzzwecken genutzt wurden, könnte es zu einer Umgehungsmöglichkeit der grundverkehrsrechtlichen Vorschriften durch den vorangegangenen erbrechtlichen Vorgang kommen.
1.5. Sollte der Verfassungsgerichthof den voranstehenden Ausführungen zur Verfassungskonformität des durch §7 Oö GVG 1994 bewirkten Eigentumseingriffs nicht folgen können, ist – wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss selbst aufzeigt (Rz. 41) – §7 Oö GVG 1994 einer verfassungskonformen Interpretation dahingehend zugänglich, dass es sich bei der Übertragung eines ideellen Anteils an einer Liegenschaft an einen Erwerber, der bereits Miteigentümer ist und das dem zu genehmigenden Rechtserwerb unterliegende Grundstück bzw den Grundstücksteil als Freizeitwohnsitz rechtmäßig nach dem Oö GVG 1994 nutzt und unabhängig vom Rechtserwerb nutzen darf, um keinen unzulässigen Rechtserwerb im Sinn des §7 Oö GVG 1994 handelt.
Dabei ist von der Annahme auszugehen, dass der Gesetzgeber solche Fallkonstellationen – Rechtserwerb von Anteilen zu Freizeitwohnsitzzwecken an Baugrundstücken innerhalb von Vorbehaltsgebieten durch einen Miteigentümer – im Regelungsbereich des §7 Oö GVG 1994 nicht ausdrücklich mitbedacht bzw erfasst hat. Insofern liegt – wie in der Folge näher dargelegt wird – eine planwidrige Gesetzeslücke vor. Bei der Ermittlung des Inhalts gesetzlicher Regelungen sind allerdings nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs alle der Auslegung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen (vgl VfSlg 4139/1962, 5923/1969, 5993/1969, 7163/1973, 7521/1975, 8209/1977, 8395/1978, 11.499/1987, 14.466/1996).
Neben dem Wortlaut sind zur Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen des Oö GVG 1994 einerseits die – auch bereits zuvor dargelegten – im §1 Abs1 Z1 und 3 bis 6 Oö GVG 1994 normierten Ziele dieses Landesgesetzes heranzuziehen und andererseits die Materialien des Gesetzgebungsverfahrens miteinzubeziehen. Entsprechend den Zielsetzungen soll beim Verkehr mit Grundstücken oder Teilen davon unter Bedachtnahme auf die Grundsätze eines umfassenden Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutzes, das öffentliche Interesse an einer geordneten Siedlungsentwicklung, an der Sicherung der nicht vermehrbaren Bodenreserven für eine gesunde, leistungs- und wettbewerbsfähige Wirtschaft in einem funktionsfähigen Raum, an der Sicherung der nicht vermehrbaren Bodenreserven zur Begründung eines Hauptwohnsitzes, insbesondere für den Wohnbedarf der ortsansässigen Personen, an einer sparsamen sowie widmungsgemäßen Verwendung von Grund und Boden sowie am Schutz vor Grundstückserwerb zu vorwiegend spekulativen Zwecken gewahrt werden. Dazu ist aus den Erläuterungen (vgl Beilage 471/1994 zum kurzschriftlichen Bericht des Oö Landtags, XXIV. Gesetzgebungsperiode, S 2 und 20 ff.) die Absicht des historischen Gesetzgebers zu erschließen, der zufolge der Zielkatalog insbesondere dazu dienen soll, die künftig notwendigen strukturpolitischen Maßnahmen zu verwirklichen, die für eine menschenfreundliche Gestaltung des Lebensraumes unerlässlich sind. Es sollen nur jene verwaltungsbehördlichen Beschränkungen des Verkehrs mit Grundstücken bzw Grundstücksteilen geschaffen werden, die im Interesse einer zeitgemäßen Bodenpolitik unbedingt erforderlich sind. Entscheidend ist jedoch der Gedanke, dass die Freiheit des Liegenschaftsverkehrs und das Recht, Eigentum oder sonstige dingliche Rechte an Grundstücken bzw Grundstücksteilen nach eigenem Gutdünken zu erwerben, nur in dem Ausmaß eingeschränkt werden sollen, als dies das Allgemeinwohl – also das öffentliche Interesse – erfordert.
Ist nunmehr – entsprechend der Annahme des Verfassungsgerichtshofs – die durch §7 Abs1 Oö GVG 1994 bewirkte Eigentumsbeschränkung nicht zulässig, ist jedenfalls eine Auslegung denkbar, wonach die Übertragung von Anteilen an Erwerber, die bereits Miteigentümer sind und das dem zu genehmigenden Rechtserwerb unterliegende Grundstück bzw den Anteil als Freizeitwohnsitz rechtmäßig nach dem Oö GVG 1994 nutzt und befugt ist diesen – unabhängig vom Rechtserwerb – zu nutzen, von dieser Bestimmung ausgenommen sind. In solchen Fallkonstellationen ist eine Versagung der Genehmigung nach §7 Oö GVG 1994 offenkundig nicht zur Zielerreichung geeignet, da der Erwerb solcher Grundstücke bzw Grundstücksteile der Allgemeinheit ohnehin nicht möglich ist, wenn der betreffende Miteigentümer nicht generell zur Veräußerung seines Anteils bereit ist. Somit kann auch der Sinn und Zweck der Bestimmung des §7 Oö GVG 1994 nicht darin erblickt werden, die Disponierbarkeit über solche Grundstücke bzw Grundstücksteile vollständig einzuschränken. Eine Eigentumsbeschränkung soll entsprechend den Erläuterungen nur insofern und in jenem Ausmaß erfolgen, als es durch das Vorliegen öffentlicher Interessen erforderlich und gerechtfertigt ist.
In diesem Zusammenhang ist auch die Absicht des historischen Gesetzgebers von entscheidender Bedeutung. Das Oö GVG 1994 hat nämlich bereits in seiner Stammfassung – LGBl Nr 88/1994 – die Übertragung von Miteigentum an Baugrundstücken oder Teilen davon in Genehmigungsgebieten (nunmehr Vorbehaltsgebieten) von der Genehmigungspflicht ausgenommen und schon damals eine (bloße) Anzeigepflicht vorgesehen. In der Stammfassung des §9 Abs1 Oö GVG 1994 war normiert, dass Rechtserwerbe unter Lebenden anstelle einer Genehmigung nach §4 (das betrifft Rechtserwerbe an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken oder Teilen davon) oder §8 (das betrifft Rechtserwerbe unter Lebenden an Baugrundstücken oder Teilen davon in Genehmigungsgebieten) lediglich einer Anzeige bedürfen, wenn der Rechtserwerb durch einen Miteigentümer erfolgt (Z1). Durch die Oö Grundverkehrsgesetz‑Novelle 2002, LGBl Nr 85/2002, wurde der Rechtserwerb an Baugrundstücken oder Teilen davon auf ein vorwiegendes Erklärungsmodell umgestellt, die maßgeblichen Bestimmungen vollständig neu formuliert und wesentlich verkürzt. Hintergrund war insbesondere das Streben nach Verwaltungsvereinfachungen. Mit dieser Novelle wurden jedoch gleichzeitig – weil §9 der Stammfassung betreffend Ausnahmetatbestände gestrichen wurde – die Ausnahmen von der Genehmigungspflicht im §4 Abs1 Oö GVG 1994 integriert und somit der Rechtserwerb an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken oder Teilen davon durch einen Miteigentümer ausdrücklich genehmigungsfrei gestellt (litb), hingegen für die Übertragung von Miteigentum zu Freizeitwohnsitzzwecken an Baugrundstücken oder Teilen davon in Vorbehaltsgebieten die Aufnahme einer entsprechenden Regelung im §7 Oö GVG 1994 – wie in der Stammfassung aber noch grundsätzlich enthalten – auf Grund der durch diese Novelle verfolgten Deregulierungsbestrebungen offensichtlich übersehen. Auch den Erläuterungen zur Oö Grundverkehrsgesetz‑Novelle 2002 ist nicht zu entnehmen, dass in diesem Bereich eine Änderung hinsichtlich der genehmigungsfreien Rechtserwerbe vorgesehen werden sollte.
Hier könnte es sich also offenkundig um eine planwidrige (Regelungs‑)Lücke handeln, die sich aber anhand der vom Oö GVG 1994 selbst gegebenen Hinweise unter Berücksichtigung der einschlägigen Materialien völlig zwanglos durch Analogie schließen lässt (zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Analogie vgl VfSlg 9748/1983, 10.612/1985, 12.883/1991, 15.590/1999). Der Verfassungsgerichtshof hält dazu fest, dass Gesetzeslücken ohne weiteres durch Analogie geschlossen werden können. Dass ein bestimmter Tatbestand in einer gesetzlichen Bestimmung nicht ausdrücklich genannt wird, zwingt nicht zu dem Schluss, dass dieser nicht angewendet werde dürfe. Insbesondere dann nicht, wenn es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Gesetzgeber dessen Anwendung ausschließen wollte (vgl VfSlg 12.473/1990).
Die Oö Landesregierung vermag daher – vom Zweck der normierten Ausnahme von der Genehmigungspflicht für den Rechtserwerb durch einen Miteigentümer her gesehen – keinen sachlich begründbaren Unterschied zwischen Rechtserwerben an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken oder Teilen davon und Rechtserwerben zu Freizeitwohnsitzzwecken an Baugrundstücken oder Teilen davon innerhalb eines Vorbehaltsgebiets zu erkennen, weshalb im Rahmen einer verfassungskonformen Interpretation der Schluss zulässig scheint, dass §4 Abs1 litb Oö GVG 1994 betreffend die Genehmigungsfreistellung bei der Übertragung des Eigentums an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken oder Teilen davon an einen Miteigentümer auch bei der Vollziehung des §7 Oö GVG 1994 analog heranzuziehen ist.
Die Bestimmung des §7 Oö GVG 1994 kann daher in verfassungskonformer Interpretation so verstanden werden, dass entsprechend dem Sinn und Zweck dieser Regelung sowie aus den Materialien die Absicht des Gesetzgebers zu erkennen ist, dass Rechtserwerbe zu Freizeitwohnsitzzwecken an Baugrundstücken oder Teilen davon innerhalb eines Vorbehaltsgebiets, bei denen der Erwerber bereits Miteigentümer ist und das dem zu genehmigenden Rechtserwerb unterliegende Grundstück bzw den Grundstücksteil als Freizeitwohnsitz rechtmäßig nach dem Oö GVG 1994 nutzt und unabhängig vom Rechtserwerb nutzen darf, grundsätzlich zulässig sind. Aus dem eindeutigen Zweck des Oö GVG 1994, wonach die Freiheit des Liegenschaftsverkehrs und das Recht, Eigentum oder sonstige Rechte an Grundstücken bzw Grundstücksteilen nach eigenem Gutdünken zu erwerben, nur in dem Ausmaß eingeschränkt werden sollen, als dies das öffentliche Interesse erfordert, kann geschlossen werden, dass hier eine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt, die im Hinblick auf das Gebot der verfassungskonformen Interpretation im Wege der analogen Anwendung des §4 Abs1 litb Oö GVG 1994 geschlossen werden kann. Das Ziel der Vermeidung der Nutzung eines Freizeitwohnsitzes kann nämlich in solchen Fällen mit der Untersagung des Rechtserwerbs nicht erreicht werden.
2. Der Verfassungsgerichtshof hegt in seinem Prüfungsbeschluss vom 20. September 2024, E2269/2023-16, hinsichtlich §7 Oö GVG 1994 zudem das Bedenken, dass diese Bestimmung dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen dürfte.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs bindet der Gleichheitsgrundsatz auch den Gesetzgeber (vgl VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001) und er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er es verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002). Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann jedoch nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (zB VfSlg 14.301/1995, 15.980/2000, 16.814/2003 und 19.016/2010).
Die Oö Landesregierung vertritt grundsätzlich die Auffassung, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des §7 Oö GVG 1994 die ihm verfassungsrechtlich vorgegebenen Schranken nicht überschritten hat und diese Bestimmung auch sachlich gerechtfertigt ist. Dazu wird auf die Ausführungen zur Zulässigkeit des Eigentumseingriffs – insbesondere auf das Vorliegen von öffentlichem Interesse und Verhältnismäßigkeit – verwiesen. Das eine sachlich gerechtfertigte Regelung in Grenzfällen – wie im gegenständlichen Anlassfall – zu unbefriedigenden Ergebnissen und Härten führen kann, ist unvermeidlich, berührt jedoch nicht die Sachlichkeit der Bestimmung (vgl dazu VfSlg 7891/1976, 7996/1977, 9924/1984, 11.998/1989 ua). Sollte der Verfassungsgerichthof dieser Rechtsansicht nicht beitreten können, ist §7 Oö GVG 1994 – wie bereits zum Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums ausgeführt – einer verfassungskonformen Interpretation dahingehend zugänglich, dass es sich bei der Übertragung eines ideellen Anteils an einer Liegenschaft an einen Erwerber, der bereits Miteigentümer ist und das dem zu genehmigenden Rechtserwerb unterliegende Grundstück bzw den Grundstücksteil als Freizeitwohnsitz rechtmäßig nach dem Oö GVG 1994 nutzt und unabhängig vom Rechtserwerb nutzen darf, um keinen unzulässigen Rechtserwerb im Sinn des §7 Oö GVG 1994 handelt (zur grundsätzlichen Anwendbarkeit der Analogie im Bereich des Gleichheitssatzes vgl VfSlg 17.794/2006).
[…]"
II. Rechtslage
Die maßgeblichen Bestimmungen des Landesgesetzes über den Verkehr mit Grundstücken (Oö Grundverkehrsgesetz 1994 – Oö GVG 1994), LGBl 88/1994, idF LGBl 59/2024 lauten auszugsweise wie folgt (die in Prüfung gezogene Bestimmung idF LGBl 85/2002 ist hervorgehoben):
"§1 Zielsetzung, Geltungsbereich
(1) Dieses Landesgesetz hat zum Ziel, beim Verkehr mit Grundstücken oder Teilen davon unter Bedachtnahme auf die Grundsätze eines umfassenden Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutzes das öffentliche Interesse
1. an einer geordneten Siedlungsentwicklung,
2. an einer wirtschaftlich gesunden und leistungsfähigen bäuerlichen Land- und Forstwirtschaft in einem funktionsfähigen ländlichen Raum,
3. an der Sicherung der nicht vermehrbaren Bodenreserven für eine gesunde, leistungs- und wettbewerbsfähige Wirtschaft in einem funktionsfähigen Raum,
4. an der Sicherung der nicht vermehrbaren Bodenreserven zur Begründung eines Hauptwohnsitzes, insbesondere für den Wohnbedarf der ortsansässigen Personen,
5. an einer sparsamen sowie widmungsgemäßen Verwendung von Grund und Boden,
6. am Schutz vor Grundstückserwerb zu vorwiegend spekulativen Zwecken sowie
7. an der Beschränkung von Rechtserwerben an Grundstücken durch Ausländer, sofern sie nicht auf Grund gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind,
zu wahren.
(2) Dem Geltungsbereich dieses Landesgesetzes unterliegen folgende zivilrechtliche Rechtserwerbe unter Lebenden an Grundstücken oder Grundstücksteilen (zB Wohnung):
1. die Übertragung des Eigentums;
[…]
(3) Den Bestimmungen dieses Landesgesetzes unterliegen nicht Rechtserwerbe an Grundstücken, wenn
1. das Grundstück in das Eisenbahnbuch eingetragen ist,
2. der Rechtserwerb von der Vermessungsbehörde beurkundet den Voraussetzungen des §13 oder der §§15 bis 22 des Liegenschaftsteilungsgesetzes, BGBl Nr 3/1930, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 190/2013, entspricht,
3. das Rechtsgeschäft in Vollziehung der Bodenreformvorschriften vor der Agrarbehörde abgeschlossen oder durch die Agrarbehörde als Maßnahme der Bodenreform festgestellt oder genehmigt wird und die Agrarbehörde bestätigt, dass das Rechtsgeschäft nicht den Zielsetzungen des Abs1 widerspricht (Agrarbehörde ist die Landesregierung) oder
4. das Rechtsgeschäft im Zug einer agrarpolitischen Förderungsmaßnahme einer Gebietskörperschaft abgeschlossen wird und dies die Landesregierung bestätigt.
(4) Andere landesgesetzliche Regelungen werden durch dieses Landesgesetz nicht berührt. Soweit durch Bestimmungen dieses Landesgesetzes der Zuständigkeitsbereich des Bundes berührt wird, kommt diesen Bestimmungen keine über die Zuständigkeit des Landes hinausgehende rechtliche Wirkung zu.
§2 Begriffsbestimmungen
(1) […]
(2) Baugrundstücke sind
1. alle bebauten und unbebauten Grundstücke, die in einem von der Landesregierung genehmigten Flächenwidmungsplan als Bauland im Sinn des §21 Oö Raumordnungsgesetz 1994 gewidmet sind sowie
2. alle tatsächlich mit Gebäuden, die Wohnzwecken dienen, bebauten Grundstücke außerhalb des Baulandes (Z1), soweit es sich nicht um land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke oder Verkehrsflächen (§29 Oö Raumordnungsgesetz 1994) handelt.
(3) Sonstige Grundstücke sind Grundstücke, die weder land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke (Abs1) noch Baugrundstücke (Abs2) sind.
(4) […]
(5) Ein Hauptwohnsitz einer Person im Sinn dieses Landesgesetzes ist dort begründet, wo sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, hier den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen zu schaffen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen einer Person auf mehrere Wohnsitze zu, so hat sie jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem sie das überwiegende Nahverhältnis hat.
(6) Ein Freizeitwohnsitz einer Person im Sinn dieses Landesgesetzes ist bzw wird in einem Gebäude bzw in einem Teil eines Gebäudes (Wohnung) begründet, in dem sie sich in der Absicht niedergelassen hat bzw niederläßt, ihn nicht zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs, sondern zum Aufenthalt während des Wochenendes, des Urlaubs, der Ferien oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken zu verwenden. Ein Freizeitwohnsitz kann
1. in Gastgewerbebetrieben zur Beherbergung von Gästen,
2. in Kur- und Erholungsheimen, die
a) von öffentlichen Einrichtungen,
b) von Betrieben oder
c) von Einrichtungen der freien Jugendwohlfahrt erhalten werden,
3. in Wohnräumen, die im Rahmen der Privatzimmervermietung verwendet werden, und
4. in Wohnwägen oder Mobilheimen, die auf bewilligten Campingplätzen oder sonst kürzer als zwei Monate abgestellt werden nicht begründet werden.
(7) Nahe Angehörige sind
1. Ehegattinnen bzw Ehegatten, eingetragene Partnerinnen bzw Partner oder Lebensgefährtinnen bzw Lebensgefährten,
2. Verwandte oder Verschwägerte in gerader Linie und bis zum dritten Grad der Seitenlinie sowie deren Ehegattinnen bzw Ehegatten, eingetragene Partnerinnen bzw Partner oder Lebensgefährtinnen bzw Lebensgefährten,
3. Wahl-, Stief- oder Pflegekinder sowie deren Ehegattinnen bzw Ehegatten, eingetragene Partnerinnen bzw Partner oder Lebensgefährtinnen bzw Lebensgefährten.
Der Tod einer Partnerin bzw eines Partners einer ein Schwägerschafts- oder Stiefkindschaftsverhältnis begründenden Ehe oder eingetragenen Partnerschaft beendet dieses nicht.
(8) […]
[…]
§4
Genehmigungsbedürftigkeit
(1) Rechtserwerbe gemäß §1 Abs2 Z1 an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken oder Teilen davon bedürfen der Genehmigung der Behörde. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich bei der Übertragung des Eigentums
a) an einem Grundstück in einem Freigebiet oder
b) an einen Miteigentümer, sofern die Übertragung nicht zu einer Teilung des gemeinschaftlichen land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes führt, oder
[…]
[…]
II. ABSCHNITT
Rechtserwerb an Baugrundstücken
§6 Vorbehaltsgebiete
(1) Sofern es zur Verwirklichung der im §1 Abs1 Z1 und Z3 bis 6 genannten Ziele notwendig ist, hat die Landesregierung durch Verordnung Gebiete, in denen
1. die Anzahl der Freizeitwohnsitze im Verhältnis zur Anzahl der Hauptwohnsitze erheblich über den entsprechenden Zahlen in den angrenzenden oder vergleichbaren Gebieten liegt, oder
2. die Anzahl der Freizeitwohnsitze einer sozio-kulturellen, strukturpolitischen, wirtschaftspolitischen oder gesellschaftspolitischen Entwicklung dieses Gebiets (Ortsentwicklung) entgegensteht, oder
3. eine überdurchschnittliche Erhöhung der Preise für Baugrundstücke durch die Nachfrage an Freizeitwohnsitzen eingetreten ist bzw eine solche unmittelbar droht, zu Vorbehaltsgebieten zu erklären. Ein Vorbehaltsgebiet hat zumindest ein Gemeindegebiet zu umfassen.
(2) Eine überdurchschnittliche Erhöhung der Bodenpreise im Sinn des Abs1 Z3 ist durch einen Vergleich der Entwicklung der Baugrundstückspreise im vorgesehenen Genehmigungsgebiet mit der Preisentwicklung im Landesdurchschnitt während eines repräsentativen Zeitraums festzustellen.
(3) Vor Erlassung einer Verordnung im Sinn des Abs1 sind die betroffenen Gemeinden zu hören. Die Landesregierung hat eine Verordnung nach Abs1 unverzüglich den in Betracht kommenden Grundbuchsgerichten mitzuteilen.
§7 Freizeitwohnsitze im Vorbehaltsgebiet
(1) Rechtserwerbe gemäß §1 Abs2 Z1 bis 4 zu Freizeitwohnsitzzwecken an Baugrundstücken innerhalb eines Vorbehaltsgebiets (§6) sind unzulässig, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist.
(2) Ausgenommen von der Unzulässigkeit gemäß Abs1 sind Rechtserwerbe
1. an Grundstücken mit der Widmung Zweitwohnungsgebiet (§23 Abs2 Oö ROG 1994),
2. durch nahe Angehörige (§2 Abs7), wobei bei einer Übertragung des Eigentums der Rechtsvorgänger zumindest die letzten zehn Jahre Eigentümer des Grundstücks oder Grundstücksteiles gewesen sein muss, oder
3. deren Gegenstand während der letzten fünf Jahre ausschließlich zu Freizeitwohnsitzzwecken genutzt wurde.
(3) Darüber hinaus sind Rechtserwerbe im Sinn des Abs1 zu genehmigen, wenn im unmittelbaren örtlichen Bereich des Erwerbsgegenstands die Voraussetzungen gemäß §6 Abs1 Z2 und 3 nicht zutreffen.
[…]"
III. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit
Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmung zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich das Gesetzesprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.
2. In der Sache
Die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes konnten im Gesetzesprüfungsverfahren zerstreut werden:
2.1. Die Übertragung des Eigentums unterliegt als zivilrechtlicher Rechtserwerb unter Lebenden an Grundstücken oder Grundstücksteilen (zB Wohnung) gemäß §1 Abs2 Oö GVG 1994 dem Geltungsbereich des Oö GVG 1994.
2.2. Ziel des Oö GVG 1994 ist es ua , beim Verkehr mit Grundstücken oder Teilen davon unter Bedachtnahme auf die Grundsätze eines umfassenden Um-welt-, Natur- und Landschaftsschutzes das öffentliche Interesse an einer geordneten Siedlungsentwicklung, an der Sicherung der nicht vermehrbaren Bodenreserven für eine gesunde, leistungs- und wettbewerbsfähige Wirtschaft in einem funktionsfähigen Raum, an der Sicherung der nicht vermehrbaren Bodenreserven zur Begründung eines Hauptwohnsitzes, insbesondere für den Wohnbedarf der ortsansässigen Personen, an einer sparsamen sowie widmungsgemäßen Verwendung von Grund und Boden sowie am Schutz vor Grundstückserwerb zu vorwiegend spekulativen Zwecken zu wahren (§1 Abs1 Z1 und 3 bis 6 Oö GVG 1994).
2.3. Sofern es zur Verwirklichung der in §1 Abs1 Z1 und 3 bis 6 Oö GVG 1994 genannten Ziele notwendig ist, hat die Landesregierung gemäß §6 Abs1 Oö GVG 1994 durch Verordnung Gebiete, in denen die Anzahl der Freizeitwohnsitze im Verhältnis zur Anzahl der Hauptwohnsitze erheblich über den entsprechenden Zahlen in den angrenzenden oder vergleichbaren Gebieten liegt oder die Anzahl der Freizeitwohnsitze einer soziokulturellen, strukturpolitischen, wirtschaftspolitischen oder gesellschaftspolitischen Entwicklung dieses Gebietes (Ortsentwicklung) entgegensteht oder eine überdurchschnittliche Erhöhung der Preise für Baugrundstücke durch die Nachfrage an Freizeitwohnsitzen eingetre-ten ist bzw eine solche unmittelbar droht, zu Vorbehaltsgebieten zu erklären.
2.4. Nach §7 Abs1 Oö GVG 1994 sind Rechtserwerbe gemäß §1 Abs2 Z1 Oö GVG 1994 zu Freizeitwohnsitzzwecken an Baugrundstücken innerhalb eines Vorbehaltsgebietes unzulässig, soweit keine Ausnahmetatbestände vorliegen. Hintergrund dieser Bestimmung ist, dass jene Rechtserwerbe reguliert werden sollen, die Freizeitwohnsitzzwecken dienen und nicht ausdrücklich in entsprechend gewidmeten Bereichen liegen (AB 1478 BlgOöLT 25. GP 10).
2.5. Ein Rechtserwerb gemäß §1 Abs2 Z1 bis 4 Oö GVG 1994 fällt aber nicht unter den Anwendungsbereich des §7 Abs1 Oö GVG 1994, wenn ein Erwerber bereits Miteigentum an einer dem Rechtserwerb unterliegenden Liegenschaft besitzt und diese schon als Freizeitwohnsitz im Sinne des §2 Abs6 Oö GVG 1994 rechtmäßig nach dem Oö GVG 1994 nutzt und unabhängig vom Rechtserwerb nutzen darf. In derartigen Konstellationen wird das Ziel der Vermeidung der Nutzung einer Liegenschaft als Freizeitwohnsitz durch die Untersagung eines solchen Rechtserwerbes nicht erreicht. Aus dem Zweck und dem Regelungszusammenhang des Oö GVG 1994 – insbesondere der §§1, 6 und 7 Oö GVG 1994 – ergibt sich daher, dass die Übertragung eines ideellen Anteils in solchen Fällen nicht von §7 Abs1 Oö GVG 1994 umfasst ist.
2.6. Vor diesem Hintergrund vermag der Verfassungsgerichtshof eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums und des Gleichheitsgrundsatzes nicht zu erkennen.
IV. Ergebnis
1. Die in Prüfung gezogene Bestimmung des §7 Oö GVG 1994 idF LGBl 85/2002 ist somit nicht verfassungswidrig.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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