Normen
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
MindestsicherungsG Oö §13a
VfGG §7 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2018:G156.2018
Spruch:
I. Der Satz "Bei der Berechnung dieser Summe sind auch jene Personen mit einem fiktiven Mindeststandard zu berücksichtigen, die keinen Antrag gestellt haben oder keinen Leistungsanspruch haben oder haben werden." in §13a Abs1 des Landesgesetzes, mit dem das Gesetz über die bedarfsorientierte Mindestsicherung in Oberösterreich (Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG) erlassen wird, LGBl für Oberösterreich Nr 74/2011, idF LGBl für Oberösterreich Nr 41/2017, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
II. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
III. Die aufgehobene Bestimmung ist nicht mehr anzuwenden.
IV. Der Landeshauptmann von Oberösterreich ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt für Oberösterreich verpflichtet.
V. Im Übrigen werden die Anträge abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit den vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG gestützten Anträgen begehrt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, §13a Oö. BMSG dem gesamten Umfang nach, in eventu §13a Abs1 2. Satz Oö. BMSG, als verfassungswidrig aufzuheben.
II. Rechtslage
Das Oö. BMSG, LGBl 74/2011, idF LGBl 41/2017, lautet auszugsweise wie folgt (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):
"1. HAUPTSTÜCK
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
§1
Aufgabe und Ziele bedarfsorientierter Mindestsicherung
(1) Aufgabe bedarfsorientierter Mindestsicherung ist die Ermöglichung und Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens sowie die damit verbundene dauerhafte Einbeziehung in die Gesellschaft für jene, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.
(2) Durch bedarfsorientierte Mindestsicherung soll(en)
1. soziale Notlagen vermieden werden (präventive Hilfe),
2. Personen befähigt werden, soziale Notlagen aus eigener Kraft abzuwenden und dauerhaft zu überwinden (Hilfe zur Selbsthilfe),
3. die notwendigen Bedürfnisse von Personen, die sich in sozialen Notlagen befinden, gedeckt werden (Hilfe zur Bedarfsdeckung),
4. eine nachhaltige soziale Stabilisierung angestrebt werden.
§2
Grundsätze für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung
(1) Bei der Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung ist auf die besonderen Umstände des Einzelfalls Bedacht zu nehmen. Dazu gehören insbesondere Eigenart und Ursache der drohenden, bestehenden oder noch nicht dauerhaft überwundenen sozialen Notlage, weiters der körperliche, geistige und psychische Zustand der hilfebedürftigen Person sowie deren Fähigkeiten, Beeinträchtigungen und das Ausmaß ihrer sozialen Integration. (Individualitätsprinzip)
(2) Bedarfsorientierte Mindestsicherung hat rechtzeitig einzusetzen. (Rechtzeitigkeitsprinzip)
(3) Form und Umfang bedarfsorientierter Mindestsicherung sind so zu wählen, dass die Stellung der hilfebedürftigen Person innerhalb ihrer Familie und ihrer sonstigen sozialen Umgebung nach Möglichkeit erhalten und gefestigt wird. (Integrationsprinzip)
(4) Die bedarfsorientierte Mindestsicherung umfasst auch die erforderliche Beratung und Betreuung in sozialen Angelegenheiten. Sie soll eine dauerhafte (Wieder-)Eingliederung ihrer Bezieherinnen und Bezieher in das Erwerbsleben fördern. (Prinzip der persönlichen Hilfe)
(5) Die Leistungen bedarfsorientierter Mindestsicherung sind subsidiär. (Subsidiaritätsprinzip)
(6) Ein Rechtsanspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung oder eine bestimmte Form bedarfsorientierter Mindestsicherung besteht nur, wenn es dieses Landesgesetz ausdrücklich bestimmt. (Prinzip der eingeschränkten Rechtsansprüche)
(7) Leistungen bedarfsorientierter Mindestsicherung können weder gepfändet noch verpfändet werden. Die rechtswirksame Übertragung von Rechtsansprüchen auf bedarfsorientierte Mindestsicherung ist nur mit Zustimmung der für die Bescheiderlassung zuständigen Behörde möglich, wenn die Übertragung im Interesse der hilfebedürftigen Person gelegen ist. (Prinzip der eingeschränkten Übertragbarkeit)
(8) Kindern, die in Haushaltsgemeinschaft mit Bezieherinnen oder Beziehern bedarfsorientierter Mindestsicherung leben, soll eine altersgerechte Beteiligung am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden. (Prinzip der Chancengleichheit für Kinder)
[…]
1. ABSCHNITT
LEISTUNGEN MIT RECHTSANSPRUCH
§13
Monatliche Leistungen im Rahmen der Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs
(1) Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs erfolgt durch laufende monatliche Geldleistungen (Mindeststandards), soweit keine Hilfe in Form von Sachleistungen in Betracht kommt und auch keine Bedarfsdeckung durch die Inanspruchnahme von Hilfe zur Arbeit besteht.
(2) Die Landesregierung hat durch Verordnung
1. jährlich zum 1. Jänner die Höhe der Mindeststandards gemäß Abs1 und
2. die näheren Kriterien zur Zuordnung zu einzelnen Mindeststandardkategorien gemäß Abs3
festzusetzen: sie hat dabei auf die Höhe der um die Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung reduzierte Ausgleichszulage nach den pensionsversicherungsrechtlichen Bestimmungen Bedacht zu nehmen.
(2a) Die Landesregierung kann durch Verordnung jene Sachleistungen und deren anrechenbaren Wert in absoluten Beträgen oder Prozentsätzen des Mindeststandards, die jedenfalls vorrangig vor monatlichen Geldleistungen im Sinn der Anlage in Betracht kommen, sowie nähere Vorschriften über die Anrechnung solcher Sachleistungen einschließlich Gutscheinen festlegen.
(3) Mindeststandards nach Abs2 sind in folgenden Relationen bezogen auf den Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatz für Alleinstehende jedenfalls festzusetzen für 1. alleinstehende und alleinerziehende hilfebedürftige Personen
mindestens 100 %
2 für in Haushaltsgemeinschaft lebende volljährige Personen
a) pro Person
mindestens 75 %
b) ab der dritten leistungsberechtigten volljährigen Person, wenn diese einer anderen Person im gemeinsamen Haushalt gegenüber unterhaltsberechtigt ist oder sein könnte
mindestens 50 %
3. in Haushaltsgemeinschaft lebende unterhaltsberechtigte minderjährige Personen, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht
a) für die ersten drei minderjährigen Kinder
mindestens 18 %
b) ab dem vierten minderjährigen Kind
mindestens 15 %
4. die Deckung persönlicher Bedürfnisse von in stationären Einrichtungen untergebrachten Personen
mindestens 16 %
(3a) Gesonderte Mindeststandards sind für volljährige Personen festzusetzen, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, die als Kind unterhaltsberechtigt sind oder sein könnten und nicht unter §11 Abs3 Z5 fallen.
(3b) Personen gemäß §4 Abs3 erhalten aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung die sich aus der Anlage ergebenden Sach- oder Geldleistungen. Ein Anspruch auf diese Leistungen besteht nur insoweit, als deren Lebensunterhalt und Wohnbedarf nicht im Rahmen der Grundversorgung oder auf der Grundlage des Oö. Sozialhilfegesetzes 1998 oder des Oö. Chancengleichheitsgesetzes gedeckt werden.
(3c) Zusätzlich zur Leistung nach Abs3b wird diesen Personen ein vorläufiger Steigerungsbetrag zuerkannt, wenn sie gegenüber der Behörde eine Integrationserklärung abgeben.
(4) Sofern bei hilfesuchenden Personen keine Aufwendungen für den Wohnbedarf zu tätigen sind, ist die Summe der für den Haushalt festgesetzten Mindeststandards um 18 % des Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatzes für Alleinstehende zu verringern. Sofern die von der hilfesuchenden Person nach Abzug der Wohnbeihilfe nach dem Oö. Wohnbauförderungsgesetz 1993 und sonstiger unterkunftsbezogener Beihilfen zu tragenden Aufwendungen für den Wohnbedarf 18 % des Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatzes für Alleinstehende unterschreiten, ist der Mindeststandard gleichfalls um diesen Betrag zu verringern und der tatsächliche Wohnungsaufwand zuzuschlagen.
(5) Bei der Berechnung der Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs ist grundsätzlich situationsbezogen auf die aktuelle Notlage im Monat der Hilfeleistung abzustellen. Im ersten und letzten Monat der Hilfeleistung ist eine tageweise Aliquotierung vorzunehmen.
(6) Bei wechselnden Einkommen bzw Anspruchszeiten sowie bei Vorschussleistungen kann zum Ausgleich von allfälligen monatlichen Überbezügen eine Aufrollung vorgenommen werden. Dabei darf im Rahmen der monatlichen Auszahlungen maximal ein Betrag in Höhe von 15 % der zuerkannten Mindeststandards einbehalten werden. Davon unberührt bleiben Rückerstattungs- bzw Kostenersatzansprüche.
§13a
Deckelung der Mindeststandards
(1) Die Summe der Mindeststandards gemäß der Anlage oder der Verordnung im Sinn des §13 Abs2 aller Personen, die in einer Haushaltsgemeinschaft leben, ist mit dem Betrag von 1.500 Euro begrenzt. Bei der Berechnung dieser Summe sind auch jene Personen mit einem fiktiven Mindeststandard zu berücksichtigen, die keinen Antrag gestellt haben oder keinen Leistungsanspruch haben oder haben werden.
(2) Im Fall einer Überschreitung des Betrags nach Abs1 sind die Mindeststandards aller Personen einer Haushaltsgemeinschaft gleichmäßig prozentuell so zu kürzen, dass ihre Summe den Betrag gemäß Abs1 ergibt.
(3) Die Differenz zu den Mindeststandards gemäß der Anlage oder der Verordnung im Sinn des §13 Abs2 der nachstehend genannten Personen wird nach der prozentuellen Kürzung nach Abs2 dem Deckel zugeschlagen:
1. arbeitsunfähige Personen;
2. jener Elternteil, der das im gemeinsamen Haushalt lebende, unterhaltsberechtigte Kind bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres überwiegend selbst pflegt und erzieht, sofern auf Grund mangelnder geeigneter Unterbringungsmöglichkeiten (wie Kinderbetreuungseinrichtungen, Tagesmütter oder Tagesväter) keine Beschäftigung aufgenommen werden kann;
3. Personen, die
a) nahe Angehörige, eine Lebensgefährtin oder einen Lebensgefährten bzw eine Lebenspartnerin oder einen Lebenspartner, welche bzw welcher ein Pflegegeld mindestens der Stufe 3 beziehen bzw bezieht, überwiegend betreuen, sofern mangels zumutbarer alternativer Betreuungsmöglichkeiten keine Beschäftigung aufgenommen werden kann oder
b) Sterbebegleitung oder Begleitung von schwersterkrankten Kindern leisten;
4. Personen, die erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. Personen, die eine Leistung im Sinn des §8 Oö. Chancengleichheitsgesetz beziehen oder auf Grund einer Minderung der Erwerbsfähigkeit eine vergleichbare Leistung des Bundes erhalten.
(4) Personen, die Einkünfte aus Erwerbstätigkeit erzielen oder unterhaltsrechtliche Leistungen erhalten, wird die Differenz zwischen diesen Einkünften und dem gekürzten Betrag dem Deckel nach Abs2 insoweit zugeschlagen, als damit die Summe der Mindeststandards gemäß der Anlage oder der Verordnung im Sinn des §13 Abs2 nicht überschritten würde.
(5) Abweichend von Abs4 wird bei Personen, die in keiner unterhaltsrechtlichen Beziehung stehen oder stehen könnten, der Zuschlag zu den Mindeststandards nicht dem Deckel aller Personen, sondern ihrem eigenen gemäß Abs2 gekürzten Mindeststandard zugeschlagen.
(6) Die Mindeststandards von unterhaltsberechtigten minderjährigen Personen,
1. die Leistungen nach der Verordnung im Sinn des §13 Abs2 erhalten, sind von der prozentuellen Kürzung nach Abs2 insoweit ausgenommen, als deren Mindeststandard eine Höhe von 12 % des Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatzes unterschreiten würde;
2. die Leistungen nach der Anlage erhalten, sind von der prozentuellen Kürzung nach Abs2 insoweit ausgenommen, als deren Mindeststandard den Betrag gemäß §1 Abschnitt B Abs1 Z1 litb und Z3 der Anlage unterschreiten würde.
(7) Die Mindeststandards von volljährigen Personen, die Leistungen nach der Anlage oder nach der Verordnung im Sinn des §13 Abs2 erhalten, sind von der prozentuellen Kürzung nach Abs2 insoweit ausgenommen, als deren Mindeststandard eine Höhe von 30 % des Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatzes unterschreiten würde.
(8) Der Betrag gemäß Abs1 stellt den Ausgangsbetrag für das Jahr 2016 dar und erhöht sich nach Maßgabe des §13 Abs2."
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Den Anträgen liegen Verfahren zugrunde, in denen die zuerkannte Mindestsicherung unter Anwendung der in §13a Oö. BMSG geregelten Deckelung festgesetzt wurde.
2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich legt seine Bedenken wie folgt dar:
"In seinem Erkenntnis vom 07. März 2018 hob der Verfassungsgerichtshof (vgl VfGH 07.03.2018, G136/2017) unter anderem §11b NÖ Mindestsicherungsgesetz (NÖ. MSG), LGBl 9205-0 idF LGBl 103/2016, als verfassungswidrig auf, weil die dort normierten Deckelungsregelungen für die Bedarfsorientierte Mindestsicherung gegen den Gleichheitssatz bzw das BVG Rassendiskriminierung verstießen.
[…]
Vergleicht man die im vorliegenden Antrag angefochtene oberösterreichische Deckelungsregelung mit der (als verfassungswidrig aufgehobenen) niederösterreichischen Bestimmung, so regelt §13a Abs1 Oö. BMSG im Wesentlichen inhaltsgleich zu §11b Abs1 und 3 NÖ. MSG, dass die Summe aller in einer Haushaltsgemeinschaft lebenden Personen den Betrag von EUR 1500,– (nunmehr EUR 1512,– [vgl §13a Abs8 Oö. BMSG]) nicht überschreiten darf und, dass auch fiktive Mindeststandards in die Berechnung miteinbezogen werden sollen. Ebenfalls identisch sind die Regelungen in §13a Abs2 Oö. BMSG und §11b Abs2 NÖ. MSG, wonach bei der Deckelung die Mindeststandards der einzelnen Personen gleichmäßig prozentuell bis zum Deckelungsbetrag zu kürzen sind.
Sinn und Zweck der Deckelung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ist nach den Materialen (vgl AB 456 BlgLT (oö) XXVIII. GP 1), dass mit der bedarfsorientierten Mindestsicherung kein Haushaltseinkommen erzielt werden soll, das deutlich über dem mittleren Erwerbseinkommen (etwa EUR 1500,–) liegt, weshalb die einer Haushaltsgemeinschaft maximal zukommenden Mindeststandards diesen Betrag nicht übersteigen sollen. Begründend wird dazu ausgeführt, dass in einer Haushaltsgemeinschaft typischerweise Synergien für die Bestreitung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs bestehen, weshalb bei steigender Personenzahl der Bedarf pro Person sinkt.
Der wesentliche Unterschied zwischen der durch den Verfassungsgerichtshof aufgehobenen niederösterreichischen Regelung und der Deckelungsregelung in Oberösterreich ist, dass §13a Abs6 und 7 Oö. BMSG Untergrenzen einziehen, unter die der etwa nach §1 Oö. BMSV jeweils zustehende Mindeststandard einer Person nicht nach Maßgabe des §13a Abs2 Oö. BMSG gekürzt werden darf. Nach den Materialien bestehen diese Regelungen deshalb, weil damit die Deckung der absolut notwendigen Grundbedürfnisse jeder Person auch in großen, von der Deckelung besonders betroffenen Haushaltsgemeinschaften sichergestellt werden soll. Der Gesetzgeber scheint durch diese Untergrenzen erreichen zu wollen, dass auch in großen Haushaltsgemeinschaften der nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs notwendige zusätzliche Aufwand in einiger Höhe je weiterer Person (vgl VfSlg 11.662/1988) abgedeckt ist. Diesfalls wäre dann im Unterschied zu Niederösterreich kein starrer Deckelungsbetrag vorgesehen, sondern durch einen variablen Deckel vielmehr auch der zusätzliche Bedarf je weiterer Person berücksichtigt.
Betrachtet man jedoch §13a Abs6 und 7 Oö. BMSG im Detail, so ergibt sich für die dort normierten Untergrenzen [Folgendes]: Durch die Anknüpfung am Netto- Ausgleichszulagen-Richtsatz (wohl für Alleinstehende, was nicht ausdrücklich aus dem Gesetzeswortlaut, aber zumindest mittelbar aus §13 Abs3 Oö. BMSG abgeleitet werden kann) nach §293 Abs1 lita sublitbb Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) iHv. EUR 863,04 (= Brutto-Ausgleichszulagen-Richtsatz abzüglich 5,1 % Krankenversicherungsbeitrag), ergibt sich als Untergrenze für Minderjährige ein Betrag von EUR 103,56 und für Volljährige ein Betrag von EUR 258,91.
Zieht man nun diese Beträge zur Berechnung heran, so zeigt sich, dass etwa die Untergrenze nach §13a Abs6 Z1 Oö. BMSG in Konstellationen, in denen die Haushaltsgemeinschaft aus zwei Erwachsenen und mehreren minderjährigen Kindern besteht, erst ab dem achten minderjährigen Kind greift. Das bedeutet umgekehrt, dass sich bis zum einschließlich siebten minderjährigen Kind in der Familie der Deckelungsbetrag von EUR 1512,– nicht nach oben hebt. Besonders gilt es in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass die Deckelungsregelung nach §13a Abs1 Oö. BMSG jedoch auch schon in Haushaltsgemeinschaften greift, die sich aus zwei Erwachsenen und zwei minderjährigen Kindern zusammensetzen (im Vergleich dazu würden aber etwa auch einer Haushaltsgemeinschaft bestehend aus zwei Erwachsenen und einem minderjährigen Kind schon Mindeststandards iHv. EUR 1510,20 zustehen).
Dies führt nun zum Ergebnis, dass eine Haushaltsgemeinschaft bestehend aus zwei Erwachsenen und zwei minderjährigen Kindern den gleichen Betrag an Bedarfsorientierter Mindestsicherung erhält – nämlich EUR 1512,– – wie eine Haushaltsgemeinschaft bestehend aus zwei Erwachsenen und sieben minderjährigen Kindern. Der oberösterreichische Gesetzgeber geht also offenbar davon aus, dass der Bedarf einer Familie bestehend aus zwei Erwachsenen und zwei minderjährigen Kindern und einer Familie bestehend aus zwei Erwachsenen und sieben minderjährigen Kindern mit demselben Geldbetrag gedeckt werden kann. Erst ab dem achten minderjährigen Kind würde die in §13a Abs6 Z1 Oö. BMSG geregelte Untergrenze greifen und sich der Deckelungsbetrag von EUR 1512,– (nur geringfügig) auf EUR 1542,45 heben. Damit behandelt der Gesetzgeber aber Familien mit minderjährigen Kindern bis zum einschließlich siebten Kind ohne erkennbare sachliche Rechtfertigung gleich, unabhängig von der tatsächlichen Anzahl der Familienmitglieder und deren konkreten Bedarf. Auch das in Oberösterreich eingeführte System der Deckelung berücksichtigt daher nicht den zusätzlichen Bedarf je weiterer Person in der Haushaltsgemeinschaft, wenn Haushaltsgemeinschaften mit gravierend unterschiedlicher Mitgliederanzahl den gleichen Geldbetrag bekommen.
[…]
Selbst wenn man nun davon ausgeht, dass Großfamilien mit vielen Kindern am ehesten Bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehen, ändert das nichts an der Tatsache, dass Familien bestehend aus zwei Erwachsenen und acht minderjährigen Kindern auch unter Mindestsicherungsbeziehern absolute Einzelfälle sind (vgl dazu <http://statistik.at/wcm/idc/idcplg?IdcService=GET_PDF_FILE&RevisionSelectionMethod=LatestReleased&dDocName=073976 > [Stand: 17.05.2018], wonach unter mindestsicherungsbeziehenden Paaren mit Kindern [nach Bedarfsgemeinschaften] in Oberösterreich nur rund 25% dieser vier oder mehr Kinder [aufsummiert] haben. Es ist daher davon auszugehen, dass der Anteil jener Paare mit 8 oder mehr Kindern an diesen 25% wiederum nur einen Bruchteil ausmachen wird). Das bedeutet jedoch, dass die in §13a Abs6 und 7 Oö. BMSG normierten Untergrenzen für die Kürzung der Mindeststandards im Regelfall einer von §13a Abs1 Oö. BMSG erfassten Haushaltsgemeinschaft nicht greifen, sondern diese nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen.
Im Ergebnis führt dies dazu, dass das in §13a Oö. BMSG normierte System der Deckelung nur scheinbar den zusätzlichen Bedarf pro weiterer Person in einer Haushaltsgemeinschaft berücksichtigt, indem es Untergrenzen einführt, unter die die Mindeststandards einer Person nicht gekürzt werden dürfen. Faktisch schafft die Regelung jedoch einen starren Deckel, der sich im Wesentlichen nicht von der in §11b NÖ. MSG geregelten Deckelung unterscheidet, da die Untergrenzen – wie dargestellt – nur in den seltensten Fällen zur Anwendung gelangen und daher im Regelfall eine Deckelung der Mindeststandards starr bei EUR 1512,– erfolgt.
An dieser Betrachtungsweise ändert sich auch nichts, wenn man die Ausnahmeregelungen in §13a Abs3 Oö. BMSG bzw die Regelungen über die Anrechnung von Einkünften aus Erwerbstätigkeit nach §13a Abs4 und 5 Oö. BMSG berücksichtigt:
Die Ausnahmebestimmungen nach §13a Abs3 Oö. BMSG kommen nur in den Fallkonstellationen zur Anwendung, wenn eine Person in der Haushaltsgemeinschaft von einer Ausnahmeregelung erfasst ist, nicht jedoch im 'Standardfall' der Deckelung. Außerdem führen die genannten Regelungen nicht dazu, dass der konkrete Bedarf größerer Haushaltsgemeinschaften im Vergleich zu kleineren Haushaltsgemeinschaften Berücksichtigung findet. Die Ausnahmeregelung, wonach etwa der Mindeststandard einer arbeitsunfähigen Person (§13a Abs3 Z1 Oö. BMSG) zwar bei der Berechnung der Deckelung berücksichtigt, aber letztlich nicht gekürzt wird, greift nämlich unabhängig davon, in welcher konkreten Haushaltsgemeinschaft diese lebt. Diese Bestimmungen führen daher zwar im Einzelfall zu einer Hebung des Deckels, allerdings wird damit nicht jenen Bedenken Rechnung getragen, die der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf §11b NÖ. MSG erblickt hat, weil sie nicht dazu führen, dass der zusätzliche Bedarf einer jeden weiteren Person in der Haushaltsgemeinschaft bei der Deckelung berücksichtigt wird.
Auch die Berücksichtigung von Erwerbseinkünften nach §13a Abs4 und 5 Oö. BMSG mag zwar im Einzelfall zu einer Hebung des Deckels führen. Aber auch diese Regelungen zielen nicht primär darauf ab, den steigenden Bedarf einer Haushaltsgemeinschaft bei steigender Mitgliederzahl entsprechend zu berücksichtigen, weil auch diese Regelungen unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der Haushaltsgemeinschaft greifen.
Zudem ist zu bedenken, dass die im Rahmen einer Haushaltsgemeinschaft bestehenden Synergieeffekte bereits bei der Staffelung der Mindeststandards im §13 Oö. BMSG berücksichtigt werden, sodass etwa im Fall einer Familie mit zwei oder mehr Kindern über die vom Gesetz angenommenen Synergien hinaus weitere Einschränkungen unterhalb des Existenzminimums erforderlich werden.
Da sich aus den vorgenannten Gründen jedoch ergibt, dass §13a Oö. BMSG letztlich ein im Wesentlichen identisches Modell zur Deckelung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung wie §11b NÖ. MSG schafft, da die entsprechenden Untergrenzen nur in seltenen Ausnahmefällen zur Anwendung gelangen, können nach Ansicht des antragstellenden Gerichts auch die vom Verfassungsgerichtshof dargelegten Bedenken übertragen werden:
[…]
Überdies bleibt zu bedenken, dass auch das bloße Anknüpfen an das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft für die Anwendbarkeit der Deckelungsregelung zu undifferenziert ist und damit gegen den Gleichheitssatz verstößt […]. So hat etwa der Verfassungsgerichtshof in einem Erkenntnis zu den Bestimmungen über die Bedarfsorientierte Mindestsicherung in Vorarlberg entschieden (vgl VfGH 12.12.2017, V101/2017), dass der Bedarf einer Person in einer herkömmlichen Wohngemeinschaft etwa nicht mit jenem einer Person in einer therapeutischen Wohngemeinschaft, in einer Krisenbetreuungsgemeinschaft oder einer betreuten Wohnungsloseneinrichtung vergleichbar ist. Diese Gedanken können auch auf die oberösterreichische Regelung zur Deckelung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung übertragen werden: So ist etwa der Bedarf pro Person in einer Haushaltsgemeinschaft, die aus einer Familie mit wechselseitigen Unterhaltsansprüchen besteht, ein anderer als jener in einer Haushaltsgemeinschaft in Form einer bloßen Wohnungsgemeinschaft in zufälliger und nicht gewillkürter Zusammensetzung. Insbesondere das für die Begründung der Deckelung herangezogene Argument, dass in einer Haushaltsgemeinschaft Synergien herrschen, die zu einer Senkung des Bedarfs pro Person führen, gilt in einer bloßen Wohngemeinschaft in nicht gewillkürter Zusammensetzung nicht in gleichem Maße. Es ist daher zu undifferenziert und widerspricht dem Gleichheitssatz, wenn §13a Abs1 Oö BMSG für das Wirksamwerden der Deckelung bloß auf das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft abstellt, ohne die konkreten Umstände des Einzelfalles – insbesondere die Zusammensetzung der Haushaltsgemeinschaft und die dort herrschenden Unterhaltsbeziehungen – zu berücksichtigen.
[…]
§13a Abs1 zweiter Satz Oö. BMSG sieht vor, dass bei der Berechnung der Summe der gesamten Mindeststandards für die jeweilige Haushaltsgemeinschaft auch jene Personen mit einem fiktiven Mindeststandard zu berücksichtigen sind, die keinen Antrag gestellt haben oder keinen Leistungsanspruch haben oder haben werden. Es sind in die Berechnungsgrundlage für die Deckelung der Mindeststandards daher auch faktisch gar nicht bezogene Mindeststandards einzurechnen.
Die Notwendigkeit dieser Regelung begründet der Gesetzgeber in den Materialien im Wesentlichen damit, dass ansonsten Haushaltsgemeinschaften, in denen Personen leben, die keine Mindestsicherung beziehen und jene, in denen ausschließlich Personen leben, die Mindestsicherung beziehen, unterschiedlich behandelt würden (vgl AB 456 BlgLT (oö) XXVIII. GP 4). Zwar stimmt es, dass ohne Einbeziehung fiktiver Mindeststandards Haushaltsgemeinschaften mit fünf Personen, in denen nur drei Anspruchsberechtigte leben, und Haushaltsgemeinschaften mit fünf Anspruchsberechtigten gleich behandelt werden und letztlich – bei Anwendung der Deckelungsregelung – den gleichen Betrag an Bedarfsorientierter Mindestsicherung bekommen würden, was auf den ersten Blick eine unsachliche Ungleichbehandlung darstellt. Allerdings ist eine derartige Ungleichbehandlung schon dem System der Deckelung nach §13a Oö. BMSG immanent: So bekommen nach §13a Oö. BMSG bei Anwendbarkeit der Deckelungsregelung auch ohne zu berücksichtigende fiktive Mindeststandards drei anspruchsberechtigte Personen in einer Haushaltsgemeinschaft den gleichen Betrag wie fünf anspruchsberechtigte Personen in einer Haushaltsgemeinschaft, nämlich den im Gesetz festgelegten Deckelungsbetrag von EUR 1512,–. Es scheint daher unsachlich, wenn zwar weitere nicht anspruchsberechtigte Personen einer Haushaltsgemeinschaft den Gesamtbetrag der Bedarfsorientierten Mindestsicherung der Haushaltsgemeinschaft mindern, im Umkehrschluss jedoch zusätzliche anspruchsberechtigte Personen in einer Haushaltsgemeinschaft diesen Betrag nicht erhöhen.
Vielmehr führt die Einbeziehung fiktiver Mindeststandards im umgekehrten Sinn zu einer Ungleichbehandlung. Geht man davon aus, dass die Deckelung und die damit verbundene Reduktion der einzelnen Mindeststandards darauf zurückzuführen ist, dass die jeweiligen Haushaltsangehörigen von der Mindestsicherung der jeweiligen anderen Haushaltsangehörigen profitieren, weshalb ihnen – aufgrund der genannten Synergieeffekte und dem damit verbundenen geringeren Bedarf – die eigene Mindestsicherung gekürzt wird (vgl nochmals AB 456 BlgLT (oö) XXVIII. GP 1), greift dieses Argument in jenen Haushaltsgemeinschaften nicht mehr, in denen nicht sämtliche Personen Mindestsicherung beziehen, diese jedoch bei der Deckelung berücksichtigt werden. Es gibt keinen sachlichen Grund dafür, eine Haushaltsgemeinschaft mit drei Personen, die alle Mindestsicherung beziehen, und eine Haushaltsgemeinschaft mit fünf Personen, in der ebenfalls drei Personen Mindestsicherung beziehen, ungleich zu behandeln. In der genannten Konstellation würde damit den drei Personen der ersten Haushaltsgemeinschaft insgesamt mehr Geld pro Monat zur Verfügung stehen, als den drei Personen aus der zweiten Haushaltsgemeinschaft, was – vor allem wenn die nicht anspruchsberechtigten Personen zudem keine Einkünfte erzielen, von der die übrigen Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft in gleicher Weise profitieren – eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung darstellt. Auf den ersten Blick scheint es, dass der Gesetzgeber offenbar verhindern will, dass nicht anspruchsberechtigte Personen auf diesem Weg entgegen §§4 ff Oö. BMSG mittelbar in den Genuss von Leistungen aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung kommen. Auf den zweiten Blick ist es vor diesem Hintergrund jedoch nicht nachvollziehbar, warum diese Personen zu Lasten der Bezieher der Mindestsicherung Berücksichtigung finden sollen. Dies verschärft sich noch weiter in jenen Haushaltsgemeinschaften, die keine Familien mit gegenseitigen Unterhaltspflichten (oder sonstige gewillkürte Bedarfsgemeinschaften) sondern etwa Wohngemeinschaften sind, in denen die jeweils Betroffenen auf die Zusammensetzung und die übrigen Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft selbst keinen Einfluss nehmen können und im Regelfall auch nicht in gleicher Weise wie in Familien von Synergieeffekten profitieren können.
Die weitreichenden Auswirkungen der Einbeziehung von fiktiven Mindeststandards in die Berechnungsgrundlage der Deckelung soll im Folgenden noch exemplarisch anhand eines Rechenbeispiels dargestellt werden:
Vergleicht man etwa eine vierköpfige Familie bestehend aus zwei Elternteilen und zwei Kindern, in der jede der vier Personen bedarfsorientierte Mindestsicherung nach dem Oö. BMSG bezieht, mit einer identischen Familie, deren Haushaltsgemeinschaft eine weitere, nicht anspruchsberechtigte volljährige Person angehört, so reduziert sich aufgrund der Einbeziehung des fiktiven Mindeststandards der letztgenannten Person der Auszahlungsbetrag im zweiten Fall von EUR 1512,– auf EUR 1098,12. Dies führt zu einer abrupten Kürzung der gesamten Mindeststandards für diese Familie um rund 27 Prozent (vgl dazu etwa VfSlg 19.698/2012: In diesem Erkenntnis zum Kärntner Mindestsicherungsgesetz hat der Verfassungsgerichtshof entschieden, dass der Gesetzgeber nicht gehalten ist, Leistungen der Mindestsicherung [bzw der Sozialhilfe] in unbeschränkter Weise zu gewähren. Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur zu steuerfinanzierten Transferleistungen zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzgeber bei Verfolgung rechtspolitischer Ziele frei ist [vgl VfSlg 8541/1979]. Der dem Gesetzgeber grundsätzlich zustehende Gestaltungsspielraum wird durch das Gleichheitsgebot nur insofern beschränkt, als es ihm verwehrt ist, Regelungen zu treffen, für die eine sachliche Rechtfertigung nicht besteht. Wenn allerdings in einem vom Gesetzgeber eingerichteten System der Sicherung zur Gewährung eines zu einem menschenwürdigen Leben erforderlichen Mindeststandards der Zweck, dem betroffenen Personenkreis das Existenzminimum zu gewähren, nicht mehr gewährleistet ist, verfehlt ein solches Sicherungssystem offensichtlich insoweit seine Aufgabenstellung. Ein solcher Fall liege dann vor, wenn – wie auch im genannten Rechenbeispiel – eine plötzliche Kürzung der Mindestsicherung um 20 % vorgenommen werde).
[…]
Sollte der Verfassungsgerichtshof die Bedenken des antragstellenden Verwaltungsgerichtes teilen, dass es im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz (Art2 StGG, Art7 B‑VG bzw ArtI Abs1 BVG Rassendiskriminierung) nicht zulässig ist, eine Deckelung der gesamten Mindeststandards einer Haushaltsgemeinschaft vorzunehmen ohne den steigenden Bedarf pro weiterer Person in der Haushaltsgemeinschaft und deren Zusammensetzung zu berücksichtigen, und §13a Abs1 erster Satz Oö. BMSG idF LGBl Nr 52/2017 als verfassungswidrig aufheben, verbliebe auch für §13a Abs1 zweiter Satz Oö. BMSG und §13a Abs2 bis 8 Oö. BMSG kein Anwendungsbereich mehr. Dies deshalb, weil §13a Abs1 erster Satz Oö. BMSG die Deckelung der Mindeststandards an sich regelt und sämtliche weiteren Bestimmungen an die Deckelung anknüpfen und bei einem Entfall dieser inhaltsleer und unanwendbar würden. Das antragstellende Gericht vertritt daher die Auffassung, dass diesfalls nicht nur §13a Abs1 erster Satz Oö. BMSG, sondern vielmehr der gesamte §13a Oö. BMSG aufzuheben ist.
Sollte der Verfassungsgerichtshof die Bedenken des antragstellenden Verwaltungsgerichtes nur in jener Hinsicht teilen, dass es im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz (Art2 StGG, Art7 B‑VG bzw ArtI Abs1 BVG Rassendiskriminierung) nicht zulässig ist, fiktive Mindeststandards nach §13a Abs1 zweiter Satz Oö. BMSG idF LGBl Nr 52/2017 in die Berechnungsgrundlage für die Deckelung miteinzubeziehen, so wäre der gesamte zweite Satz des §13a Abs1 Oö. BMSG aufzuheben. Die Aufhebung bloß einer Wortfolge ist nicht denkbar. Zur Beseitigung der Verfassungswidrigkeit müssten die Wortfolgen 'mit einem fiktiven Mindeststandard' und ', die keinen Antrag gestellt haben oder keinen Leistungsanspruch haben oder haben werden' aufgehoben werden. Diesfalls würde die verbleibende Bestimmung 'Bei der Berechnung dieser Summe sind auch jene Personen zu berücksichtigen.' lauten, was einer inhaltsleeren und unanwendbaren Bestimmung gleichkommt. Aus diesem Grund ist §13a Abs1 zweiter Satz Oö. BMSG in seiner Gesamtheit aufzuheben (vgl VfSlg 16.757/2002).
[…]"
3. Die Oberösterreichische Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegengetreten wird:
"1. Wenn das Oberösterreichische Landesverwaltungsgericht (Oö. LVwG) in seiner Antragsbegründung anführt, dass die Regelung des §13a Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG) mit der durch den Verfassungsgerichtshof durch das Erkenntnis vom 7.3.2018, G136/2017-19 ua, aufgehobenen Bestimmung des §11b Abs1 und 3 NÖ. MSG im Wesentlichen inhaltsgleich ist, so ist dies aus Sicht der Oö. Landesregierung keinesfalls zutreffend; vielmehr unterscheiden sich die Regelungen in den entscheidenden Punkten erheblich.
Richtig ist, dass §13a Abs1 Oö. BMSG die Summe der Mindeststandards aller Personen, die in einer Haushaltsgemeinschaft leben, mit dem Betrag von 1.500 Euro begrenzt und sich eine vergleichbare Regelung über die Deckelung der Mindeststandards auch in §11b Abs1 NÖ. MSG fand, wobei das Oö. BMSG aber in §13a Abs8 eine jährliche Valorisierung dieses Betrags vorsieht.
Im Vergleich zu der durch den Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Regelung des NÖ. MSG sind die Regelungen des Oö. BMSG jedoch deutlich detaillierter ausgestaltet und ermöglichen es, auf berücksichtigungswürdige Gründe der Mindestsicherungsbezieherinnen und Mindestsicherungsbezieher auch bei einer durchzuführenden Deckelung einzugehen (vgl §13a Abs3) und den Aufwand jeder Person einer Haushaltsgemeinschaft zu berücksichtigen (vgl §13a Abs6 und 7).
Dazu korrespondierend wurde aber auch eine Vielzahl von Tatbeständen definiert, in denen berücksichtigungswürdige Gründe dazu führen, dass eine Person trotz Deckelung in einer Haushaltsgemeinschaft auch tatsächlich nicht weniger aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung erhält, die prozentuelle Kürzung bei dieser Person also nicht zum Tragen kommt: §13a Abs3 Oö. BMSG nennt Fälle, in denen es Personen üblicherweise nicht möglich ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen oder deren soziale Situation besondere Berücksichtigung finden soll. Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Fälle:
• arbeitsunfähige Personen (Z1),
• jenen Elternteil, der das im gemeinsamen Haushalt lebende, unterhaltsberechtigte Kind bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres überwiegend selbst pflegt und erzieht, sofern auf Grund mangelnder geeigneter Unterbringungsmöglichkeiten (wie Kinderbetreuungseinrichtungen, Tagesmütter oder Tagesväter) keine Beschäftigung aufgenommen werden kann (Z2),
• Personen, die
- entweder nahe Angehörige, eine Lebensgefährtin oder einen Lebensgefährten bzw eine Lebenspartnerin bzw einen Lebenspartner, welcher bzw welche ein Pflegegeld mindestens der Stufe 3 beziehen oder bezieht, überwiegend betreuen, sofern mangels zumutbarer alternativer Betreuungsmöglichkeiten keine Beschäftigung aufgenommen werden kann (Z3 lita) oder
- Sterbebegleitung oder Begleitung von schwersterkrankten Kindern leisten (Z3 litb),
• Personen, die erhöhte Familienbeihilfe beziehen (Z4) oder
• Personen, die eine Leistung im Sinne des §8 Oö. Chancengleichheitsgesetzes beziehen oder auf Grund einer Minderung der Erwerbstätigkeit eine vergleichbare Leistung des Bundes erhalten (Z5).
Die Annahme des Oö. LVwG, dass in Oberösterreich mit der Einführung des §13a Oö. BMSG ein starrer Deckel geschaffen wurde, der sich im Wesentlichen nicht von §11b NÖ. MSG unterscheidet, ist daher nicht zutreffend.
2. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits vielfach ausgesprochen hat, steht dem Gesetzgeber bei der Beurteilung sozialer Bedarfslagen und bei der Ausgestaltung der an diese Bedarfslagen anknüpfenden sozialen Maßnahmen ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu. Der Gesetzgeber ist daher nicht gehalten, Leistungen der Mindestsicherung bzw der Sozialhilfe in unbeschränkter Weise zu gewähren, wenn dies eine Förderung rechtspolitisch unerwünschter Ziele zur Folge hätte; ist allerdings in einem vom Gesetzgeber eingerichteten System der Sicherung zur Gewährung eines zu einem menschenwürdigen Leben erforderlichen Mindeststandards der Zweck, dem betroffenen Personenkreis das Existenzminimum zu gewähren, nicht mehr gewährleistet, dann verfehlt ein solches Sicherungssystem offensichtlich insoweit seine Aufgabenstellung (vgl zB VfGH 7.3.2018, G136/2017-19 ua, mwN).
In seinem Erkenntnis vom 7.3.2018, G136/2017-19 ua, hat der Verfassungsgerichtshof auch ausgeführt, dass es dem Gesetzgeber frei steht, besondere Regelungen für Haushaltsgemeinschaften zu schaffen, weil hier grundsätzlich ein anderer Bedarf vorliegt als bei Einpersonenhaushalten. In Haushaltsgemeinschaft lebende Personen haben geringere Wohnkosten und – in einem gewissen Ausmaß – auch geringere Lebenshaltungskosten, die sich beispielsweise in degressiven Mindeststandards niederschlagen können. Darüber hinaus hat der Verfassungsgerichtshof aber bereits mehrfach betont (VfSlg 11.662/1988, VfGH 7.3.2018, G136/2017-19 ua), dass die Lebenshaltungskosten pro Person bei zunehmender Größe der Haushaltsgemeinschaft abnehmen mögen, jedoch immer noch je weiterer Person ein Aufwand in einiger Höhe erforderlich ist.
2.1. Wie den Materialien zur 2. Oö. Mindestsicherungsgesetz-Novelle 2017 (LGBl Nr 41/2017, GP XXVII IA 343/2017 AB 456/2017) zu entnehmen ist, war es dem Gesetzgeber ein Anliegen, dass es nicht (mehr) möglich sein soll, durch Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ein Haushaltseinkommen zu erzielen, das deutlich über einem mittleren Erwerbseinkommen liegt, weshalb die Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung mit dem Betrag von 1.500 Euro, jährlich valorisiert, gedeckelt wurden.
2.2. Wenn das Oö. LVwG argumentiert, dass auf Grund der Deckelung der Mindeststandards aller Mitglieder einer Haushaltsgemeinschaft mit dem Betrag von 1.500 Euro der Zweck der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, nämlich dem betroffenen Personenkreis das Existenzminimum zu gewährleisten, nicht mehr erreicht wird, und diese daher auf Grund der höchstgerichtlichen Judikatur verfassungswidrig sei, so ist dem zu widersprechen.
Der Betrag, mit dem die Mindeststandards aller Personen einer Haushaltsgemeinschaft gedeckelt werden, wurde vom Gesetzgeber nicht willkürlich gewählt, vielmehr orientierte sich der Gesetzgeber am mittleren Erwerbseinkommen. Der Überlegung des Oö. LVwG, dass die Existenzsicherung einer Haushaltsgemeinschaft mit einem mittleren Erwerbseinkommen nicht möglich sein könnte, ist entgegen zu halten, dass es gerade in Familien, besonders in Familien mit (kleinen) Kindern, nicht abwegig ist, dass mehrere, wenn nicht alle, Personen einer Haushaltsgemeinschaft von einem Erwerbseinkommen leben.
2.3. Entsprechend der oben zitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofs gewährleistet §13a Abs6 und 7 Oö. BMSG, dass auch bei der auf Grund der Deckelung der Mindestsicherung einer Haushaltsgemeinschaft durchzuführenden prozentuellen Kürzung aller Mitglieder dieser Haushaltsgemeinschaft (sofern nicht die Ausnahmetatbestände des Abs3 zur Anwendung kommen), der Bedarf jeder einzelnen Person berücksichtigt wird. Denn selbstverständlich verursacht jede Person einer Haushaltsgemeinschaft einen gewissen Aufwand bzw verwirklicht einen Bedarf, der auch durch die Synergieeffekte einer Haushaltsgemeinschaft nicht vollständig entfällt. Auch besondere soziale und gesundheitliche Gründe werden berücksichtigt (§13a Abs3 Oö. BMSG).
2.4. Wie den Materialen zur 2. Oö. Mindestsicherungsgesetz-Novelle 2017 zu entnehmen ist, war es dem Gesetzgeber zudem ein besonderes Anliegen, Bezieherinnen und Bezieher der Bedarfsorientierten Mindestsicherung – soweit möglich – in den Arbeitsmarkt (wieder) einzugliedern und einen entsprechenden Arbeitsanreiz zu schaffen; daher wurde auch die Möglichkeit geschaffen, selbst geringe Erwerbseinkommen bei der eigentlich erforderlichen prozentuellen Kürzung im Zusammenhang mit der Deckelung der Mindestsicherung für Haushaltsgemeinschaften positiv zu berücksichtigen (§13a Abs4 und 5 Oö. BMSG).
In diesem Zusammenhang definiert §13a Abs3 Oö. BMSG eine Reihe von Tatbeständen, in denen auf Grund besonderer gesundheitlicher oder sozialer Gründe die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Fällt eine Bezieherin oder ein Bezieher Bedarfsorientierter Mindestsicherung unter einen der in §13a Abs3 genannten Tatbestände, wird sein Mindeststandard auch im Fall einer in einer Haushaltsgemeinschaft durchzuführenden prozentuellen Kürzung nicht gekürzt.
Ist es einer Person zumutbar eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, liegt es in ihrem Ermessen, sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen. Der Gesetzgeber wollte einen Anreiz schaffen, dass sich Personen in den Arbeitsmarkt (wieder) eingliedern, wollte aber auch verhindern, dass Personen, die nur ein geringes Einkommen erzielen und zusätzlich Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung erhalten, sich aus dem Arbeitsmarkt zurückziehen. Daher wurde mit §13a Abs4 und 5 Oö. BMSG ein System geschaffen, wonach sich die Erzielung eines (zusätzlichen) Erwerbseinkommens für die Bezieherinnen und Bezieher, die unter die Deckelung fallen, tatsächlich lohnt: Personen, die Einkünfte aus Erwerbstätigkeit oder unterhaltsrechtliche Leistungen erhalten, wird nach der prozentuellen Kürzung die Differenz zu den Mindeststandards dem Deckel zugeschlagen, was eine – unter Umständen deutliche – Erhöhung des monatlich zur Verfügung Stehenden bedeutet.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass rechtspolitisch gewollt ist, dass sich Erwachsene in das Erwerbsleben, wenn möglich, (wieder) eingliedern und ein dauerhafter Verbleib in der Bedarfsorientierten Mindestsicherung möglichst hintan gehalten wird. Sollte einer der Tatbestände des §13a Abs3 Oö. BMSG anzuwenden sein, ist die Bezieherin bzw der Bezieher Bedarfsorientierter Mindestsicherung von der prozentuellen Kürzung auf Grund der Deckelung ausgenommen.
3. Das Oö. LVwG argumentiert, §13a Oö. BMSG verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil auf Grund der Deckelung eine Familie mit zwei minderjährigen Kindern den gleichen Betrag aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung erhalte wie eine mit sieben Kindern.
3.1. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Aussage, die Familie erhalte den gleichen Betrag, insofern unscharf ist, weil im Zuge der Deckelung der Mindeststandard jeder Person einer Haushaltsgemeinschaft prozentuell zu kürzen ist, es sei denn, einer der Ausnahmetatbestände des §13a Abs3 Oö. BMSG greift oder der Mindeststandard wäre unter die Grenzen der Abs6 und [7] des §13a Oö. BMSG zu kürzen.
Zutreffender wäre daher die Aussage, dass der Mindeststandard einer Person in einer großen Haushaltsgemeinschaft geringer ist als in einer kleinen und dies dazu führt, dass im Ergebnis Haushaltsgemeinschaften gleich viel aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung erhalten können wie Haushaltsgemeinschaften mit weniger Personen. Begründet ist dies in den Synergieeffekten, die einen tatsächlich geringeren Bedarf nach sich ziehen.
3.2. Gerade bei Haushaltsgemeinschaften von Familien mit (vielen) Kindern ist auf die teils großen Synergieeffekte hinzuweisen, die sich etwa dadurch ergeben, dass die Besorgungen und Verrichtungen des Alltags typischerweise für die Familie insgesamt erfolgen und die Kinder in Familien, vor allem in großen bzw sehr großen Familien, typischerweise altersmäßig gestaffelt sind, weshalb das notwendige 'Mehr', das für jedes weitere Kind zu beschaffen ist, mit der Zahl der Kinder abnimmt und den Aufwand pro Kind deutlich reduziert.
So müssen etwa auch kleine Familien Wohnraum anmieten, ein weiteres Kind kann aber unter Umständen bei einem seiner Geschwister in einem gemeinsamen Kinderzimmer untergebracht werden, weshalb keine größere Wohnung erforderlich ist. Kleidung, Schuhe, teilweise auch Schulbedarf wie Schultaschen oder Rucksäcke können oft in der Familie weiter gegeben werden und auch der Grundaufwand beim Kochen besteht in einer Familie grundsätzlich, auch wenn jede weitere Person den Aufwand für Lebensmittel etwas erhöht.
Auch im Bereich der – teilweise sehr kostenintensiven Kinderbetreuung – ergeben sich bei mehreren Kindern erhebliche Synergieeffekte: Die Oö. Elternbeitragsverordnung, LGBl Nr 1/2018[,] sieht nämlich nicht nur eine soziale Staffelung der Tarife für den Besuch der Kinderkrippe, der Nachmittagsbetreuung im Kindergarten (bis 13.00 Uhr ist der Besuch des Kindergartens kostenlos) und des Horts vor, vielmehr normiert §6 Oö. Elternbeitragsverordnung einen Geschwisterabschlag, der ab dem zweiten Kind mit bis zu 50 Prozent, ab dem dritten Kind mit bis zu 100 Prozent festzusetzen ist, wenn mehrere Kinder einer Familie eine Kinderbetreuungseinrichtung besuchen. Darüber hinaus kann in den Tarifordnungen festgesetzt werden, unter welchen Umständen selbst die Mindestbeiträge ermäßigt oder zur Gänze nachgesehen werden können (vgl §15 Oö. Elternbeitragsverordnung).
3.3. Auch wenn es im Ergebnis also zutreffend ist, dass eine Haushaltsgemeinschaft (in Form einer Familie) mit zwei minderjährigen Kindern die gleiche Summe aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung erhalten kann wie beispielsweise eine Familie mit vier Kindern (wobei selbstverständlich das Vorliegen von Voraussetzungen im Sinn des §13a Abs3 bis 5 Oö. BMSG je nach vorliegender Konstellation eine Erhöhung des Bezuges bewirken könnte), ist dies aber insbesondere mit den Synergieeffekten sachlich begründbar und nach Ansicht der Oö. Landesregierung daher auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.
3.4. Der Gesetzgeber hat mit den Tatbeständen des §13a Abs3 Z2 und 3 Oö. BMSG darüber hinaus auf die besondere Situation von Familien Bedacht genommen und in den dort geschilderten besonderen Betreuungssituationen Ausnahmen von der Deckelung vorgesehen.
Auch an dieser Stelle darf nochmals darauf hingewiesen werden, dass der über die Synergieeffekte hinausgehende Aufwand, der für jede weitere Person einer Haushaltsgemeinschaft entsteht, durch §13a Abs6 und 7 Oö. BMSG gewährleistet ist.
3.5. Auch der Hinweis des Oö. LVwG, dass der Deckel in Haushaltsgemeinschaften mit mehreren Erwachsenen schneller auf Grund des §13a Abs7 Oö. BMSG angehoben wird, ist sachlich begründet und zwar mit dem erhöhten Bedarf eines Erwachsenen für die Deckung von Lebensunterhalt und Wohnbedarf, der ja wohl zweifelsfrei feststehen dürfte, zumal nie angezweifelt wurde, dass volljährigen Personen im Rahmen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung höhere Mindeststandards zuzubilligen sind als minderjährigen Personen.
3.6. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist es außerdem zulässig, den Grundbetrag der Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag bei der Bemessung von Leistungen beim Anspruch aus der Mindestsicherung zu berücksichtigten (VfSlg 19.913/2014, VfGH 7.3.2018, G136/2017-19 ua).
Ähnlich wie die Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, die der Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs dient, zielt auch die Familienbeihilfe darauf ab, die finanzielle Mehrbelastung, die Ernährung, Bekleidung, häusliche Unterbringung und Erziehung von Kindern verursacht, auszugleichen. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfGH 26.11.2014, V75-76/2014-10) folgt daraus, dass auf die Familienbeihilfe schon bei der Bemessung der Mindeststandards für die Mindestsicherung oder aber auch durch Anrechnung als Einkommen Rücksicht genommen werden darf.
Daher spielt der Grundbetrag der Familienbeihilfe bei Überlegungen über die Höhe der Bedarfsorientierten Mindestsicherung und dem dadurch abzudeckenden Aufwand pro Person eine Rolle. In diesem Zusammenhang darf auch auf die Erhöhung der Familienbeihilfe für jedes weitere Kind auf Grund der Geschwisterstaffelung hingewiesen werden.
4. Synergieeffekte in Haushaltsgemeinschaften ergeben sich aber nicht nur bei Familien, sondern bei allen Haushaltsgemeinschaften, also auch bei solchen von lauter Erwachsenen. Die genannten Synergieeffekte führen bei allen Haushaltsgemeinschaften zwangsläufig dazu, dass der Bedarf jeder einzelnen Person einer Haushaltsgemeinschaft im Vergleich zu einem Einpersonenhaushalt sinkt. Nichtsdestotrotz stellt §13a Abs6 und 7 Oö. BMSG sicher, dass auch bei großen Haushaltsgemeinschaften der Bedarf jeder einzelnen Person berücksichtigt wird.
4.1. Festzuhalten ist auch, dass es sich bei Haushaltsgemeinschaften von mehreren Erwachsenen in der Regel nicht um Schicksalsgemeinschaften handelt, deren Zusammenleben aus familiären oder persönlichen Gründen geboten ist, sondern überwiegend um eine weitgehend freie Entscheidung diese Form des Zusammenlebens zu wählen. Es liegt daher auch in aller Regel in der Macht der Betroffenen, die Haushaltsgemeinschaft aufzulösen und ein für sie günstigeres Wohnarrangement zu treffen.
4.2. Ergänzend ist auch darauf hinzuweisen, dass der österreichische Sozialstaat einkommensschwache Haushaltsgemeinschaften – und zwar unabhängig davon, ob dies im Bezug von Bedarfsorientierfer Mindestsicherung oder in einem geringen Erwerbseinkommen begründet ist – mit einer Reihe von (weiteren) Leistungen unterstützt (zB. Wohnbeihilfe), was in die Überlegungen der Gesamtsituation einer Haushaltsgemeinschaft einfließen muss.
4.3. Wenn das Oö. LVwG in seiner Antragsbegründung davon ausgeht, dass die Synergieeffekte in einer Haushaltsgemeinschaft bereits bei der Staffelung der Mindestsichtungssätze berücksichtigt wurde, mag dies für die bei einem Durchschnittsfall zu erzielenden Synergieeffekte gelten. Bei größeren Haushaltsgemeinschaften, unabhängig davon, wie diese konkret zusammengesetzt sind, kann aber mit dieser Durchschnittsbetrachtung nicht mehr das Auslangen gefunden werden. Vielmehr ergeben sich bei großen Haushaltsgemeinschaften Synergieeffekte in einem Ausmaß, dass nicht mehr für jede Person der Bedarf für den vollen Mindeststandard vorliegt.
Richtig ist freilich, dass der Gesetzgeber die Synergien von Haushaltsgemeinschaften auch durch eine weitere und detaillierte Differenzierung der Mindeststandards berücksichtigen hätte können. Dieses Vorgehen würde aber die Berücksichtigung spezieller Situationen einer Haushaltsgemeinschaft bzw von Personen in einer Haushaltsgemeinschaft im Vergleich zur gewählten Vorgehensweise einer grundsätzlichen Deckelung mit Ausnahmebestimmungen (§13a Abs3, 4 und 5 Oö. BMSG), die darüber hinaus jedenfalls sicherstellt, dass der Bedarf aller Personen einer Haushaltsgemeinschaft berücksichtigt wird (§13a Abs6 und 7 Oö. BMSG), erschweren, weshalb einer Deckelung der Vorzug zu geben war.
4.4. Wenn das Oö. LVwG für seine Argumentation das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.12.2017, V101/2017, heranzieht, wonach der Bedarf einer Person in einer herkömmlichen Wohngemeinschaft etwa nicht mit jenem einer Person in einer therapeutischen Wohngemeinschaft, in einer Krisenbetreuungsgemeinschaft oder einer betreuten Wohnungsloseneinrichtung vergleichbar ist und daraus ableitet, dass das bloße Anknüpfen an das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft für die Anwendbarkeit der Deckelungsregelung zu undifferenziert sei und daher gegen den Gleichheitssatz verstoße, ist dies aus Sicht der Oö. Landesregierung nicht zutreffend und mit der Situation einer Haushaltsgemeinschaft von Personen, die untereinander in keiner unterhaltsrechtlichen Beziehung stehen nicht ohne weiteres vergleichbar. Besondere soziale oder gesundheitliche Gründe werden ohnehin im Rahmen des §13a Abs3 Oö. BMSG berücksichtigt; Fälle wie im vom Oö. LVwG für seine Argumentation herangezogenen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes wären vermutlich also gar nicht von der prozentuellen Kürzung auf Grund der Deckelung betroffen (siehe §13a Abs3 Z1, 4 und 5 Oö. BMSG). Hinsichtlich jener Haushaltsgemeinschaften von Personen, die unter keinen der Ausnahmetatbestände des §13a Abs3 Oö. BMSG fallen, hat der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum dahingehend ausgeschöpft, dass große Haushaltsgemeinschaften von arbeitsfähigen Bezieherinnen und Beziehern Bedarfsorientierter Mindestsicherung, die zueinander in keiner unterhaltsrechtlichen Beziehung, die ja im familiären Naheverhältnis begründet ist, stehen, aus rechtspolitischen Überlegungen nicht gefördert werden sollen. Diese Überlegungen des Gesetzgebers sind sehr wohl sachlich gerechtfertigt und begründbar und keinesfalls undifferenziert.
5. Ein Verstoß gegen ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, der nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ein allgemeines, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtetes Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen, enthält, ist für die Oö. Landesregierung nicht erkennbar. Die vom Oö. LVwG geäußerten Bedenken einer Ungleichbehandlung von Fremden untereinander auf Grund der Regelung des §13a Oö. BMSG treffen nicht zu.
6. Die vom Oö. LVwG im Zusammenhang mit §13a Abs2 Satz 2 Oö. BMSG geäußerten Bedenken werden von der Oö. Landesregierung nicht geteilt.
6.1. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes verbietet es der verfassungsrechtliche Gleichheitsgrundsatz gemäß Art7 B‑VG und Art2 StGG dem Gesetzgeber, andere als sachlich begründbare Differenzierungen zwischen den Normadressaten zu schaffen (zB. VfSlg 8169/1977); nur dann, wenn gesetzliche Differenzierungen aus entsprechenden Unterschieden im Tatsächlichen ableitbar sind, entspricht das Gesetz dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz (zB. VfSlg 4392/1962). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (VfGH 7.3.2018, G136/2017-19 ua mwN).
6.2. Eine sachlich begründbare Differenzierung zwischen Haushaltsgemeinschaften, die ausschließlich aus Bezieherinnen und / oder Beziehern Bedarfsorientierter Mindestsicherung bestehen und solchen, in denen Bezieherinnen und / oder Bezieher Bedarfsorientierter Mindestsicherungen mit Personen, die keine Bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehen, zusammen wohnen, ist für die Oö. Landesregierung nicht erkennbar. Die Intention des Gesetzgebers, alle Haushaltsgemeinschaften gleich zu behandeln, ist, wie das Oö. LVwG zutreffend ausführt, auch aus den Materialen ersichtlich.
Hinzuweisen ist darauf, dass auch in Haushaltsgemeinschaften, in denen nicht alle Personen Bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehen, die gleichen Synergieeffekte entstehen, wie in Haushaltsgemeinschaften, in denen nur einige (eine) Person Bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehen (bezieht). Und in diesen Synergieeffekten liegt, wie bereits oben mehrfach begründet, ein Hauptgrund für die Einführung der Deckelung.
6.3. Nicht zutreffend und durch nichts objektiv begründbar ist die Annahme des Oö. LVwG, der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung verhindern, dass nicht anspruchsberechtigte Personen auf diesem Weg entgegen §§4 ff Oö. BMSG mittelbar in den Genuss von Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung kommen.
6.4. Der Befürchtung des Oö. LVwG, Haushaltsgemeinschaften ohne unterhaltsrechtliche Beziehungen könnten nicht in gleicher Weise von Synergieeffekten profitieren, wie Haushaltsgemeinschaften von Personen, die zueinander in unterhaltsrechtlicher Beziehung stehen, ist nach Ansicht der Oö. Landesregierung nicht zutreffend. Vielmehr sind Synergieeffekte selbstverständlich auch in Haushaltsgemeinschaften von Personen, die in keiner [unterhaltsrechtlichen Beziehung] zueinander stehen, zu lukrieren. Darüber hinaus darf darauf hingewiesen werden, dass es sich bei solchen Haushaltsgemeinschaften üblicherweise um solche von volljährigen Personen handelt; in diesem Zusammenhang ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen."
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich stellte zu den Zahlen G231-239/2018, G331/2018, G333-334/2018, G336-347/2018, G350/2018 und G357-358/2018 weitere sowohl hinsichtlich der Präjudizialität als auch in der Sache im Wesentlichen gleichlautende Anträge.
5. Der Verfassungsgerichtshof führte zu diesen Anträgen des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (im Hinblick auf §19 Abs3 Z4 VfGG) kein weiteres Verfahren durch.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit der Anträge
1.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich – das die angefochtene Bestimmung bei der Entscheidung über die anhängigen Beschwerden anzuwenden hätte – beantragt die Aufhebung des §13a Oö. BMSG idF LGBl 52/2017. Die angefochtene Bestimmung wurde durch die Novelle LGBl 41/2017 in das Oö. BMSG eingefügt und wurde seither nicht mehr – auch nicht durch LGBl 52/2017 – geändert. Sowohl aus diesem Umstand als auch aus der Zitierung der angefochtenen Norm in der Begründung des Antrages des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich geht mit hinreichender Deutlichkeit hervor, auf welche Fassung (nämlich LGBl 41/2017) des §13a Oö. BMSG Bezug genommen wird, womit dem für Anträge gemäß Art140 B‑VG geltenden strengen Formerfordernis des §62 Abs1 erster Satz VfGG Genüge getan ist (vgl VfSlg 16.993/2003).
1.2. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweisen sich die Anträge insgesamt als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.2. Die Bedenken des antragstellenden Gerichtes gehen dahin, dass zwar ein wesentlicher Unterschied zwischen der durch den Verfassungsgerichtshof aufgehobenen niederösterreichischen Deckelungsregelung und der Regelung nach dem Oö. BMSG bestehen würde, da §13a Abs6 und 7 leg.cit. Untergrenzen einzögen, unter die ein Mindeststandard einer Person nicht nach Maßgabe des §13a Abs2 Oö. BMSG gekürzt werden könne. Ziehe man diese Beträge zur Berechnung heran, so zeige sich für Haushaltsgemeinschaften bestehend aus zwei Erwachsenen und mehreren minderjährigen Kindern allerdings, dass die Untergrenze erst ab dem achten minderjährigen Kind greifen würde. Dies führe zum Ergebnis, dass eine Haushaltsgemeinschaft bestehend aus zwei Erwachsenen und zwei minderjährigen Kindern den gleichen – mit € 1.512,– gedeckelten – Betrag an bedarfsorientierter Mindestsicherung erhalte wie eine Haushaltsgemeinschaft mit zwei Erwachsenen und sieben minderjährigen Kindern. Damit behandle der Gesetzgeber Familien bis zum einschließlich siebten Kind unabhängig von der Zahl der Familienmitglieder und deren konkreten Bedarf ohne erkennbare sachliche Rechtfertigung gleich. Ferner kämen die Untergrenzen nur in Ausnahmefällen zur Anwendung, womit die Regelung aber nur scheinbar den Bedarf pro weiterer Person berücksichtige und faktisch einen starren Deckel schaffe.
2.3. §13 Abs1 Oö. BMSG sieht monatliche Leistungen im Rahmen der Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes in Form laufender monatlicher Geldbeträge vor, soweit keine Hilfe in Form von Sachleistungen in Betracht kommt und auch keine Bedarfsdeckung durch die Inanspruchnahme von Hilfe zur Arbeit besteht.
Die vom Gesetzgeber als Mindeststandards bezeichneten Geldbeträge sind durch Verordnung festzusetzen, wobei gemäß §13 Abs3 Oö. BMSG diese in Relation bezogen auf den Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatz für Alleinstehende festzusetzen sind. In diesem Zusammenhang sieht der Gesetzgeber vor, dass die Mindeststandards für in Haushaltsgemeinschaften lebende volljährige Personen mindestens 75%, für unterhaltsberechtigte minderjährige Personen bis zum dritten Kind mindestens 18% und ab dem vierten Kind mindestens 15% dieses Richtsatzes betragen.
§13a Abs1 Oö. BMSG begrenzt die Summe der Mindeststandards aller Personen, die in einer Haushaltsgemeinschaft leben, mit dem Betrag von € 1.512,–. Überschreitet die Summe der Mindeststandards diesen Betrag, sind gemäß Abs2 leg.cit. die Mindeststandards aller Personen einer Haushaltsgemeinschaft gleichmäßig prozentuell so zu kürzen, dass ihre Summe den Betrag von € 1.512,– ergibt. Abs6 und Abs7 leg.cit. sehen schließlich vor, dass die Mindeststandards von unterhaltsberechtigten minderjährigen Personen von der prozentuellen Kürzung nach Abs2 insoweit ausgenommen sind, als deren Mindeststandard eine Höhe von 12%, von volljährigen Personen 30% des Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatzes unterschreiten würde.
2.4. Die Regelung des §13a Abs2 Oö. BMSG bewirkt somit, dass ab einer Haushaltsgemeinschaft mit zwei Erwachsenen und einem minderjährigen Kind die Zunahme der Größe der Haushaltsgemeinschaft um ein weiteres minderjähriges Kind – infolge der Begrenzung der Summe der richtsatzmäßigen Geldleistungen mit einem festen Betrag – dazu führt, dass die auf die jeweiligen Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft rechnerisch entfallenden Beträge gleichmäßig reduziert werden. Hieraus ergibt sich für das jeweilige Mitglied der Haushaltsgemeinschaft ein von der Größe der Haushaltsgemeinschaft abhängiger Betrag.
Zugleich wird durch die Bestimmung des Abs6 bzw Abs7 leg.cit. eine Untergrenze der richtsatzmäßigen Geldleistung festgelegt, die ausschließen soll, dass die durch das Hinzutreten einer weiteren Person zu einer Haushaltsgemeinschaft bewirkte prozentuelle Kürzung dazu führt, dass dieser gekürzte Betrag im Fall einer weiteren minderjährigen Person weniger als 12% und im Fall einer weiteren volljährigen Person weniger als 30% des Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatzes beträgt.
2.5. In VfSlg 11.662/1988 hat der Verfassungsgerichtshof betont, dass die Lebenshaltungskosten pro Person bei zunehmender Größe der Haushaltsgemeinschaft abnehmen mögen, jedoch immer noch je weiterer Person ein Aufwand in einiger Höhe erforderlich ist. Es ist also kein sachlicher Grund zu erkennen, richtsatzmäßige Geldleistungen je Haushaltsgemeinschaft ab dem dritten Haushaltsangehörigen abrupt zu kürzen. In solchen Fällen, in denen allfällige weitere Haushaltsangehörige keine Familienbeihilfe beziehen, ist eine Höchstgrenze verfehlt. Aber auch dann, wenn für eine allfällige weitere haushaltsangehörige Person Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, kann in der Regel mit der Familienbeihilfe allein der Lebensunterhalt dieser weiteren Person (beispielsweise des zweiten oder dritten Kindes) nicht bestritten werden.
Es steht dem Gesetzgeber frei, besondere Regelungen für Haushaltsgemeinschaften zu schaffen, weil hier grundsätzlich ein anderer Bedarf vorliegt als bei Einpersonenhaushalten. So haben in Haushaltsgemeinschaft lebende Personen geringere Wohnkosten und – in einem gewissen Ausmaß – auch geringere Lebenshaltungskosten, die sich beispielsweise in degressiven Mindeststandards niederschlagen können (vgl VfGH 12.12.2017, V101/2017). Der Gesetzgeber muss aber sicherstellen, dass das von ihm eingerichtete System der bedarfsorientierten Mindestsicherung seinen eigentlichen Zweck – die Vermeidung und Bekämpfung sozialer Notlagen bei hilfsbedürftigen Personen – erfüllt (vgl VfSlg 19.698/2012).
2.6. Vor diesem Hintergrund hat der Verfassungsgerichtshof die vom Verordnungsgeber nach dem Vorarlberger Mindestsicherungsgesetz (Vbg MSG) getroffene Regelung, die neben der Berücksichtigung des Wohnbedarfes eine degressive Staffelung ab der vierten minderjährigen Person, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, und einen nicht unterschreitbaren Betrag ab der siebtältesten minderjährigen Person, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, vorsieht, als eine sachgerechte Regelung erkannt, die unter Berücksichtigung der Familienbeihilfe am Bedarf der jeweiligen Person anknüpft (VfGH 12.12.2017, V101/2017). Dabei hat der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich festgehalten, dass es dem Landesgesetzgeber nicht verwehrt ist, den Grundbetrag der Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag bei der Bemessung von Leistungen aus der Mindestsicherung zu berücksichtigen, da diese Leistungen der Sicherung des Lebensunterhaltes dienen.
Zum System der bedarfsorientierten Mindestsicherung nach dem Niederösterreichischen Mindestsicherungsgesetz (Nö. MSG) hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass dieses – wenn auch nur in einer Durchschnittsbetrachtung – auf die Bedarfslage hilfsbedürftiger Personen abstellt, in Abkehr davon hingegen in §11b Nö. MSG die Begrenzung des Anspruchs eines Haushaltes mit € 1.500,– unabhängig davon, wie viele und welche Personen dem Haushalt angehören, angeordnet wird, und eine solche Regelung nicht mit dem geringeren Wohnbedarf oder mit Synergieeffekten einer Haushaltsgemeinschaft sachlich gerechtfertigt werden kann (VfGH 7.3.2018, G136/2017).
2.6.1. §13a Abs1 und 2 Oö. BMSG sehen so wie §11b Nö. MSG eine Begrenzung der Summe der richtsatzmäßigen Geldleistungen mit dem Betrag von € 1.512,– und eine prozentuelle gleichmäßige Kürzung der richtsatzmäßigen Geldleistungen aller Personen einer Haushaltsgemeinschaft für den Fall der Überschreitung dieses Betrages vor. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 7. März 2018, G136/2017, zu dem dort behandelten System der Nö. Mindestsicherung festgehalten hat, bedingt eine solche Regelung, dass bei Hinzutreten weiterer Personen eine Kürzung der auf die jeweilige Person rechnerisch entfallenden richtsatzmäßigen Geldleistung unabhängig von der Bedarfslage der hilfsbedürftigen Person eintritt. Anders als das im Erkenntnis vom 7. März 2018, G136/2017, behandelte System der Nö. Mindestsicherung sieht jedoch das Oö. BMSG in §13a Abs1 und Abs2 iVm Abs6 und 7 vor, dass der für eine Haushaltsgemeinschaft vorgesehene pauschale Betrag bei Hinzutreten einer weiteren unterhaltsberechtigten minderjährigen Person insoweit zu erhöhen ist, als für diese Person ein Betrag iHv 12% und im Fall einer weiteren volljährigen Person iHv 30% des Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatzes unterschritten würde.
Anders als die Rechtslage, die im Erkenntnis vom 7. März 2018, G136/2017 zur Nö. Mindestsicherung zu prüfen war, geht die Regelung zur Oö. Mindestsicherung sohin davon aus, dass mit Hinzutreten einer weiteren Person zu einer bestehenden Haushaltsgemeinschaft für diese in jedem Fall ein bestimmter Betrag anzusetzen ist, was dazu führt, dass der für eine Haushaltsgemeinschaft vorgesehene Betrag ab einer gewissen Haushaltsgröße um einen bestimmten Betrag zu erhöhen ist (vgl in diesem Sinne Pfeil, Verfassungswidrige Beschränkungen in der Mindestsicherung, DRdA 2018, 411).
Damit berücksichtigt der Oö. Landesgesetzgeber anders als die Regelung im Nö. MSG sowohl für Haushaltsgemeinschaften mit minderjährigen Personen wie auch für solche mit volljährigen Personen, dass ungeachtet der jeweiligen Haushaltsgröße und der mit zunehmender Größe eintretenden Synergieeffekte für jede Person ein Aufwand in einiger Höhe erforderlich ist und diese individuelle Bedarfslage entsprechend durch Ansatz einer richtsatzmäßigen Geldleistung zu berücksichtigen ist, die im Rahmen der Leistungen der Mindestsicherung nicht unterschritten werden darf.
2.6.2. Eine solche Regelung gewährleistet, dass nicht der – vom Verfassungsgerichtshof als unsachlich qualifizierte – Fall eintreten kann, dass der Lebensunterhalt für eine minderjährige Person im Rahmen eines Mindestsicherungssystems ausschließlich mit der Familienbeihilfe bestritten wird.
Der Verfassungsgerichtshof geht weiters davon aus, dass – im Rahmen einer Regelung, die je Haushaltsgemeinschaft einen Pauschalbetrag vorsieht, der ab einer gewissen Haushaltsgröße um einen bestimmten Betrag zu erhöhen ist – die bei Hinzutreten einer weiteren Person zu einer bestehenden Haushaltsgemeinschaft eintretende Kürzung dann nicht in verfassungswidriger Weise in die verbürgten Rechtspositionen der Anspruchsberechtigten eingreift, wenn die für die jeweilige einzelne (minderjährige) Person festgelegte nicht unterschreitbare richtsatzmäßige Geldleistung mit Blick auf den für die Haushaltsgemeinschaft vorgesehenen Pauschalbetrag den eigentümlichen Zweck der bedarfsorientierten Mindestsicherung, nämlich die Vermeidung und Bekämpfung sozialer Notlagen (VfSlg 19.698/2012), gewährleistet.
Vor diesem Hintergrund steht dem Gleichheitssatz auch nicht entgegen, dass eine Haushaltsgemeinschaft mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern denselben für eine Haushaltsgemeinschaft zur Verfügung stehenden Betrag erhält wie eine Haushaltsgemeinschaft mit zwei Erwachsenen und sieben Kindern. Derartige Effekte treten nämlich in einer Durchschnittsbetrachtung im Fall des Hinzutretens einer weiteren Person zu einer Haushaltsgemeinschaft insofern ein, als sich hiedurch der je Person der Haushaltsgemeinschaft bis dahin zur Verfügung stehende Betrag typischerweise verringert. Dem Gesetzgeber steht es frei, in einer Durchschnittsbetrachtung einen Pauschalbetrag anzusetzen, wenn sichergestellt ist, dass der bei Hinzutreten einer weiteren minderjährigen Person eintretende zusätzliche Bedarf vom Gesetzgeber im Rahmen einer solchen Pauschalregelung in einer die Vermeidung sozialer Notlagen Rechnung tragenden Weise sachangemessen berücksichtigt wird.
2.6.3. Unter Beachtung vorstehender Grundsätze kann der Verfassungsgerichtshof nicht finden, dass die Festlegung des Pauschalbetrages in §13a Abs1 und 2 in Verbindung mit der in §13a Abs6 und 7 Oö. BMSG geregelten nicht unterschreitbaren richtsatzmäßigen Geldleistung den eigentümlichen Zweck der bedarfsorientierten Mindestsicherung, nämlich die Vermeidung und Bekämpfung sozialer Notlagen (VfSlg 19.698/2012), nicht in einer dem Gleichheitssatz hinreichend Rechnung tragenden Weise gewährleisten würde. Dies zumal bei der Beurteilung, ob ein ausreichender Betrag zur Vermeidung einer sozialen Notlage zur Verfügung steht, der Landesgesetzgeber für minderjährige unterhaltsberechtigte Personen zusätzlich den Grundbetrag der Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag bei der Bemessung von Leistungen aus der Mindestsicherung einbeziehen kann, dienen diese Leistungen doch ebenso der Sicherung des Lebensunterhaltes (VfSlg 16.026/2000 iVm VfSlg 14.992/1997).
Damit gewährleisten aber die Bestimmungen nach dem Oö. BMSG, dass – in Anbetracht der Regelung, die je Haushaltsgemeinschaft einen Pauschalbetrag und ab einer gewissen Haushaltsgröße einen bestimmten, nicht unterschreitbaren Betrag je weiterer minderjähriger Person vorsieht – unter Einbeziehung der hinzutretenden Familienleistungen für die jeweilige Haushaltsgemeinschaft insgesamt ein zur Vermeidung sozialer Notlagen ausreichender Betrag zur Verfügung steht.
2.7. Soweit das antragstellende Gericht das Bedenken hegt, dass das bloße Anknüpfen an das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft zu undifferenziert sei, da die Bedarfe und die Synergieeffekte in einer Haushaltsgemeinschaft mit einer Familie mit wechselseitigen Unterhaltsansprüchen andere seien als in einer Haushaltsgemeinschaft in Form einer bloßen Wohngemeinschaft, kann der Verfassungsgerichtshof nicht erkennen, dass der Landesgesetzgeber eine Rechtslage geschaffen hätte, die nicht die Vermeidung sozialer Notlagen für Haushaltsgemeinschaften mit volljährigen Personen gewährleisten könnte, zumal für solche Haushaltsgemeinschaften im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Disposition auch offen steht, die Größe der Haushaltsgemeinschaft derart festzulegen, dass mit dem gemäß §13a Abs1 und 2 Oö. BMSG zugewiesenen Betrag eine soziale Notlage vermieden wird.
2.8. Soweit sich das antragstellende Gericht mit seinen Bedenken gegen die Regelung des §13a Abs1 zweiter Satz Oö. BMSG wendet, sind diese begründet:
Diese Regelung sieht vor, dass bei der Berechnung der Summe der Mindeststandards für die jeweilige Haushaltsgemeinschaft auch jene Personen mit einem fiktiven Mindeststandard zu berücksichtigen sind, die keinen Antrag gestellt haben oder keinen Leistungsanspruch haben. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits zur Nö. Mindestsicherung (VfGH 7.3.2018, G136/2017) ausgesprochen hat, ist eine Begrenzung, die unabhängig davon wirksam wird, ob die weiteren Mitbewohner selbst Mindestsicherung beziehen, unsachlich. Eine solche Regelung führt dazu, dass die rechnerisch auf die jeweilige Person entfallende richtsatzmäßige Geldleistung von Beziehern der Mindestsicherung nicht für die Deckung des Bedarfes zur Verfügung steht, ohne dass eine sachliche Rechtfertigung hiefür besteht, zumal selbst Synergieeffekte mit anderen Mindestsicherungsbeziehern der Haushaltsgemeinschaft gar nicht eintreten können. Damit wird aber eine Haushaltsgemeinschaft mit nicht anspruchsberechtigten Personen gegenüber einer Haushaltsgemeinschaft mit anspruchsberechtigten Personen in unsachlicher Weise schlechter gestellt.
3. Entscheidung über die Anträge zu G231-239/2018, G331/2018, G333-334/2018, G336-347/2018, G350/2018 und G357-358/2018
Da diese Anträge des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich den zu G156/2018 ua protokollierten Anträgen im Wesentlichen gleichen, hat der Verfassungsgerichtshof gemäß §19 Abs3 Z4 VfGG davon abgesehen, ein weiteres Verfahren in diesen Rechtssachen durchzuführen.
V. Ergebnis
1. Der Satz "Bei der Berechnung dieser Summe sind auch jene Personen mit einem fiktiven Mindeststandard zu berücksichtigen, die keinen Antrag gestellt haben oder keinen Leistungsanspruch haben oder haben werden." in §13a Abs1 Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG), LGBl für Oberösterreich 74/2011, idF LGBl für Oberösterreich 41/2017, ist daher wegen Verstoßes gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz als verfassungswidrig aufzuheben.
2. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B‑VG.
3. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich veranlasst, von der ihm durch Art140 Abs7 zweiter Satz B‑VG eingeräumten Ermächtigung Gebrauch zu machen und auszusprechen, dass die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist.
4. Die Verpflichtung des Landeshauptmannes zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B‑VG und §64 Abs2 VfGG iVm §4 Abs1 Z1 litb Oberösterreichisches Verlautbarungsgesetz 2015, LGBl für Oberösterreich 91/2014.
5. Im Übrigen sind die Anträge abzuweisen.
6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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