VfGH G78/2018

VfGHG78/201812.6.2018

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des GlücksspielG betreffend Pokerangebote auf Grundlage einer gewerberechtlichen Bewilligung auf Grund des erst zu einem späteren Zeitpunkt festgesetzten Inkrafttretens des Verbots der Ausübung der Gewerbeberechtigung

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
GlücksspielG §1, §2, §3, §21, §60 Abs36

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2018:G78.2018

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antragsbegehren

Die einschreitende Gesellschaft stellt den auf Art140 Abs1. Z1 litc B‑VG gestützten Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge

"a) das Wort 'Poker' samt dem darauf folgenden Beistrich in §1 Abs2 GSpG, §2 Abs4 GSpG, §3 GSpG, §21 Abs5 GSpG und §60 Abs36 GSpG, in eventu

b) das Wort 'Poker' samt dem darauf folgenden Beistrich in §1 Abs2 GSpG, §2 Abs4 GSpG, §21 Abs5 GSpG und §60 Abs36 GSpG, in eventu

c) das Wort 'Poker' samt dem darauf folgenden Beistrich in §1 Abs2 GSpG, §2 Abs4 GSpG und §60 Abs36 GSpG, in eventu

d) das Wort 'Poker' samt dem darauf folgenden Beistrich in §1 Abs2 GSpG und §60 Abs36 GSpG

 

als verfassungswidrig aufheben.

 

Die Aufhebungsanträge beziehen sich auf die jeweils geltenden Fassungen der Gesetzesbestimmungen."

 

II. Rechtslage

1. Die angefochtenen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes, BGBl 620/1989, idF BGBl I 107/2017, lauten in ihrem Zusammenhang:

"Abschnitt I

Glücksspielgesetz

Allgemeiner Teil

Glücksspiele

 

§1. (1) Ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

 

(2) Glücksspiele im Sinne dieses Bundesgesetzes sind insbesondere die Spiele Roulette, Beobachtungsroulette, Poker, Black Jack, Two Aces, Bingo, Keno, Baccarat und Baccarat chemin de fer und deren Spielvarianten. Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, aus Gründen der Rechtssicherheit durch Verordnung weitere Spiele als Glücksspiele im Sinne des Abs1 zu bezeichnen.

 

(3) In Angelegenheiten des Glücksspiels kann der Bundesminister für Finanzen Amtssachverständige bestellen.

 

(4) Der Bundesminister für Finanzen hat eine Stelle für Spielerschutz einzurichten, deren Aufgabe die inhaltliche, wissenschaftliche und finanzielle Unterstützung des Spielerschutzes ist. Zur Finanzierung der Arbeit dieser Stelle wird ab 1. Jänner 2011 ein Finanzierungsbeitrag von 1 vT der jeweiligen Bemessungsgrundlage nach §28 sowie nach §57 Abs4 gemeinsam mit den jeweiligen Abgaben erhoben.

 

Ausspielungen

 

§2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

(2) Unternehmer ist, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durchführung von Glücksspielen mit vermögenswerten Leistungen im Sinne der Z2 und 3 des Abs1 an einem Ort angeboten werden, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glücksspiels unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei einzelnen von ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels nur beteiligt sind.

 

(3) Eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten liegt vor, wenn die Entscheidung über das Spielergebnis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgt. Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, durch Verordnung bau- und spieltechnische Merkmale von Glücksspielautomaten näher zu regeln sowie Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten festzulegen. Glücksspielautomaten gemäß §5 sind verpflichtend an die Bundesrechenzentrum GmbH elektronisch anzubinden. Der Bundesminister für Finanzen kann im Wege einer Verordnung den Zeitpunkt dieser Anbindung festlegen. Darüber hinaus kann der Bundesminister für Finanzen zu den Details der elektronischen Anbindung und den zu übermittelnden Datensätzen in dieser Verordnung Mindeststandards festsetzen, wobei auch der Zugriff der Behörden auf einzelne Glücksspielautomaten (§5) zu regeln ist. Die auf 10 Jahre verteilten Kosten für die Errichtung eines Datenrechenzentrums bei der Bundesrechenzentrum GmbH sowie die Kosten für dessen laufenden Betrieb sind durch die konzessions- und bewilligungserteilenden Behörden den Konzessionären und Bewilligungsinhabern auf Grundlage einer von der Bundesrechenzentrum GmbH durchzuführenden Abrechnung über die durch die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber verursachten Kosten jährlich bescheidmäßig vorzuschreiben und für die Bewilligungsinhaber von Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten (§5) dem Bund zu erstatten. Im Rahmen des laufenden Betriebs des Datenrechenzentrums kann der Bundesminister für Finanzen ferner jederzeit eine technische Überprüfung von Glücksspielautomaten, der auf diesen befindlichen Software sowie einer allfälligen zentralen Vernetzung vornehmen oder die Vorlage eines unabhängigen technischen Gutachtens über die Einhaltung der glücksspielrechtlichen Bestimmungen verlangen. Mit der Errichtung des Datenrechenzentrums und der elektronischen Anbindung sind dem Bundesminister für Finanzen Quellcodes oder Referenzprogramme der Spielprogramme der daran anzubindenden Glücksspielautomaten gesondert vorab zu hinterlegen.

 

(4) Verbotene Ausspielungen sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß §4 ausgenommen sind.

 

[…]

 

Glücksspielmonopol

 

§3. Das Recht zur Durchführung von Glücksspielen ist, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt wird, dem Bund vorbehalten (Glücksspielmonopol).

 

Spielbanken

Konzession

 

§21. (1) Der Bundesminister für Finanzen kann das Recht zum Betrieb einer Spielbank durch Konzession übertragen. Der Konzessionserteilung hat eine öffentliche Interessentensuche voranzugehen, welche den Grundsätzen der Transparenz und der Nichtdiskriminierung zu entsprechen hat. Die Interessentensuche ist öffentlich bekannt zu machen, wobei die Bekanntmachung nähere Angaben zu der zu übertragenden Konzession sowie zur Interessensbekundung und den dabei verpflichtend vorzulegenden Unterlagen sowie eine angemessene Frist für die Interessensbekundung zu enthalten hat. Der Bundesminister für Finanzen kann für die Begutachtung der Interessensbekundungen einen beratenden Beirat einrichten.

 

(2) Eine Konzession nach Abs1 darf nur einem Konzessionswerber erteilt werden, wenn

1. das Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft mit Aufsichtsrat geführt wird und sein Sitz nach Maßgabe des Abs3 in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes liegt und die Abwicklung des Spielbetriebs in einer Form erfolgt, die eine effektive und umfassende ordnungspolitische Aufsicht nach diesem Bundesgesetz erlaubt;

2. die Satzung der Kapitalgesellschaft keine Bestimmungen enthält, die die Sicherheit und die ordnungsgemäße Spieldurchführung gefährden;

3. die Kapitalgesellschaft über ein eingezahltes Stamm- oder Grundkapital von mindestens 22 Millionen Euro verfügt, deren rechtmäßige Mittelherkunft in geeigneter Weise nachgewiesen wird und die den Geschäftsleitern unbeschränkt und nachgewiesener Maßen für den Spielbetrieb im Inland zur freien Verfügung stehen und im Zeitpunkt der Konzessionsbewerbung nicht durch Bilanzverluste geschmälert worden sind (Haftungsstock);

4. die Personen, die eine Beteiligung am Konzessionär halten und über einen beherrschenden Einfluss verfügen, den Ansprüchen genügen, die im Interesse einer soliden und umsichtigen Konzessionsausübung und der Zuverlässigkeit in ordnungspolitischer Hinsicht im Sinne des §30 Abs1 bis 5 liegen;

5. die Geschäftsleiter auf Grund ihrer Vorbildung im Sinne des §31b Abs7 fachlich geeignet sind, über die für den ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen verfügen;

6. die Struktur des allfälligen Konzerns, dem der oder die Eigentümer, die eine qualifizierte Beteiligung an dem Unternehmen halten, angehören, und die Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Sitzstaates eine wirksame Aufsicht über den Konzessionär nicht behindern sowie

7. vom Konzessionswerber insbesondere auf Grund seiner Erfahrungen, Infrastrukturen, Entwicklungsmaßnahmen und Eigenmittel sowie seiner Systeme und Einrichtungen zur Spielsuchtvorbeugung, zum Spielerschutz, zur Geldwäsche- und Kriminalitätsvorbeugung, zur Betriebssicherheit, zur Qualitätssicherung, zur betriebsinternen Aufsicht und zu anderen ihn treffenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die beste Ausübung der Konzession zu erwarten ist.

 

(3) Zur Bewerbung um eine Konzession ist für Interessenten ein Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes erforderlich. Im Falle der erfolgreichen Bewerbung eines Interessenten mit Sitz außerhalb von Österreich ist die Konzession unter der Bedingung zu erteilen, dass der Sitz der Kapitalgesellschaft in Österreich errichtet wird, und mit der Auflage zu versehen, den Errichtungsnachweis binnen einer bestimmten Frist zu erbringen.

Die Errichtung einer inländischen Kapitalgesellschaft zur Ausübung der Konzession ist nicht erforderlich, wenn die ausländische Kapitalgesellschaft in ihrem Sitzstaat über eine vergleichbare Spielbankkonzession verfügt und einer vergleichbaren staatlichen Glücksspielaufsicht unterliegt, die im Sinne des §31 der österreichischen Aufsicht erforderlichenfalls Kontrollauskünfte übermittelt und für sie Kontrollmaßnahmen vor Ort durchführt (behördliche Aufsichtskette). Können diese Voraussetzungen nachgewiesen werden, ist die Ausübung der Konzession durch eine bloße Niederlassung in Österreich zulässig. Über die Organbeschlüsse der ausländischen Kapitalgesellschaft ist dem Bundesminister für Finanzen unverzüglich zu berichten, soweit sie auch die Geschäftsführung der österreichischen Niederlassung betreffen. Zudem hat eine getrennte Buch- und Geschäftsführung für alle inländischen Betriebe zu erfolgen.

 

(4) Vor der Entscheidung über den Antrag ist dem Bundesland und der Gemeinde, in deren Bereich eine Spielbank errichtet werden soll, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

 

(5) Insgesamt dürfen höchstens fünfzehn Konzessionen im Sinne des Abs1 erteilt werden.

 

(6) Über alle fristgerecht eingebrachten Anträge ist im Zuge der Prüfung der Interessensbekundung bescheidmäßig zu entscheiden. Treten mehrere Konzessionswerber gleichzeitig auf, die die Voraussetzungen des Abs2 Z1 bis 6 erfüllen, so hat der Bundesminister für Finanzen auf Grund des Abs2 Z7 zu entscheiden.

 

(7) Die Konzession ist bei sonstiger Nichtigkeit schriftlich zu erteilen; sie kann mit Nebenbestimmungen versehen sein, wenn dies im öffentlichen Interesse, insbesondere der Sicherung der Entrichtung der Konzessionsabgaben und der Glücksspielabgabe liegt. Im Konzessionsbescheid ist insbesondere festzusetzen:

1. Die Dauer der Konzession; sie darf 15 Jahre nicht überschreiten;

2. die Höhe und die Art der zu leistenden Sicherstellung; diese ist mit mindestens 10 vH des Grundkapitals des Konzessionärs festzusetzen; die finanziellen Verpflichtungen des Konzessionärs gegenüber dem Bund und den Spielern sind hiebei zu berücksichtigen;

3. die Bezeichnung und die Art der Durchführung der Glücksspiele, die in Spielbanken betrieben werden dürfen;

4. die Art der Kontrolle der Besucher gemäß §25;

5. die Spielzeit in den Spielbanken und der Preis der Eintrittskarten;

6. eine Betriebspflicht für Lebendspiele.

 

(8) Wenn die Gewinnermittlung im Rahmen eines Lebendspiels gemäß Abs7 Z3 erfolgt, ist auch eine elektronische Übertragung des Spiels zur Spielteilnahme innerhalb der Spielbank zulässig. Die Durchführung von den im Konzessionsbescheid bewilligten Glücksspielen außerhalb von Spielbanken oder deren Zugänglichmachung außerhalb von Spielbanken ist verboten.

 

(9) Der Konzessionär hat dem Bundesminister für Finanzen für unmittelbar im Spielbetrieb eingesetzte Personen, insbesondere Croupiers, eine Ausbildungsordnung vorzulegen.

 

(10) Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, durch Verordnung bau- und spieltechnische Merkmale von Glücksspielautomaten in Spielbanken näher zu regeln sowie Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten festzulegen. Glücksspielautomaten in Spielbanken sind verpflichtend an die Bundesrechenzentrum GmbH elektronisch anzubinden. Der Bundesminister für Finanzen kann im Wege einer Verordnung den Zeitpunkt dieser Anbindung festlegen. Darüber hinaus kann der Bundesminister für Finanzen zu den Details der elektronischen Anbindung und den zu übermittelnden Datensätzen in dieser Verordnung Mindeststandards festsetzen, wobei auch der Zugriff der Behörde auf einzelne Glücksspielautomaten in Spielbanken zu regeln ist. Die für die Errichtung auf zehn Jahre verteilten Kosten sowie die Kosten für den laufenden Betrieb des Datenrechenzentrums sind vom Bundesminister für Finanzen den Konzessionären auf Grundlage einer durchzuführenden Abrechnung über die durch die Konzessionäre verursachten Kosten jährlich bescheidmäßig vorzuschreiben. Im Rahmen des laufenden Betriebs des Datenrechenzentrums kann der Bundesminister für Finanzen ferner jederzeit eine technische Überprüfung von Glücksspielautomaten in Spielbanken, der über diese laufende Software sowie deren zentraler Vernetzung vornehmen oder die Vorlage eines unabhängigen technischen Gutachtens über die Einhaltung der glücksspielrechtlichen Bestimmungen verlangen. Mit der Errichtung des Datenrechenzentrums und der elektronischen Anbindung sind dem Bundesminister für Finanzen Quellcodes oder Referenzprogramme der Spielprogramme der daran anzubindenden Glücksspielautomaten in Spielbanken gesondert vorab zu hinterlegen.

 

(11) Bei nachträglichem Wegfall des Konzessionsbescheides hat der Konzessionär die Glücksspiele während einer vom Bundesminister für Finanzen mit längstens 18 Monaten festzusetzenden Frist weiter zu betreiben. Wird über fristgerecht eingebrachte Anträge nach §21 nicht vor Ablauf der Konzessionsdauer entschieden, hat der zuletzt berechtigte Konzessionär die Glücksspiele während einer vom Bundesminister für Finanzen mit längstens einem Jahr festzusetzenden Frist weiter zu betreiben. Diese Fristen sind so zu bestimmen, dass mit ihrem Ablauf der Bund oder ein neuer Konzessionär die Glücksspiele durchführen können.

 

[…]

 

§60. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 1990 in Kraft.

[…]

 

[…]

 

(36) §2 Abs4 ist auf Pokerangebote auf Grundlage einer gewerberechtlichen Bewilligung, die zum 31. Dezember 2012 aufrecht war, ab 1. Jänner 2020 anzuwenden.

 

[…]"

 

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Die antragstellende Gesellschaft ist ein Unternehmen mit Sitz in Wien und verfügt unter anderem seit 4. Juli 2007 über eine rechtskräftige Gewerbeberechtigung für das "Halten von erlaubten Kartenspielen ohne Bankhalter". Diese rechtskräftige Gewerbebefugnis erstreckt sich auf alle erlaubten Kartenspiele ohne Bankhalter, zu denen auch die in den Betriebsstätten der antragstellenden Gesellschaft durchgeführten Pokerspiele zählen.

2. Die in den Betriebsstätten durchgeführten Pokerspiele seien nach der Darstellung der antragstellenden Gesellschaft entsprechend der Berechtigung ausschließlich solche, die im Lebendspiel und ohne Bankhalter gespielt werden. Die einschreitende Gesellschaft selbst nehme nicht daran teil. Die Dienstleistung der antragstellenden Gesellschaft beschränke sich regelmäßig auf die entgeltliche Zurverfügungstellung von Karten und Tischen in den Räumen der Gesellschaft. Das Entgelt hiefür sowie jenes für die anderen Dienstleistungen (zB Verköstigung der Spieler) sei spieleinsatz- und gewinnunabhängig. Die Spieler schlössen dabei den jeweiligen Spielvertrag ausschließlich mit- und untereinander ab. Die antragstellende Gesellschaft erlange zu keinem Zeitpunkt Gewahrsam an den Spieleinsätzen und Spielgewinnen und sei darüber auch nicht verfügungsberechtigt. In den Salons der antragstellenden Gesellschaft würden die Pokerspiele entweder als sogenannte Cashgames oder als Turnier gespielt.

3. Die durch §1, §2 Abs4 iVm §60 Abs36 GSpG bestehende Rechtslage bedeute für die antragstellende Gesellschaft die Pflicht, ab 1. Jänner 2020 ihr Gewerberecht betreffend Pokerspiele nicht mehr auszuüben und ihre Pokersalons geschlossen zu halten. Die Bestimmung des §60 Abs36 GSpG sehe nämlich eine Beendigung der bisherigen Befugnis der antragstellenden Gesellschaft vor und ermögliche keine Fortführung ihres Betriebes. Diese Anordnung zwinge die antragstellende Gesellschaft zur andauernden Einstellung ihrer Pokersalon-Betriebe bei sonstiger Strafbarkeit (Hinweis auf §168 StGB und §§52 ff. GSpG) und führe damit zu "gravierendsten" Eingriffen in die Rechte der antragstellenden Gesellschaft, insbesondere in das Recht auf Gleichheit (Art7 B‑VG, Art2 StGG), in die Erwerbsfreiheit (Art6 StGG) und in die Rechte der antragstellenden Gesellschaft gemäß Art15, 16 und 20 GRC. Darüber hinaus verletzten die angefochtenen Bestimmungen die antragstellende Gesellschaft auch deshalb in ihrem Recht auf Gleichheit, weil sie Poker – das zumindest in den meisten seiner Varianten ein Spiel sei, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis weder ausschließlich noch vorwiegend vom Zufall abhänge – zum Glücksspiel erklären, es dem Glücksspielmonopol des Bundes unterwerfen (§3 GSpG) und das Glücksspielgesetz keine Pokersalon-Konzession (mehr) vorsehe, hingegen §21 GSpG für Spielbanken bis zu fünfzehn Konzessionen vorsehe (vgl. §21 Abs5 GSpG). Damit bewirkten die genannten Bestimmungen unmittelbare Eingriffe in die Rechtspositionen der antragstellenden Gesellschaft und seien ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides für die antragstellende Gesellschaft wirksam.

4. Die rechtliche Betroffenheit der antragstellenden Gesellschaft sei auch von aktueller Wirkung, weil sich die angefochtenen Vorschriften an die antragstellende Gesellschaft als Betreiberin von Pokersalons direkt richteten. Die Einbeziehung von Poker in den Glücksspielbereich, die Einbeziehung der Pokerspiele unter das Glücksspielmonopol des Bundes (§3 GSpG) und die Beendigung der bisherigen gewerberechtlichen Befugnisse der antragstellenden Gesellschaft zum Betrieb von Pokersalons ipso iure ab 1. Jänner 2020 bedürften keiner weiteren Konkretisierung, sondern wirkten direkt und unmittelbar.

5. Es stehe der antragstellenden Gesellschaft auch kein "rechtzeitiger und zumutbarer Weg" offen, die Frage der Verfassungsmäßigkeit der bekämpften Vorschriften an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Es sei nämlich der antragstellenden Gesellschaft nicht zumutbar, ab 1. Jänner 2020 verbotene Handlungen zu begehen, um sich in einem gegen die antragstellende Gesellschaft eingeleiteten gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Strafverfahren im Nachhinein mit der Behauptung zur Wehr zu setzen, dass die Verbotsvorschrift verfassungswidrig sei. Da der antragstellenden Gesellschaft somit ein anderer Weg als jener über ein Strafverfahren nicht zur Verfügung stehe, sei die aktuelle Betroffenheit gegeben. Die Antragslegitimation liege daher vor (VfGH 30.6.2012, G51/11; VfSlg 19.767/2013, 19.886/2014).

6. Im Anschluss an die Ausführungen zur Zulässigkeit des Antrags legt die antragstellende Gesellschaft ihre Bedenken ob der Verfassungskonformität und der Unionsrechtskonformität der angefochtenen Bestimmungen näher dar.

7. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den letzten Eventualantrag als zulässig erachtet, den Antrag jedoch für unbegründet ansieht.

IV. Zur Zulässigkeit

1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg 8009/1977 und 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie – im Fall seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugeben und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg 10.353/1985, 15.306/1998, 16.890/2003).

2. Der Antrag ist unzulässig.

3. Die antragstellende Gesellschaft äußert in ihrem Antrag verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass die Ausübung ihrer Gewerbeberechtigung für das "Halten von erlaubten Kartenspielen ohne Bankhalter" ab dem 1. Jänner 2020 unzulässig ist und diese Tätigkeit nur mehr auf Grund einer Konzession nach dem Glücksspielgesetz ausgeübt werden darf (vgl. §60 Abs36 GSpG). Aus diesem Grund ficht die antragstellende Gesellschaft die genannte Regelung des §60 Abs36 GSpG sowie damit in untrennbarem Zusammenhang stehende Bestimmungen an.

4. Die antragstellende Gesellschaft hat den (Individual-)Antrag am 21. März 2018 beim Verfassungsgerichtshof eingebracht, sohin 21 Monate vor dem Inkrafttreten des Verbots der (weiteren) Ausübung der Gewerbeberechtigung für das "Halten von erlaubten Kartenspielen ohne Bankhalter".

5. Es ist für den Verfassungsgerichtshof – nicht zuletzt mangels entsprechender Darlegung im Antrag durch die einschreitende Gesellschaft – nicht erkennbar, aus welchen Gründen das Verbot der Ausübung der Gewerbeberechtigung für das "Halten von erlaubten Kartenspielen ohne Bankhalter", welches erst ab 1. Jänner 2020 in Kraft tritt (vgl. §60 Abs36 GSpG), bereits jetzt eine aktuelle Wirkung für die antragstellende Gesellschaft entfalten kann.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist daher zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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