VfGH V49/2015

VfGHV49/201512.12.2016

Zurückweisung eines Gerichtsantrags mangels Präjudizialität von Bestimmungen der Verordnung betreffend ein Entwicklungsprogramm für den Sachbereich Windenergie in einem Amtshaftungsverfahren; bekämpfte Rechtsvorschriften ausschließlich an Gemeinden adressiert

Normen

B-VG Art139 Abs1 Z1
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
Stmk RaumOG 2010 §11
V der Stmk Landesregierung betr ein Entwicklungsprogramm für den Sachbereich Windenergie, LGBl 72/2013 idF LGBl 106/2014 §3, §4
B-VG Art139 Abs1 Z1
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
Stmk RaumOG 2010 §11
V der Stmk Landesregierung betr ein Entwicklungsprogramm für den Sachbereich Windenergie, LGBl 72/2013 idF LGBl 106/2014 §3, §4

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antrag, Anlassverfahren und Vorverfahren

1. Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B‑VG gestützten Antrag begehrt das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz, die Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 20. Juni 2013, mit der ein Entwicklungsprogramm für den Sachbereich Windenergie erlassen wird, LGBl 72/2013 idF LGBl 106/2014, (im Folgenden: VO SAPRO Wind) auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen und folgende Teile der Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben:

"1. im Verordnungswortlaut

a) in §3 Abs1 die Wortfolge 'und Eignungszonen' und Z3, in §3 Abs2 jeweils nach den Wortfolgen 'ln den Vorrangzonen' und 'um die Grenzen der Vorrangzonen' die Wortfolge 'und Eignungszonen', in §3 Abs3 die Wortfolge 'oder Eignungszonen' sowie §4 Abs2 Satz 2 und 3;

b) in eventu §4 Abs2 Satz 2 und 3;

c) in eventu §4 Abs2;

sowie – in Verbindung mit oder unabhängig von 1. –

2. die gemäß §1 Abs2 der Verordnung als Anlagen durch Auflage kundgemachten planlichen Darstellungen (Blätter in den Formaten A3 und A0),

a) soweit sie Festlegungen zu Eignungszonen treffen;

b) in eventu soweit sie Festlegungen zu der im Gebiet der Gemeinden Kraubath an der Mur und St. Stefan ob Leoben gelegenen Eignungszone 'Kraubatheck' treffen;

in eventu – anstelle von 1. und 2. –

3. die gesamte Verordnung (Wortlaut und planliche Darstellungen)."

2. Dem beim antragstellenden Gericht anhängigen Amtshaftungsverfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

2.1. Am 20. Juni 2013 erließ die Steiermärkische Landesregierung im Rahmen der überörtlichen Raumordnung auf Grund §11 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 2010 die VO SAPRO Wind, ein Entwicklungsprogramm für den Sachbereich Windenergie. Mit dieser Verordnung werden steiermarkweit Flächen hinsichtlich ihrer Eignung für die Windkraft festgelegt. Diese werden in Ausschlusszonen (Errichtung von Windkraftanlagen unzulässig), Vorrangzonen (Errichtung von Windkraftanlagen mit einer elektrischen Gesamtleistung von mindestens 20 MW bzw. Erweiterungen mit mindestens 10 MW) und Eignungszonen (Errichtung von Windkraftanlagen unabhängig von der Gesamtleistung) eingeteilt. Das Kraubatheck, eine Fläche im Gebiet der Gemeinden Kraubath an der Mur und St. Stefan ob Leoben, ist in einer Anlage zur VO SAPRO Wind als Eignungszone ausgewiesen. Die VO SAPRO Wind trat am 1. August 2013 in Kraft.

2.2. Auf Grund eines Naturschutzfachgutachtens leitete die Landesregierung als zuständige Naturschutzbehörde im Juni 2014 ein Unterschutzstellungsverfahren gemäß §14 Steiermärkisches Naturschutzgesetz 1976 ein, weil Informationen für den Ostteil der Niederen Tauern "die Vorkommen von einer hohen Anzahl an gemäß in der Steiermärkischen Artenschutzverordnung geschützter Vogel-, Fledermaus- und anderer Tierarten beleg[t]en, als auch deren natürlicher Lebensräume" (Verlautbarungen des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung; Grazer Zeitung, 6.6.2014, 283). Mit Verordnung vom 29. Jänner 2015, LGBl 17/2015, erklärte die Steiermärkische Landesregierung ein großes Stück in den östlichen Niederen Tauern zum Naturschutzgebiet, das auch das Gebiet "Kraubatheck" umfasste. Gemäß §5 dieser Verordnung ist in diesem Gebiet die Errichtung von Windkraftanlagen verboten.

2.3. Die klagende Partei des Anlassverfahrens ist eine Gesellschaft, die Anlagen zur Erzeugung von elektrischer Energie und Windkraft entwickelt und betreibt. Sie bringt im Anlassverfahren vor, dass sie "im Vertrauen auf den von der beklagten Partei [dem Land Steiermark] über Jahre hinweg wiederholt und fortlaufend zugesagten und sodann auch mit der VO SAPRO Wind umgesetzten Eignungsstandort Kraubatheck" Investitionen in der Höhe von € 245.811,47 zur Errichtung eines Windparks getätigt habe. Insbesondere sei am Kraubatheck auch eine genehmigte Windmessanlage installiert und in Betrieb genommen worden. Durch die Erklärung des Gebietes Kraubatheck zum Naturschutzgebiet und das damit einhergehende Verbot der Errichtung von Windkraftanlagen seien diese Investitionen frustriert. Es werde deren Ersatz begehrt, wobei die klagende Partei dabei davon ausgehe, dass die VO SAPRO Wind rechtswidrig sei.

2.4. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz teilte die Bedenken der klagenden Partei teilweise und fasste daher den Beschluss, den vorliegenden Antrag auf Prüfung der Gesetzmäßigkeit der VO SAPRO Wind zu stellen (Pkt. I.1.).

3. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz legte die Gerichtsakten dem Antrag auf Verordnungsprüfung bei. Die Steiermärkische Landesregierung legte die Verordnungsakten vor und erstattete eine Äußerung, in der sie die Zurückweisung, in eventu die Abweisung des Antrags begehrt. Die klagende Partei des vor dem antragstellenden Gericht anhängigen Amtshaftungsverfahrens schloss sich in einer ersten Äußerung dem Antrag des antragstellenden Gerichts an und replizierte in einer ergänzenden Äußerung auf die Äußerung der Steiermärkischen Landesregierung.

II. Rechtsvorschriften

1. §11 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 2010, LGBl 49, in der zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Verordnung geltenden Stammfassung lautet:

"Entwicklungsprogramme

§11. (1) Die Landesregierung hat in Durchführung der Aufgaben der überörtlichen Raumordnung (§10) durch Verordnung Entwicklungsprogramme zu erstellen bzw. fortzuführen.

(2) Entwicklungsprogramme bestehen aus dem Wortlaut und den allenfalls erforderlichen planlichen Darstellungen.

(3) Zur Begründung eines Entwicklungsprogramms ist ein Erläuterungsbericht zu erstellen, der sich auch auf den allenfalls erforderlichen Differenzplan zu beziehen hat.

(4) Entwicklungsprogramme können erstellt werden für:

1. das gesamte Landesgebiet als Landesentwicklungsprogramm;

2. Sachbereiche als Sachprogramme;

3. Teile des Landesgebietes als regionale und bei Bedarf als teilregionale Entwicklungsprogramme, die einen oder mehrere Sachbereiche umfassen.

(5) Grundlagen eines Entwicklungsprogramms sind:

1. eine Bestandsaufnahme;

2. eine Stärken-/Schwächendarstellung;

3. die Darlegung der Entwicklungsmöglichkeiten.

(6)-(9) [...]"

2. Die inhaltlichen Bestimmungen der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 20. Juni 2013, mit der ein Entwicklungsprogramm für den Sachbereich Windenergie erlassen wird, LGBl 72/2013, (VO SAPRO Wind) in der angefochtenen Fassung LGBl 106/2014 lauten (die angefochtenen Teile sind hervorgehoben):

"Allgemeines

§1. (1) Das Entwicklungsprogramm für den Sachbereich Windenergie gilt für den Geltungsbereich der Alpenkonvention, BGBl Nr 477/1995, zuletzt in der Fassung BGBl III Nr 18/1999 im Land Steiermark gemäß den planlichen Darstellungen in den Anlagen.

(2) Das Entwicklungsprogramm besteht aus dem Wortlaut und den planlichen Darstellungen im Maßstab 1:50.000 (für die Gemeinden im Geltungsbereich bestehen insgesamt 298 Blätter im Format A3 und der gesamte Geltungsbereich umfasst 12 Blätter im Format A0). Die Anlagen werden durch Auflage zur allgemeinen Einsichtnahme kundgemacht. Einsicht kann während der Amtsstunden genommen werden:

1. bei den für fachliche und rechtliche Angelegenheiten der Raumordnung zuständigen Dienststellen beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung und bei den Bezirkshauptmannschaften in die 12 Blätter der Gesamtplanung im Format A0;

2. bei den Gemeindeämtern in die Blätter im Format A3 für die jeweils betroffene Gemeinde;

(3) Als Windkraftanlagen im Sinne dieses Entwicklungsprogramms gelten solche mit einer Nennleistung von mindestens 0,5 Megawatt.

Ziele

§2. (1) Ziel dieses Entwicklungsprogramms ist die Festlegung von überörtlichen Vorgaben zum raumverträglichen Ausbau der Windenergie in der Steiermark. Dadurch soll ein erhöhter Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern in der Steiermark ermöglicht werden.

(2) Die Festlegung von Gebieten für Windkraftanlagen hat insbesondere unter Berücksichtigung der Ziele und Grundsätze des Natur- und Landschaftsschutzes, der Raumordnung und der Erhaltung unversehrter naturnaher Gebiete und Landschaften im Sinne der Alpenkonvention zu erfolgen.

Maßnahmen

§3. (1) Zur Umsetzung der Zielsetzungen nach §2 werden in Bezug auf die Zulässigkeit der Errichtung von Windkraftanlagen Ausschlusszonen, Vorrangzonen und Eignungszonen festgelegt und in den planlichen Darstellungen (Anlagen) abgegrenzt.

1. In Ausschlusszonen ist die Errichtung von Windkraftanlagen gemäß §1 Abs3 unzulässig.

2. In Vorrangzonen ist die Errichtung von Windkraftanlagen gemäß §1 Abs3 nur zulässig für Projekte, die nachstehende Voraussetzungen erfüllen:

– bei der Neuerrichtung von Windkraftanlagen muss eine elektrische Gesamtleistung von mindestens 20 MW erreicht werden;

– bei der Erweiterung von bestehenden Windkraftanlagen muss eine zusätzliche elektrische Gesamtleistung von mindestens 10 MW erreicht werden;

– bei sonstigen Erweiterungen von Windkraftanlagen muss die bereits bestehende elektrische Gesamtleistung der Windkraftanlagen mindestens 20 MW betragen.

Im Zuge einer allfälligen Umweltverträglichkeitsprüfung soll durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden, dass dauerbewirtschaftete Schutzhütten und Weitwanderwege in ihrer Funktion nicht beeinträchtigt werden.

3. In Eignungszonen ist die Errichtung von Windkraftanlagen gemäß §1 Abs3, unabhängig von den Anforderungen hinsichtlich einer elektrischen Gesamtleistung gemäß Ziffer 2, zulässig.

(2) In den Vorrangzonen und Eignungszonen, sowie in einer Pufferzone von 1.000 m Breite um die Grenzen der Vorrangzonen und Eignungszonen, ist die Neuausweisung von Bauland sowie von Sondernutzungen im Freiland, die mit der Windenergienutzung unvereinbar sind, nicht zulässig. Ausgenommen davon ist die Neuausweisung von Bauland, wenn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Entwicklungsprogrammes (1. August 2013) bereits ein Baulandpotenzial im geltenden örtlichen Entwicklungskonzept ausgewiesen war.

(3) In Gebieten des Geltungsbereiches, die nicht als Ausschlusszonen, Vorrangzonen oder Eignungszonen festgelegt sind, ist für die Errichtung von Windkraftanlagen gemäß §1 Abs3 vom Antragsteller eine mittlere Leistungsdichte von 180 W/m² in 100 m Höhe über Grund für eine baurechtliche Genehmigung nachzuweisen. Der Abstand von der Grenze der auszuweisenden Sondernutzungen im Freiland für Windkraftanlagen zu gewidmetem Bauland hat mindestens 1.000 m, zu landwirtschaftlichen und sonstigen Wohngebäuden im Freiland sowie zu dauerbewirtschafteten Schutzhütten mindestens 700 m zu betragen.

Umsetzung in die örtliche Raumplanung

§4. (1) Die planlichen Darstellungen der Zonen nach §3 Abs1 in den Anlagen im Maßstab 1:50.000 sind nicht parzellenscharfe Festlegungen der überörtlichen Raumordnung, die von den Gemeinden im örtlichen Entwicklungskonzept und im Flächenwidmungsplan parzellenscharf abzugrenzen und ersichtlich zu machen sind. Die Ersichtlichmachungen haben im Anlassfall, spätestens jedoch im Zuge der Revision des örtlichen Entwicklungskonzeptes bzw. des Flächenwidmungsplanes zu erfolgen.

(2) Die Vorrangzonen sind als überörtliche Widmungsfestlegung von den Gemeinden im Zuge der örtlichen Raumplanung lediglich ersichtlich zu machen. In den Eignungszonen sind als Voraussetzung für die baurechtliche Bewilligung Sondernutzungen im Freiland für Windkraftanlagen auszuweisen. Dabei sind im Flächenwidmungsplan die tatsächlichen Grenzen der Sondernutzungen im Freiland innerhalb der ersichtlich gemachten Eignungszonen von den Gemeinden nach den örtlichen Erfordernissen anzupassen."

3. In der mit "Eignungszone Kraubatheck" bezeichneten Anlage zur VO SAPRO Wind ist das Gebiet der Eignungszone planlich dargestellt.

III. Zulässigkeit

1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B‑VG bzw. des Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

2. Ein grundsätzlicher Einwand der Steiermärkischen Landesregierung gegen die Präjudizialität der VO SAPRO Wind besteht darin, dass diese Verordnung die Errichtung von Windkraftanlagen gar nicht verhindert habe, sondern dass tatsächlich erst durch die Sicherungsmaßnahmen des Unterschutzstellungsverfahrens und vor allem durch die nachfolgende Naturschutzverordnung die Errichtung von Windkraftanlagen im Gebiet Kraubatheck unzulässig geworden sei.

3. Mit diesem Einwand ist die Steiermärkische Landesregierung im Ergebnis im Recht:

3.1. Zunächst ist vorauszuschicken, dass das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz seinen, letztlich auch die Präjudizialität der VO SAPRO Wind im bei ihm anhängigen Verfahren begründenden Bedenken eine unzutreffende Prämisse zugrunde legt: Es meint, bereits bei Erlassung der VO SAPRO Wind seien alle wesentlichen Kriterien des Natur- und Landschaftsschutzes sowie der Erhalt unversehrter naturnaher Gebiete und Landschaften zu berücksichtigen gewesen; die in der Anlage zu der Verordnung ausgewiesenen Eignungszonen seien demnach solche, in denen die Errichtung von Windkraftanlagen unter dem Blickwinkel dieser Gesichtspunkte jedenfalls zulässig sei und deswegen die Verordnung im Amtshaftungsverfahren vom antragstellenden Landesgericht anzuwenden sei.

3.2. Damit verkennt das antragstellende Landesgericht Graz den normativen Inhalt der VO SAPRO Wind. Diese ist ein (überörtliches) Entwicklungsprogramm im Sinne des §11 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 2010, und zwar ein Sachprogramm im Sinne des §11 Abs4 Z2 leg.cit. mit dem Ziel, die Zulässigkeit der Errichtung von Windkraftanlagen in der Steiermark unter raumordnungspolitischen Gesichtspunkten zu regeln. Zu diesem Zweck werden in §3 der Verordnung Zonen definiert, und zwar Ausschlusszonen, in denen die Errichtung von Windkraftanlagen unzulässig ist, Vorrangzonen, in denen – wie es in den Erläuterungen heißt – die Errichtung von Windkraftanlagen in größerem Umfang konzentriert werden soll, sowie Eignungszonen, in denen die Errichtung von Windkraftanlagen grundsätzlich unter den weiteren in der Verordnung genannten Voraussetzungen zulässig ist. Die einzelnen Zonen werden mittels einer planlichen Darstellung in der Anlage zur Verordnung festgelegt. Wie das normative System der Verordnung vor dem Hintergrund der Erläuterungen zeigt, bedeutet die Festlegung einer Eignungszone keineswegs, dass in einer solchen die Errichtung von Windkraftanlagen jedenfalls zulässig ist, auch nicht unter den im Antrag angeführten Gesichtspunkten des Natur-, Landschafts- und sonstigen Umweltschutzes.

4.1. Für Eignungszonen sieht §4 Abs2 zweiter Satz VO SAPRO Wind Folgendes vor:

"In den Eignungszonen sind als Voraussetzung für die baurechtliche Bewilligung Sondernutzungen im Freiland für Windkraftanlagen auszuweisen. Dabei sind im Flächenwidmungsplan die tatsächlichen Grenzen der Sondernutzungen im Freiland innerhalb der ersichtlich gemachten Eignungszonen von den Gemeinden nach den örtlichen Erfordernissen anzupassen."

Daraus ergibt sich eindeutig, dass es sich bei der Festlegung von Eignungszonen um Normen handelt, mit denen Gemeinden ermächtigt werden, im Rahmen ihrer Flächenwidmung eine Sonderwidmung für Windkraftanlagen vorzusehen, allerdings nur im Einklang mit allen sonst für derartige Widmungen geltenden Vorschriften, einschließlich der Berücksichtigung der im Antrag genannten Schutzinteressen. Diese sind von der Gemeinde im Rahmen der Flächenwidmung verbindlich zu beurteilen.

4.2. Daraus folgt auf das Wesentliche zusammengefasst, dass sich die vom Landesgericht Graz bekämpften Rechtsvorschriften ausschließlich an die Gemeinden wenden und nähere Vorschriften für die inhaltliche Gestaltung der Flächenwidmungspläne der Gemeinden festlegen. Die einzigen Adressaten dieser Verordnung sind daher die Gemeinden, Rechte und Pflichten Dritter werden dadurch weder direkt noch indirekt begründet.

4.3. Die bloße Tatsache, dass die Steiermärkische Landesregierung diese Verordnung erlassen hat, begründet nicht ihre Anwendbarkeit im Amtshaftungsverfahren, sodass es von vornherein ausgeschlossen ist, dass das Landesgericht Graz sie anzuwenden hat; die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Verordnung bildet keine Voraussetzung für das allfällige Entstehen des Amtshaftungsanspruches. Selbst wenn die Verordnung rechtswidrig wäre und vom Verfassungsgerichtshof aus diesem Grund aufgehoben werden würde, könnte darauf ein Amtshaftungsanspruch nicht gegründet werden. Die Erlassung der Verordnung bildete bloß ein Element der vom Kläger behaupteten Kausalitätskette.

IV. Ergebnis

1. Der vorliegende, auf Art139 Abs1 Z1 B‑VG gestützte Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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