Normen
B-VG Art139 Abs1 Z3
Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Grafenbach - St. Valentin vom 24.04.1996
B-VG Art139 Abs1 Z3
Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Grafenbach - St. Valentin vom 24.04.1996
Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Sachverhalt und Antragsvorbringen
1. Die Antragsteller sind je zur Hälfte Eigentümer der Grundparzellen Nr 746/4 und .211, EZ 376, KG St. Valentin-Landschach. Die Grundparzelle .211 ist umgeben von der Grundparzelle Nr 746/4 und entspricht dem Grundriss eines bestehenden Gebäudes.
1.1. 1976 wurden die Grundstücke der Antragsteller als "Bauland-Wohngebiet" gewidmet. Mit dem am 24. April 1996 vom Gemeinderat der Marktgemeinde Grafenbach – St. Valentin beschlossenen Flächenwidmungsplan wurde die Grundparzelle Nr 746/4 in "Grünland-Landwirtschaft" und die Grundparzelle .211 in "erhaltenswertes Gebäude im Grünland" umgewidmet.
1.2. Am 9. März 1998 beantragten die Antragsteller gemäß §11 Abs2 Niederösterreichische Bauordnung 1996, LGBl 8200-1, (NÖ BauO 1996), bei der Marktgemeinde Grafenbach – St. Valentin, die Grundparzelle Nr 746/4 zum Bauplatz zu erklären. Dieser Antrag wurde mit der Begründung, dass die betreffende Grundparzelle im Grünland liege, nicht bewilligt. Gegen den letztinstanzlichen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 19. November 1998 erhoben die Antragsteller Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und behaupteten die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm, nämlich der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Grafenbach – St. Valentin über die Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes vom 24. April 1996. Der Verfassungsgerichtshof wies die Beschwerde mit seinem Erkenntnis VfSlg 16.323/2001 ab und kam hinsichtlich der gegen den Flächenwidmungsplan geltend gemachten Bedenken zum Ergebnis, "dass die Umwidmung einer Grundfläche von Bauland-Wohngebiet in erhaltenswerter Bau im Grünland (Grundparzelle .211) mit einer sie umgebenden Widmung Grünland-Landwirtschaft (Grundparzelle Nr 746/4) zur Korrektur einer sowohl zum Zeitpunkt der Widmung in Bauland-Wohngebiet (V[erordnung] vom 4. Oktober 1976) als auch zum Zeitpunkt der Umwidmung (V[erordnung] vom 24. April 1996) gesetzwidrigen – im Widerspruch zu §14 Abs2 Z6 und 7 NÖ ROG 1976, LGBl 8000-0 und zu §14 Abs2 Z8 NÖ ROG 1976, LGBl 8000-10, stehenden – Wohnbaulandwidmung" gedient hätte. Die Gemeinde habe die fingerförmige, gesetzwidrige Siedlungsentwicklung im Grünland in topographisch ungünstiger Lage – weil sie sich in peripherer Lage befänden – erkannt und die Grundparzelle Nr 746/4 und weitere umliegende Grundstücke in Grünland zurückgewidmet. Gleichzeitig habe die Gemeinde die bereits bestehenden Gebäude – wie auch jenes der Antragsteller auf der Grundparzelle .211 – durch die Widmung "erhaltenswertes Gebäude im Grünland" abgesichert und dadurch Veränderungen am erhaltenswerten Bau im Rahmen des §19 Abs5 NÖ ROG 1976 ermöglicht. Die Rückwidmung der Grundparzelle Nr 746/4 stehe auch in keinem Widerspruch zum Gleichheitssatz, an dem Planänderungen vom Verfassungsgerichtshof stets gemessen worden seien. Im Falle der Beseitigung einer gesetzwidrigen Widmung stehe der Gemeinde kein Auswahlermessen zu.
1.3. Am 23. Juli 2013 brachten die Antragsteller einen neuen Antrag gemäß §11 Abs2 NÖ BauO 1996 idF LGBl 8200-21 ein, die Grundparzellen Nr 746/4 und .211 zum Bauplatz zu erklären. Dieser Antrag wurde letztlich mit Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 16. Februar 2015 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die Behandlung der gegen diese Entscheidung beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde wurde mit Beschluss vom 15. Juni 2015 abgelehnt; die in der Beschwerde erneut geltend gemachten Bedenken gegen den Flächenwidmungsplan wurden mangels Präjudizialität nicht aufgegriffen (s. VfGH 15.6.2015, E663/2015).
2. Mit ihrem nunmehrigen Antrag gemäß Art139 Abs1 Z3 B‑VG begehren die Antragsteller die Aufhebung der mit der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Grafenbach – St. Valentin vom 24. April 1996, aufsichtsbehördlich genehmigt durch Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 11. Juli 1996, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel in der Zeit von 23. Juli 1996 bis 7. August 1996, beschlossenen – ihre Grundparzellen betreffenden – Widmungen "Grünland-Landwirtschaft" (Grundparzelle Nr 746/4) sowie "erhaltenswertes Gebäude im Grünland" (Grundparzelle .211).
Darüber hinaus machen sie erstmals die Gesetzwidrigkeit der mit oben genannter Verordnung beschlossenen Umwidmung von "öffentlicher Verkehrsfläche" in "private Verkehrsfläche" der "mit der Bezeichnung Waldgasse und der Zahl 769 gekennzeichneten Widmungsfläche".
2.1. Zur Antragslegitimation bringen die Antragsteller vor, dass sie auf Grund der Grünland-Widmung ihrer Grundparzellen in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt würden. Diese Rechtsverletzungen stünden in untrennbarem Zusammenhang mit der Umwidmung der "mit der Bezeichnung Waldgasse und der Zahl 769 gekennzeichneten Widmungsfläche" von "öffentlicher Verkehrsfläche" in Grünland bzw. "private Verkehrsfläche", weil ihr Grundstück damit nicht mehr durch eine funktionsgerechte öffentliche Verkehrsfläche erschlossen sei, dies wäre jedoch Voraussetzung für eine Baulandwidmung ihres Grundstücks. Ein anderer zumutbarer Weg stünde den Antragstellern nicht zur Verfügung, weil ein Antrag auf Bauplatzerklärung nach rechtskräftiger Abweisung des Antrags der Antragsteller vom 9. März 1998 nicht mehr zulässig sei.
2.2. Die Gesetzwidrigkeit der jeweiligen Widmungen begründen die Antragsteller auf das Wesentlichste zusammengefasst damit, dass die Umwidmung ihrer Liegenschaft von Bauland-Wohngebiet in Grünland entgegen §22 Abs1 Z6 NÖ ROG 1976 ohne Zustimmung der Eigentümer erfolgt sei. Außerdem gebe der relevante Grundlagenforschungsbericht zu Unrecht davon aus, dass eine "Forcierung der Baulandentwicklung in diesen Bereichen eine Anzahl von infrastrukturellen Maßnahmen seitens der Gemeinde nach sich ziehen" würde, weil die Aufschließung der Liegenschaft durch einen Weg sowie durch Wasser-, Strom-, Telefon- und Kanalanschlüsse bereits vorhanden sei. Alle anderen im Grundlagenforschungsbericht angeführten Umwidmungsgründe, wie extreme Hanglage und fingerförmige Siedlungsentwicklung, seien rechtlich "völlig irrelevant". Schließlich führen die Antragsteller aus, dass mit der Flächenwidmungsplanänderung 2014 benachbarte Grundstücke wieder in Bauland umgewidmet worden seien, was eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung darstelle.
II. Erwägungen
Der Antrag ist unzulässig.
1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg 8058/1977 unter Hinweis auf VfSlg 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 Z3 B‑VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art139 Abs1 Z3 B‑VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg 11.684/1988, 14.297/1995, 15.349/1998, 16.345/2001 und 16.836/2003).
Ein zumutbarer Weg ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes u.a. dann gegeben, wenn bereits ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren läuft, das dem Betroffenen Gelegenheit bietet, die Bedenken selbst an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen oder zu einer amtswegigen Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof anzuregen (VfSlg 13.871/1994 mwN).
2. Den Antragstellern stand ein solcher zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Flächenwidmungsplanes zur Verfügung, den sie mit Beschwerdeerhebung an den Verfassungsgerichtshof mit Schriftsatz vom 15. Dezember 1998 auch beschritten haben. Bei der jetzt gegebenen prozessualen Situation würde jedenfalls eine Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes eintreten, welche mit dem Grundsatz der Subsidiarität von Individualanträgen nach den Art139 und 140 B‑VG nicht in Einklang stünde (VfSlg 19.108/2010; s. auch VfSlg 19.064/2010, 19.674/2012).
2.1. Wie oben unter Punkt I.1.2. ausgeführt, wurde die von den Antragstellern mit Schriftsatz vom 15. Dezember 1998 erhobene Beschwerde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Oktober 2001 zu B2396/98 (VfSlg 16.323/2001) abgewiesen.
Im Rahmen des damaligen Beschwerdeverfahrens setzte sich der Verfassungsgerichtshof mit den von den Antragstellern geltend gemachten Bedenken – wie die Einsichtnahme in den Bezug habenden Akt ergab, brachten die Beschwerdeführer schon damals vor, ihre Grundstücke verfügten über Telefon-, Strom-, Wasser- und Kanalanschlüsse – eingehend auseinander und kam zu dem Schluss, dass die Umwidmung der Grundparzellen der Antragsteller in Grünland zur Korrektur einer gesetzwidrigen Wohnbaulandwidmung diente. Der Behauptung, dass die Umwidmung der Grundstücke in Grünland ohne Einwilligung der damaligen Grundeigentümerin erfolgt sei, ist zu entgegnen, dass diese Einwendungen gegen die geplante Umwidmung erhob, zu denen der Gemeinderat der Marktgemeinde Grafenbach – St. Valentin auch ausführlich Stellung nahm (s. VfSlg 16.323/2001, S 428 und 429).
2.2. Soweit die Antragsteller Bedenken gegen die Umwidmung der "mit der Bezeichnung Waldgasse und der Zahl 769 gekennzeichneten Widmungsfläche" von öffentlicher Verkehrsfläche in Grünland bzw. private Verkehrsfläche geltend machen, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass der Gemeinderat der Marktgemeinde Grafenbach – St. Valentin diese Umwidmung in seinem "Erläuterungsbericht zum Beschlussexemplar vom 14. November 1995" unter Punkt 5 (wiedergegeben in VfSlg 16.323/2001, S 429) damit begründete, dass sich die jeweiligen Zufahrten zu den einzelnen Grundstücken in Privatbesitz befänden und die Gemeinde in diesem Bereich die Errichtung einer öffentlichen Verkehrsfläche nicht anstrebte. Zum anderen ist dem Bedenken entgegenzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, dass niemandem ein subjektives Recht auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauches an einer öffentlichen Straße zukommt (vgl. u.a. VfSlg 17.114/2004 und die dort zitierte Judikatur).
3. Da die Antragslegitimation der Antragsteller schon aus diesen Gründen nicht gegeben ist, erübrigt sich die Prüfung, ob der Antrag auch aus anderen Gründen unzulässig ist.
III. Ergebnis
1. Der Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
2. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
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