Normen
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art133 Abs4
BundesvergabeG 2006 §68 Abs1
AEUV Art267 Abs3
Vergabe-Richtlinie 2004/18/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge - Vergabe-RL Art45 Abs2
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art133 Abs4
BundesvergabeG 2006 §68 Abs1
AEUV Art267 Abs3
Vergabe-Richtlinie 2004/18/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge - Vergabe-RL Art45 Abs2
Spruch:
I. Die beschwerdeführenden Gesellschaften sind durch das angefochtene Erkenntnis weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
II. Die beschwerdeführenden Gesellschaften sind schuldig, der Stadt Wien zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit € 2.616,‑ ‑ bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1.1. Die Stadt Wien (Wiener Wohnen) führte als öffentliche Auftraggeberin ein offenes Verfahren im Oberschwellenbereich zur Vergabe eines Rahmenvertrags über Baumeisterarbeiten durch, wobei der Auftrag in mehreren Losen vergeben wurde. Die beschwerdeführenden Gesellschaften gaben in diesem Verfahren als Bietergemeinschaft am 12. Juli 2013 ein Angebot für mehrere der ausgeschriebenen Lose ab, am selben Tag erfolgte die Angebotsöffnung.
Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 23. Juli 2013 wurde über die **** ********* ****, eine der beschwerdeführenden Gesellschaften, die einen Beteiligungsanteil von 8,5 Prozent an der Bietergemeinschaft hielt, das Sanierungsverfahren eröffnet. Am 23. Oktober 2013 wurde der Sanierungsplan angenommen, am 12. November 2013 das Sanierungsverfahren aufgehoben und die Rechtskraft des Sanierungsplans bestätigt.
Die Auftraggeberin gab der Bietergemeinschaft mit Telefax vom 5. Dezember 2013 das Ausscheiden ihres Angebots bekannt. Durch das eingeleitete Insolvenzverfahren sei die Eignung eines Mitglieds der Bietergemeinschaft nach Angebotsöffnung weggefallen, weshalb die gesamte Bietergemeinschaft als ungeeignet zu qualifizieren und das Angebot der Bietergemeinschaft zwingend auszuscheiden sei.
Daraufhin stellte die Bietergemeinschaft am 16. Dezember 2013 beim Vergabekontrollsenat Wien (VKS Wien) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung und einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Mit Bescheid vom 23. Dezember 2013 leitete der VKS Wien ein Nachprüfungsverfahren ein und erließ eine einstweilige Verfügung.
1.2. Mit Erkenntnis vom 19. März 2014 wies das Verwaltungsgericht Wien, auf das gemäß §41 Abs1 Wiener Vergaberechtsschutzgesetz 2014 (WVRG 2014), LGBl 37/2013, die Zuständigkeit zur Führung des Nachprüfungsverfahrens mit Ablauf des 31. Dezember 2013 übergegangen war, den Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung ab. Begründend führt das Verwaltungsgericht Wien aus, die Eignung eines Bieters müsse beim offenen Verfahren gemäß §69 Z1 Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006), BGBl I 17/2006 idF BGBl I 128/2013, spätestens zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen und dürfe in der Folge nicht mehr verloren gehen. Wie §72 BVergG 2006 erkennen lasse, bewirke das Vorliegen eines Ausschlussgrundes gemäß §68 Abs1 BVergG 2006, mithin auch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, den Verlust der beruflichen Zuverlässigkeit als einen Aspekt der Eignung. Die Zuverlässigkeit der Mitglieder einer Bietergemeinschaft sei nicht substituierbar, weshalb durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ein Mitglied der Bietergemeinschaft die gesamte Bietergemeinschaft als unzulässig zu qualifizieren sei. Die Ausscheidensentscheidung sei somit zu Recht erfolgt, weil die berufliche Zuverlässigkeit nicht während des gesamten Vergabeverfahrens nach Angebotsöffnung vorgelegen sei.
1. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, auf Art144 B‑VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf den gesetzlichen Richter sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird. Begründend wird dazu u.a. Folgendes ausgeführt:
1.3. Das Verwaltungsgericht Wien lasse in gehäufter Verkennung der Rechtslage die Grundsätze des Vergaberechts gemäß §19 BVergG 2006, die Ausnahmebestimmung des §68 Abs3 BVergG 2006 sowie Art45 Richtlinie 2004/18/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (im Folgenden: Vergabe-RL), ABl. 2004 L 134, 114, außer Betracht und belaste das angefochtene Erkenntnis insofern mit objektiver Willkür. Der Ausschlusstatbestand des §68 Abs1 Z2 BVergG 2006 sei, wie auch das Verwaltungsgericht Wien selbst vertrete, nur erfüllt, wenn das Insolvenzverfahren im Zeitpunkt des Ausschlusses noch anhängig sei. Entgegen der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts stehe diesem Ergebnis aber auch §69 BVergG 2006 nicht entgegen, der im Lichte der in §19 Abs1 BVergG 2006 festgelegten Vergabegrundsätze auszulegen sei, wonach die Vergabe an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu erfolgen habe. Dieser Grundsatz werde durch die Bestimmungen der §§68 bis 77 BVergG 2006 über die Eignung der Unternehmer präzisiert, sodass die endgültige Beurteilung der Eignung immer im Hinblick auf die Verpflichtung zur Vergabe an geeignete Unternehmen zu erfolgen habe. Bekräftigt werde dies dadurch, dass der Auftraggeber bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für eine Veränderung der Eignung verpflichtet sei, das Bestehen der Eignung zu verifizieren. Auch die gegenteilige Entwicklung müsse im Hinblick auf den Grundsatz der Vergabe an geeignete Unternehmer durch den Auftraggeber überprüft werden, sodass die Ausscheidensgründe nicht nur auf den Zeitpunkt der Angebotsöffnung, sondern auch auf jenen der Entscheidung des Auftraggebers abstellten. Sofern nämlich der Vertragsabschluss an einen geeigneten Unternehmer sichergestellt sei, widerspreche es dem Grundsatz eines fairen und gleichen Wettbewerbs, derartige Bieter auszuscheiden. Die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der Bietergemeinschaft sei sowohl zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung als auch zum Zeitpunkt des Ausscheidens vorgelegen. Das zwischenzeitlich durchgeführte und zum Zeitpunkt der Ausscheidensentscheidung bereits wieder abgeschlossene Sanierungsverfahren eines Mitglieds der Bietergemeinschaft sei ohne Belang.
Eine Einzelfallprüfung anhand der Ausnahmebestimmung des §68 Abs3 BVergG 2006 gebiete auch eine richtlinienkonforme Interpretation. Art45 Vergabe-RL unterscheide zwischen zwingenden und fakultativen Ausschlussgründen und ordne die Insolvenz den fakultativen Ausschlussgründen zu. Dies folge schon aus dem Wortlaut, wonach ein Wirtschaftsteilnehmer, der sich im Insolvenzverfahren befinde oder gegen den ein derartiges Verfahren eröffnet worden sei, gemäß Art45 Abs2 Vergabe-RL ausgeschlossen werden "kann". Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union dürften die Mitgliedstaaten keine strengeren als die in der Richtlinie vorgesehenen Ausschlussgründe vorsehen. Wie sich aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 13. Dezember 2012 in der Rs. C-465/11 , Forposta SA, ergebe, stehe die Regelung des Art45 Abs2 Vergabe-RL dem automatischen Ausschluss auf Grund der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens entgegen. Der Ausnahmetatbestand des §68 Abs3 BVergG 2006 sei daher in richtlinienkonformer Interpretation derart auszulegen, dass eine Prognose im Einzelfall anzustellen sei, ob der Bieter trotz Eröffnung und auch wieder Abschluss des Insolvenzverfahrens die erforderliche Eignung aufweise. Könne §68 Abs3 BVergG 2006 nicht auf diese Weise interpretiert werden, wäre der zwingende Ausschlussgrund der Insolvenzeröffnung in §68 Abs1 BVergG 2006 richtlinienwidrig, weshalb das Verwaltungsgericht Wien die Bestimmung unangewendet lassen hätte müssen und das Angebot der Bietergemeinschaft in unmittelbarer Anwendung des Art45 Abs2 Vergabe-RL nicht ausscheiden hätte dürfen.
1.4. Jedenfalls habe das Verwaltungsgericht Wien das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt, weil es verabsäumt habe, die Frage, ob Art45 Abs2 Vergabe-RL der Normierung der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens als zwingender Ausscheidensgrund in §68 Abs1 BVergG 2006 entgegenstehe, dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen. Das Verwaltungsgericht Wien sei nach Maßgabe des Art267 AEUV zur Vorlage auch verpflichtet. Bei den neu eingerichteten Verwaltungsgerichten handle es sich um "letztinstanzliche Gerichte" im Sinne des Art267 Abs3 AEUV, da die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht als ordentliches Rechtsmittel zu qualifizieren sei.
3.1. Das Verwaltungsgericht Wien legte die Verwaltungs- und Gerichtsakten vor, sah jedoch von der Erstattung einer Äußerung ab.
3.2. Die Auftraggeberin erstattete eine Äußerung, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt und den Beschwerdevorwürfen Folgendes entgegengehalten wird:
Wie sich aus den Gesetzesmaterialien zu §69 BVergG 2006 ergebe, dürfe die Eignung eines Bieters auch nach Angebotsöffnung nicht mehr verloren gehen (Erläut. RV 1171 BlgNR 22. GP, 61). Werde daher über einen Bieter nach Angebotsöffnung ein Insolvenzverfahren eröffnet, sei dieser zwingend auszuscheiden. Da die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zum Verlust der beruflichen Zuverlässigkeit gemäß §§72 ff. BVergG 2006 führe und diese nicht substituierbar sei, schlage die Insolvenz auch nur eines ihrer Mitglieder auf die gesamte Bietergemeinschaft durch. Nach dem klaren Wortlaut des §68 Abs1 Z2 BVergG 2006 komme es einzig darauf an, dass ein Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, sodass die nachträgliche Aufhebung des Insolvenzverfahrens für das Vorliegen eines zwingenden Ausschlussgrundes nicht von Relevanz sei. Damit werde einem weiter bestehenden erhöhten Insolvenzrisiko (durch Anschlusskonkurs etwa bei Nichterfüllung der Verpflichtungen aus einem Sanierungsplan) Rechnung getragen. Die gegenteilige Ansicht verstoße auch gegen das vergaberechtliche Diskriminierungsverbot, weil es dann dem Auftraggeber überlassen wäre, nach Wegfall der Eignung eines Bieters zuzuwarten, bis diese wieder vorliege.
§68 Abs1 BVergG 2006 sei richtlinienkonform. Entgegen dem Beschwerdevorbringen enthalte Art45 Abs2 Vergabe-RL keine Ausscheidenstatbestände, die ein Ermessen des Auftraggebers bezüglich der Wahrnehmung eines Ausscheidensgrunds normierten, sondern eine Ermächtigung der Mitgliedstaaten, diese Ausscheidensgründe in ihre nationalen Rechtsordnungen zu übernehmen. Nach der neueren Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH 16.12.2008, Rs. C-213/07 , Michaniki, Slg. 2008, I-09999) sei sogar die Schaffung weiterer, nicht in Art45 Vergabe-RL aufgelisteter Ausscheidenstatbestände zulässig, sofern sie der Einhaltung der Grundsätze der Gleichbehandlung und Transparenz dienten, sodass die – im Wesentlichen wörtliche – Übernahme der Ausscheidensgründe des Art45 Abs2 Vergabe-RL durch den österreichischen Gesetzgeber keinesfalls eine Richtlinienwidrigkeit begründen könne. Auch das in der Beschwerde angeführte Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union, Forposta SA, habe nicht einen der in Art45 Abs2 Vergabe-RL genannten Ausscheidenstatbestände zum Gegenstand, sondern einen durch den nationalen Gesetzgeber geschaffenen zusätzlichen Ausscheidenstatbestand, sodass daraus für den vorliegenden Fall nichts gewonnen werden könne. Schließlich stünde die nach dem Beschwerdevorbringen vorzunehmende richtlinienkonforme Interpretation des §68 Abs3 BVergG 2006 in Widerspruch zu Art45 Abs2 litb und Art45 Abs2 letzter Satz Vergabe-RL.
II. Rechtslage
2. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006), BGBl I 17/2006 idF BGBl I 128/2013, lauten:
"5. Abschnitt
Grundsätze des Vergabeverfahrens und allgemeine Bestimmungen
Grundsätze des Vergabeverfahrens
§19. (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.
(2) Die völkerrechtlich zulässige unterschiedliche Behandlung von Bewerbern und Bietern aus Gründen ihrer Staatsangehörigkeit oder des Warenursprungs bleibt von Abs1 unberührt.
(3) Bei der Durchführung von Vergabeverfahren ist eine gebietsmäßige Beschränkung oder eine Beschränkung der Teilnahme auf einzelne Berufsstände, obwohl auch andere Unternehmer die Berechtigung zur Erbringung der Leistung besitzen, unzulässig.
(4) Verfahren zur Vergabe von Aufträgen und Realisierungswettbewerbe sind nur dann durchzuführen, wenn die Absicht besteht, die Leistung auch tatsächlich zur Vergabe zu bringen. Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, ein Vergabeverfahren durch Zuschlag zu beenden.
(5) Im Vergabeverfahren ist auf die Umweltgerechtheit der Leistung Bedacht zu nehmen. Dies kann insbesondere durch die Berücksichtigung ökologischer Aspekte (wie etwa Endenergieeffizienz) bei der Beschreibung der Leistung, bei der Festlegung der technischen Spezifikationen oder durch die Festlegung konkreter Zuschlagskriterien mit ökologischem Bezug erfolgen.
(6) Im Vergabeverfahren kann auf die Beschäftigung von Frauen, von Personen im Ausbildungsverhältnis, von Langzeitarbeitslosen, von Menschen mit Behinderung und älteren Arbeitnehmern sowie auf Maßnahmen zur Umsetzung sonstiger sozialpolitischer Belange Bedacht genommen werden. Dies kann insbesondere durch die Berücksichtigung derartiger Aspekte bei der Beschreibung der Leistung, bei der Festlegung der technischen Spezifikationen, durch die Festlegung konkreter Zuschlagskriterien oder durch die Festlegung von Bedingungen im Leistungsvertrag erfolgen.
(7) Im Vergabeverfahren kann auf innovative Aspekte Bedacht genommen werden. Dies kann insbesondere durch die Berücksichtigung innovativer Aspekte bei der Beschreibung der Leistung, bei der Festlegung der technischen Spezifikationen oder durch die Festlegung konkreter Zuschlagskriterien erfolgen.
[…]
5. Abschnitt
Eignung der Unternehmer
1. Unterabschnitt
Von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließende Unternehmer
Ausschlussgründe
§68. (1) Der Auftraggeber hat – unbeschadet der Abs2 und 3 - Unternehmer von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn
1. der Auftraggeber Kenntnis von einer rechtskräftigen Verurteilung gegen sie oder – sofern es sich um juristische Personen, eingetragene Personengesellschaften oder Arbeitsgemeinschaften handelt – gegen in deren Geschäftsführung tätige physische Personen hat, die einen der folgenden Tatbestände betrifft: Mitgliedschaft bei einer kriminellen Organisation (§278a des Strafgesetzbuches – StGB, BGBl Nr 60/1974), Bestechung (§§302, 307, 308 und 310 StGB; §10 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 - UWG, BGBl Nr 448), Betrug (§§146 ff StGB), Untreue (§153 StGB), Geschenkannahme (§153a StGB), Förderungsmissbrauch (§153b StGB) oder Geldwäscherei (§165 StGB) bzw. einen entsprechenden Straftatbestand gemäß den Vorschriften des Landes in dem der Unternehmer seinen Sitz hat;
2. über ihr Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen wurde;
3. sie sich in Liquidation befinden oder ihre gewerbliche Tätigkeit einstellen oder eingestellt haben;
4. gegen sie oder – sofern es sich um juristische Personen, eingetragene Personengesellschaften oder Arbeitsgemeinschaften handelt – gegen physische Personen, die in der Geschäftsführung tätig sind, ein rechtskräftiges Urteil wegen eines Deliktes ergangen ist, das ihre berufliche Zuverlässigkeit in Frage stellt;
5. sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung, insbesondere gegen Bestimmungen des Arbeits-, Sozial- oder Umweltrechts, begangen haben, die vom Auftraggeber nachweislich festgestellt wurde;
6. sie ihre Verpflichtungen zur Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge oder der Steuern und Abgaben in Österreich oder nach den Vorschriften des Landes, in dem sie niedergelassen sind, nicht erfüllt haben, oder
7. sie sich bei der Erteilung von Auskünften betreffend die Befugnis, die berufliche Zuverlässigkeit, die technische Leistungsfähigkeit sowie die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in erheblichem Maße falscher Erklärungen schuldig gemacht oder diese Auskünfte nicht erteilt haben.
(2) An Unternehmer, über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde oder die sich in Liquidation befinden oder ihre gewerbliche Tätigkeit einstellen, können jedoch Aufträge im Verhandlungsverfahren gemäß den §§29 Abs2 Z7 und 38 Abs2 Z3 und 4 vergeben werden, wenn ihre Leistungsfähigkeit dazu hinreicht.
(3) Von einem Ausschluss von Unternehmern gemäß Abs1 kann Abstand genommen werden, wenn
1. auf deren Beteiligung in begründeten Ausnahmefällen aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses nicht verzichtet werden kann, oder
2. im Falle des Abs1 Z6 nur ein geringfügiger Rückstand hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge oder der Steuern und Abgaben besteht.
2. Unterabschnitt
Eignungsanforderungen und Eignungsnachweise
Zeitpunkt des Vorliegens der Eignung
§69. Unbeschadet der Regelung des §20 Abs1 muss die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit spätestens
1. beim offenen Verfahren zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung,
[…]
vorliegen.
[…]
Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit
§72. (1) Der Auftraggeber hat als Nachweis für die berufliche Zuverlässigkeit gemäß §70 Abs1 Z2 festzulegen, dass die Unternehmer zu belegen haben, dass kein Ausschlussgrund gemäß §68 Abs1 vorliegt. Der Auftraggeber hat überdies von für die Zuschlagserteilung in Betracht kommenden Bewerbern, Bietern und deren Subunternehmern eine Auskunft aus der zentralen Verwaltungsstrafevidenz des Bundesministers für Finanzen gemäß §28b des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl Nr 218/1975, einzuholen, ob diesen eine rechtskräftige Bestrafung gemäß §28 Abs1 Z1 AuslBG zuzurechnen ist. Diese Auskunft darf nicht älter als sechs Monate sein.
(2) Der Nachweis kann für Ausschlussgründe
1. gemäß §68 Abs1 Z1 bis 4 durch Vorlage eines Auszuges aus einem in Anhang VII angeführten Berufs- oder Handelsregister, dem Strafregister oder einer gleichwertigen Bescheinigung einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde des Herkunftslandes des Unternehmers, aus der hervorgeht, dass diese Ausschlussgründe nicht vorliegen, sowie
2. gemäß §68 Abs1 Z6 durch Vorlage des letztgültigen Kontoauszuges der zuständigen Sozialversicherungsanstalt oder die letztgültige Rückstandsbescheinigung gemäß §229a Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr 194/1961, oder gleichwertiger Dokumente der zuständigen Behörden des Herkunftslandes des Unternehmers
erbracht werden.
(3) Werden die in Abs2 genannten Bescheinigungen, Rückstandsbescheinigungen, Kontoauszüge oder Dokumente im Herkunftsland des Unternehmers nicht ausgestellt oder werden darin nicht alle in §68 Abs1 Z1 bis 4 und 6 vorgesehenen Fälle erwähnt, kann der Auftraggeber eine Bescheinigung über eine eidesstattliche Erklärung oder eine entsprechende, vor einer dafür zuständigen Gerichts- oder Verwaltungsbehörde, vor einem Notar oder vor einer dafür qualifizierten Berufsorganisation des Herkunftslandes des Unternehmers abgegebene Erklärung des Unternehmers verlangen, dass kein Ausschlussgrund gemäß §68 Abs1 Z1 bis 4 und 6 vorliegt.
(4) Die Behörden und Stellen, welche Bescheinigungen gemäß Abs2 und 3 ausstellen, sind vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten zur Weiterleitung an die Kommission und die Vertragsparteien des EWR-Abkommens bekannt zu geben. Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend hat den Bundeskanzler über den Inhalt dieses Schreibens zu informieren.
Beurteilung der beruflichen Zuverlässigkeit
§73. (1) Der Auftraggeber hat der Beurteilung der Zuverlässigkeit des Unternehmers insbesondere die gemäß §72 Abs2 verlangten Nachweise und die gemäß §72 Abs1 zweiter Satz eingeholte Auskunft zugrunde zu legen. Ergibt sich aus diesen Bescheinigungen, dass ein rechtskräftiges Urteil im Sinne des §68 Abs1 Z1 oder 4 vorliegt oder stellt der Auftraggeber aufgrund dieser Bescheinigungen eine Verfehlung im Sinne des §68 Abs1 Z5 nachweislich fest oder erlangt der Auftraggeber auf andere Weise von einem solchen Urteil oder einer solchen Verfehlung nachweislich Kenntnis, so ist bei diesem Unternehmer die geforderte Zuverlässigkeit nicht gegeben, es sei denn, er macht glaubhaft, dass er trotz dieses Umstandes zuverlässig ist.
(2) Zur Glaubhaftmachung im Sinne des Abs1 zweiter Satz letzter Halbsatz hat der Unternehmer darzulegen, dass er konkrete technische, organisatorische oder personelle Maßnahmen getroffen hat, die geeignet sind, das nochmalige Setzen der betreffenden strafbaren Handlungen bzw. Verfehlungen zu verhindern. Als derartige Maßnahmen gelten etwa
1. die Einführung eines qualitativ hochwertigen Berichts- und Kontrollwesens,
2. die Einschaltung eines Organs der inneren Revision zur regelmäßigen Überprüfung der Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften,
3. die Einführung von internen Haftungs- und Schadenersatzregelungen zur Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften.
(3) Der Auftraggeber hat das Vorbringen des Unternehmers zu prüfen und bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit die vom Unternehmer gesetzten Maßnahmen in ein Verhältnis zur Anzahl und zur Schwere der begangenen strafbaren Handlungen bzw. Verfehlungen zu setzen. Bei der Beurteilung der Schwere der rechtskräftigen Bestrafung gemäß §28 Abs1 Z1 AuslBG ist insbesondere die Zahl der illegal beschäftigten Arbeitnehmer und die Dauer der illegalen Beschäftigung zu berücksichtigen. Liegen mehr als zwei rechtskräftige Bestrafungen gemäß §28 Abs1 Z1 AuslBG vor oder erfolgten zwei rechtskräftige Bestrafungen gemäß §28 Abs1 Z1 AuslBG in kurzen Zeitabständen, ist ein strengerer Maßstab anzulegen.
[…]
Ausscheiden von Angeboten
§129. (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der Auftraggeber auf Grund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:
1. Angebote von Bietern, die von der Teilnahme am Vergabeverfahren gemäß §20 Abs5 oder gemäß §68 Abs1 auszuschließen sind;
2. Angebote von Bietern, deren Befugnis, finanzielle, wirtschaftliche oder technische Leistungsfähigkeit oder Zuverlässigkeit nicht gegeben ist;
[…]
(2) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung kann der Auftraggeber Angebote von Bietern ausscheiden, die es unterlassen haben, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangten Aufklärungen zu geben oder deren Aufklärung einer nachvollziehbaren Begründung entbehrt. Von einem Bieter, der im Gebiet einer anderen Vertragspartei des EWR-Abkommens oder in der Schweiz ansässig ist, können auch Aufklärungen über die Zulässigkeit der Ausübung der Tätigkeit in Österreich verlangt werden.
(3) Der Auftraggeber hat den Bieter vom Ausscheiden seines Angebotes unter Angabe des Grundes nachweislich elektronisch oder mittels Telefax zu verständigen."
3. Art45 der Richtlinie 2004/18/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (im Folgenden: Vergabe-RL), ABl. 2004 L 134, 114, lautet:
"Abschnitt 2
Eignungskriterien
Artikel 45
Persönliche Lage des Bewerbers bzw. Bieters
(1) Ein Bewerber oder Bieter ist von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren
auszuschließen, wenn der öffentliche Auftraggeber Kenntnis davon hat, dass dieser Bewerber oder Bieter aus einem der nachfolgenden Gründe rechtskräftig verurteilt worden ist:
a) Beteiligung an einer kriminellen Organisation im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 der gemeinsamen Maßnahme 98/773/JI des Rates,
b) Bestechung im Sinne von Artikel 3 des Rechtsakts des Rates vom 26. Mai 1997 und von Artikel 3 Absatz 1 der gemeinsamen Maßnahme 98/742/JI des Rates,
c) Betrug im Sinne von Artikel 1 des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften,
d) Geldwäsche im Sinne von Artikel 1 der Richtlinie 91/308/EWG des Rates vom 10. Juni 1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche.
Die Mitgliedstaaten legen im Einklang mit ihren nationalen Rechtsvorschriften und unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts die Bedingungen für die Anwendung dieses Absatzes fest.
Sie können Ausnahmen von der in Unterabsatz 1 genannten Verpflichtung aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses zulassen.
Zum Zwecke der Anwendung dieses Absatzes verlangen die öffentlichen Auftraggeber gegebenenfalls von den Bewerbern oder Bietern die Vorlage der in Absatz 3 genannten Unterlagen, und sie können die nach ihrem Ermessen erforderlichen Informationen über die persönliche Lage dieser Bewerber oder Bieter bei den zuständigen Behörden einholen, wenn sie Bedenken in Bezug auf die persönliche Lage dieser Bewerber oder Bieter haben. Betreffen die Informationen einen Bewerber oder Bieter, der in einem anderen Staat als der öffentliche Auftraggeber ansässig ist, so kann dieser die zuständigen Behörden um Mitarbeit ersuchen. Nach Maßgabe des nationalen Rechts des Mitgliedstaats, in dem der Bewerber oder Bieter ansässig ist, betreffen diese Ersuchen juristische und/oder natürliche Personen, gegebenenfalls auch die jeweiligen Unternehmensleiter oder jede andere Person, die befugt ist, den Bewerber oder Bieter zu vertreten, in seinem Namen Entscheidungen zu treffen oder ihn zu kontrollieren.
(2) Von der Teilnahme am Vergabeverfahren kann jeder Wirtschaftsteilnehmer ausgeschlossen werden,
a) der sich im Insolvenz-/Konkursverfahren oder einem gerichtlichen Ausgleichsverfahren oder in Liquidation befindet oder seine gewerbliche Tätigkeit eingestellt hat oder sich in einem Vergleichsverfahren oder Zwangsvergleich oder aufgrund eines in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen gleichartigen Verfahrens in einer entsprechenden Lage befindet;
b) gegen den ein Insolvenz-/Konkursverfahren oder ein gerichtliches Ausgleichsverfahren oder ein Vergleichsverfahren oder ein Zwangsvergleich eröffnet wurde oder gegen den andere in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehene gleichartige Verfahren eingeleitet worden sind;
c) die aufgrund eines nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Landes rechtskräftigen Urteils wegen eines Deliktes bestraft worden sind, das ihre berufliche Zuverlässigkeit in Frage stellt;
d) die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung begangen haben, die vom öffentlichen Auftraggeber nachweislich festgestellt wurde;
e) die ihre Verpflichtung zur Zahlung der Sozialbeiträge nach den Rechtsvorschriften des Landes, in dem sie niedergelassen sind, oder des Landes des öffentlichen Auftraggebers nicht erfüllt haben;
f) die ihre Verpflichtung zur Zahlung der Steuern und Abgaben nach den Rechtsvorschriften des Landes, in dem sie niedergelassen sind, oder des Landes des öffentlichen Auftraggebers nicht erfüllt haben;
g) die sich bei der Erteilung von Auskünften, die gemäß diesem Abschnitt eingeholt werden können, in erheblichem Maße falscher Erklärungen schuldig gemacht oder diese Auskünfte nicht erteilt haben.
Die Mitgliedstaaten legen nach Maßgabe ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften und unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts die Bedingungen für die Anwendung dieses Absatzes fest.
(3) Als ausreichenden Nachweis dafür, dass die in Absatz 1 und Absatz 2 Buchstaben a, b, c, e oder f genannten Fälle auf den Wirtschaftsteilnehmer nicht zutreffen, akzeptiert der öffentliche Auftraggeber
a) im Fall von Absatz 1 und Absatz 2 Buchstaben a, b und c einen Auszug aus dem Strafregister oder – in Ermangelung eines solchen – eine gleichwertige Urkunde einer zuständigen Gerichts- oder Verwaltungsbehörde des Ursprungs- oder Herkunftslands, aus der hervorgeht, dass diese Anforderungen erfüllt sind;
b) im Fall von Absatz 2 Buchstaben e oder f eine von der zuständigen Behörde des betreffenden Mitgliedstaates ausgestellte Bescheinigung.
Wird eine Urkunde oder Bescheinigung von dem betreffenden Land nicht ausgestellt oder werden darin nicht alle in Absatz 1 und Absatz 2 Buchstaben a, b oder c vorgesehenen Fälle erwähnt, so kann sie durch eine eidesstattliche Erklärung oder in den Mitgliedstaaten, in denen es keine eidesstattliche Erklärung gibt, durch eine förmliche Erklärung ersetzt werden, die der betreffende Wirtschaftsteilnehmer vor einer zuständigen Gerichts- oder Verwaltungsbehörde, einem Notar oder einer dafür qualifizierten Berufsorganisation des Ursprungs- oder Herkunftslands abgibt.
(4) Die Mitgliedstaaten benennen die für die Ausgabe der Urkunden, Bescheinigungen oder Erklärungen nach Absatz 3 zuständigen Behörden und Stellen und unterrichten davon die Kommission. Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen bleiben von dieser Mitteilung unberührt."
III. Erwägungen
Die – zulässige – Beschwerde ist nicht begründet.
1.1. Die beschwerdeführenden Gesellschaften bringen zunächst vor, §68 Abs1 Z2 BVergG 2006 sei – wenn man ihn nicht in Verbindung mit den Einzelfallausnahmen ermöglichenden, Tatbeständen des §68 Abs3 BVergG 2006 verfassungskonform interpretiere – als zwingender Ausschlussgrund eines Bieters vom Vergabeverfahren, weil über sein Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, unsachlich. Ein zwingender Ausschluss führe dazu, dass – wie der Anlassfall zeige – ein Bieter auch dann auszuschließen sei, wenn das Insolvenzverfahren während des laufenden Vergabeverfahrens unter Fortbestand des Unternehmens beendet werde, womit die Zuverlässigkeit wieder vorliege. Des Weiteren sei es gleichheitswidrig, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwingend zum Ausschluss führe, ein Unternehmer aber bei Vorliegen anderer Umstände, die seine berufliche Zuverlässigkeit in Zweifel ziehen (§68 Abs1 Z1, 4 oder 5 BVergG 2006), nach §73 BVergG 2006 seine Zuverlässigkeit dennoch im Einzelfall glaubhaft machen könne. Die Auftraggeberin hält dem insbesondere das auch nach Abschluss eines Insolvenzverfahrens weiterbestehende höhere wirtschaftliche Risiko und den Umstand entgegen, dass die zwingende Anordnung des Ausschlusses Spielräume des Auftraggebers ausschließe, die zu Ungleichbehandlungen im Vergabeverfahren führen könnten.
1.2. Der Verfassungsgerichtshof hat unter dem – hier allein maßgeblichen – verfassungsrechtlichen Blickwinkel des Gleichheitsgrundsatzes vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles keine Bedenken gegen die vom Verwaltungsgericht angewendeten Bestimmungen des BVergG 2006. Es liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, ob er wegen der besonderen Gefährdung, die von der Insolvenz eines Auftragnehmers für die Auftragsdurchführung ausgeht, allein die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über einen Bieter als zwingenden Ausschlussgrund ausreichen lässt, oder mit Blick auf andere Effizienzüberlegungen eine abweichende Beurteilung durch den Auftraggeber im Einzelfall zulässt. Das Verwaltungsgericht hat damit den angewendeten Bestimmungen durch die von ihm vertretene Rechtsansicht auch keinen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt. Ob das Verwaltungsgericht Wien in jeder Hinsicht rechtsrichtig entschieden hat, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen (vgl. nur VfGH 26.6.2013, B181/2013, G48/2013).
4. Die beschwerdeführenden Gesellschaften sind auch nicht im Recht, wenn sie vorbringen, dass das Verwaltungsgericht Wien das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf den gesetzlichen Richter gemäß Art83 Abs2 B‑VG deswegen verletzt habe, weil es verabsäumt habe, die Frage der Auslegung des Art45 Abs2 Vergabe-RL dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen.
1.3. Das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter – das auch weiterhin auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit Anwendung findet (siehe Erläut. RV 1618 BlgNR 24. GP, 10) – wird nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg 14.390/1995, 14.889/1997, 15.139/1998, 15.657/1999, 15.810/2000, 16.391/2001, 16.757/2002) unter anderem dann verletzt, wenn ein vorlagepflichtiges Gericht iSd Art267 Abs3 AEUV es verabsäumt, eine entscheidungsrelevante Frage der Auslegung einer unionsrechtlichen Vorschrift dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen.
1.4. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist bei der Beurteilung der Frage, ob ein nationales Gericht als letztinstanzliches Gericht eine Vorlagepflicht nach Art267 Abs3 AEUV trifft, darauf abzustellen, ob die Entscheidung des Gerichts im konkreten Einzelfall nicht mehr durch Rechtsmittel angefochten werden kann. Der Umstand, dass die Entscheidung über das Rechtsmittel von einer vorherigen Zulassungserklärung durch das Oberste Gericht abhängt, hindert ebenso wenig das Vorliegen eines Rechtsmittels wie eine allfällige Beschränkung der Rechtsmittelgründe (siehe EuGH 4.6.2002, Rs. C‑99/00, Lyckeskog, Slg. 2002, I-04839 und 16.12.2008, Rs. C-210/06 , Cartesio, Slg. 2008, I-09641). Das Höchstgericht ist in solchen Fällen dann, wenn sich eine entsprechende Frage der Auslegung einer unionsrechtlichen Norm stellt, verpflichtet, "entweder im Stadium der Zulassungsprüfung oder in einem späteren Stadium eine Vorabentscheidungsfrage vorzulegen" (EuGH, Lyckeskog, Rz 18).
1.5. Der Verfassungsgerichtshof ist – unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Lyckeskog – in seinem Erkenntnis VfSlg 17.214/2004 davon ausgegangen, dass der Oberste Gerichtshof auch in den Fällen, in denen nur mehr das Rechtsmittel der außerordentlichen Revision zur Verfügung steht, als letztinstanzliches Gericht im Sinne des Art267 AEUV anzusehen ist. Der Verfassungsgerichtshof konnte dabei an die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs selbst anknüpfen, der davon ausgeht, dass auch dann, wenn keine der Vorinstanzen an den Gerichtshof der Europäischen Union herangetreten ist, obwohl nach der Verfahrenslage ein solcher Verfahrensschritt geboten war, dieser Umstand als erhebliche Rechtsfrage des Verfahrensrechts im Sinne des §502 Abs1 ZPO zum Gegenstand eines insoweit zulässigen außerordentlichen Rechtsmittels gemacht werden kann (OGH 15.12.1997, 1 Ob 247/97y; siehe nur Schima, Art267 AEUV, in Mayer/Stöger [Hrsg.], EUV/AEUV, 2012, Rz 108).
In seinem Erkenntnis VfSlg 17.865/2006 hat der Verfassungsgerichtshof die tragenden Erwägungen des Erkenntnisses VfSlg 17.214/2004 auf den Fall der Ablehnung einer Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art131 Abs3 B‑VG iVm §33a VwGG, jeweils in der Fassung vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle, BGBl I 51/2012, übertragen. Der Verwaltungsgerichtshof war daher auch in jenen Fällen, in denen er nach der früheren Rechtslage zur Ablehnung ermächtigt war, als letztinstanzliches Gericht anzusehen, weil für ihn die Möglichkeit bestand, von der Ablehnung abzusehen und dem Gerichtshof der Europäischen Union eine entscheidungsrelevante Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen (vgl. Aichlreiter, Art129a B‑VG, in: Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht [6. Lfg. 2010] Rz 56; Köhler, Art129a B‑VG, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht [1. Lfg. 1999] Rz 77; Grabenwarter, Art131 B‑VG, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht [8. Lfg. 2007] Rz 71).
1.6. Die den Verfassungsgerichtshof bei diesen Erkenntnissen leitenden Überlegungen sind auf das durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I 51/2012, eingeführte Rechtsmittel der Revision an den Verwaltungsgerichtshof übertragbar. Das zugrunde liegende Modell der Revisionszulassung ist in den hier wesentlichen Punkten dem System der Grundsatz- und Zulassungsrevision nach der ZPO nachgebildet (vgl. die Erläut. RV 1618 BlgNR 24. GP, 16; Thienel, Die neue Rolle des Verwaltungsgerichtshofes im Verhältnis zu den Landesverwaltungsgerichten, in: Bußjäger/Gamper/Ranacher/Sonntag [Hrsg.], Die neuen Landesverwaltungsgerichte, 2014, 201 [212 ff.]). Eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision ist gemäß Art133 Abs4 Satz 1 B‑VG nur zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Wie für den Obersten Gerichtshof (vgl. OGH 15.12.1997, 1 Ob 247/97y; Schima, Art267 AEUV, in: Mayer/Stöger [Hrsg.], EUV/AEUV, 2012, Rz 108 f.) besteht auch für den Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich die Möglichkeit (und gegebenenfalls die Verpflichtung), eine Revision zuzulassen, um dem Gerichtshof der Europäischen Union eine entscheidungsrelevante unionsrechtliche Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, indem er (vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte) Zweifel über die Auslegung von Unionsrecht als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung qualifiziert. Insofern sind vor dem Hintergrund der oben angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Verwaltungsgerichte nicht als letztinstanzliche Gerichte iSd Art267 Abs3 AEUV anzusehen, weil deren Entscheidungen noch mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts beim Verwaltungsgerichtshof angefochten werden können.
Anders gelagert sind jene – im vorliegenden Verfahren nicht einschlägigen – Fälle, in denen die Revision von Gesetzes wegen ausgeschlossen ist (vgl. Art133 Abs4 Satz 2 und Abs9 Satz 2 B‑VG iVm §25a Abs2 und 4 VwGG und Frischhut/Ranacher, Unionsrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, in: Larcher [Hrsg.], Handbuch Verwaltungsgericht, 2013, 64 [96]).
1.7. Da im vorliegenden Fall die Revision nicht von Gesetzes wegen ausgeschlossen ist, ist das Verwaltungsgericht Wien im vorliegenden Fall nicht letztinstanzliches Gericht im Sinne des Art267 Abs3 AEUV iVm Art83 Abs2 B‑VG. Ob die Entscheidung über eine Frage der Auslegung des Art45 Abs2 Vergabe-RL für das Verwaltungsgericht erforderlich und dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen (EuGH 6.10.1982, Rs. C-283/81 , CILFIT, Slg. 1982, I-3415) war, unterfällt daher hier nicht dem Schutz von Art83 Abs2 B‑VG.
5. Die Frage, ob das Verwaltungsgericht Wien die herangezogenen Bestimmungen des BVergG 2006 oder Art45 Abs2 Vergabe-RL unmittelbar anzuwenden hatte, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht aufzugreifen (vgl. VfSlg 14.886/1997).
IV. Ergebnis
6. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, dass die beschwerdeführenden Gesellschaften in einem von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wären; ebenso wenig entstanden – aus der Sicht dieser Beschwerdesache – verfassungsrechtliche Bedenken gegen die dem bekämpften Erkenntnis zugrunde liegenden Rechtsvorschriften. Die beschwerdeführenden Gesellschaften wurden mithin auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.
7. Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
8. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
9. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,‑ ‑ enthalten.
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