UFS RV/0718-G/10

UFSRV/0718-G/103.7.2013

Bescheidadressat bei Gesamtrechtsnachfolge

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2013/15/0245 eingebracht. Mit Erk. v. 29.6.2016 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/2101188/2016 erledigt.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des AAA BBBunternehmen e.U. als Rechtsnachfolger der CCC KEG, Adresse, vom 15. Juli 2009 gegen die Haftungs- und Abgabenbescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom 15. Juni 2009 betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag samt den Säumniszuschlägen für die Jahre 2004 und 2005 im Beisein der Schriftführerin Claudia Schmölzer nach der am 1. Juli 2013 in 8018 Graz, Conrad von Hötzendorf-Straße 14-18, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit den Haftungs- und Abgabenbescheiden vom 15. Juni 2009 wurde der Berufungswerber (Bw.) für die Jahre 2004 und 2005 als Arbeitgeber für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer in Anspruch genommen und diesem der Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag sowie der Säumniszuschlag vorgeschrieben. Als Bescheidbegründung wurde auf den beiliegenden Bericht über das Ergebnis einer Außenprüfung vom 25. Februar 2009 verwiesen. In diesem wurde ausgeführt, es erfolge die Nachversteuerung von Schwarzlöhnen laut Berechnungsbeilagen. Für drei bzw. zwei Kalendermonate seien die bei einer Hausdurchsuchung vorgefundenen Belege vorgelegen. Die für diese Zeiträume ermittelten unversteuerten Löhne würden die Grundlagen für die Schätzung der Jahreslohnsumme bilden.

Dagegen richtete sich die Berufung vom 15. Juli 2009. Der Bw., vertreten durch Dr. Zwach - Steuerberatung e.U., brachte vor, er sei für die mit den berufungsgegenständlichen Bescheiden vorgeschriebenen Abgaben schon von vorne herein nicht passiv legitimiert bzw. haftbar. Die gegenständlichen Bescheide seien an ihn als Rechtsnachfolger der CCC KEG gerichtet. Die Behörde spreche daher den Bw. als Rechtsnachfolger der KEG an. Die CCC KEG sei am 15. Oktober 2003 entstanden. Persönlich haftender Gesellschafter sei Herr DDD, der Bw. sei Kommanditist gewesen.

Im gegenständlichen Zeitraum sei der Bw. ex lege sowohl von der Geschäftsführung als auch von der Vertretung der CCC KEG ausgeschlossen gewesen. Für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum könne daher schon von Gesetzes wegen der Bw., der bloß Kommanditist gewesen sei, nicht rechtens als in dieser Zeit abgabenpflichtiger Arbeitgeber angesehen werden.

Mit Vereinbarung vom 10. Jänner 2007 habe der Bw. als damaliger Kommanditist vom damaligen Komplementär das Unternehmen zum 1. Jänner 2007 übernommen. Das übernommene Unternehmen sei dann als AAA BBBunternehmen e.U. geführt worden. Vor dem Hintergrund dieses Unternehmensüberganges hätte die belangte Behörde bei rechtsrichtiger Vorgangsweise die Regelung des § 14 Abs. 1 lit. a BAO berücksichtigen müssen. Dabei hätte die Behörde erster Instanz erkennen müssen, dass das letzte vor der Übereignung liegende Kalenderjahr das Jahr 2006 sei und schon deswegen eine Haftung des Bw. für Abgabenverbindlichkeiten des von ihm übernommenen Unternehmens für die Zeit 1. Jänner 2004 bis 31. Dezember 2005 ausscheide. Eine derartige Haftung scheide im Übrigen umso mehr aus, als der Bw. im Zeitpunkt der Übereignung des Unternehmens die in Betracht kommenden Abgaben weder gekannt habe, noch kennen hätte müssen. Er habe darauf vertrauen können, dass der Komplementär - seinen Zusagen entsprechend - alle abgabenrechtlichen Verpflichtungen der CCC KEG immer ordnungsgemäß erfüllt habe. Betreffend die Bestimmung des § 14 BAO werde auf einen Erlass verwiesen, wonach beispielsweise für den Dienstgeberbeitrag keine Haftung bestehe.

Das den gegenständlichen Bescheiden zugrunde liegende Verfahren sei in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig. Die Verfahren seien zu einer den Bw. nicht betreffenden Steuernummer, zu deren zugehörigen Abgabenkonto der Bw. keinen Zugang habe, geführt worden. Die Verfahren seien ohne Information und ohne Involvierung des Bw. geführt worden, sodass dem Bw. weder von der Einleitung der Verfahren, noch von der Durchführung der Verfahren und von den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Kenntnis verschafft worden sei. Dieser habe nicht die Möglichkeit gehabt, zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Stellung oder Akteneinsicht zu nehmen und Beweisanträge zu stellen. Dies sei umso gravierender, als die belangte Behörde nicht einmal die ihr schon von vorne herein und ohne gesonderten Beweisantrag zumutbaren Erhebungen im Firmenbuch durchgeführt und offenbar deswegen nicht erkannt habe, dass ein Unternehmensübergang erst per 1. Jänner 2007 erfolgt sei und daher die von den gegenständlichen Bescheiden umfassten Zeiträume außerhalb des mit § 14 Abs. 1 lit. a BAO gemeinten Kalenderjahres liegen würden.

Hätte die Behörde erster Instanz den Bw. über Einleitung, Durchführung, Verfahrensstand, etc. des gegenständlichen Verfahrens informiert, so hätte der Bw. all die dargelegten Umstände aufzeigen und damit beweisen können, dass ihn keine Haftung im Sinne der berufungsgegenständlichen Bescheide treffe. Der Bw. hätte im Fall von Schwarzgeldzahlungen dartun können, dass solche nur dann getätigt hätten werden können, wenn es entsprechende Schwarzeinnahmen gegeben habe. Da er weder geschäftsführungsbefugt noch vertretungsbefugt gewesen sei und Schwarzgeldauszahlungen von ihm nicht getätigt worden seien, könne er ebenfalls nicht zur Haftung herangezogen werden. Letztlich hätte der Bw. auch dartun können, dass offenbar die den Bescheiden zugrunde gelegte Bemessungsgrundlage unrichtig sei.

Die angefochtenen Bescheide seien auch mangelhaft, weil diese keine taugliche Begründung enthielten. Die Behörde habe das vorgesehene Feld im Vordruck nicht angekreuzt und somit den Bescheid mit keiner Begründung versehen. Die Behörde habe auch nicht dargetan, warum sie den Bw. als haftende Partei ansehe. Sie habe nicht dargetan, auf welcher Tatsachengrundlage und auf welcher Rechtsgrundlage sie die Bescheide erlassen habe. Sie habe auch nicht dargetan, ob sie überhaupt eine Beweiswürdigung vorgenommen habe, und wenn ja, warum sie zu welchen Ergebnissen gekommen sei. In Summe sei die Mangelhaftigkeit so gravierend, dass die gegenständlichen Bescheide nicht nur mangelhaft, sondern tatsächlich nichtig seien.

Sollte die Behörde in Erwägung ziehen, über die Berufung mit Berufungsentscheidung abzusprechen, so ergehe schon jetzt der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor Erlassung der Berufungsentscheidung.

Mit der Berufungsvorentscheidung vom 10. August 2010 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, der steuerliche Vertreter des Bw. sei auch der der CCC KEG gewesen. Die Prüfung sei in der Kanzlei des steuerlichen Vertreters durchgeführt worden. Der Abschluss der Prüfung sei nach Durchführung einer Schlussbesprechung mit dem steuerlichen Vertreter erfolgt. Die Niederschrift mit den Berechnungen und Feststellungen sei vom steuerlichen Vertreter unter Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis genommen worden. Der Vorwurf des Bw., er sei nicht informiert gewesen, gehe daher ins Leere. Die Übernahme der KEG durch den Bw. gemäß § 142 UGB sei keineswegs im Unwissen über firmeninterne Vorgänge erfolgt. Die von der Steuerfahndung erstellten Protokolle über Befragungen würden übereinstimmend Herrn DDD als Leiter der operativen Abläufe sowie den Bw. als Zuständigen für alle Geldangelegenheiten ausweisen. Die von der Steuerfahndung beschlagnahmten Belege würden die Schwarzgeldzahlungen, die über Anweisungen des Bw. vom Personal an die Lohnempfänger erfolgt seien, beweisen.

Mit Schreiben vom 5. Juni 2013 teilte Dr. Zwach - Steuerberatung e.U. mit, der Bw. werde von seiner Kanzlei nicht mehr vertreten.

In der am 1. Juli 2013 abgehaltenen Berufungsverhandlung, zu der weder der Bw. noch ein Vertreter erschienen sind, führte der Vertreter des Finanzamtes aus, die Bescheide stützten sich auf die Aussagen des Komplementärs und der übrigen Beteiligten. Das Beweismaterial sei von der Steuerfahndung geliefert worden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Im Firmenbuch des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz wurde am 15. Oktober 2003 zur FN aa die CCC KEG eingetragen. Gemäß § 907 Abs. 2 Unternehmensgesetzbuch (UGB) galt die ursprüngliche Kommanditerwerbsgesellschaft mit Stichtag 1. Jänner 2007 als Kommanditgesellschaft. Einziger Komplementär der Gesellschaft war Herr DDD, einziger Kommanditist war Herr AAA.

Mit der am 16. Jänner 2007 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz eingelangten Eingabe wurde Folgendes mitgeteilt:

"Aus der zu FN aa eingetragenen CCC KEG ist der bisherige persönlich haftende Gesellschafter, DDD, geb. (...) mit Ablauf des 31.12.2006 ausgeschieden.

Der verbleibende Gesellschafter, AAA, geb. (...), übernimmt mit 01.01.2007 das bisherige Geschäft dieser KEG, dies ohne Liquidation und mit allen Aktiven und allen Passiven im Sinne von §§ 142, 38 UGB, dies als eingetragener Einzelunternehmer unter der Firma AAA, BBBunternehmen e.U."

Im Firmenbuch wurde am 8. Februar 2007 die Vermögensübernahme gemäß § 142 UGB durch AAA BBBunternehmen e. U. eingetragen. Die Gesellschaft wurde aufgelöst und gelöscht. Eine Abwicklung (Liquidation) des Unternehmens hat nicht stattgefunden, eine Eintragung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 12 Firmenbuchgesetz (FBG) wurde nicht vorgenommen.

Ebenfalls am 8. Februar 2007 wurde mit dem Hinweis "Übernahme des Vermögens der CCC KEG (FN aa) gemäß § 142 UGB" zur FN bb das "AAA BBBunternehmen e. U." im Firmenbuch eingetragen.

Gemäß § 142 Abs. 1 UGB erlischt die Gesellschaft ohne Liquidation, wenn nur noch ein Gesellschafter verbleibt. Das Gesellschaftsvermögen geht im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf diesen über.

§ 142 Abs. 1 HGB in der vor dem Handelsrechts-Änderungsgesetz - HaRÄG (BGBl. I Nr. 120/2005) geltenden Fassung bestimmte Folgendes:

"Sind nur zwei Gesellschafter vorhanden, so kann, wenn in der Person des einen von ihnen die Voraussetzungen vorliegen, unter welchen bei einer größeren Zahl von Gesellschaftern seine Ausschließung aus der Gesellschaft zulässig sein würde, der andere Gesellschafter auf seinen Antrag vom Gerichte für berechtigt erklärt werden, das Geschäft ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven zu übernehmen."

Der Wortlaut der vorstehend genannten Eingabe deutet eher auf eine Übernahme gemäß § 142 HGB (in der vor dem HaRÄG geltenden Fassung) hin. Auch eine solche bewirkt nach herrschender Lehre und ständiger Judikatur eine Universalsukzession und verwandelt das bisherige im Gesamthandeigentum stehende Gesellschaftsvermögen in Alleineigentum des Übernehmers (VwGH 21.12.2000, 2000/16/0563).

Da sowohl bei einer Übernahme gemäß § 142 Abs. 1 HGB in der Fassung vor dem HaRÄG, als auch bei einer gemäß § 142 Abs. 1 UGB in der Fassung des HaRÄG das Gesellschaftsvermögen im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter übergeht, bedurfte es keiner Erwägungen, welche Fassung des § 142 Abs. 1 die Grundlage für den Vermögensübergang bildete.

Gesamtrechtsnachfolger war im verfahrensgegenständlichen Fall der Bw. als Kommanditist der aufgelösten Gesellschaft.

Die bloße Löschung und Auflösung einer Kommanditgesellschaft bedeutet noch nicht deren Vollbeendigung, weshalb die Kommanditgesellschaft, solange nicht eine Abwicklung ihrer Rechtsverhältnisse u.a. zum Abgabengläubiger erfolgt ist, auch im Abgabenverfahren ihre Angelegenheiten betreffend die Parteifähigkeit beibehält. Allerdings trifft dies nicht zu, wenn die Kommanditgesellschaft beendet wird und ein Gesamtrechtsnachfolger vorhanden ist (VwGH 19.9.2007, 2004/13/0097). Der Bw. als Gesamtrechtsnachfolger tritt an die Stelle der beendeten CCC KEG. Bei einer Gesamtrechtsnachfolge gehen unabhängig von § 38 UGB auch alle Passiven über (Koppensteiner/Auer in Straube, UGB (I4) § 142 Rz 8).

Gemäß § 19 Abs. 1 BAO gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Der Gesamtrechtsnachfolger tritt sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht an die Stelle des Rechtsvorgängers (VwGH 19.12.1996, 94/16/0263).

Bei der Gesamtrechtsnachfolge gehen die abgabenrechtlichen Ansprüche und Schulden des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für die beim Rechtsvorgänger entstandenen Abgabenschulden wird der Gesamtrechtsnachfolger nicht als Haftender, sondern als Abgabenschuldner in Anspruch genommen. Die gegenständlichen Abgabenbescheide waren daher an den Bw. als Gesamtrechtsnachfolger zu richten.

Gemäß § 82 EStG 1988 haftet der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer. Auch Haftungen gehen im Wege des § 19 auf den Gesamtrechtsnachfolger über (Stoll, BAO-Kommentar, 192). Da die Haftung gemäß § 82 EStG 1988 der CCC KEG gegenüber vor der Vermögensübernahme durch den Bw. nicht geltend gemacht worden ist, rückte der Bw. als Gesamtrechtsnachfolger in dieselbe Haftungsstellung wie seine Vorgängerin. Die verfahrensgegenständlichen Haftungsbescheide waren daher dem Bw. gegenüber zu erlassen. Ergänzend ist festzuhalten, dass, wenn die Haftung bereits der CCC KEG gegenüber geltend gemacht worden wäre und dadurch für sie die Abgabenschuld entstanden wäre, die Abgabenschuld auf den Bw. als Gesamtrechtsnachfolger übergegangen wäre.

Die Bestimmung des § 14 BAO war im verfahrensgegenständlichen Fall nicht einschlägig. § 14 BAO gilt nur für den als Einzelrechtsnachfolge anzusehenden Erwerb von Betrieben. Diese Bestimmung gilt daher nicht bei einer Gesamtrechtsnachfolge, bei einer Gesamtrechtsnachfolge tritt nach § 19 BAO selbsttätiger Schuldübergang ein (Stoll, BAO-Kommentar, 159). Es bedurfte daher keiner Erwägungen darüber, ob die Voraussetzungen für eine Haftung gemäß § 14 BAO gegeben waren und auch keiner darüber, ob der Bw. Einfluss auf die Geschäftsführung hatte oder von ihm die Schwarzgeldlohnauszahlungen getätigt worden sind, oder ob im Rahmen des § 14 BAO eine Haftung für den Dienstgeberbeitrag besteht.

Gemäß § 93 Abs. 3 lit. a BAO hat ein Bescheid eine Begründung zu enthalten, wenn ihm ein Anbringen zugrunde liegt, dem nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird, oder wenn er von Amts wegen erlassen wird. Die Begründung ist kein konstitutives Bescheidmerkmal und Begründungsmängel führen nicht zur Nichtigkeit von Bescheiden.

Die angefochtenen Bescheide enthalten unter der Überschrift "Begründung" einen Hinweis auf den beiliegenden Bericht vom 25. Februar 2009. Das links von diesem Hinweis befindliche Kästchen ist nicht angekreuzt. Dem Vorbringen des Bw., mangels Ankreuzens dieses Kästchens enthielten die Bescheide keine Begründung, war nicht zu folgen. Bei Übermittlung des Berichtes als Beilage zu den Bescheiden kommt - auch wenn das Kästchen neben dem Hinweis auf diesen nicht angekreuzt ist - klar und deutlich zum Ausdruck, dass betreffend die Begründung auf die Ausführungen im Bericht verwiesen wird.

Begründungsmängel im erstinstanzlichen Verfahren, wie zum Beispiel das Fehlen einer Begründung, können im Rechtsmittelverfahren saniert werden (VwGH 14.12.2005, 2001/13/0281). Selbst wenn die angefochtenen Bescheide keine Begründung enthalten hätten, wäre durch die Begründung in der Berufungsvorentscheidung eine Sanierung des Mangels vorgelegen.

Gemäß § 115 Abs. 2 BAO ist den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Eine etwaige Verletzung des Rechts auf Parteiengehör ist im Berufungsverfahren sanierbar und kann durch die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides saniert werden. Selbst wenn - wie in der Berufung vorgebracht wird - der Bw. über "Einleitung, Durchführung, Verfahrensstand, etc." nicht informiert gewesen sein sollte, so hat dieser spätestens mit der Zustellung der verfahrensgegenständlichen Bescheide Kenntnis darüber erlangt. Der Bw. hatte daher nach Ergehen der angefochtenen Bescheide die Möglichkeit, hierzu Stellung zu nehmen.

Ebenso hätte der Bw. im Berufungsverfahren (nach Ergehen der Haftungs- und Abgabenbescheide und auch nach Ergehen der Berufungsvorentscheidung) ausreichend Gelegenheit gehabt, darzutun, "dass offenbar die den berufungsgegenständlichen Bescheiden zugrunde gelegte Bemessungsgrundlage unrichtig ist." Er hätte auch in der mündlichen Berufungsverhandlung, die auf seinen Antrag hin stattgefunden hat, das vorhin zitierte Vorbringen konkretisieren können. Der Bw. hat betreffend die Höhe der Bemessungsgrundlage weder konkrete Angaben gemacht, noch diesbezügliche Unterlagen vorgelegt, der mündlichen Berufungsverhandlung ist er fern geblieben.

Ergänzend ist festzuhalten, dass der Vertreter der Rechtsvorgängerin zum Zeitpunkt der Prüfung auch Vertreter des Bw. war. Die den verfahrensgegenständlichen Bescheiden zugrunde liegende Lohnsteuerprüfung wurde beim Vertreter durchgeführt und die Niederschrift über die Schlussbesprechung mit dem Vertreter aufgenommen. Dieser lässt sich auch entnehmen, dass die bei einer Hausdurchsuchung vorgefundenen Belege der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen dienten. Der Vertreter des Bw. hat die Niederschrift unterfertigt und somit Kenntnis vom Inhalt dieser erlangt.

Darüber hinaus wurde der Bw. am 4. Juni 2009 und somit vor Erlassung der angefochtenen Bescheide von der Steuerfahndung vernommen. Gegenstand der Vernehmung war der mit den Schwarzgeldlohnauszahlungen der CCC KEG zusammenhängende Verdacht der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG; dabei wurden dem Bw. das Ergebnis der Lohnsteuerprüfung mitgeteilt und die Aussagen der übrigen Beteiligten zur Kenntnis gebracht. Der Bw. bestritt im Zuge der Vernehmung zwar seine Verantwortung für die Schwarzgeldzahlungen, jedoch nicht die Tatsache, dass es diese gegeben hat ("Dies war auch für mich Anlass, massive und intensive Recherchen gegen (...) durchzuführen, die mir bestätigt haben, dass er das Unternehmen CCC KEG in den vergangenen Jahren durch Schwarzgeldeinnahmen, welche dem Unternehmen nicht zugeführt wurden, geschädigt hat und somit auch der Verdacht der Untreue besteht und auch mit diesem Geld die von der Finanzstrafbehörde mir fälschlicherweise vorgeworfenen Schwarzgeldlohnauszahlungen durchgeführt hat." oder "(...) Unterlagen verschwinden lassen, die bestätigen, dass er die Jahre zuvor in der CCC KEG Schwarzgeld kassiert hat und Schwarzlöhne ausbezahlt hat.").

Durch eine erteilte Vertretungsmacht (Vollmacht) kann der Stellvertreter durch sein Handeln unmittelbar Rechtswirkungen zu Gunsten oder zu Lasten des Geschäftsherrn hervorrufen. Der Vertreter repräsentiert den Geschäftsherrn. Die vom steuerlichen Vertreter getätigten Handlungen waren daher dem Bw. zuzurechnen.

Die Staatsanwaltschaft Graz hat laut der vom Bw. vorgelegten Benachrichtigung vom 19. August 2010 das Verfahren gegen den Bw. wegen §§ 12 zweite Alternative, 105 Abs. 1 StGB eingestellt, jedoch nicht das wegen § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG.

Aus den dargelegten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am 3. Juli 2013

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 14 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 142 Abs. 1 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897

Stichworte