UFS RV/0148-K/11

UFSRV/0148-K/1117.6.2013

Bildschirmarbeitsplatzbrille - Werbungskosten?

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Dipl.Ing.G.K., technischer Angestellter, geb. xy, P.S., vom 10. Dezember 2010 gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom 10. November 2010 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2009 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bildet dieses einen Bestandteil des Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Mit elektronisch am 22. Juni 2010 beim Finanzamt eingelangter Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2009 beantragte Dipl.Ing.G.K. (in der Folge Bw.) die Berücksichtigung von Sonderausgaben in Höhe von € 780,00/Steuerberatungskosten, € 200,00/Kirchenbeitrag, und Werbungskosten in Höhe von € 1.936,06/Arbeitsmittel und € 109,75/Internetkosten. Unter den Aufwendungen für Arbeitsmittel finden sich auch die Kosten für eine Bildschirmbrille in Höhe von € 746,00. In einer vom Bw. übermittelten Beilage führte er die von ihm geltend gemachten Aufwendungen an und führte darin aus, dass er für seine Bildschirmarbeit zwei parallele hochauflösende Bildschirme sowie auf Grund seines Astigmatismus eine spezielle Bildschirmbrille benötige, für die er von seinem Arbeitgeber € 225,00 als Zuschuss erhalten habe.

Über Vorhalt legte der Bw. zu seinen geltend gemachten Aufwendungen Belege vor, darunter u.a.

1. Verordnungsschein für Sehbehelfe des Dr.O, Villach, vom 15. September 2009, für eine Bifokalbrille für PC/Kunststoff mit dem Vermerk Bildschirmarbeitsplatzbrille "medizinisch indiziert",

2. Rechnung der Fa. A vom 13. Oktober 2009 für eine Bildschirmarbeitsplatzbrille in der Gesamthöhe von € 971,00 (davon € 419,00 auf Fassung und € 552,00 auf Gläser entfallend) und

3. Vermerk des Bw. in seiner am 28. Oktober 2010 dem Finanzamt vorgelegten Aufstellung über einen Firmenzuschuss für diese Brille von € 225,00.

Die Veranlagung des Bw. wurde mit Einkommensteuerbescheid vom 10. November 2010 vorgenommen; dabei wurden dem Bw. die Steuerberatungskosten im beantragten Ausmaß sowie Werbungskosten in Höhe von € 835,73 (€ 725,98 und € 109,75 an Internetkosten) in Ansatz gebracht. Begründend wurde ausgeführt, dass der Kirchenbeitrag mangels Einzahlungsbeleg nicht berücksichtigungsfähig sei, die Kosten für Bildschirme (2007 und 2009 gekauft) um einen Privatanteil von 40% gekürzt worden sowie die Aufwendungen für ein Navigationsgerät/KFZ als Kosten der privaten Lebensführung nicht absetzbar seien und die Kosten für die Bildschirmbrille als Krankheitskosten gelten würden.

Mit beim Finanzamt eingelangter Eingabe vom 10. Dezember 2010 erhob der Bw. Berufung gegen den angeführten Bescheid. Darin führte er an, dass er in seinem Ansuchen die berufliche Bedingtheit der Bildschirmbrille eindeutig klar gemacht und überdies die Verordnung des Augenarztes beigebracht hat. In den Einkommensteuerrichtlinien heißt es, dass Aufwendungen für Bildschirmbrillen bei entsprechender betrieblicher oder beruflicher Veranlassung abzugsfähig sind.Die in den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes Zlen. 94/14/0154 und Zl. 82/14/0135 enthaltenen Aussagen hinsichtlich Nichtabzugsfähigkeit der Aufwendungen einer für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit unentbehrlichen Brille sowie Reparaturkosten gelten bei entsprechender Veranlassung wie für Schutzbrillen oder Bildschirmbrillen nicht. Für die Zahlung der Kirchensteuer liegt ein Beleg bei. Das Navi setzt der Bw. großteils bei Dienstreisen ein und hat er 40% als Privatnutzung abgezogen; die Absetzung ist für Firmenmitarbeiter bereits anerkannt worden; sein PrivatKFZ hat nach 11 Jahren einen Kilometerstand von 120.000, davon stammen 115.000 für Fahrten zur Arbeitsstätte und zurück. Die Anschaffung des ersten Bildschirmes ist rein für Teleworking erfolgt und in den Jahren 2007 und 2008 zu 100% anerkannt worden. Beim zweiten Bildschirm, den er sich gekauft hat, um Bedingungen wie bei seinem Arbeitgeber zu haben, hat er 40% als Privatanteil zum Abzug gebracht. Als neue Werbungskosten macht er die Internetkosten in Höhe von € 238,80 geltend, die Rechnungen liegen dem Schreiben bei.

Mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom 7. Jänner 2011 wurde der Berufung teilweise dahingehend stattgegeben, dass dem Bw. einerseits der Kirchenbeitrag als Sonderausgabe und die Hälfte seiner Internetkosten (nämlich € 119,40) zusätzlich als Werbungskosten, somit insgesamt € 955,13 zum Ansatz gebracht wurden.

Mit Eingabe vom 31. Jänner 2011, beim Finanzamt eingelangt am 1. Februar 2011, beantragte der Bw. seine Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen. Darin führte er an, dass die Bildschirmbrille ein reines Arbeitsmittel mit einem Schärfenbereich von ca. 50 bis 90 cm ist. Diesen großen Schärfenbereich, der für die gleichzeitige Arbeit mit zwei parallelen Bildschirmen notwendig ist, erreicht man nur unter Verwendung eines teuren hochbrechenden Kunststoffes als Brillenglas. Der Bw. beantragte, seinen in der Berufung erhobenen Einwänden Rechnung zu tragen.

Am 16. Mai 2013 schränkte der Bw. beim Unabhängigen Finanzsenat seine Berufung auf das Begehren auf Anerkennung der Aufwendungen für die Bildschirmbrille ein; er gab bekannt, dass er nahezu ausschließlich Bildschirmarbeit erbringt. Des Weiteren zog er seinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat mit Eingabe vom 14. Juni 2013 zurück.

Das Finanzamt brachte am 5. Juni 2013 noch vor, dass der vom Bw. selbst zu tragende Kostenanteil für die Bildschirmbrille als Misch- und somit nicht abzugsfähiger Aufwand nach § 20 EStG 1988 anzusehen ist, weil der Arbeitgeber diesen nicht zur Gänze ersetzt hat; im Übrigen übersteigt der Aufwand des Bw. auch das notwendige Ausmaß (es kann sich nach dessen Auffassung auch um eine "gefällig designte" Brille handeln).

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 16 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Demgegenüber bestimmt § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a leg.cit. dass bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abgezogen werden dürfen.

Im gegenständlichen Fall ist ausschließlich nur mehr strittig, ob die Aufwendungen des Bw. für die Anschaffung einer Bildschirmarbeitsplatzbrille als Werbungskosten steuerlich zum Abzug gelangen können.

An Sachverhalt steht fest, dass der Bw. bei einem der führenden technischen Unternehmen in Kärnten als technischer Angestellter nahezu ausschließlich Bildschirmarbeit leistet (seinen eigenen Angaben nach bis zu 10 Stunden/Tag, vgl. Bildschirmarbeitsverordnung BGBl. II Nr. 124/1998), somit einen Bildschirmarbeitsplatz innehat.

Aufwendungen für die Kompensation körperlicher Behinderungen und Mängel (z.B. Sehschwächen) gehören, weil sie stets auch die allgemeine Lebensführung betreffen, zu den nach § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 nicht abzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung, auch wenn der Behelf ausschließlich bei der Berufstätigkeit verwendet und am Arbeitsplatz aufbewahrt wird. Eine Ausnahme wird lediglich dann für vertretbar gehalten, wenn die Anschaffung des Behelfes ausschließlich bzw. weitaus überwiegend beruflich veranlasst ist, wie z.B. bei Schutz- oder Bildschirmbrillen (vgl. Jakom, Lenneis EStG § 4 Rz 330, sowie EStR 1509).

Die in Rede stehenden Aufwendungen sind als Werbungskosten für Arbeitsmittel dann abzugsfähig, wenn sie mit der beruflichen Tätigkeit in Zusammenhang stehen. Nicht entscheidend ist, ob gleichartige Arbeitsmittel auch vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden. Es ist auch nicht Voraussetzung, dass der Arbeitgeber das Arbeitsmittel für erforderlich hält oder ausdrücklich anordnet; die Anerkennung der Werbungskosten ist daher nicht von einer Bestätigung des Arbeitgebers abhängig (Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 16 Tz 133).

Im gegenständlichen Fall steht für den Unabhängigen Finanzsenat auf Grund des Berufungsvorbringens - der Bw. arbeitet seinen eigenen Angaben nach bis zu 10 Stunden täglich auf einem Computerarbeitsplatz - fest, dass er die Bildschirmarbeitsplatzbrille nahezu bzw. so gut wie ausschließlich beruflich nutzt und zwar auch im Rahmen des Home- und Teleworking. Bei den geschilderten Umständen erscheint eine allfällige private Verwendung der Bildschirmarbeitsplatzbrille jedenfalls nicht schädlich.

Eine Bildschirmarbeitsplatzbrille ist in Entsprechung der ärztlichen Verordnung auf den Sichtbereich eines Bildschirmarbeitsplatzes abgestimmt und daher nur für die Arbeit am Bildschirmgerät geeignet. Eine solche Brille eignet sich - wie beispielsweise eine Gleitsichtbrille - jedoch nicht für den Alltag.

Wenn das Finanzamt vorgebracht hat, dass durch die Leistung lediglich eines Zuschusses für diesen Sehbehelf für den übersteigenden Teil jedenfalls eine private Veranlassung zu unterstellen ist, so kann der Unabhängige Finanzsenat dieser Argumentation deshalb nicht folgen, weil die Leistung von derartigen Zuschüssen (und nicht der Ersatz der Gesamtaufwendungen) nicht die Ausnahme, sondern vielmehr die Regel darstellt (vgl. beispielsweise die im Finanzministerium vorgesehene Pauschalvergütung für Bildschirmbrillen bei Bildschirmarbeitsplätzen oder aber auch Erlass des LSR für Oberösterreich Zl. A9-114/1-11 vom 25. Juli 2011).

Dem Einwand des Finanzamtes, es handle sich um das Notwendige übersteigende Kosten, ist entgegen zu halten, dass der Unabhängige Finanzsenat in der Anschaffung einer Bildschirmarbeitsplatzbrille in der Höhe von € 971,00 (davon entfallend € 552,00 auf Gläser) keinen Luxusaufwand des Bw. erkennen kann, bei dem der Werbungskostenabzug in Frage zu stellen wäre. Nach der allgemeinen Verkehrsauffassung ist bei einem Kostenanteil von € 419,00 für die Brillenfassung eine Angemessenheitsgrenze nicht überschritten.

Die Begehren des Bw. auf Zuerkennung der in Rede stehenden Aufwendungen besteht somit ebenso zu Recht wie der Anspruch auf Berücksichtigung der vom Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung (zusätzlich) berücksichtigten Aufwendungen für seinen privaten Internetanschluss in der Höhe von € 119,40.

Was die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe anbelangt, wird auf das zuliegende Berechnungsblatt verwiesen.

Klagenfurt am Wörthersee, am 17. Juni 2013

Beilage: Berechnungsblatt

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 16 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

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