UFS RV/0111-W/11

UFSRV/0111-W/1110.4.2013

Schuldet die Umsatzsteuer der Aussteller der Rechnungen oder der Aussteller der Rechnungskonzepte?

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Irmgard Weidemann, 3032 Eichgraben, Auhofstraße 15/4/4, vom 1. September 2004 gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart, vom 9. Juli 2004 betreffend Umsatzsteuer 1997 - 1998 entschieden:

Der Berufung wird teilweise stattgegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben in ATS und EUR sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Über die im Spruch dieser Berufungsentscheidung angeführte Berufung hatte der Unabhängige Finanzsenat mit der Berufungsentscheidung vom 27. November 2006 entschieden, dass die von der M-GmbH auf das anonyme Sparbuch mit der Bezeichnung I-KEG überwiesenen Beträge dem Berufungswerber (Bw.) zuzurechnende Umsätze sind. Die von der S-GmbH auf dieses Sparbuch überwiesenen Beträge wurden dem Bw. nicht als Umsätze zugerechnet, da ihm nicht nachgewiesen werden konnte, dass er Derjenige war, der gegenüber betriebszugehörigen Personen als "M" auftrat, Werkverträge für die I-KEG mit "M" unterschrieb und/oder unter seinem eigenen Namen als Ansprechpartner der I-KEG auftrat.

Die Berufungsentscheidung vom 27. November 2006 hat der Verwaltungsgerichtshof mit dem Erkenntnis VwGH 16.12.2010, 2007/15/0016 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Nach Darstellung der dem Aufhebungsgrund zugrunde liegenden Sachlage führte der VwGH aus:

... Zum Vorgang der Rechnungslegung hat die belangte Behörde (lediglich) die Feststellung getroffen, dass die I-KEG als "nicht existierende Person" keine Rechnungen legen konnte.

Ist eine Rechnungsausstellung nicht der als leistender Unternehmer genannten Person zuzurechnen (und davon ist nach den vorliegenden Sachverhaltsfeststellungen auszugehen), entsteht für den Aussteller eine Steuerschuld nach § 11 Abs 14 UStG 1994 (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Februar 2000, 99/14/0062, VwSlg. 7.485 F/2000, und vom 22. Dezember 2004, 2001/15/0172).

Dass der Bw. nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens als Rechnungsaussteller zu betrachten wäre und daher (schon) aus diesem Grund eine entsprechende Steuerschuld für ihn entstanden wäre, wurde dem angefochtenen Bescheid nicht zu Grunde gelegt. Die belangte Behörde enthält sich jeglicher konkreter Sachverhaltsfeststellungen über den Hergang der Rechnungslegung, zu der ihr unterschiedliche Versionen vorgetragen wurden. So findet sich im angefochtenen Bescheid der Hinweis auf einen Aktenvermerk vom 7. Oktober 1998, wonach "die Abgabenbehörden" vom Bw. im Einzelnen aufgelistete von der I-KEG an die M-GmbH gerichtete Rechnungen "übernommen" hätten. Demgegenüber wird in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung festgehalten, dass der Bw. diesen Umstand bestreite. Aktenkundig sind auch Aussagen des Bw., dass die "Rechnungen der Baufirmen" von "K" erstellt worden seien und der Bw. die streitgegenständlichen Rechnungen (betreffend die M-GmbH erst) von seinem Steuerberater erhalten habe.

In dieses unklare Bild fügt sich auch die Aussage des in der mündlichen Berufungsverhandlung vernommenen WS , wonach er (als Vertreter der M-GmbH ) aus Gründen der "Arbeitsersparnis" selbst die "Rechnungskonzepte" erstellt und sie dem Bw. ausgehändigt habe. Dass die belangte Behörde diese Aussage zum Anlass weiterer Nachfragen gemacht hätte, ist den Akten nicht zu entnehmen. So blieb im Dunkeln, ob die vom Zeugen angesprochenen "Rechnungskonzepte" Eingang in die Buchführung der M-GmbH gefunden (und als solche Grundlage für den von der M-GmbH in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug waren) oder ob (worauf die Verwendung des Begriffes "Konzept" hindeutet) in der Folge entsprechende Ausfertigungen erstellt wurden. Auch blieb ungeklärt, wie der Zeuge festgestellt hat, dass sein "Rechnungskonzept in Ordnung" ginge und daher darauf Zahlungen geleistet werden könnten...

Aus den Verwaltungsakten:

... Die Firma I-KEG kenne ich nur von den einlangenden Rechnungen. Dabei handelt es sich um eine Subfirma der Firma M-GmbH . In unserer Firma ist es üblich, dass von den Bauleitern ein ziemlich genaues Rechnungskonzept erstellt wird, um spätere Korrekturen zu vermeiden. Die Subfirma übernimmt die im Rechnungskonzept ausgewiesenen Zahlen in ihre Rechnung. Die Erstellung des Rechnungskonzeptes erfolgt mit unserem Bauleiter gemeinsam mit dem Ansprechpartner (Bauleiter) des Subunternehmens. Soweit ich weis, war dies bei der Firma I-KEG Herr [Name/Bw.]. Jedenfalls kenne ich keine anderen Ansprechpersonen bei der Firma I-KEG . Ich kann mich auch erinnern, dass sich einmal Herr [Name/Bw.] selbst telefonisch bei mir wegen einer ausstehenden Zahlung an die Firma I-KEG erkundigte. Die Zahlungen an die Firma I-KEG erfolgten immer mittels Banküberweisung auf das bekannte ... Konto...

Ich bin bei der M-GmbH Gesellschafter und Angestellter. Mir obliegen als Bauleiter die Führung der in ..... liegenden Baustellen.

Da die Firma M-GmbH bei der Fertigstellung gewisser Baustellen in Terminschwierigkeiten kam, kontaktierte Herr FM, Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma M-GmbH , Herrn [Name/Bw.], der bei der GmbH als Außendienstmitarbeiter tätig ist. Herr FM kennt Herrn [Name/Bw.] von früher. Dies war auch der Grund, dass bei Übergabe der Arbeiten keine Identität festgestellt wurde ... Für mich gab es bezüglich der Bauausführung immer nur eine Ansprechperson, nämlich Herrn [Name/Bw.]. Er war beim Erstantritt der Baustellen immer anwesend und es wurden mit ihm alle Details über den Bauhergang besprochen. Bei Reklamationen bezüglich Schwierigkeiten auf der Baustelle (Arbeiter war betrunken, etc.) kontaktierte ich immer Herrn [Name/Bw.], da er für mich die einzige Ansprechperson der Firma I-KEG war.

Herr [Name/Bw.] war auch öfters auf den Baustellen. Die Arbeiter der Subfirma I-KEG waren durchwegs Ausländer, die aber gut Deutsch sprachen. Die Arbeiten wurden für die M-GmbH immer zur vollsten Zufriedenheit erledigt. Es wurde von der Subfirma nur die Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt Das zu verarbeitende Material wurde immer von der M-GmbH beigestellt.

Nachdem die Subfirma die Arbeiten beendet hatte, wurde von mir ein Konzept für die Rechnungslegung Herrn [Name/Bw.] (entweder direkt auf der Baustelle oder in einem Kaffeehaus) übergeben. Die Montagepreise wurden entweder lt. Vereinbarung oder von mir festgesetzt. Seitens der Subfirma gab es bezüglich der von mir festgesetzten Preise nie Reklamationen.

Der Kontakt zur Subfirma wurde nach der durchgeführten USO - Prüfung seitens der M-GmbH beendet...

Ich möchte noch folgendes angeben: In der Niederschrift, die mit Herrn [Name/Bw.] als Beschuldigter am 7.10.98 ... aufgenommen wurde, fielen mir zwei Punkte auf, die meiner Meinung nach nicht richtig sind. Die Aussage "Der Kontakt wurde wie oben (d.h. durch Herrn "K") ausgeführt", ist unrichtig, da meine Kontaktperson bzw. mein Gesprächspartner bei allen an diese Subfirma erteilten Aufträgen Herr [Name/Bw.] war.

Ebenso ist die Aussage "Ich habe teilweise Rechnungen gesehen ... habe aber nie welche Unterlagen erhalten" unrichtig, da sowohl Preisvereinbarungen mit ihm durchgesprochen wurden und die Rechnungskonzepte auch an Herrn [Name/Bw.] übergeben wurden.

Der Bw. habe die von der I-KEG der M-GmbH gelegten Rechnungen überhaupt erst nach der Sonderbetriebsprüfung bei der M-GmbH gesehen. WS habe den Bw. niemals als Ansprechpartner der I-KEG in irgendeiner Form kontaktiert. Der Bw. habe auch nicht die Rechnungslegungen mit WS abgesprochen. Ein Konzept für die Rechnungslegung sei ihm weder direkt auf der Baustelle noch an einem anderen Ort übergeben worden ...

"Ich habe ein Rechnungskonzept geschrieben; das Rechnungskonzept habe ich Herrn [Name/Bw.] als Ansprechpartner der I-KEG übermittelt, was Herr [Name/Bw.] damit gemacht hat, weis ich nicht. Ist mein Rechnungskonzept in Ordnung gewesen, hat die M-GmbH die Rechnung bezahlt. Dass ich das Rechnungskonzept aufgestellt habe, ist eine Arbeitsersparnis gewesen."

Über die Berufung wurde erwogen:

I. Entscheidungsgrundlagen:

Der ggstl. Berufungsentscheidung war das Erkenntnis VwGH 16.12.2010, 2007/15/0016 zugrunde zu legen, da der Verwaltungsgerichtshof mit diesem Erkenntnis jene Berufungsentscheidung aufhob, mit der die im Beschwerdeverfahren belangte Behörde über die Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide 1997 - 1998 bereits entscheiden hatte.

Ist die Bescheidaufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit oder - wie im ggstl. Beschwerdeverfahren - wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften erfolgt, hat die belangte Behörde einen "Ersatzbescheid" zu erlassen.

Bei Erlassung dieses Ersatzbescheides ist die Verwaltungsbehörde an die vom Gerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis geäußerte Rechtsansicht gebunden.

Diese Bindung besteht nur insoweit, als sich nach Erlassung des vom Verwaltungsgerichtshof aufgehobenen Bescheides die maßgebliche Sach- und Rechtslage nicht ändert hat (Ritz, BAO3, § 116, Tz 15 - 20).

Auf die vorzit. Rechtslage bezogen wird aus den Verwaltungsakten festgestellt, dass sich die der aufgehobenen Berufungsentscheidung zugrunde liegende Sachlage de dato nicht geändert hat, da der Bw. keine neuen Sachverhaltselemente bekannt gegeben und keine neuen Beweismittel vorgelegt hat. Der ggstl. Berufungsentscheidung ist daher die im Erkenntnis VwGH 16.12.2010, 2007/15/0016 dargestellte Sachlage zugrunde zu legen, die hiermit zur Entscheidungsgrundlage erklärt wird.

In VwGH 16.12.2010, 2007/15/0016 hat der Verwaltungsgerichtshof bestätigt, dass der Bw. keine Vermittlungsprovisionen von der I-KEG erhalten hat, weil ein Unternehmen mit der Firmenbezeichnung I-KEG nicht existiert: Der ggstl. Berufungsentscheidung ist daher die Sachlage zugrunde zu legen, dass der Bw. keine Vermittlungsprovisionen von der nicht existierenden I-KEG erhielt.

In VwGH 16.12.2010, 2007/15/0016 hat der Verwaltungsgerichtshof auch bestätigt, dass die I-KEG als nicht existierende Person keine Rechnungen legen konnte: Der ggstl. Berufungsentscheidung ist daher die Sachlage zugrunde zu legen, dass die I-KEG nicht Diejenige war, die Rechnungen an die M-GmbH ausgestellt hatte.

In der ggstl. Berufungssache war nicht strittig, dass Lieferungen und sonstigen Leistungen an die M-GmbH nicht vom Bw. erbracht wurden: Der ggstl. Berufungsentscheidung ist daher die Sachlage zugrunde zu legen, dass der Bw. nicht Derjenige war, der die in Rechnungen der nicht existierenden I-KEG abgerechneten Lieferungen und sonstigen Leistungen für die M-GmbH erbracht hatte.

In VwGH 16.12.2010, 2007/15/0016 bejahte der Verwaltungsgerichtshof die Anwendbarkeit von § 11 Abs 14 UStG 1994 idgF. § 11 Abs 14 UStG 1994 idgF gehört de dato zum Rechtsbestand: In der ggstl. Berufungssache ist daher § 11 Abs 14 UStG 1994 idgF anzuwenden, der hiermit zur Rechtsgrundlage erklärt wird.

In VwGH 16.12.2010, 2007/15/0016 verwendet der Verwaltungsgerichthof die Erkenntnisse VwGH 22.2.2000, 99/14/0062 und VwGH 22.12.2004, 2001/15/0172, um § 11 Abs 14 UStG 1994 idgF auszulegen: Da der Verwaltungsgerichtshof § 11 Abs 14 UStG 1994 idgF de dato im Sinne der vorzit. Erkenntnisse auslegt, ist der ggstl. Berufungsentscheidung eine mit diesen Erkenntnissen übereinstimmende Auslegung von § 11 Abs 14 UStG 1994 idgF zugrunde zu legen.

Den Aufhebungsgrund betreffend führte der Verwaltungsgerichtshof aus, die belangte Behörde habe zum Vorgang der Rechnungslegung nur ausgeführt, dass die I-KEG als "nicht existierende Person" keine Rechnungen legen konnte: Aufhebungsgrund ist daher ein Begründungsmangel, der mit der ggstl. Berufungsentscheidung zu beheben war.

Die angefochtene Berufungsentscheidung wurde aufgehoben, weil die belangte Behörde die Sachfrage nicht beantwortet hatte, ob der Bw. die Firmenbezeichnung I-KEG verwendet hatte, um Rechnungen an die M-GmbH auszustellen: Der ggstl. Berufungsentscheidung ist daher die Antwort auf diese Sachfrage zugrunde zu legen.

Auch hatte sich die belangte Behörde nicht mit der Sachfrage auseinandergesetzt, ob statt Rechnungen, in denen die nicht existierende I-KEG als Rechnungsausstellerin aufschien, vom Gesellschafter und Bauleiter der M-GmbH - WS - erstellte Rechnungskonzepte Eingang in die Buchführung der M-GmbH fanden und damit die Grundlage für den von der M-GmbH in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug waren: Dieser Begründungsmangel war auch mit der ggstl. Berufungsentscheidung zu beheben.

II. Entscheidung:

In der ggstl. Berufungssache war strittig, ob der Bw. die in Rechnungen der I-KEG an die M-GmbH ausgewiesene Umsatzsteuer für nicht von ihm erbrachte Lieferungen und/oder sonstigen Leistungen schuldet oder nicht schuldet, weil nicht vom Bw. erstellte Rechnungskonzepte die Grundlage für Vorsteuerabzüge waren, die von der M-GmbH in Anspruch genommen wurden.

Streitpunktbezogen war § 11 Abs 14 UStG 1994 idgF und damit die Rechtslage anzuwenden, dass eine Umsatzsteuerschuld auch bei Demjenigen entsteht, der in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt oder nicht Unternehmer ist.

Von dieser Rechtslage ausgehend stellte sich die auf der Ebene der Beweiswürdigung zu beantwortende Sachfrage, wessen Abrechnungsdokumente die Grundlage für den von der M-GmbH in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug waren.

Bei Beantwortung diese Sachfrage war die Rechtslage anzuwenden, dass gemäß § 166 BAO idgF als Beweismittel alles in Betracht kam, was zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich war; gemäß § 167 Abs 2 BAO idgF die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hatte, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen war oder nicht und dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig war, von mehreren Versionen die wahrscheinlichste als erwiesen anzunehmen, sodass ein Sachbeweis im naturwissenschaftlich-mathematischen Sinn nicht erforderlich war (Ritz, BAO4, § 167, Tz 8, und die do. zit. Judikate).

Über die den Vorsteuerabzügen der M-GmbH zugrunde liegenden Abrechnungsdokumente war aus den Verwaltungsakten festzustellen:

Auch hätte ein USO - Prüfer Rechnungen nicht mit Rechnungskonzepten verwechselt: Da Rechnungskonzepte skizzenhafte Entwürfe sind, sind die darin enthaltenen Daten unvollständig erfasst worden. Jedes Abrechnungsdokument mit unvollständigen Daten ist kein im Sinne des § 11 Abs 1 UStG 1994 idgF formgerechtes Abrechnungsdokument. Deshalb hätte das Ergebnis der USO - Prüfung bei der M-GmbH lauten müssen, dass die Vorsteuerabzüge wegen nicht im Sinne des § 11 Abs 1 UStG 1994 idgF formgerechter Abrechnungsdokumente zu versagen sind, wenn die M-GmbH dem USO - Prüfer Rechnungskonzepte statt Rechnungen vorgelegt hätte.

Das Ergebnis der USO - Prüfung spricht daher dafür, dass die M-GmbH Rechnungen, in denen die nicht existierende I-KEG als Rechnungsausstellerin aufscheint, in ihrem Besitz hatte, die sie verbucht und als Grundlage für Vorsteuerabzüge verwendet hatte.

Die Aussage vom 10. Oktober 1998 war die Erstaussage des Bw. in dieser Sache und ist als solche glaubwürdiger als seine - zeitlich - späteren Aussagen, in denen er bspw. die Richtigkeit des Aktenvermerks vom 7. Oktober 1998 und damit die Sachlagen, dass die Abgabenbehörden die Rechnungen von ihm bekommen haben oder dass er die Rechnungen erstmalig nach der USO - Prüfer bei der M-GmbH gesehen habe, bestritt. Deshalb ist auch vom gesamten Aussageverhalten des Bw. ausgehend als erwiesen anzusehen und in der ggstl. Berufungssache als Entscheidungsgrundlage zu verwenden, dass der Bw. die Firmenbezeichnung I-KEG verwendet hat, um am allgemeinen Geschäftsverkehr teilzunehmen und Rechtsgeschäfte abzuschließen.

Da mit dieser Aussage übereinstimmende Bankbelege vorliegen, ist der Wahrheitsgehalt der Aussage von MM als erwiesen anzusehen. Von dieser Aussage ausgehend ist daher als erwiesen anzusehen und als Entscheidungsgrundlage festzustellen, dass die M-GmbH Rechnungen, in denen die I-KEG als Rechnungsausstellerin aufscheint, durch Banküberweisungen auf das anonyme Sparbuch mit der Bezeichnung I-KEG bezahlt hat.

Mit dem von MM geschilderten Telefonat hatte der Bw. die Zahlung einer Rechnung, in der die I-KEG als Rechnungsausstellerin aufscheint, urgiert. Da die M-GmbH alle Rechnungen durch Banküberweisungen auf das anonyme Sparbuch mit der Bezeichnung I-KEG bezahlt hatte, konnte nur der Sparbuchinhaber wissen, welche Rechnungen die M-GmbH bezahlt hatte und welche Zahlungen noch nicht erfolgt sind. Deshalb muss der - die fehlende Gutschrift des Rechnungsbetrages urgierende - Bw. der Inhaber des anonymen Sparbuchs gewesen sein.

Dass der damals im anonymen Sparbuch noch nicht gutgeschriebene Betrag ein von der M-GmbH noch nicht bezahlter Rechnungsbetrag war, konnte nur Derjenige wissen, der die Rechnung ausgestellt hatte: Da der Bw. dieses Wissen hatte, ist als erwiesen anzusehen und festzustellen, dass der Bw. nicht nur Derjenige war, der die nicht bezahlte Rechnung ausstellte sondern dass er auch Derjenige war, der alle an die M-GmbH gerichteten Rechnungen ausgestellt hatte, in denen die nicht existierende I-KEG als Rechnungsausstellerin aufscheint.

Da zwei sich widersprechende Aussagen vorliegen und keine weiterer Zeugen die Version von WS bestätigten, konnte dem Bw. nicht nachgewiesen werden, dass sich die Rechnungskonzepte in seinem Besitz befanden. Deshalb war davon auszugehen und als Entscheidungsgrundlage zu verwenden, dass der Bw. den Inhalt der Rechnungskonzepte nicht kannte.

Eine Verwendung der Rechnungskonzepte durch den Bw. setzt voraus, dass der Bw. die darin enthaltenen Daten kannte. Da dem Bw. nicht nachgewiesen werden konnte, dass sich die Rechnungskonzepte in seinem Besitz befanden, war davon auszugehen und als Entscheidungsgrundlage zu verwenden, dass der Bw. die in den Rechnungskonzepten enthaltenen Daten nicht kannte und infolgedessen die in den Rechnungskonzepten enthaltenen Daten (mangels Gelegenheit) nicht für seine Zwecke verwendet hat.

Nach den in diesem Punkt übereinstimmenden Aussagen von MM und WS wurden Rechnungskonzepte bei allen Bauaufträgen routinemäßig erstellt. Dass der Bw. WS einen die Rechnungskonzepte betreffenden Auftrag gemäß §§ 1002 ff Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch - ABGB erteilt hat, war auszuschließen, da bei routinemäßig erstellten Rechnungskonzepten das für Aufträge typische Übertragen der Besorgung bestimmter Geschäfte nicht stattfindet.

Eine "Auftragserteilung" durch Dulden des Erstellens der Rechnungskonzepte war auch nicht nachweisbar: Wer Aufträge nach §§ 1002 ff ABGB übernimmt, besorgt die ihm übertragenen Geschäfte im Namen eines Anderen und hat jeden Nutzen aus diesen Geschäften dem Auftraggeber zu überlassen (§ 1009 ABGB). Da der Nutzen aus Rechnungskonzepten darin besteht, die in den Rechnungskonzepten enthaltenen Daten zu verwenden, müssen die Rechnungskonzepte dem Bw. ausgehändigt werden, damit er die darin enthaltenen Daten verwenden kann.

Nach der ggstl. Sach- und Beweislage war eine Übergabe der Rechnungskonzepte an den Bw. nicht beweisbar. Deshalb war auch nicht beweisbar, dass der Bw. die Gelegenheit hatte, Daten aus Rechnungskonzepten zu verwenden, um Rechnungen auszustellen. Die Fallkonstellation - dass Rechnungen, in denen die nicht existierende I-KEG als Rechnungsausstellerin aufscheint, der M-GmbH oder WS zuzurechnen sind, weil sie den Bw. mit ihren Rechnungskonzepten zur Rechnungsausstellung animiert haben - ist daher auszuschließen.

WS war Gesellschafter der M-GmbH und arbeitete als Bauleiter auf ihren .... Baustellen. Gesellschafter sind zwar die Geldgeber ihrer Gesellschaften; sie führen jedoch weder selbst die Bücher noch führen sie den Zahlungsverkehr ihrer Gesellschaften durch. Der bei seiner Einvernahme beschriebene Aufgabenbereich von WS schließt Büroarbeiten - und dazu gehört u.a. auch die Zahlung von Rechnungen - aus. WS konnte daher im Gegensatz zu MM nicht wissen, ob die M-GmbH Zahlungen leistete, weil ein von ihm erstellte Rechnungskonzept "in Ordnung ging" oder ob die M-GmbH diese Zahlungen leistete um bspw. Rechnungen zu bezahlen, in denen die nicht existierende I-KEG als Rechnungsausstellerin aufschien.

Da WS nicht wissen konnte, warum die M-GmbH Zahlungen leistet, hat er nur vermutet, dass die M-GmbH zahlte, wenn sein Rechnungskonzept "in Ordnung ging". Vermutete Sachlagen sind nicht entscheidungsrelevant. Deshalb musste nicht erhoben werden, welche Überlegungen WS bewogen haben anzunehmen, dass seine Rechnungskonzepte die unabdingbare Voraussetzung - und damit conditio sine qua non - für von der M-GmbH geleistete Zahlungen waren.

Die v.a. Ausführungen zusammenfassend war als erwiesen anzusehen, dass der Bw. Derjenige war, der Rechnungen ausstellte, in denen die nicht existierende I-KEG als Rechnungsausstellerin aufscheint. M-GmbH und ihr Gesellschafter und Bauleiter WS waren als Rechnungsaussteller auszuschließen, da nicht als erwiesen anzusehen ist, dass sie Einfluss auf die Rechnungslegung nahmen. Von dieser Beweislage ausgehend war auch als erwiesen anzusehen, dass vom Bw. ausgestellte Rechnungen die M-GmbH zu Vorsteuerabzügen verleitet hatten.

Da der Bw. nicht der liefernde oder leistende Unternehmer war, ist die Steuerschuld beim Bw. gemäß § 11 Abs 14 UStG 1994 idgF entstanden. Das ggstl. Berufungsbegehren war daher abzuweisen.

III. Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass sich die Sach- und Beweislage bei den an die S-GmbH gerichteten Rechnungen, in denen die I-KEG als Rechnungsausstellerin aufscheint, nicht geändert hat. Da über diese Rechnungen in der jetzt aufgehobenen Berufungsentscheidung entschieden wurde, liegt bei diesem Streitpunkt "res judicata" vor.

Damals wurde der Berufung in diesem Streitpunkt stattgegeben. Deshalb war im ggstl. Bescheidspruch die teilweise Stattgabe der Berufung auszusprechen.

Beilage: 4 Berechnungsblätter

Wien, am 10. April 2013

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 11 Abs. 14 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Stichworte