Es ist nicht erwiesen, dass die Voraussetzungen für die Abgabenbefreiung gemäß Titel IX der Zollbefreiungsverordnung nicht erfüllt wurden.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Hartl und die weiteren Mitglieder Hofrätin Dr. Fries-Horn und Hofrat Herbert Schober BA über die Beschwerde des Bf., vertreten durch NN., vom 27. Juni 2006 gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Wien vom 18. Mai 2006, Zl. zzz, betreffend Eingangsabgaben und Abgabenerhöhung nach der am 28. November 2012 und am 13. Mai 2013 in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:
Der Spruch der angefochtenen Bescheid wird wie folgt abgeändert: Der Bescheid des Hauptzollamtes Wien vom 23. Oktober 2003, GZ.: zZz, wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom 23. Oktober 2003, Zl. zZz, setzte das Hauptzollamt Wien gegenüber dem nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf.), Herrn Bf., die Zollschuld in der Höhe von € 31.498,74 (€ 22.758,87 an Zoll und € 8.739,87 an Einfuhrumsatzsteuer) fest. Dem Bf. sei hinsichtlich der im Abgabenbescheid näher bezeichneten eingangsabgabenpflichtigen Waren die Abgabenfreiheit gewährt worden, obwohl die Voraussetzungen für diese Begünstigung nicht erfüllt waren. Dadurch sei für ihn gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchstabe b und Abs. 3 Zollkodex (ZK) iVm § 2 Abs. 1 ZollR-DG die Zollschuld entstanden.
Gleichzeitig setzte das Hauptzollamt Wien mit diesem Bescheid eine Abgabenerhöhung in der Höhe von € 3.609,32 fest.
Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. mit Eingabe vom 3. Dezember 2003, ergänzt durch die Schriftsätze vom 11. August 2004 und vom 7. März 2006 den Rechtsbehelf der Berufung.
Das Zollamt Wien wies diese Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 18. Mai 2006, Zl. zzz, als unbegründet ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Im ersten Rechtsgang hat der Unabhängige Finanzsenat über diese Beschwerde mit Berufungsentscheidung vom 25. März 2009, Zl. ZRV/0050-Z1W/06, entschieden. Diese Berufungsentscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis VwGH 28.6.2009, 2009/16/0076 bis 0078, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Unabhängige Finanzsenat hat daher neuerlich über die nunmehr wiederum unerledigte o.a. Beschwerde zu entscheiden.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Dem vorliegenden Abgabenverfahren liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Bf. mit Wohnsitz in Österreich ist in Österreich unselbständig erwerbstätig. Seit 1996 besitzt er eine landwirtschaftliche Betriebsnummer. Er bezeichnet sich selbst als Nebener-werbslandwirt in Österreich, weil er im Jahr 1996 in Adresse1 von Herrn W. eine Obstplantage mit einer Größe von ca. 16 Ar gepachtet hat.
Darüber hinaus gründete der Bf. in Ungarn gemeinsam mit Herrn E. die XXKft.. Nach Ausscheiden des Herrn E wurde dieses Unternehmen in xxxKft.. umbenannt.
Das genannte Unternehmen (fortan die Kft.) trat in Ungarn u.a. als Pächter zahlreicher Lie-genschaften auf. Laut vorliegenden Ausfuhranmeldungen führte die Kft. große Mengen an Ernteerzeugnissen nach Österreich aus. Als Rechnungsadressat und Warenempfänger war in den ungarischen Zoll- und Handelsdokumenten der Bf. mit seiner Privatanschrift in Österreich vermerkt.
Die Überführung dieser Waren in den zollrechtlich freien Verkehr für den Bf. erfolgte unter Anwendung der in Titel IX der Zollbefreiungsverordnung normierten Befreiung der von Land-wirten der Gemeinschaft auf Grundstücken in einem Drittland erwirtschafteten Erzeugnisse.
Im Zuge einer Nachschau gemäß § 24 ZollR-DG überprüfte das Hauptzollamt Wien, ob die Eingangsabgabenbefreiung für diese Waren zu Recht gewährt worden war. Die Abgabenbe-hörde erster Instanz befasste dabei (im Amtshilfeweg) auch die ungarischen Zollbehörden. Diese Überprüfung mündete in den o.a. Abgabenbescheid vom 18. April 2002.
Gegenstand des vorliegenden Abgabenverfahrens sind die zwischen 2. August 2001 und 26. November 2001 erfolgten Einfuhren laut den dem o.a. Erstbescheid vom 23. Oktober 2003 beiliegenden Berechnungsblättern.
Der Unabhängige Finanzsenat hat im ersten Rechtsgang ausgehend von dem in der o.a. Berufungsentscheidung dargelegten Sachverhalt argumentiert, die Bewirtschaftung im Drittland sei nicht durch einen Landwirt der Gemeinschaft sondern durch eine Kft. erfolgt. Alleine deshalb lägen für die gesamte vom Bf. eingeführte Menge an Ernteerzeugnissen, bei denen es sich noch dazu teilweise um Zukäufe von anderen ungarischen landwirtschaftlichen Betrieben handle, die Voraussetzungen für die begehrte Abgabenbefreiung nicht vor und die bei der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr entstandene Zollschuld sei daher nachzuerheben. Dieser Ansicht hat sich der VwGH nicht angeschlossen und darüber hinaus bemängelt, der Bescheid des UFS enthalte keine eindeutigen Ausführungen, welchen Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt worden sei.
Bei der Erlassung des Ersatzbescheides sind die Verwaltungsbehörden an die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis geäußerte Rechtsanschauung gebunden; eine Ausnahme bildet der Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage. Erfolgt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil es die belangte Behörde unterlassen hat, die für die Beurteilung des Rechtsfalles wesentlichen Tatsachenfeststellungen zu treffen, so besteht die Herstellung des der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustandes darin, dass die belangte Behörde nunmehr jene Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durchführt, die eine erschöpfende Beurteilung des maßgebenden Sachverhaltes ermöglichen (vgl. VwGH 19.5.2009, 2005/10/0163, mwN).
Der Unabhängige Finanzsenat hat den Bf. aufgefordert, alle Nachweise zum Beweis dafür vorzulegen, wann und auf welche Weise er Eigentum an den verfahrensgegenständlichen Waren erlangt habe.
Derartige Nachweise hat der Bf. nicht vorgelegt.
Aus den in der Berufungsentscheidung vom 3. April 2013, GZ. ZRV/0019-Z1W/12, genannten Gründen, die sinngemäß auch für den vorliegenden Fall gelten, ist als erstes Zwischenergebnis festzustellen, dass der Bf. dadurch Eigentum an den von ihm eingeführten Waren erlangt hat, dass er diese von der Kft. im Jahr 2001 erworben hat.
Die Abgabenbehörde erster Instanz geht im o.a. Bescheid vom 23. Oktober 2003 davon aus, dass die Voraussetzungen für die Abgabenbefreiung nicht vorgelegen waren und stützt sich dabei im Wesentlichen auf folgende zwei Feststellungen:
1.) Die Bewirtschaftung im Drittland sei nicht durch einen Landwirt der Gemeinschaft sondern durch die Kft. erfolgt.
2.) Bei den vom Bf. als Eigenanbau deklarierten und abgabenfrei eingeführten Waren handle es sich teilweise um Zukäufe von ungarischen landwirtschaftlichen Betrieben.
Im ersten Rechtsgang ist der Unabhängige Finanzsenat ebenfalls zum Ergebnis gelangt, dass allein auf Grund dieser Umstände jedenfalls für den Bf. die Zollschuld entstanden sei. Diese Ansicht ist aber nach Ergehen des o.a. Erkenntnisses vom 28. Juni 2012 nicht mehr aufrechtzuerhalten. Es ist daher neuerlich zu prüfen, ob diese Vorwürfe zu Recht bestehen und welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben.
Dazu ist wiederum auf die Ausführungen in der Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom 3. April 2013, GZ. ZRV/0019-Z1W/12, zu verweisen. Die dort getroffenen Feststellungen, wonach es sich beim Bf. damals um einen Landwirt der Gemeinschaft iSd Zollbefreiungsverordnung gehandelt hat, gelten auch für die vorliegenden Einfuhren.
Auch die weitere Feststellung in der erwähnten Berufungsentscheidung, wonach der Umstand, dass sich der Bf. zur Bewirtschaftung der Ackerflächen in Ungarn der von ihm gegründeten Kft. bediente, für sich alleine nicht zur Versagung der Eingangsabgabenbefreiung führt, gilt ebenso für das vorliegende Verfahren.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass nach der erwähnten Berufungsentscheidung für die vom Bf. eingeführten Waren die Voraussetzungen für einen Eingangsabgabenbefreiung nur insofern nicht vorliegen, als es sich dabei um von der Kft. zugekaufte Wirtschaftsgüter gehandelt hat. Diese Kriterien sind auch hinsichtlich der gegenständlichen Einfuhren zu beachten.
Nachweise dafür, dass die Kft. auch im hier entscheidungsmaßgeblichen Zeitraum (also im Jahr 2001) Ernteerzeugnisse von anderen Unternehmen in Ungarn zugekauft und an den Bf. weiterverkauft hat, liegen nicht vor. In der Berufungsverhandlung am 13. März 2013 hat der Bf. auf Befragen bekräftigt, dass die Kft. im Jahr 2001 keine Waren von anderen Unternehmen in Ungarn zugekauft hat. Auch der Vertreter des Zollamtes erklärte, keine Kenntnisse von derartigen Zukäufen zu haben.
Der Unabhängige Finanzsenat erachtet es somit nicht als erwiesen, dass der Bf. hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Waren zu Unrecht die Zollbefreiung in Anspruch genommen hat.
Hinsichtlich dieser Wirtschaftsgüter lagen daher weder die Voraussetzungen für die Festsetzung (bzw. allenfalls Nachforderung) der Zollschuld noch für die Vorschreibung der sich daraus ableitenden Abgabenerhöhung vor.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Wien, am 3. April 2013
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Zoll |
betroffene Normen: | § 2 Abs. 1 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 |
Verweise: | VwGH 28.06.2009, 2009/16/0076 |