Rückgängigmachung einer Lieferung bei Eigentumsvorbehalt
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Berufungswerberin, Deutschland, vom 14. November 2008 gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom 11. Juli 2006 betreffend Umsatzsteuer 2005 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die getroffenen Feststellungen sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin ist eine deutsche GmbH. Geschäftsgegenstand ist laut Gesellschaftsvertrag unter anderem das "Halten und Verwalten von Beteiligungen, Leasing- und Mietgeschäfte aller Art, insbesondere der An- und Verkauf von Investitionsgütern ... und deren Vermietung an Dritte, die Finanzierung dieser Geschäfte etc.". Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung kam es bezüglich des Streitjahres 2005 zu folgenden nunmehr mit Berufung bekämpften Feststellungen:
Die Bw hat im Jahr 2003 den Ankauf mehrerer Maschinen für die Firma A finanziert. Als diese im Jahr 2005 insolvent wurde, kündigte die Bw die Verträge, forderte die Herausgabe der Maschinen und berichtigte die Umsatzsteuer. Im Einzelnen gab es dazu folgende Vereinbarungen:
1) Maschine 50.112
Die Maschine 50.112 wurde von der Bw durch Eintritt in einen bestehenden Kaufvertrag im Jahr 2002 von der Firma B, Deutschland erworben und im Rahmen eines Mietkaufvertrages an die Firma A , Österreich verkauft. In diesem Vertrag wurde der Eigentumsvorbehalt zu Gunsten der Bw vereinbart. Die Bw hat das Geschäft dadurch finanziert, dass sie 12 ausstehende Raten an die Bank im Rahmen eines "Fortfaitings" verkauft hat.
Im Mai 2005 wurde der Mietkaufvertrag seitens der Bw gekündigt und die Herausgabe der Maschine verlangt, die im August an die Firma B , Deutschland unter Ausweis deutscher Umsatzsteuer veräußert wurde.
Als Folge der Geltendmachung des Eigentumsvorbehaltes hat die Bw eine Änderung der Bemessungsgrundlage erklärt.
Der Betriebsprüfung lag zusätzlich ein Rahmenvertrag vor, demzufolge die Bw ihr vorbehaltenes Eigentum an der Maschine an die Bank übertragen soll. Nachdem der Vertrag in zeitlicher Nähe zum Finanzierungsgeschäft abgeschlossen wurde und bei der Kündigung des Mietkaufvertrages - wie im Rahmenvertag vereinbart - eine Kopie des Schreibens an die Bank ging, ist das Finanzamt von einer Lieferung der Firma A an die Bank ausgegangen und hat die Änderung der Bemessungsgrundlage nicht angesetzt.
Nach Ansicht der Bw ist dieser Rahmenvertrag hingegen auf das bestehend Geschäft nicht anwendbar, weil es nur den Verkauf von Mietforderungen betreffe und nicht das Fortfaiting von Kaufpreisforderungen.
2) Maschine 50.134
Im Jahr 2002 wurden Verträge zur Finanzierung einer von der Firma C veräußerten Maschine abgeschlossen. Im Jahr 2003 erfolgte die Auslieferung der Maschine an die Firma A , welche die Maschine mittels Mietkaufvertrag von der Bw erworben hat (unter Eigentumsvorbehalt).
Die Bw finanzierte dieses Geschäft über die Bank2, Essen.
Auch in diesem Fall gibt es einen "Rahmenvertrag" zwischen der Bw und der Bank2 , Essen in dem die Übertragung des vorbehaltenen Eigentums an die Bank2 , Essen vereinbart ist.
Im Jahr 2005 wurde der Mietkaufvertrag mit der Firma A gekündigt, die Herausgabe der Maschine verlangt und die Maschine in Folge an die Firma AA verleast wurde. Auch in diesem Fall hat die Bw eine Berichtigung erklärt.
Nach Ansicht der Betriebsprüfung ist auch in diesem Fall der oben erwähnte Rahmenvertrag anwendbar, weil aus einem Schreiben der Bank2 , Essen hervorgehe, dass genau dieses Geschäft unter Bezugnahme auf diese Rahmenvereinbarung finanziert wurde. Damit wurde vom Finanzamt auch in diesem Fall die Änderung der Bemessungsgrundlage nicht angesetzt.
3) Maschine 50.162
Im Jahr 2003 verkaufte die Firma B , Deutschland die Maschine 50.162 an die Firma A, welche die Maschine an die Bw weiter veräußerte und sie anwies, den Kaufpreis direkt an die Firma B zu überweisen (was auch geschehen ist, sodass das Eigentum auf die Bw überging). Im selben Jahr veräußerte die Bw die Maschine mittels Ratenkaufvertrag wieder an die Firma A .
Im Jahr 2005 kündigt die Bw den Ratenkaufvertrag mit der Firma A , verlangt die Herausgabe der Maschine (die in weiterer Folge an die Firma B zurück verkauft wurde) und berichtigt die Umsatzsteuer.
Die Betriebsprüfung sah in diesem Vorgang eine Lieferung der A an die Firma B unter Anwendung des Reverse Charge Systems, weil im Vertrag zwischen der Firma B und der Bw für den Fall der Kündigung des Vertrages mit der Firma A vorgesehen ist, dass die Maschine an die Firma B herausgegeben wird. Nachdem die Bw in eine solche Lieferung nicht eingebunden ist, hat das Finanzamt die Berichtigung nicht angesetzt.
4) Maschine 50.163
Auch diese Maschine wurde 2003 von der Firma B gekauft und an die Firma A mittels Ratenkaufvertrag weiter veräußert. Im Fall der Vertragskündigung mit der Firma A sollte die Bw die Maschine der Firma B heraus geben.
Im Jahr 2005 kündigte die Bw den Ratenkaufvertrag mit der Firma A und erklärte eine Berichtigung. Anschließend veräußerte sie die Maschine an die Firma B und wies dafür deutsche Umsatzsteuer aus.
Die Betriebsprüfung sah auch in diesem Vorgang eine Lieferung der A an die Firma B unter Anwendung des Reverse Charge Systems, weil im Vertrag zwischen der Firma B und der Bw für den Fall der Kündigung des Vertrages mit der Firma A vorgesehen ist, dass die Maschine an die Firma B herausgegeben wird. Nachdem die Bw in eine solche Lieferung nicht eingebunden ist, hat das Finanzamt die Berichtigung nicht angesetzt.
Der UFS hat die Bw ersucht, die Geltendmachung des Eigentumsvorbehaltes bzw. die Verwertung der Maschinen zu erläutern und dokumentieren.
Dazu erklärte die Bw:
Das (vorbehaltene) Eigentum sei in allen Fällen bei der Bw verblieben (Beilage: Schreiben der Bank und der Bank2 , Essen). Dementsprechend habe sie auch die Rückgabe der Maschinen gefordert und erhalten (Beilage: Schreiben vom 25.5.2005 der Bw an die Firma A in dem die Rückgabe der 3 Maschinen verlangt wird, die nach Deutschland veräußert wurden) bzw. dem Käufer die weiter Nutzung untersagt (Beilage: Schreiben des steuerlichen Vertreters aus Deutschland an die Betriebsprüfung bzw. der Bank2 , Essen).
Die umsatzsteuerliche Behandlung der ursprünglichen Lieferung sei nach den Vorgaben des Finanzamtes München erfolgt, das von einem Reihengeschäft ausgegangen sei, bei dem die Bw die Ware in Österreich geliefert habe.
Der Geschäftsführer der Bw erklärt im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung zu den strittigen Rahmenverträgen: Im Zuge des Abschlusses der Finanzierungsgeschäfte wurde auch über den Verkauf von Leasingforderungen gesprochen. Bei dieser Gelegenheit wurde mit den Banken ein Rahmenvertrag über zukünftige Geschäfte abgeschlossen. Das erklärt die zeitliche Nähe der Rahmenverträge und der Finanzierungsgeschäfte.
Zur Lieferung an die Firma B legt die Bw. eine Bestätigung des Käufers vor, aus der hervorgeht, dass die Maschine im Zuge der Lieferung der Bw. nach Deutschland gegangen ist. Der Abbau bzw. die Lieferung einer so hoch technischen Maschine ist nicht mit dem Verkauf anderer Waren zu vergleichen, sondern erfordert Sachkenntnis und technisches Verständnis.
Das Finanzamt erklärt auf Nachfrage, dass es keine Zweifel daran habe, dass die Maschinen tatsächlich nach Deutschland geliefert wurden.
Strittig ist damit ausschließlich, ob das vorbehaltene Eigentum an die finanzierenden Banken bzw. den ursprünglichen Lieferanten übertragen wurde oder nicht.
Über die Berufung wurde erwogen:
Wird eine Ware unter "Eigentumsvorbehalt" verkauft ("die Ware bleibt bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises im Eigentum des Lieferanten") bewirkt das, dass das zivilrechtliche Eigentum beim Lieferanten verbleibt, während die umsatzsteuerliche Verfügungsmacht auf den Käufer übergeht. Damit wird eine Lieferung iSd § 3 UStG 1994 ausgeführt.
Macht der (Vorbehalts)Verkäufer den Eigentumsvorbehalt geltend und verlangt die Rückgabe des Liefergegenstandes, so wird die ursprüngliche Lieferung rückgängig gemacht (vgl Ruppe/Achatz, § 3 Tz 42). Diese Rückgängigmachung ist gem. § 16 Abs 3 Z 3 UStG 1994 wie eine Änderung der Bemessungsgrundlage zu behandeln und wirkt sich umsatzsteuerlich im Zeitpunkt der Berichtigung (ex nunc) aus.
Wird der Verkauf von einer Bank oder einem anderen Unternehmer finanziert und wird der Bank bzw. dem finanzierenden Unternehmer vom Verkäufer sowohl die Kaufpreisforderung als auch das vorbehaltene Eigentum übertagen, so kommt es zunächst (auch) zu einer Lieferung an den Käufer. Macht die Bank/der finanzierende Unternehmer in weiterer Folge ihren/seinen Eigentumsvorbehalt geltend, liegt eine Lieferung des Käufers an die Bank bzw. den finanzierenden Unternehmer vor. § 19 Abs 1b UStG 1994 sieht dafür (Lieferungen des Vorbehaltskäufers an den Vorbehaltseigentümer im Fall der vorangegangenen Übertragung des Eigentums) den Übergang der Steuerschuld auf den Vorbehaltseigentümer (Bank/finanzierender Unternehmer) vor.
Aus der Darstellung der Rechtsgrundlagen ergibt sich, dass es für die steuerliche Beurteilung darauf ankommt, wer den Eigentumsvorbehalt geltend macht bzw. besser: rechtlich geltend machen darf. Im Berufungsfall war das unzweifelhaft die Bw: Die vorgelegten Schreiben belegen, dass die Bw schriftlich die Herausgabe der Waren verlangt hat und die Waren auch tatsächlich herausgegeben wurden. Rahmenverträge, die nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien auf das abgeschlossene Geschäft nicht anwendbar sind (und auch tatsächlich nicht angewendet wurden) vermögen ebenso wenig zu einer anderen steuerlichen Beurteilung zu führen wie Vertragsinterpretationen, die nicht den tatsächlichen Wirtschaftsabläufen entsprechen. Dem Umstand, dass eine etwaige Rücklieferung bereits bei Vertragsabschluss vereinbart wurde, kann umsatzsteuerlich nicht die Bedeutung einer Übertragung des vorbehaltenen Eigentums zukommen.
Nachdem die Bw als Lieferantin - wie dargestellt - Vorbehaltseigentümerin der gelieferten Maschinen war, stellt die Geltendmachung des Eigentumsvorbehaltes die Rückgängigmachung der ursprünglichen Lieferungen dar, die als Änderung der Bemessungsgrundlage gem. § 16 Abs 3 Z 3 UStG zu erfassen sind.
Die Verwertung der Maschinen stellt einen weiteren Vorgang dar, der umsatzsteuerlich zu würdigen ist. Die Maschine 50.134 wurde an ein anderes österreichisches Unternehmen verleast. Dieses Leasing wurde richtiger weise in Österreich steuerlich erfasst, weshalb es diesbezüglich es zu keiner Änderung kommt.
Die Verwertung der übrigen Maschinen erfolgt durch eine Veräußerung an den ursprünglichen Lieferanten in Deutschland. Diese Lieferungen wurden in Deutschland der Umsatzsteuer unterworfen, obwohl der Ort der Lieferungen gem. § 3 Abs 8 UStG am Beginn der Beförderung in Österreich liegt. Richtiger weise liegen Lieferungen in Österreich vor, die innergemeinschaftliche Lieferungen darstellen (die Ware gelangt von Österreich nach Deutschland und diese Lieferung ist in Deutschland erwerbsteuerbar, weil der Käufer als deutsches Unternehmen mit deutscher UID eine Erwerbsbesteuerung durchführen muss). Nachdem das Finanzamt keine Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach Art 7 UStG hat, können diese Lieferungen der Bw steuerfrei belassen werden.
Beilage: 1 Berechnungsblatt
Graz, am 8. April 2013
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 16 Abs. 3 Z 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |