Mitunternehmern steht der Höchstbetrag des § 10 Abs. 1 EStG 1988 anteilig dem der Gewinnbeteiligung entsprechenden Teilbetrag zu.
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2013/15/0207 eingebracht.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw., vertreten durch Haselauer Steuerberatungs GmbH & Co KG, 4020 Linz, Hasnerstr. 18, vom 1. Juni 2010 und 10. April 2011 gegen die Bescheide des Finanzamtes Linz vom 5. Mai 2010 und 16. März 2011 betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO 2008 und 2009 entschieden:
Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Die Abgabenbehörde erster Instanz erließ Bescheide betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2008 und 2009. In rechtzeitig dagegen eingebrachten Berufungen wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass "die Vorschreibung der Einkommensteuer in Bezug auf die Limitierung des Freibetrages gemäß § 10 EStG bei Mitunternehmern auf den einem der Gewinnbeteiligung entsprechenden Teilbetrag von 100.000,00 € im Gegensatz zu einer als Einzelunternehmer tätigen natürlichen Person, bei der der Höchstbetrag von 100.000,00 € jedem Steuerpflichtigen pro Kalenderjahr zustehe als verfassungswidrig wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und des Sachlichkeitsgebots" bekämpft wird, "weshalb eine VfGH-Beschwerde eingebracht werden wird." Es sei erwähnt, dass bei Rechtsanwaltsgesellschaften eine Potenzierung eines solchen Freibetrages oder eine Vermehrung von Grundfreibeträgen und eine Umgehung des genannten Höchstbetrages etwa durch eine bei anderen Gesellschaften mögliche Hereinnahme von atypischen stillen Gesellschaftern nach den gültigen Bestimmungen nicht möglich sei. Es wurde weiters hingewiesen auf das Diskriminierungsverbot, das Gleichbehandlungs- und Verhältnismäßigkeitsgebot sowie den gemeinschaftsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz.
Die Abgabenbehörde erster Instanz legte die Berufungen ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Berufungen.
Aus dem Akteninhalt ist ersichtlich, dass die Bw. eine Anwaltssozietät in Form einer OEG ist, an der 5 Gesellschafter zu je 39; 21; 15; 12,5 und 12,5 % beteiligt sind. Der Gewinn wird gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelt. Der Freibetrag für investierte Gewinne in Höhe von 100.000,00 € gemäß § 10 EStG 1988 i.d.g.F. war von der Abgabenbehörde erster Instanz in den in Berufung gezogenen Bescheiden bei den Mitunternehmern mit dem ihrer Mitbeteiligung entsprechenden Teilbetrag angesetzt worden.
Über die Berufungen wurde erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 EStG 1988 in der für die Streitjahre g.F. können natürliche Personen, die den Gewinn eines Betriebes gemäß § 4 Abs. 3 ermitteln, bei der Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren körperlichen Anlagegütern oder von Wertpapieren gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 einen Freibetrag für investierte Gewinne bis zu 10 % des Gewinnes, ausgenommen Übergangsgewinne (§ 4 Abs. 10) und Veräußerungsgewinne (§ 24), höchstens jedoch 100.000,00 € gewinnmindernd geltend machen. Der Höchstbetrag von 100.000,00 € steht jedem Steuerpflichtigen im Kalenderjahr nur einmal zu. ................... Gemäß § 10 Abs. 2 EStG 1988 in der für die Streitjahre g.F. können bei Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind und die ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 ermitteln, nur die Gesellschafter den Freibetrag für investierte Gewinne im Sinne des Abs. 1 in Anspruch nehmen. Der Freibetrag für investierte Gewinne, höchstens jedoch der Höchstbetrag von 100.000,00 € (Abs. 1), ist bei den Mitunternehmern mit einem der Gewinnbeteiligung entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Hält der Mitunternehmer die Beteiligung im Betriebsvermögen eines Betriebes, für den der Freibetrag für investierte Gewinne nach Abs. 1 geltend gemacht werden kann, kann er nur bei Ermittlung des Gewinnes des Betriebes berücksichtigt werden. Eine Berücksichtigung kommt nur in Betracht, wenn auch der Gewinn aus der Mitunternehmerschaft durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt worden ist.
Die Gesellschafter der Bw. sind unbestritten als Mitunternehmer anzusehen und wird der Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 leg.cit. ermittelt, weshalb gemäß § 10 Abs. 2 leg.cit. der Höchstbetrag von 100.000,00 € als Freibetrag bei den Mitunternehmern mit einem der Gewinnbeteiligung entsprechenden Teilbetrag anzusetzen ist; die Abgabenbehörde erster Instanz ist bei Erlassung der nunmehr in Berufung gezogenen Bescheide insofern gesetzeskonform vorgegangen und war eine Anerkennung des Höchstbetrages wie von der Bw. beantragt schon allein aufgrund der Normdiktion nicht möglich, weshalb sich auch ein Eingehen auf die (nicht mögliche) Hereinnahme von atypischen stillen Gesellschaftern erübrigt.
Laut Art. 18 Abs. 1 B-VG darf die gesamte staatliche Verwaltung nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden. - Der so postulierte Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Vollziehung ist Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips und gewährleistet so, dass alle Akte staatlicher Vollziehungsorgane im Gesetz und mittelbar über das Gesetz in der Verfassung begründet sein müssen: In der Folge ist die Abgabenbehörde erster sowie zweiter Instanz zur Normanwendung verpflichtet und steht ihnen eine Prüfung auf Verfassungskonformität nicht zu, weshalb die in der Berufung angeführte Behandlung der Verletzung des Diskriminierungsverbots, des Gleichbehandlungs- sowie Verhältnismäßigkeitsgebots durch § 10 EStG 1988 in der für die Streitjahre g.F. durch die entscheidende Behörde nicht zu erfolgen hat. Es war aus den angeführten Gründen spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am 19. Februar 2013
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |