Teilweise Besteuerung einer in "öffentlichen Funktion" erworbenen Pension
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2013/15/0006 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 30.4.2015 abgelehnt.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw+Adr, vom 21. Dezember 2011 gegen den Bescheid des Finanzamtes Eisenstadt, vertreten durch Y, vom 30. November 2011 betreffend Abweisung eines Rückzahlungsantrages (§ 240 BAO) entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) brachte am 28.9.2011 beim Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart einen "Antrag auf Rückzahlung der österreichischen Abzugsteuer" (Formular ZS-RD1) "für das Jahr 2011" ein. Beantragt wurde die Rückerstattung von nach Ansicht des Bw. zu Unrecht einbehaltener Abzugssteuer in den Monaten März bis September 2011 im Gesamtbetrag von € 3.307,74, da nach Ansicht des Bw das Besteuerungsrecht für seine Pension Liechtenstein habe.
Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom 30.11.2011 ab und begründete wie folgt:
"Gemäß dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Liechtenstein Artikel 19 dürfen Ruhegehälter die von einem Vertragsstaat oder einer seiner Gebietskörperschaft unmittelbar gezahlt werden nur in diesem Staat besteuert werden."
Dagegen erhob der Bw. am 21.12.2011 Berufung, wobei er sich auf Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes (u.a. VwGH 21.03.1996, 94/15/0128; 17.10.2007, 2007/13/088) stützte, wonach zum Kriterium des öffentlichen Dienstgebers auch die Ausübung öffentlicher Funktionen trete, um eine Zuordnung der Pension zu Art. 19 DBA Österreich - Liechtenstein zu ermöglichen. Im Weiteren legte er eine Übersicht über die Art seiner Tätigkeit in der Finanzverwaltung dar.
Diese Berufung wurde vom Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart mittels Berufungsvorentscheidung vom 4.6.2012 als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung führt das Finanzamt aus:
"Gem. Art 19 Abs. 1 DBA Liechtenstein -Österreich dürfen Vergütungen, einschließlich Ruhegehälter, die von einem Vertragsstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften [...] an eine natürliche Person für die diesem Staat oder der Gebietskörperschaft in Ausübung öffentlicher Funktionen erbrachten Dienste gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.
Art. 19 Abs. 1 DBA Liechtenstein -Österreich knüpft an den Aufgabenbereich der betreffenden Einrichtung (öffentlicher Dienst) als auch an die Tätigkeiten des Arbeitnehmers an (öffentliche Funktionen).
Der Berufungswerber war jedenfalls im öffentlichen Dienst beschäftigt. Als öffentlich Bediensteter der Finanzlandesdirektion X und des Finanzamts XY wurde der Berufungswerber auch als Organ bei der Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse und Aufgaben tätig:
Die Ermittlungen des bundesweiten Fachbereichs am Finanzamt XY ergaben, dass der Berufungswerber als Erhebungsorgan im Bereich der Außenprüfung tätig war. Danach war er als Teamreferent IC am Finanzamt XY für Nachschauen, Erhebungen, Plausibilitätsprüfungen, Antrittsbesuche in Zusammenhang mit der Neuvergabe von Steuernummer, Vorsteuerberichtigungen in Zusammenhang mit Konkursen, UID-Anfragen und auch Einbringungen verantwortlich.
Den Hoheitsbefugnissen und -aufgaben des Arbeitgebers zufolge (öffentlicher Dienst) wie auch durch die vom Berufungswerber ausgeübten Tätigkeiten (öffentliche Funktionen) für den Arbeitgeber wurde die Ausübung öffentlicher Funktionen verwirklicht.
Art. 19 Abs. 1 DBA Liechtenstein -Österreich weist sohin Österreich das Besteuerungsrecht zu und war daher die Berufung abzuweisen."
Am 5.7.2012 stellte der Bw. einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Begründet wird der Antrag im Wesentlichen mit der Wiederholung der zitierten Erkenntnisse.
Die Tätigkeit für eine öffentliche Einrichtung stehe außer Streit, strittig sei die Auslegung des Begriffes "Ausübung einer öffentlichen Funktion", wodurch die Abweisung des Antrages auf Rückerstattung der Lohnsteuer zu Unrecht erfolgt sei.
Die Judikatur stelle in ähnlichen Fällen für die Ausübung einer öffentlichen Funktion auf die Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse und Aufgaben, konkret auf die Erlassung individueller Verwaltungsakte (Bescheide) ab (VwGH 19.09.2007, 2007/13/0080; 17.10.2007, 2007/13/0088; 21.1.2007, 2007/13/0087).
Hinsichtlich der vom Bw. ausgeübten Tätigkeit sei daher festzuhalten, dass er niemals die Befugnis zur Erlassung von Bescheiden innegehabt habe und lediglich Zubringerdienste und Informationsbeschaffung geleistet habe.
Über die Berufung wurde erwogen:
Sachverhalt:
Der Bw. bezieht seit Oktober 2009 eine Beamtenpension für seine ehemaligen Tätigkeiten in der Finanzverwaltung. Diese betrug im Jahr 2011 brutto € 32.288,20 (Kennzahl 210), davon steuerfreie Bezüge von € 4.612,60 (220), wobei Sozialversicherungsbeiträge von € 2.260,00 einbehalten wurden (davon € 1.937,16 auf die laufenden Bezüge entfallend [230], € 322,84 auf die sonstigen Bezüge entfallend [225]). Hieraus resultierten steuerpflichtige Bezüge von € 25.738,44 (245), eine Lohnsteuer von € 5.623,44 (260) wurde einbehalten.
Es besteht seit Jahren kein Wohnsitz in Österreich. Im Februar 2011 hat der Bw. seinen Wohnsitz und den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen von Deutschland nach Liechtenstein verlegt.
Der Bw. war von 1967 bis 2009 in der Finanzverwaltung tätig.
Zunächst war er von April 1967 bis Mai 1987 im Finanzamt XY in der Finanzkasse als Datenerfasser tätig und daran anschließend im Rundlauf. Diese Tätigkeit umfasste die Datenerfassung an der Nationalbuchungsmaschine und am Fernschreiber. Während des Rundlaufs war der Bw. in der Veranlagungsabteilung, wiederum ausschließlich in der Dateneingabe und -erfassung, tätig.
Von Mai 1987 bis September 2004 war der Bw. dem Abgabenerhebungsdienst der Großbetriebsprüfung und Betriebsprüfung zugeteilt. Im Rahmen dieser Tätigkeit war der Bw. mit der Durchführung von Erhebungstätigkeiten für die Betriebsprüfer betraut. Diese umfassten unter anderem Nachschauen, Erhebungen, Plausibilitätsprüfungen, Antrittsbesuche, die Vornahme von Vorsteuerberichtigungen im Zusammenhang mit Konkursen, UID-Anfragen und auch Einbringungen.
Ab Oktober 2004 bis zu seiner Pensionierung per 30.9.2009 war der Bw. Mitarbeiter des Infocenters des Finanzamtes XY. Auch dort umfasste seine Tätigkeit Nachschauen, Erhebungen und auch Einbringungen, daneben aber auch die Bearbeitung von Kundenanfragen bzw. Weitervermittlung an den zuständigen Sachbearbeiter.
Beweiswürdigung:
Die Daten betreffend die Pension des Bw. ergeben sich auf dem im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung gespeicherten Lohnzettel der BVA für 2011.
Hinsichtlich der Wohnsitzverlegung und der Verlegung des Mittelpunktes der Lebensinteressen nach Liechtenstein wird dem Bw. gefolgt. Dies geht unter anderem aus der vom Bw. zusammen mit dem Antrag auf Rückzahlung der österreichischen Abzugsteuer vorgelegten Anmeldung in Liechtenstein hervor. Darauf ist außerdem vermerkt, dass der Bw. aus Deutschland zugezogen ist. Der Bw. hat der Finanzverwaltung den Umzug auch durch Änderung der Daten in FinanzOnline bekanntgemacht. Im österreichischen Zentralen Melderegister ist kein Wohnsitz in Österreich ersichtlich. Eine entsprechende Wohnsitzbestätigung und ein Aufenthaltsbewilligung "Erwerblose Wohnsitznahme" wurde vom Bw. vorgelegt.
Die Tatsache, dass der Bw. seit Februar 2011 seinen (einzigen) Wohnsitz in Liechtenstein hat, ist zwischen den beiden Verfahrensparteien nicht strittig.
Die Angaben zur genauen Art der früheren Tätigkeit des Bw. sind das Ergebnis von Ermittlungen des Finanzamtes, welche dem Bw. im Rahmen der BVE vom 4.6.2012 zur Kenntnis gelangt sind.
Der Bw. stimmt in seinen Ausführungen im Vorlageantrag diesen Angaben im Wesentlichen zu, lediglich die rechtliche Beurteilung der Tätigkeit ist strittig.
Hieraus folgt rechtlich:
Der Bw. verfügt im Inland weder über einen Wohnsitz noch über seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 26 Ab. 1 und 2 BAO); er ist daher im Inland gemäß § 1 Abs. 3 EStG 1988 nur beschränkt steuerpflichtig.
Der Bw. bezieht eine Pension nach einer im Inland ausgeübten nichtselbständigen Tätigkeit, welche nach § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 iVm § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 der beschränkten Steuerpflicht in Österreich unterliegt. Die Steuer wird gem. § 47 Abs. 1 EStG 1988 von der bezugsauszahlenden Stelle einbehalten.
Da der Bw. seinen (einzigen) Wohnsitz in Liechtenstein hat, ist zur Beurteilung des zwischenstaatlichen Besteuerungsrechtes das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Liechtenstein (DBA) zu beachten. Dieses ist gem. Art. 1 DBA iVm Art. 4 DBA anwendbar, da der Bw. in Liechtenstein ansässig iSd DBA ist. Er unterliegt der unbeschränkten Steuerpflicht in Liechtenstein und erfüllt die fremdenpolizeilichen Voraussetzungen für einen dauernden Aufenthalt.
Das DBA regelt die Zuteilung des Besteuerungsrechtes für Ruhebezüge (teilweise abweichend von Art. 19 OECD-Musterabkommen) in den Artikeln 18 und 19:
"Artikel 18
Ruhegehälter
Vorbehaltlich des Artikels 19 Absatz 1 dürfen Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.
Artikel 19
Öffentliche Funktionen
(1) Vergütungen, einschließlich der Ruhegehälter, die von einem Vertragstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften unmittelbar oder aus einem von diesem Staat oder der Gebietskörperschaft errichteten Sondervermögen an eine natürliche Person für die in diesem Staat oder der Gebietskörperschaft in Ausübung öffentlicher Funktionen erbrachten Dienste gezahlt werden, dürfen nur in diesem Staat besteuert werden.
(2) Auf Vergütungen oder Ruhegehälter für Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer kaufmännischen oder gewerblichen Tätigkeit eines der Vertragstaaten oder einer seiner Gebietskörperschaften erbracht werden, finden die Artikel 15, 16 und 18 Anwendung."
§ 240 BAO lautet auszugsweise:
""§ 240. (1) Bei Abgaben, die für Rechnung eines Abgabepflichtigen ohne dessen Mitwirkung einzubehalten und abzuführen sind, ist der Abfuhrpflichtige berechtigt, während eines Kalenderjahres zu Unrecht einbehaltene Beträge bis zum Ablauf dieses Kalenderjahres auszugleichen oder auf Verlangen des Abgabepflichtigen zurückzuzahlen.
(3) Auf Antrag des Abgabepflichtigen (Abs. 1) hat die Rückzahlung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages insoweit zu erfolgen, als nicht
a) eine Rückzahlung oder ein Ausgleich gemäß Abs 1 erfolgt ist,
b) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung erfolgt ist,
c) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat oder im Fall eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte..."
Unstrittig ist, dass die Tätigkeit des Bw. in Österreich für den österreichischen Staat erbracht wurde und die Vergütungen vom Staat getragen wurden. Strittig ist, inwiefern die frühere Tätigkeit des Bw. unter den Begriff "in Ausübung öffentlicher Funktionen" zu zählen ist.
Lag eine Ausübung öffentlicher Funktionen vor, hat Österreich das Besteuerungsrecht für die Bezüge und die Lohnsteuer ist nicht rückzuerstatten.
Lag keine Ausübung öffentlicher Funktionen vor, ist Art. 19 des DBA nicht anzuwenden, die Pension unterliegt daher dann der ausschließlichen Besteuerung im Ansässigkeitsstaat (=Liechtenstein) gem. Art. 18 DBA. Die österreichische Lohnsteuer wäre daher zu Unrecht einbehalten worden und wäre an den Bw. zu erstatten.
Eine Erstattung zu Unrecht einbehaltener Steuern kann auf zwei Arten erfolgen: im Rahmen einer Veranlagung (§§ 39 ff. EStG 1988), wobei die bereits entrichtete Steuer auf die Einkommensteuerschuld angerechnet wird (§ 46 EStG 1988) und eine Gutschrift entsteht oder mittels Rückerstattung gem. § 240 BAO.
Der Anspruch auf Rückerstattung ist subsidiär gegenüber einer Anrechnung im Wege der Veranlagung (vgl. VwGH 20.04.2004, 2000/13/0033:"Der Vollständigkeit halber ist außerdem auf die allgemeine Subsidiarität eines Erstattungsverfahrens nach § 240 Abs. 3 BAO gegenüber einem Veranlagungsverfahren hinzuweisen").
Die Erstattung hat gem. § 240 Abs. 3 lit. b und c BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen zu erfolgen, sofern nicht
"b) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung erfolgt ist,
c) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat oder im Fall eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte."
Für die Anwendbarkeit des § 240 Abs. 3 BAO ist bedeutsam, ob die einbehaltenen Steuerbeträge im Veranlagungsverfahren gem. § 46 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 angerechnet werden dürfen (vgl. Ritz, BAO4, § 240 Tz. 10).
Eine solche Anrechnung ist beispielsweise unzulässig, wenn Österreich für die betreffenden Einkünfte auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens kein Besteuerungsrecht zukommt (vgl. Ritz, BAO4, § 240 Tz. 10, unter Hinweis auf z.B. VwGH 22. 4. 1998, 98/13/0018; Doralt, EStG11, § 46 Tz. 4; Ritz, SWK 2000, S 858; U. Zehetner, Kapitalertragsteuer, 145; EAS 1957, SWI 2002, 6; BMF, AÖF 2002/63; Loukota, SWI 2002, 59; a.M. noch EAS 1276, SWI 1998, 348).
Dazu findet sich in der Literatur ein Verweis auf im Wege der Veranlagung nicht anrechenbare Steuern: "Hätte auch im Fall eines Antrages auf Veranlagung eine Anrechnung der einbehaltenen Abgabenbeträge (...) nicht zu erfolgen, so ist insoweit eine Rückzahlung nach § 240 Abs 3 vorzunehmen, wie sich aus lit c der vorgenannten Bestimmung ergibt. Die Unzulässigkeit einer solchen Anrechnung kann sich zB auf Grund eines DBA ergeben, wenn nach diesem Österreich für die betreffenden Einkünfte kein Besteuerungsrecht zukommt." (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO³ § 240 Anm. 14).
Auch beschränkt Steuerpflichtige sind nach Maßgabe des § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 berechtigt, eine Veranlagung zu beantragen.
Nach § 46 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 werden auf die Einkommensteuerschuld unter anderem angerechnet "die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge, soweit sie auf veranlagte Einkünfte entfallen".
Wäre, wie dies der Bw annimmt, die gesamte österreichische Pension infolge des DBA nicht der Besteuerung in Österreich zu unterziehen, wäre der gesamte - diesfalls zu Unrecht - einbehaltene Lohnsteuerbetrag dem Bw zurückzuzahlen.
Da die Pensionseinkünfte in diesem Fall überhaupt nicht zu veranlagen sind, entfällt die einbehaltene Lohnsteuer im Sinne des Vorgesagten nicht auf "veranlagte Einkünfte" und wäre daher nicht gem. § 46 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 anzurechnen. Daher müsste eine Erstattung des Gesamtbetrags der einbehaltenen Lohnsteuer nach § 240 BAO erfolgen.
Es ist daher zunächst zu prüfen, ob das Besteuerungsrecht für die Pension zur Gänze bei Liechtenstein liegt, wie dieses der Bw. vermeint, ob das Besteuerungsrecht für die Pension zur Gänze bei Österreich liegt, wie dies das Finanzamt vermeint, oder ob - als dritte Variante - eine Aufteilung des Besteuerungsrechtes zu erfolgen hat.
Für den Zeitraum der reinen Datenerfassung von April 1967 bis Mai 1987 wird der Argumentation des Bw. gefolgt. Die Tätigkeit eines Programmierers bzw. Datenerfassers bei der Pensionsversicherungsanstalt wurde in einem Erkenntnis des VwGH (VwGH 17.10.2007, 2007/13/0088) als nicht öffentliche Funktion erkannt. Die Datenerfassung in der Finanzverwaltung unterscheidet sich nicht von der Datenerfassung in der PVA, daher handelt es sich iSd Erkenntnisses um keine öffentliche Funktion. Der Anteil an der Pension, der sich auf diesen Zeitraum bezieht, darf daher gem. Artikel 18 DBA Österreich - Liechtenstein ausschließlich in Liechtenstein besteuert werden.
Nach den vorliegenden, vom Bw. inhaltlich nicht bestrittenen, Informationen ist aber davon auszugehen, dass ab 1987 bis zum Ende der aktiven Tätigkeit des Bw. sowohl im AED als auch im IC, dem im Zuge der Organisationsreform der Finanzämter auch Aufgaben des früheren AED übertragen wurden, eine Ausübung öffentlicher Funktionen vorliegt. Die Tätigkeit des Bw. umfasste unter anderem Nachschauen, Erhebungen, sogenannte "Antrittsbesuche", die Vornahme von Vorsteuerberichtigungen in Zusammenhang mit Konkursen und auch Einbringungen. Auch wenn diese Tätigkeiten in der Regel nicht mit der Erlassung eines Bescheides durch den Bw. selbst geendet haben, ist darin doch eine öffentliche Tätigkeit zu sehen.
Der Begriff "Ausübung öffentlicher Funktionen" nimmt auf Dienstnehmer Bezug, die als Organe bei der Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse und Aufgaben tätig werden. Nun kann kein Zweifel daran bestehen, dass allgemeine Aufsichtsmaßnahmen nach §§ 143 ff. BAO hoheitliches Handeln darstellen. Die dem Erhebungsorgan zustehenden Befugnisse können gegebenenfalls mit dem Imperium der Abgabenbehörde durchgesetzt werden.
Diese Tätigkeit unterscheidet sich grundsätzlich von einer bloßen Datenerfassung wie in den Jahren vor 1987.
Der Anteil der Pension, der mit diesem Zeitraum in Zusammenhang steht, ist daher gem. Art. 19 Abs. 1 DBA Österreich - Liechtenstein in Österreich zu besteuern.
Der Anteil des somit in Österreich steuerpflichtigen Bezuges wäre mit 47,25%, das sind 241 von 510 Tätigkeitsmonaten (Anteil am Gesamtausmaß der Tätigkeit, s. Vorlageantrag, Seite 4), festzusetzen. Die Aufteilung nach der Dauer der Tätigkeit wird in der Judikatur (vgl. VwGH 19.09.2007, 2007/13/0080, zur Behandlung von Vordienstzeiten in der Privatwirtschaft bei folgender Ausübung einer öffentlichen Funktion) als mögliche, einfach zu handhabende Aufteilungsmethode angesehen.
Kann nur eine teilweise Steuerfreistellung erfolgen, kommt jedoch eine Rückerstattung gemäß § 240 BAO nicht in Betracht und ist der Bw diesfalls auf das Veranlagungsverfahren zu verweisen. Im Rückzahlungsverfahren kann keine fiktive Steuerveranlagung durchgeführt werden, die aber notwendig wäre, um den konkreten Erstattungsbetrag zu ermitteln. Das Rückzahlungsverfahren ist für jene Steuerabzugsfälle geeignet, in denen die DBA-Entlastung durch einfache Berechnung des Erstattungsbetrags - wie bei einem Fixsteuersatz oder einer gänzlichen Steuererstattung- möglich ist.
Die Steuerentlastung kann daher nur im Wege einer (Arbeitnehmer)Veranlagung herbeigeführt werden (i.d.S. auch BMF 28. 3. 2008, BMF-010221/0892-IV/4/2008, EAS 2953).
In diesem Fall sind § 41 Abs. 2 EStG 1988, § 46 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 und § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 dahingehend zu interpretieren, dass zwar die österreichische Pension nur soweit hierfür Österreich das Besteuerungsrecht zusteht in die (Antrags)Veranlagung einzubeziehen ist, jedoch die gesamte von der pensionsauszahlenden Stelle einbehaltene Lohnsteuer auf die aus der Veranlagung der österreichischen Pension anzurechnen ist, da sie "auf veranlagte Einkünfte" entfällt.
Dadurch unterscheidet sich die gegenständliche Fallkonstellation von anderen, in der Judikatur und Literatur zu beurteilen gewesenen Fällen. Dort wäre überhaupt keine inländische Steuerschuld entstanden, während hier nach Ansicht der Berufungsbehörde hinsichtlich des auf Österreich entfallenden Pensionsanteils sehr wohl eine Steuerschuld des Bw. besteht.
Da somit eine Rückzahlung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages gemäß § 240 Abs. 3 lit. c BAO nicht zu erfolgen hat, ist der Rückzahlungsantrag vom 22. 9. 2011 als unbegründet abzuweisen.
Wie aus dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung ersichtlich, hat der Bw. für das Jahr 2011 einen Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung gestellt. Das Finanzamt Wien 1/23 hat den Bw. mit Bescheid vom 1.8.2012 erklärungsgemäß zur Einkommensteuer veranlagt, wobei allerdings einerseits der Gesamtbetrag der Pension der Besteuerung in Österreich unterzogen wurde, andererseits aber die steuerlichen Bestimmungen für unbeschränkt Steuerpflichtige angewandt wurden.
Es steht dem Bw. frei, innerhalb der in § 302 BAO genannten Jahresfrist beim hierfür zuständigen Finanzamt einen Antrag gem. § 299 BAO betreffend Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2011 zu stellen.
Eine Ausfertigung dieser Entscheidung ergeht gem. § 114 BAO auch an das Finanzamt Wien 1/23 zur Steuernummer 04xxxxx.
Wien, am 28. November 2012
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 240 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Rückzahlungsantrag, Doppelbesteuerung, Entlastung, Lohnsteuer |
Verweise: | VwGH 21.03.1996, 94/15/0128 |