UFS ZRV/0077-Z3K/12

UFSZRV/0077-Z3K/1211.10.2012

Festsetzung einer Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 ZollR-DG ab 1. Jänner 2011 unzulässig

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Beschwerden der Bf, vertreten durch Dr. Philipp E. Lettowsky, Rechtsanwalt, 5020 Salzburg, Getreidegasse 50, vom 24. Februar 2012 gegen die Berufungsvorentscheidungen des Zollamtes X vom 25. Jänner 2012, Zahl: 000000/00000/11/2009, betreffend Abgabenerhöhung entschieden:

Der Beschwerde wird Folge gegeben. Der Bescheid, soweit er die Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 ZollR-DG betrifft, wird dahingehend abgeändert, dass der Berufung vom 10. Oktober 2011 stattgegeben und die Vorschreibung der Abgabenerhöhung ersatzlos aufgehoben wird.

Entscheidungsgründe

Im Zuge einer Nachschau bei der Beschwerdeführerin (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) wurde vom zuständigen Zollamt festgestellt, dass Pflichten aus der Inanspruchnahme des Zollverfahrens der aktiven Veredelung (Eigenveredelung) nicht erfüllt worden sind, da es in Folge einer fehlerhaften Schnittstelle zwischen den verwendeten EDV-Programmen zu einer unrichtige Abschreibung der Mengen an wiederausgeführtem Vormerkmaterial gekommen ist.

Mit Bescheid vom 27. September 2011, Zahl: 000000/00000/10/2009, wurden der Bf aus diesem Grund gemäß Artikel 204 Absatz 1 ZK die Eingangsabgaben für die in der Beilage zum Bescheid angeführten Fälle vorgeschrieben sowie Ausgleichszinsen gemäß Artikel 214 Absatz 3 ZK iVm Artikel 519 Absatz 1 ZK-DVO und eine Abgabenerhöhung (1ZN) gemäß § 108 Abs. 1 ZollR-DG in Höhe von EUR 37.145,98 festgesetzt.

Nachdem gegen den genannten Bescheid mit Schreiben vom 10. Oktober 2011 form- und fristgerecht Berufung erhoben worden ist, wurden die Abgaben mit Berufungsvorentscheidung vom 25. Jänner 2012 wegen eines Rechenfehlers (fehlerhafte Rundungen) neu festgesetzt und die Abgabenerhöhung geringfügig reduziert (Gutschrift von EUR 11,28). Mit Schreiben vom 24. Februar 2012 wurde dagegen Beschwerde erhoben und beantragt, der Berufung vollinhaltlich stattzugeben und den Bescheid Zahl: 000000/00000/10/2009 ersatzlos aufzuheben.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Mit der Finanzstrafgesetznovelle 2010, BGBL. I Nr. 104/2010 wurde dem Finanzstrafgesetz (FinStrG) folgender § 30a samt Überschrift eingefügt:

"Strafaufhebung in besonderen Fällen (Verkürzungszuschlag)

§ 30a. (1) Die Abgabenbehörden sind berechtigt, eine Abgabenerhöhung von 10 % der im Zuge einer abgabenrechtlichen Überprüfungsmaßnahme festgestellten Nachforderungen, soweit hinsichtlich der diese begründenden Unrichtigkeiten der Verdacht eines Finanzvergehens besteht, festzusetzen, sofern dieser Betrag für ein Jahr (einen Veranlagungszeitraum) insgesamt 10 000 Euro, in Summe jedoch 33 000 Euro nicht übersteigt, sich der Abgabe- oder Abfuhrpflichtige spätestens 14 Tage nach Festsetzung der Abgabennachforderung mit dem Verkürzungszuschlag einverstanden erklärt oder diesen beantragt und er auf die Erhebung eines Rechtsmittels gegen die Festsetzung der Abgabenerhöhung wirksam verzichtet. Werden die Abgabenerhöhung und die dieser zugrunde liegenden Abgabennachforderungen innerhalb eines Monats nach deren Festsetzung tatsächlich mit schuldbefreiender Wirkung zur Gänze entrichtet, so tritt Straffreiheit hinsichtlich der im Zusammenhang mit diesen Abgabennachforderungen begangenen Finanzvergehen ein. Ein Zahlungsaufschub darf nicht gewährt werden.

(2) Werden mehrere Überprüfungsmaßnahmen gleichzeitig oder in unmittelbarer Folge durchgeführt, so ist die Summe aller Verkürzungsbeträge für die Zulässigkeit der Festsetzung einer Abgabenerhöhung nach Abs. 1 maßgeblich.

(3) Tritt wegen Nichteinhaltung der Erfordernisse des Abs. 1 Straffreiheit nicht ein, so entfällt ab diesem Zeitpunkt die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabenerhöhung. Allenfalls bis dahin entrichtete Beträge sind gutzuschreiben.

(4) Im Falle einer nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld hat die Berechnung der Abgabenerhöhung unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

(5) Unbeschadet des § 108 Abs. 2 ZollR-DG ist die Festsetzung einer Abgabenerhöhung im Zusammenhang mit Zöllen und mit Abgaben, die von den Zollämtern zu erheben sind, unzulässig.

(6) Die Festsetzung einer Abgabenerhöhung ist weiters ausgeschlossen, wenn hinsichtlich der betroffenen Abgaben bereits ein Finanzstrafverfahren anhängig ist, eine Selbstanzeige vorliegt oder es einer Bestrafung bedarf, um den Täter von der Begehung weiterer Finanzvergehen abzuhalten.

(7) Die Festsetzung der Abgabenerhöhung stellt keine Verfolgungshandlung dar. Die strafrechtliche Verfolgung einer weiteren, hinsichtlich derselben Abgabenart und desselben Erhebungszeitraumes bewirkten Abgabenverkürzung oder einer Nichtentrichtung (Nichtabfuhr) von Selbstbemessungsabgaben wird dadurch nicht gehindert.

(8) Die Abgabenerhöhung gilt als Nebenanspruch im Sinne des § 3 BAO."

§ 30a FinStrG ist mit 1. Jänner 2011 in Kraft getreten (§ 265 Abs. 1p FinStrG). Die Verfahrensbestimmung des § 30a Abs. 5 FinStrG, wonach die Festsetzung einer Abgabenerhöhung im Zusammenhang mit Zöllen und mit Abgaben, die von den Zollämtern zu erheben sind, unzulässig ist, ist somit ab Inkrafttreten anwendbar. Ausgenommen davon wird lediglich die Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 2 ZollR-DG. Da die Festsetzung einer Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 ZollR-DG somit ab 1. Jänner 2011 unzulässig ist (VwGH 27.09.2012, 2012/16/0090), war wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Über die Beschwerde vom 24. Februar 2012 betreffend Eingangsabgaben und Ausgleichszinsen wird gesondert entschieden werden.

Salzburg, am 11. Oktober 2012

Zusatzinformationen

Materie:

Zoll

betroffene Normen:

§ 108 Abs. 1 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 30a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 30a Abs. 5 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958

Schlagworte:

Abgabenerhöhung, Pflichtverletzung, Finanzstrafgesetznovelle 2010, Verfahrensbestimmung, materielle Derogation

Verweise:

VwGH 27.09.2012, 2012/16/0090

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