Freie Beweiswürdigung - Zuständigkeit für die steuerlichen Angelegenheiten und subjektive Tatseite bestritten.
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2012/16/0111 eingebracht.
Entscheidungstext
Der Finanzstrafsenat Wien 2 als Organ des Unabhängigen Finanzsenates als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Karl Kittinger, das sonstige hauptberufliche Mitglied Hofrat Mag. Gerhard Groschedl sowie die Laienbeisitzer Mag. Dr. Jörg Krainhöfner und Mag. Ingrid Schopf als weitere Mitglieder des Senates in der Finanzstrafsache gegen K.A., Adresse1, vertreten durch Mag. Christian Grasl, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Gluckgasse 2, wegen des Finanzvergehens der versuchten Abgabenhinterziehung gemäß §§ 13, 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Berufung des Amtsbeauftragten AB vom 14. März 2011 gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Wien 1/23 als Organ des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom 19. Jänner 2011, SpS, nach der am 17. April 2012 in Anwesenheit des Beschuldigten und seines Verteidigers, des Amtsbeauftragten sowie der Schriftführerin M.E. durchgeführten mündlichen Verhandlung
zu Recht erkannt:
Der Berufung des Amtsbeauftragten wird Folge gegeben und der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses insoweit aufgehoben, als das gegen K.A. mit Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom 19. Jänner 2011, SN XYX,eingeleitete Finanzstrafverfahren gemäß § 136 FinStrG eingestellt wurde.
In Umfang dieser Aufhebung wird in der Sache selbst erkannt:
A.K. ist schuldig, er hat im Bereich des Finanzamtes Wien 8/16/17 als verantwortlicher Liquidator der Fa. V-GmbH vorsätzlich durch die Abgabe unrichtiger Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2007 und 2008, in welchen er den Vorsteuerabzug aus Scheinrechnungen einer Fa. B-GmbH zu Unrecht geltend gemacht hat, somit unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung von Umsatzsteuer 2007 in Höhe von € 24.652,00 und Umsatzsteuer 2008 in Höhe von € 17.401,00 zu bewirken versucht.
Er hat dadurch das Finanzvergehen der versuchten Abgabenhinterziehung gemäß §§ 13, 33 Abs. 1 FinStrG begangen.
Gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG, unter Bedachtnahme auf § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG, wird über ihn deswegen eine Geldstrafe in Höhe von € 16.000,00 und eine gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 40 Tagen verhängt.
Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG hat er die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Finanzstrafverfahrens in Höhe von € 500,00 zu ersetzen.
Entscheidungsgründe
Mit Erkenntnis des Spruchsenates vom 19. Jänner 2011, SpS, wurde das gegen den Beschuldigten K.A. mit Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 als Finanzstrafbehörde erster Instanz am 19. März 2010 (SN XYX) wegen des Verdachtes der versuchten Abgabenhinterziehung gemäß §§ 13, 33 Abs. 1 FinStrG eingeleitete Finanzstrafverfahren, er habe vorsätzlich als für die abgabenrechtlichen Belange Verantwortlicher der Fa. V-GmbH unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht gemäß § 119 BAO, nämlich durch die Einbringung unrichtiger Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2007 und 2008 zu bewirken versucht, dass bescheidmäßig festsetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt und dadurch verkürzt werden sollten, und zwar Umsatzsteuer 2007 in Höhe von € 24.652,00 und Umsatzsteuer 2008 in Höhe von € 17.401,00, gemäß § 136 FinStrG eingestellt.
Mit diesem Erkenntnis wurde der ebenfalls finanzstrafrechtlich wegen versuchter Abgabenhinterziehung gemäß §§ 13, 33 Abs. 1 FinStrG an Umsatzsteuer 2007 und 2008 für dieselben Taten verfolgte Erstbeschuldigte N.N. der versuchten Abgabenhinterziehung gemäß. §§ 13, 33 Abs. 1 FinStrG an Umsatzsteuer 2007 in Höhe von € 24.652,00 und Umsatzsteuer 2008 in Höhe von € 17.401,00 für schuldig erkannt und über ihn gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG eine Geldstrafe in Höhe von € 12.800,00 und eine gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 32 Tagen verhängt.
Zur Begründung wurde dazu seitens des Spruchsenates ausgeführt, es sei folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen worden:
Die unter FN YXY im Firmenbuch eingetragene Fa. V-GmbH habe bis zu ihrer Auflösung im März 2009 ein Bauunternehmen betrieben. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer sei vom 24. April 2006 bis 24. März 2009 N.N. eingetragen gewesen, ab 25. März 2009 habe K.A. als Liquidator fungiert.
Die am 6. Mai 2009 eingereichten Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2007 und 2008 enthielten Eingangsrechnungen der Fa. B-GmbH, aus denen Vorsteuern in Höhe von € 24.652,00 für 2007 und € 17.401,00 für 2008 geltend gemacht worden seien. Die Fa. B-GmbH sei in den Jahren 2007 und 2008 nicht mehr operativ tätig gewesen, sondern habe bereits Ende 2006 ihren Geschäftsbetrieb eingestellt. Bei den gegenständlichen Rechnungen handle es sich um Totalfälschungen, somit um Scheinrechnungen, die vom Zweitbeschuldigten K.A. mit dem Vorsatz eingereicht worden seien, daraus zu Unrecht Vorsteuern zu lukrieren, somit mit dem Vorsatz, Umsatzsteuer für 2007 und 2008 in der aus dem Spruch angeführten, aus den Rechnungen resultierenden Höhe zu hinterziehen.
In der mündlichen Verhandlung hätten beide Beschuldigte jegliche finanzstrafrechtliche Verantwortung kategorisch in Abrede gestellt. Der Erstbeschuldigte wolle - trotz seiner Bestellung zum handelsrechtlichen Geschäftsführer - mit den steuerlichen Agenden nichts zu tun gehabt haben und habe auch nicht erklären können, warum er überhaupt als Geschäftsführer fungiert habe. Der Zweitbeschuldigte habe wiederum angegeben, vom Erstbeschuldigten einmal wöchentlich ein Kuvert mit Rechnungen bekommen zu haben, die er dann eingebucht habe. Auch die inkriminierten Rechnungen der Fa. B-GmbH habe er auf diese Weise von N.N. erhalten und aufgebucht. Auffällig sei weiters, dass die Rechnungen über das Gesellschafterverrechnungskonto des Erstbeschuldigten verbucht worden seien.
Daraus erhelle sich die Verantwortung des Erstbeschuldigten N.N. für die gegenständlichen Malversationen. Dieser sei dem Spruchsenat auch keineswegs so naiv erschienen, dass er in reinster Unwissenheit als Strohmann-Geschäftsführer für den Zweitbeschuldigten fungiert hätte, habe er sich doch auch selbst auf seinen Visitenkarten als "Bauleiter" bezeichnet.
Aus der Korrespondenz des Steuerberaters A.A. mit dem zuständigen Finanzamt (AS 126 im Strafakt) lasse sich die alleinige Verantwortlichkeit des Erstbeschuldigten für die steuerlichen Agenden herauslesen.
Folge man den glaubwürdigen und lebensnahen Angaben des Zweitbeschuldigten, die auch mit dem übrigen Akteninhalt im Einklang stünden, ergebe sich daraus, dass diesen für die gegenständlichen Malversationen keine Verantwortung treffe, weshalb das gegen ihn geführte Verfahren im Zweifel einzustellen gewesen sei.
Die gegenständliche frist- und formgerechte Berufung des Amtsbeauftragten vom 14. März 2011 richtet sich gegen die mit dem angefochtenen Erkenntnis des Spruchsenates erfolgte Verfahrenseinstellung bezüglich des Zweitbeschuldigten K.A. und es wird beantragt, diesen schuldig zu sprechen und eine tätergerechte und schuldangemessene Strafe zu verhängen.
Zur Begründung wurde dazu seitens des Amtsbeauftragten ausgeführt, die im Firmenbuch eingetragene und steuerlich beim Finanzamt Wien 8/16/17 erfasste Fa. V-GmbH habe zumindest im Jahr 2006 ein Bauunternehmen betrieben. Vom 24. April 2006 bis 24. März 2009 sei der Erstbeschuldigte N.N. im Firmenbuch als handelsrechtlicher Geschäftsführer eingetragen gewesen. Ab 25. März 2009 habe der Zweitbeschuldigte als Liquidator fungiert.
Mittels der vom Zweitbeschuldigten K.A. unterfertigten Umsatzsteuererklärungen für 2007 (am 29. Juni 2009 beim Finanzamt eingelangt) sowie für 2008 (am 6. Mai 2009 beim Finanzamt eingelangt) seien unter anderem auch Vorsteuern aus Eingangsrechnungen der Fa. B-GmbH für 2007 in Höhe von € 24.652,00 sowie für 2008 in Höhe von € 17.401,00 geltend gemacht worden. Bei diesen Rechnungen handle es sich, wie im Erkenntnis des Spruchsenates zutreffend ausgeführt wurde, um "Totalfälschungen" und somit um "Scheinrechnungen". Dies werde von den Beschuldigten auch nicht bestritten.
Strittig sei lediglich, wie diese festgestellten Scheinrechnungen in das Rechenwerk der Fa. V-GmbH gelangt seien. Dazu werde im angefochtenen Erkenntnis im Rahmen des erwiesenen Sachverhaltes durch den Spruchsenat in seiner Begründung ausgeführt, bei den gegenständlichen Rechnungen handle es sich um Scheinrechnungen, die vom Beschuldigten K.A. mit dem Vorsatz eingebracht worden seien, daraus zu Unrecht Vorsteuern zu lukrieren. Wieso bei diesem Sachverhalt eine Einstellung des Verfahrens betreffend K.A. erfolgte, erscheine nicht klar.
Des Weiteren gehe der erkennende Sachverhalt in seiner Fragestellung zur Verantwortlichkeit offensichtlich immer nur von einer "entweder-oder-Lösung" aus; das heiße, nach Ansicht des Spruchsenates komme als Täter lediglich entweder der Erst- oder der Zweitbeschuldigte in Frage.
Dass eventuell beide Beschuldigte im gemeinsamen Zusammenwirken agiert hätten - wie z.B. Herstellung und Organisation der Rechnungen durch N.N., bewusste Verbuchung und Übernahme der falschen Beträge in die Steuererklärungen durch K.A. - werde vom Spruchsenat in seinen, der Entscheidung zugrunde liegenden Überlegungen offensichtlich nicht einmal angedacht. Es erscheine für die gegenständlich zu klärende Frage, wer für die Existenz der Scheinrechnungen im Rechenwerk der Fa. V-GmbH verantwortlich sei auch unerheblich, wer nach außen unter welcher Bezeichnung (Bauleiter, Geschäftsführer oder sonstiger) für das Unternehmen aufgetreten ist. Dies da auch ein lediglich z.B. als Buchhalter Agierender wie der Zweitbeschuldigte, eigenständig und ohne Wissen des Geschäftsführers derartiges bewerkstelligen hätte können und dies nach Ansicht des Amtsbeauftragten auch getan habe.
Im Hinblick auf die angeführte Widersprüchlichkeit sowie Unvollständigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung erscheine diese als Grundlage für eine einstellende Entscheidung nicht ausreichend.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.
Gemäß § 13 FinStrG gelten die Strafdrohungen für vorsätzliche Finanzvergehen nicht nur für die vollendete Tat, sondern auch für den Versuch und für jede Beteiligung an einem Versuch.
Abs. 2: Die Tat ist versucht, sobald der Täter seinen Entschluss, sie auszuführen oder einen anderen dazu zu bestimmen (§ 11), durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt.
Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; "bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden."
Unstrittig ist nach der Aktenlage folgender Sachverhalt:
Der im erstinstanzlichen Verfahren bereits rechtskräftig wegen versuchter Abgabenhinterziehung gemäß §§ 13, 33 Abs. 1 FinStrG bestrafte Erstbeschuldigte N.N. war laut Firmenbuch im Zeitraum 24. April 2006 bis 24. März 2009 handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH, während der Zweitbeschuldigte K.A. als Alleingesellschafter deren wirtschaftlicher Eigentümer und ab 25. März 2009 auch deren Liquidator gewesen ist.
Fest steht ebenfalls unstrittig, dass mit den vom Zweitbeschuldigten K.A. abgegebenen und unterfertigten Umsatzsteuererklärungen 2007 und 2008 ein ungerechtfertigter Vorsteuerabzug aufgrund von Scheinrechnungen, ausgestellt auf eine Fa. B-GmbH geltend gemacht und dadurch eine Verkürzung von Umsatzsteuer 2007 in Höhe von € 24.652,00 und Umsatzsteuer 2008 in Höhe von € 17.401,00 zu bewirken versucht wurde.
Unstrittig ist aufgrund der Beweisergebnisse des zugrunde liegenden Finanzstrafverfahrens ferner, dass der Zweitbeschuldigte K.A. für die verfahrensgegenständlichen Zeiträume die Buchhaltung der Fa. V-GmbH sowie auch die monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen erstellt und auch die hier in Rede stehenden Rechnungen lautend auf den Firmennamen Fa. B-GmbH verbucht hat.
Ungeklärt blieb im bisherigen Verfahren die Frage, ob der Zweitbeschuldigte K.A. bei Verbuchung der Baumaterialrechnungen der Fa. B-GmbH und insbesondere bei Abgabe der hier in Rede stehenden Umsatzsteuererklärungen Kenntnis vom Umstand hatte bzw. zumindest billigend in Kauf genommen hat, dass diesen Rechnungen keine tatsächlichen Lieferungen zugrunde lagen und es sich somit um "Scheinrechnungen" handelte oder ob er, wie er selbst behauptet, diese ihm vom Geschäftsführer N.N. übergebenen Rechnungen im guten Glauben in die Buchhaltung aufgenommen und zum Vorsteuerabzug herangezogen und somit auch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß §§ 13, 33 Abs. 1 FinStrG in subjektiver Hinsicht zu vertreten hat.
Der Unabhängige Finanzsenat geht in freier Würdigung der vorliegenden Beweisergebnisse davon aus, dass K.A. als Alleingesellschafter und wahrer wirtschaftlicher Machthaber der GmbH bereits bei den von ihm durchgeführten Verbuchungen der Eingangsrechnungen der Fa. B-GmbH, welche ihm von N.N. übergeben wurden, Kenntnis von der Tatsache hatte, dass diesen Eingangsrechnungen keine tatsächlichen Lieferungen von Baumaterial zugrunde lagen und dass es sich daher um Scheinrechnungen handelte, welche nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten. Unstrittig hat K.A. alle diese Rechnungen über das Geschäftsführerverrechnungskonto N.N. verbucht, sodass nach den Feststellungen der Betriebsprüfung der Zahlungsfluss dieser Barzahlungen nicht nachvollziehbar war und der tatsächliche Geldempfänger unbekannt blieb.
Aus sämtlichen vorliegenden Zeugenaussagen lässt sich ableiten, dass Geschäftsführer N.N. als eine Art Bauleiter bzw. Polier insbesondere für die Überwachung und die Arbeit auf den Baustellen sowie für den Einkauf des Baumateriales zuständig war, während die wirtschaftliche Führung des Unternehmens, die Disposition über Geldmittel, die Erstellung der Buchhaltung und Umsatzsteuervoranmeldungen sowie auch der ständige Kontakt mit dem Steuerberater A.A. von K.A. als Eigentümer des Unternehmens wahrgenommen wurde. So führte der steuerliche Vertreter A.A. auf Anfrage des Verteidigers des Geschäftsführers N.N., Mag. X., aus, weder den handelsrechtlichen noch den gewerberechtlichen Geschäftsführer der Fa. V-GmbH zu kennen, zumal sein Ansprechpartner immer der alleinige Gesellschafter K.A. gewesen sei.
Der als Zeuge vor der Finanzstrafbehörde erster Instanz am 26. Februar 2010 einvernommene S.T., welcher im Zeitraum Februar 2007 bis Dezember 2008 (mit einer Unterbrechung im Oktober und November 2008) bei der Fa. V-GmbH als Hilfsarbeiter beschäftigt war, gab zu Protokoll, von Herrn K.A. eingestellt worden zu sein, welcher seiner Beobachtung nach der alleinige Chef des Unternehmens war. Er habe alle wesentlichen Entscheidungen getroffen (Personaleinstellungen, Vertragsabschlüsse, Rechnungsinkasso etc.) und N.N. habe seiner Beobachtung nach mit der Geschäftsführung nichts zu tun gehabt, sondern sei lediglich als Arbeiter tätig gewesen. Auch sein Lohn sei ihm wöchentlich bar durch Herrn K.A. ausbezahlt worden.
Auch der am 2. März 2010 von der Finanzstrafbehörde erster Instanz einvernommene T.T., welcher im Zeitraum Jänner 2007 bis September 2008 als Hilfsarbeiter bei der Fa. V-GmbH beschäftigt war, gab zu Protokoll, N.N. habe auf den jeweiligen Baustellen selbst mitgearbeitet und mit den jeweiligen Architekten und Auftraggebern über den Baufortschritt und über diverse technische Belange gesprochen. Als tatsächlichen Chef des Unternehmens habe er eigentlich immer Herrn K.A. empfunden. Dieser habe sämtlichen Beschäftigten, inklusive Herrn N.N., Anweisungen erteilt. Seinen Lohn habe er wechselweise von K.A. oder von N.N. bar auf die Hand erhalten.
Der im Zeitraum Jänner 2007 bis September 2008 als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Fa. V-GmbH nichtselbständig Beschäftigte Ing. S.S. führte am 26. Februar 2010 als Zeuge vor der Finanzstrafbehörde erster Instanz aus, er habe das Gefühl gehabt, dass das Unternehmen partnerschaftlich geführt worden sei, wobei er N.N. maximal zwei- oder dreimal gesehen habe, während er mit K.A. regelmäßig monatlich Kontakt gehabt habe. Anlässlich dieser Treffen mit K.A. habe er seinen Lohn in Höhe von € 850,00 monatlich bar ausbezahlt erhalten.
Der Architekt DI M.A. sagte im Rahmen einer Zeugenaussage vor der Finanzstrafbehörde erster Instanz am 27. Mai 2010 aus, in den Jahren 2006 bis 2008 in einer Geschäftsbeziehung mit der Fa. V-GmbH im Rahmen von drei oder vier Bauaufträgen gewesen zu sein. Bei diversen Baubesprechungen seien sowohl K.A. als auch N.N. anwesend gewesen, wobei im Wesentlichen N.N. den technischen Teil und K.A. den kaufmännischen Teil der konkreten Aufträge abgedeckt habe. Üblicherweise habe er seinen E-Mailverkehr mit K.A. abgewickelt.
Auf Basis dieser Beweisergebnisse steht für den Unabhängigen Finanzsenat zweifelsfrei fest, dass der Beschuldigte K.A. als Alleingesellschafter und faktischer Machthaber der Fa. V-GmbH das Unternehmen geleitet, die wesentlichen wirtschaftlichen Entscheidungen getroffen und auch die Disposition über die Geldmittel inne gehabt hat. Im Lichte dieser Beweisergebnisse kann daher die Verfahrenseinlassung des Zweitbeschuldigten K.A., er habe auf Weisung des Geschäftsführers N.N. die zugrunde liegenden Eingangsrechnungen der Fa. B-GmbH im Vertrauen auf deren Richtigkeit verbucht, nur als reine Schutzbehauptung angesehen werden. Bei sämtlicher dieser Rechnungen der Fa. B-GmbH handelt es sich um den vorgeblichen Einkauf von Baumaterialien, wobei die über das Verrechnungskonto N.N. verbuchten Barzahlungen dieser Rechnungen in den Jahren 2007 und 2008 insgesamt mehr als € 240.000,00 (brutto) betrugen. Es ist für den Unabhängigen Finanzsenat völlig unglaubwürdig und auch der Erfahrung des täglichen Lebens widersprechend, dass der in sämtliche wesentliche Entscheidungsprozesse des Unternehmens eingebundene Alleingesellschafter keine Kenntnis vom Umstand gehabt hätte, dass diesen Rechnungen keine tatsächlichen Lieferungen von Baumaterial zugrunde lagen. Würde man dieser Rechtfertigung des Zweitbeschuldigten glauben, dann könnte der Umkehrschluss nur sein, dass er vom Geschäftsführer N.N. durch Übergabe dieser Rechnungen vorsätzlich getäuscht und am Vermögen geschädigt wurde. Bei Richtigkeit dieser Verfahrenseinlassung wäre es jedoch unerklärlich, dass der ab 25. März 2009 als Liquidator im Firmenbuch eingetragene Zweitbeschuldigte K.A. nicht nach Aufdeckung durch den Betriebsprüfer, dass es sich bei den von N.N. übergebenen Rechnungen der Fa. B-GmbH um Scheinrechnungen handelte, diese Beträge nicht vom Geschäftsführer zurückgefordert und dies nicht bei der Staatsanwaltschaft angezeigt hätte.
Unter dem Eindruck der angeführten Beweisergebnisse ist der erkennende Berufungssenat in freier Beweiswürdigung zum Ergebnis gelangt, dass K.A. Kenntnis von der ungerechtfertigten Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges in den von ihm selbst unterzeichneten Umsatzsteuererklärungen 2007 und 2008 hatte, welche er selbst am 6. Mai 2009 als Liquidator der Fa. V-GmbH bei der Abgabenbehörde einreichte. Er hat somit als gesetzlicher Vertreter der Fa. V-GmbH vorsätzlich durch Abgabe unrichtiger Umsatzsteuererklärungen eine abgabenrechtliche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht verletzt und dadurch eine Verkürzung an Umsatzsteuer 2007 in Höhe von € 24.652,00 und Umsatzsteuer 2008 in Höhe von € 17.401,00 zu bewirken versucht.
In dieser Beweiswürdigung wird der Unabhängige Finanzsenat auch durch den Umstand bestärkt, dass der Zweitbeschuldigte K.A. als Alleingesellschafter und Eigentümer der GmbH den alleinigen wirtschaftlichen Nutzen aus dieser versuchten Abgabenhinterziehung gehabt hätte und somit auch ein tragendes Motiv dafür hatte. Auch der Umstand, dass der Vorsteuerabzug aus den hier in Rede stehenden Rechnungen erstmalig mit den von K.A. abgegebenen (unrichtigen) Umsatzsteuererklärungen 2007 und 2008 zu einem Zeitpunkt geltend gemacht wurden, zu dem N.N. bereits aus der GmbH ausgeschieden war, spricht gegen seine leugnende Verfahrenseinlassung.
Dieses Ergebnis der Beweiswürdigung konnte auf Grund des Gesamtbildes der erdrückenden Beweis- und Indizienlage auch nicht dadurch erschüttert werden, dass K.A. vor dem Unabhängigen Finanzsenat vorbrachte, die zitierten Zeugen S.T. und T.T. seien N.N. nahe gestanden und hätten zuvor und auch danach in Baufirmen mit ihm gearbeitet und einer der beiden Arbeiter sei mit ihm sogar verwandt gewesen, da diese Aussagen sich insgesamt harmonisch in das Gesamtbild der Beweisergebnisse einfügen.
Auch konnte K.A. auf Vorhalt vor dem Berufungssenat nicht plausibel darlegen, warum er, sollte seine leugnende Rechtfertigung richtig sein, nach Aufdeckung der Scheinrechnungen durch die Außenprüfung (Oktober 2009), als ihm spätestens klar war, dass den seitens der Fa. V-GmbH bezahlten Rechnungen der Fa. B-GmbH keine Leistungen zugrunde lagen und er als Liquidator davon ausgehen musste, dass dieses Geld in die "Tasche" des N.N. geflossen ist, dieses Geld nicht zurückgefordert und ihn bei der Staatsanwaltschaft angezeigt hat. Seine diesbezügliche Verfahrenseinlassung, er habe nicht daran gedacht, von N.N. betrogen worden zu sein und auch nicht, dass er das Geld zurückfordern hätte können und auch das Vorbringen seines Verteidigers, aufgrund der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen des N.N. wäre eine Rückforderung des Geldes ohnehin aussichtslos gewesen, vermochten den erkennenden Berufungssenat nicht von seiner Unschuld zu überzeugen. Dies auch deswegen, weil das Schuldenregulierungsverfahren über N.N. erst mit Beschluss des BG D. vom 28. März 2011, AZ., also ca. eineinhalb Jahre nach der Aufdeckung der Scheinrechnungen durch die Außenprüfung eröffnet wurde, K.A. daher bei Aufdeckung der Scheinrechnungen von einer Aussichtlosigkeit eines Rückforderungsanspruches der GmbH noch gar nichts wissen konnte.
Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag auf Einvernahme des Zeugen G.W. zum Beweis dafür, dass N.N. als im Firmenbuch eingetragener Geschäftsführer auch tatsächlich die Leitung der Gesellschaft übernommen hat und auch als Geschäftsführer gegenüber diversen Firmen aufgetreten ist, Aufträge erteilt, Vertragsverhandlungen geführt hat, Zahlungen geleistet und entgegen genommen hat, ist der Unabhängige Finanzsenat deswegen nicht gefolgt, weil es nicht Sache des gegenständlichen Verfahren ist, ein Verschulden des bereits rechtskräftig wegen derselben Taten bestraften N.N. zu beurteilen und ein (übrigens bereits erbrachter) Nachweis des Verschuldens und der Mitverantwortlichkeit des Geschäftsführers ein Verschulden des Alleingesellschafters K.A. nicht ausschließt.
Insgesamt konnte der Beschuldigte durch seine im gesamten Verfahren an den Tag gelegte leugnende Verantwortung, im Rahmen derer er nur Sachverhaltselemente einbekannte, die ohnehin schon auf dem Tisch lagen und erwiesen waren, die oben dargestellte Beweislage und deren Würdigung nicht in Zweifel ziehen, sodass das Finanzvergehen der versuchten Abgabenhinterziehung gemäß §§ 13, 33 Abs. 1 FinStrG sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht erwiesen ist.
Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Schuld des Täters.
(2) Bei Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.
(3) Bei Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.
(4) Bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, hat die Bemessung der Geldstrafe mit mindestens einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen. Die Bemessung einer diesen Betrag unterschreitenden Geldstrafe aus besonderen Gründen ist zulässig, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt.
Entsprechend der Bestimmung des § 23 FinStrG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Schuld des Täters, wobei Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen und bei der Bemessung der Geldstrafe auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschuldigten zu berücksichtigen sind.
Ausgehend von einem hohen Grad des Verschuldens dahingehend, dass K.A. durch Geltendmachung des Vorsteuerabzuges aus gefälschten Rechnungen eine Abgabenhinterziehung herbeiführen wollte, sah der Unabhängige Finanzsenat bei der Strafbemessung als mildernd die finanzstrafbehördliche Unbescholtenheit des Beschuldigten sowie den Umstand, dass es beim Versuch der Taten geblieben ist an.
Diesen Milderungsgründen steht kein Erschwerungsgrund gegenüber.
Ausgehend von einer derzeit eingeschränkten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Zweitbeschuldigten K.A. (monatliches Einkommen € 900,000 bis € 1.200,00 als selbständiger Koch, kein Vermögen, persönliche Bankverbindlichkeiten bestehen in Höhe von ca. € 32.000,00 und schulden bei der WGKK in Höhe von € 4.250,00, keine Sorgepflichten) erweist sich nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates die aus dem Spruch der gegenständlichen Entscheidung ersichtliche Geldstrafe tat- und schuldangemessen.
Auch die gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit zu bemessende Ersatzfreiheitsstrafe entspricht nach Dafürhalten des erkennenden Berufungssenates dem festgestellten Verschulden unter Berücksichtigung der genannten Milderungsgründe.
Bedenkt man, dass der Beschuldigte keinerlei Schadensgutmachung geleistet und sich während des gesamten Verfahrens völlig leugnend und schulduneinsichtig verantwortet hat, sprechen auch generalpräventive Erwägungen, trotz eingeschränkter wirtschaftlicher Situation des Bw., gegen eine niedrigere Strafbemessung.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 17. April 2012
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 33 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |