UFS RV/3864-W/10

UFSRV/3864-W/1026.3.2012

Trinkgelder eines Spielinspektors in einem Pokercasino

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. vom 2. März 2009 gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf vom 16. bzw. 17. Februar 2009 betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2005 bis 2007 entschieden:

Die angefochtenen Bescheide werden wie mit Berufungsvorentscheidung abgeändert.

Entscheidungsgründe

Auf Grund einer Kontrollmitteilung, die im Gefolge einer GPLA-Prüfung beim Dienstgeber des Berufungswerbers (Bw.), der X.Ges.m.b.H., ausgefertigt worden war, wurden in wiederaufgenommenen Verfahren neue Sachbescheide betreffend Einkommensteuer der Streitjahre 2005 bis 2007 erlassen, in welchen zusätzlich zu den bisher bescheidmäßig erfassten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Bw. sonstige Einkünfte in Höhe von € 9.290,00 (im Einkommensteuerbescheid 2005 vom 16. Februar 2009), € 8.440,00 (im Einkommensteuerbescheid 2006 vom 16. Februar 2009) und € 10.215,00 (im Einkommensteuerbescheid 2007 vom 17. Februar 2009) zum Ansatz gelangten. Die Begründung zu diesen Bescheiden lautet:

"Die Einkünfte aus Trinkgeldern von der Firma X. wurden nach den vorliegenden Unterlagen in der Höhe von € 9.290,00 (bzw. € 8.440,00 bzw. € 10.215,00) der Einkommensteuer unterzogen."

Gegen diese Einkommensteuerbescheide berief der Bw. mit folgender Begründung:

"Meine Begründung liegt darin, dass ich keine zusätzlichen Einkünfte in Form von Trinkgeldern von der Firma X erhalten habe, wie es aus der Begründung Ihrer Bescheide ergeht.

Der Betrieb, in dem ich arbeite, ist kein Casino Austria Betrieb, wo den Dienstnehmern untersagt ist, Trinkgelder anzunehmen und in Form einer Cagnotte am Monatsende von dem Betrieb ausbezahlt wird.

Ich erhalte mein Trinkgeld täglich direkt vom Gast, das ich auch melde bezüglich der Abgaben an die Sozialversicherung, daher unterliegt auch nicht die Verteilung der Trinkgelder unter Einschaltung des Arbeitsgebers und es sind auch nicht Einkünfte durch dritte Seite. So die Information des Bundesministeriums für Finanzen zur Steuerfreiheit von Trinkgeldern.

Ich habe auch als Dienstnehmer keinerlei Rechtsansprüche auf dieses Trinkgeld, wie vom IAF, von der AK und auch vom Arbeitsgericht festgelegt wurde. ..."

In einem weiteren mit "Berufung" übertitelten Schriftsatz führte der Bw. aus:

"Gemäß § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 sind von der Einkommensteuer befreit:

Ortsübliche Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von dritter Seite freiwillig und, ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist. Dies gilt nicht, wenn auf Grund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen Arbeitnehmern die direkte Annahme von Trinkgeldern untersagt ist.

Die Regelung des § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 geht auf einen Initiativantrag (527/A XXII. GP ) zurück, dessen Begründung wie folgt lautete:

'Bislang unterliegen Kreditkartentrinkgelder der Lohnsteuer, während bare Trinkgelder im Rahmen von Lohnsteuerprüfungen nicht erfasst werden können. Damit ist es bislang ausschließlich der Steuerehrlichkeit des Trinkgeldempfängers überlassen, die Trinkgelder im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung anzugeben. Eine Überprüfungsmöglichkeit besteht praktisch kaum.

Eine Überwachung dieser baren Trinkgelder wäre jedenfalls nur mit einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand möglich. Auch eine Pauschalierung wäre undenkbar, da viele unterschiedliche Trinkgeldhöhen bestehen und eine Feststellung, wie Trinkgelder unter den Bediensteten aufgeteilt werden, nicht möglich ist.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie sollen daher alle von dritter Seite freiwillig an Arbeitnehmer gewährten ortsüblichen Trinkgelder, auf die der Arbeitnehmer jedoch keinen Rechtsanspruch hat, zur Gänze lohn- bzw. einkommensteuerfrei gestellt werden. Damit sollen in Hinkunft auch Kreditkartentrinkgelder von der Lohnsteuer befreit sein. Die Befreiung gilt auch für den Dienstgeberbeitrag (§ 41 Abs. 4 lit. c Familienlastenausgleichsgesetz 1967) sowie für die Kommunalsteuer (§ 5 Abs. 2 lit. c Kommunalsteuergesetz 1993).

Liegt jedoch eine gesetzliche Bestimmung oder eine lohngestaltende Vorschrift vor, die eine Annahme von Trinkgeld durch den Arbeitnehmer selbst verbietet und kommt es in der Folge zu einer Verteilung durch den Arbeitgeber an die Arbeitnehmer, ist wie bisher von voller Lohnsteuerpflicht auszugehen (z.B. § 27 Abs 3 Glücksspielgesetz).'

Der Gesetzestext wurde durch den Ausschussbericht (906 BlgNR XXII. GP ) noch insofern geändert, als die Befreiung nur für ortsübliche Trinkgelder gelten sollte, wobei ergänzend erläutert wurde:

'Unter ortsüblichen Trinkgeldern sind solche im Sinne der allgemeinen Verkehrsauffassung zu verstehen. Damit ist einerseits eine Unterscheidung auf Grund der geographischen Lage (beispielsweise Stadt, Land) und andererseits auch eine Branchendifferenzierung vorzunehmen (beispielsweise handwerkliche Berufe und Gastronomie). Innerhalb ein und derselben Branche ist ebenfalls eine abgestufte Betrachtung anzustellen (beispielsweise Haubenlokal und 'Beisl').'

Im konkreten Fall liegt unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen ein 'ortsübliches Trinkgeld' vor. Für einen Floorman in der Casinobranche ist ein monatliches Trinkgeld von € 700,- als ortsüblich und brachendifferenziert im Sinne allgemeinen Verkehrsauffassung anzusehen (siehe Entscheidungen des UFS betr. ortsübliches Trinkgeld).

In der Bescheidbegründung ist u.a. wie folgt ausgeführt: Die Benennung als 'Trinkgeld' alleine führt noch nicht zu einer Qualifizierung als Trinkgeld und löst damit noch nicht die Einkommensteuerbefreiung aus. Maßgeblich ist vielmehr der wirtschaftliche Gehalt.

Die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 bezieht sich auf ortsübliche Trinkgelder. Eine weitere Einschränkung ergibt sich dadurch, dass es sich um Beträge handeln muss, die zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung (arbeitsrechtlich) zu zahlen ist (Fuchs in Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Band III A Tz. 23a zu § 3).

Im vorliegenden Fall betragen meine monatlichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit € 967,- (nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge) - bestehen somit nicht ausschließlich oder überwiegend aus Trinkgeldern -, sodass von 'Trinkgeldern' im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 16a erster Satz EStG 1988 und somit von einer Einkommensteuerbefreiung der Trinkgelder auszugehen ist."

Der Bw. beantragte die ersatzlose Aufhebung der bekämpften Einkommenssteuerbescheide.

In einem Aktenvermerk vom 3. September 2009 über eine telefonische Rücksprache mit dem GPLA-Prüfer der X.Ges.m.b.H. (Dienstgeber des Bw.) wurde festgehalten, dass die Mitarbeiter Trinkgelder direkt von den Kunden erhalten hätten (daher seien die Beträge auch nicht im Zuge der Lohnsteuerprüfung versteuert worden); diese Trinkgelder seien am Lohnkonto als steuerfrei aufgezeichnet worden, daher resultiere die Höhe der Beträge der Kontrollmitteilung.

Aus einem weiteren Aktenvermerk vom 1. März 2010 über ein Telefonat mit dem GPLA-Prüfer geht hervor, dass die Trinkgelder in Form von Jetons an den Bw. gegeben worden seien; beim Umtausch in Geld sei der jeweilige Betrag auf das Lohnkonto gebucht und jedoch gleich wieder ausgebucht worden (vom Dienstgeber als steuerfrei gebucht worden).

Mit Berufungsvorentscheidungen vom 14. Juni 2010 wurden die angefochtenen Einkommensteuerbescheide insofern geändert, als die bisher als sonstige Einkünfte angesetzten Beträge nunmehr in gleicher Höhe als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, von welchen bisher kein inländischer Steuerabzug vorgenommen wurde, erfasst wurden; eine Änderung der Höhe der festgesetzten Einkommensteuern der Streitjahre ergab sich dadurch nicht.

Die gesondert zu diesen Bescheiden zugegangene Begründung lautet:

"Gemäß § 25 Abs. 1 lit. 1a EStG sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Der Begriff 'Bezüge und Vorteile' umfasst alle Einnahmen und geldwerten Vorteile, die dem Arbeitnehmer auf Grund des Dienstverhältnisses wiederkehrend oder einmalig (mehrmalig) zufließen. Ein Dienstverhältnis liegt dann vor, 'wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet' (§ 47 Abs. 2 EStG). Die Einnahmen müssen dem Empfänger deshalb zugute kommen, weil er in einem Dienstverhältnis steht; erforderlich ist ein 'enger' Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis (E 16.1.1991, 90/13/0285), die Einkünfte müssen ihre 'Wurzel' im Dienstverhältnis haben (Doralt, EStG 12. Lieferung, § 25 Tz 10ff). Entgelt von dritter Seite gehört zu den Vorteilen aus dem Dienstverhältnis, und zwar unabhängig davon, ob es mit oder gegen den Willen des Arbeitgebers vereinnahmt wird oder auch aus Dienstverfehlungen stammt (Doralt, EStG 12. Lieferung § 25 Tz 14).

Die Ihnen als 'Trinkgelder' zugeflossenen Beträge in Höhe von 2005: € 9.290,00, 2006: € 8.440,00 und 2007: € 10.215,00 sind daher eindeutig Vorteile aus dem Dienstverhältnis.

Nach § 3 (Abs. 1) Z 16a EStG sind ortsübliche Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von dritter Seite freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist, von der Einkommensteuer befreit. Demnach muss das Trinkgeld dem Arbeitnehmer anlässlich einer Arbeitsleistung zugewendet werden und die Zuwendung muss von dritter Seite stammen. Erfasst sind somit sowohl jene Fälle, in denen der Kunde das Trinkgeld direkt zuwendet, als auch jene, in denen Trinkgeld von einer anderen Person (als Durchlaufposten) gesammelt und dem jeweiligen Arbeitnehmer weitergleitet werden (zB Zahlkellner). Außerdem muss das Trinkgeld 'zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist'; wird das Entgelt unabhängig von einer solchen Leistung gezahlt, ist das Entgelt steuerpflichtig (Doralt, EStG 11. Lieferung § 3 Tz 122ff). Typische Trinkgelder sind die ortsüblichen und branchenabhängigen 5 - 15%, die zB. der/die Kellner/in für sein/ihr gutes Service bekommt oder der/die Friseur/in für einen gelungenen Haarschnitt. Diese Zahlungen erfolgen anlässlich einer Arbeitsleistung. Das Casino erbringt selbst keine Arbeitsleistung, die zu honorieren ist, sondern stellt nur das Umfeld für Glücksspiel zur Verfügung. Die Leistung des Casinos in dieser Form wird nicht entlohnt, sondern die Gewinne eines Casinos bestehen aus den Verlusten der Spieler. Verliert nun ein Spieler, so erbringt dieser keine Gegenleistung für sein getätigtes Spiel. Er erhält lediglich seinen Spieleinsatz nicht mehr zurück. Gibt ein Spieler nun einem Croupier oder Floorman Geld, was er wohl nur bei einem Gewinn tun wird, kann mangels unmittelbaren Leistungsaustausch keine Rede davon sein, dass dieser Geldfluss 'anlässlich einer Arbeitsleistung (...) zusätzlich zu dem Betrag gegeben wird, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist'. Denn dies würde bedeuten, dass die Arbeitnehmer den Spielfluss beeinflussen können und würden.

Da somit die Voraussetzungen für ein Trinkgeld iSd § 3 (Abs. 1) Z 16a EStG nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden."

Laut Aktenvermerk über ein Telefonat des Bw. mit dem Finanzamt vom 12. Juli 2010 handle es sich bei der X um ein Pokercasino. Der Bw. sei Saalchef (Floorman) - kümmere sich um Wohlergehen der Gäste, führe diese zu den Tischen, räume Tische ab und habe auch Kassatätigkeit (Chipwechsel).

Mit am gleichen Tag abgesandten Schriftsatz stellte der Bw. folgenden Vorlageantrag:

"Gemäß § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 sind von der Einkommenssteuer befreit:

Ortsübliche Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von dritter Seite freiwillig und, ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist.

Meine Arbeitsleistung basiert auf einem frei vereinbarten Dienstvertrag als Spielinspektor abgeschlossen mit der Fa. X am 01.01.2004.

Mein Dienstort ist das Casino.... Die Firma X bietet im Rahmen seiner Spielbetriebe von den insgesamt 150 verschiedenen Pokervarianten die 6 gängigsten an.

Poker gilt als Geschicklichkeitsspiel, nicht als Glückspiel.

Im Gegensatz zu den Casino Austria AGs spielen die Pokerspieler ausschließlich gegeneinander und nicht gegen die "Bank" bzw. das Casino. Es wird lediglich ein kleiner prozentueller Anteil aus dem Pot, den getätigten Einsätzen der teilnehmenden Spieler, für die Fa. X einbehalten.

Damit ist ausgeschlossen, dass die Arbeitnehmer den Spielfluss beeinflussen.

Mein Aufgabenbereich als Spielinspektor umfasst:

- Abrechnung der Tageseinnahmen - Kassatätigkeit wie Wechseln von Bargeld und Spieljetons und Auszahlung von Gewinnen an Spielautomaten - Erstellung des Dienstplans für Service, Küche, Security, Kartendealer und Spielinspektoren - Führen der Stundenlisten aller Angestellten im Betrieb - Zuweisung der Kartendealer zu den Pokertischen - Spielentscheidungen bei strittigen Spielsituationen - Zuweisung und Reservierung für Spieler an den Pokertischen - Planung und Durchführung von Pokerturnieren - Begrüßung, Small Talk und Schaffung eines angenehmen Ambientes für die Gäste

Zusammengefasst bin ich für alle Aufgaben zuständig, die nötig sind, um den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten.

Ich erhalte Trinkgelder täglich direkt vom Gast. Für einen Spielinspektor in der Casinobranche ist ein monatliches Trinkgeld von € 700,- bis € 800,- als ortsüblich und branchendifferenziert im Sinne der allgemeinen Verkehrsauffassung anzusehen.

Diese Trinkgelder werden weder aufgezeichnet noch aufgeteilt.

Im Falle von Abwesenheiten (Urlaub, Krankenstand, ... ) erhalte ich kein Trinkgeld.

Die Trinkgelder unter Kollegen differieren nur unsignifikant."

Der Bw. wiederholte seinen Antrag auf ersatzlose Aufhebung der Einkommenssteuerbescheide.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Bw. ist/war auf Grund eines im Jänner 2004 mit der X.Ges.m.b.H. abgeschlossenen Dienstvertrages als Spielinspektor in einem Spielbetrieb tätig, in dem die gängigsten Pokervarianten angeboten werden/wurden (Vorlageantrag, Aktenseite 51/2005). Von der X wird/wurde ein Pokercasino betrieben (Aktenvermerk vom 12. Juli 2010, Aktenseite 47/2005).

Zu den Aufgaben des Bw. gehörten die Sorge um das Wohlergehen der Gäste, das Begleiten zu den (Spiel)Tischen und das Wechseln von Geld in Chips, das Abräumen der (Spiel)Tische (Aktenvermerk, Aktenseite 47/05).

Der Bw. erhielt sein Trinkgeld täglich direkt vom Gast (Berufung vom 2. März 2009, Aktenseite 14/2005).

Auch die übrigen Mitarbeiter erhielten die Trinkgelder direkt von den Kunden (Aktenvermerk vom 3. September 2009, Aktenseite 22/2005).

Im Falle von Abwesenheiten (Urlaub, Krankenstand, etc.) erhält/erhielt man kein Trinkgeld (Vorlageantrag, Aktenseite 52/2005).

Die Trinkgelder wurden auf dem jeweiligen Lohnkonto des Dienstnehmers aufgezeichnet (und konnten auf Grund dieser Aufzeichnungen mittels Kontrollmitteilung an das Finanzamt gemeldet werden) (Aktenvermerk vom 3. September 2009, Aktenseite 22/2005).

Die Trinkgelder unter den Kollegen differieren nicht wesentlich (Vorlageantrag, Aktenseite 52/2005) (welche Angabe des Bw. durch die diesbezüglichen Ermittlungen der Abgabenbehörde verifiziert werden konnte).

In den einzelnen Jahren betrugen die erhaltenen Trinkgelder des Bw.:

2005

9.290,00 €

2006

8.440,00 €

2007

10.215,00 €

Die vom Arbeitgeber bezahlten steuerpflichtigen Bezüge hatten folgende Höhe:

2005

7.190,18 €

2006

7.985,77 €

2007

9.434,49 €

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 sind von der Einkommensteuer befreit: Ortsübliche Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von dritter Seite freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist. Dies gilt nicht, wenn auf Grund gesetzlicher Bestimmungen Arbeitnehmern die direkte Annahme von Trinkgeldern untersagt ist.

Die Steuerfreiheit von Trinkgeldern wurde mit BGBl. I 35/2005 und dem Ziel normiert, die ungleichmäßige Besteuerung aufgrund der verschiedenen Auszahlungsarten hintanzuhalten. Inwieweit überhaupt Trinkgelder (und nicht versteckte Löhne) vorliegen, ist anhand wirtschaftlicher Kriterien zu entscheiden (Jakom, Laudacher EStG, § 3 Rz. 83).

Bei der Beurteilung der Steuerfreiheit von ortsüblichen Trinkgeldern kommt es auch auf den wirtschaftlichen Gehalt an. Trinkgelder sind daher im Hinblick auf einen etwaigen Lohncharakter zu beurteilen. Eine weitere Einschränkung ergibt sich dadurch, dass es sich um Beträge handeln muss, die zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung (arbeitsrechtlich) zu zahlen ist (Fuchs in Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Band III A Tz 23a zu § 3).

Die Berufungsentscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom 10.08.2010, RV/0750-L/09, entschied hinsichtlich des folgenden Sachverhaltes, der einen Spielinspektor eines Pokercasinos betroffen hatte:

Ursprünglich (vor August 2004) hat der Dienstgeber die Aufteilung der Trinkgeldcagnotte übernommen. Nunmehr sind aus betrieblichen Sparmaßnahmen diese vom Dienstnehmer selbst zu verwalten. Da nunmehr der Berufungswerber selbst seine "Trinkgelder" verwaltet und dem Arbeitgeber monatlich bekannt gibt, stellt sich hier die Frage, ob hier tatsächlich Trinkgelder im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 vorliegen oder ob diese nicht doch ein Teil der (zu versteuernden) Entlohnung sind.

Anschließend wurde erwogen wie folgt:

Wirtschaftlich betrachtet bildeten die "Trinkgelder" einen wesentlichen Teil seines Arbeitseinkommens schlechthin. Aus der vom übereinstimmenden Willen der beiden Vertragsparteien getragenen Regelung geht hervor, dass zusätzlich zum monatlichen Gehalt, eine erfolgsabhängige Prämie aus der Trinkgeldcagnotte bezahlt wird (Dienstvertrag Artikel 8 - Entlohnung). Auch wenn eine fixe Auszahlung nicht garantiert war, stellt diese Zahlung doch einen integrierenden Bestandteil der Entlohnung des Berufungswerbers dar. Somit waren die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 Z 16a erster Satz EStG 1988 nicht erfüllt. Abschließend sei bemerkt, dass der im gegenständlichen Rechtsmittelverfahren zu Grunde liegende Sachverhalt in der hier rechtserheblichen Hinsicht mit jenen in den h.a. Berufungsentscheidungen vom 3. April 2007, RV/0049-I/07; vom 23. Juli 2007, RV/0053-I/07; vom 21. August 2007, RV/2355-W/07 und vom 17. September 2007, RV/0775-W/06 entschiedenen Berufungsverfahren weitgehend übereinstimmt. Allein aus dem Unterschied in der verwaltungstechnischen Abwicklung kann keine andere rechtliche Würdigung gerechtfertigt werden.

Unter ortsüblichen Trinkgeldern sind laut den Erläuterungen des Finanzausschusses solche im Sinne der allgemeinen Verkehrsauffassung zu verstehen. Damit ist einerseits eine Unterscheidung auf Grund der geographischen Lage (beispielsweise Stadt, Land) und andererseits auch eine Branchendifferenzierung vorzunehmen (beispielsweise handwerkliche Berufe und Gastronomie). Innerhalb ein und derselben Branche ist ebenfalls eine abgestufte Betrachtung anzustellen (beispielsweise Haubenlokal und 'Beisl').

Eine allgemeingültige Aussage darüber zu treffen, bis zu welchem Betrag bei Trinkgeldern von Ortsüblichkeit gesprochen werden kann, ist daher naturgemäß schwierig. Für mehrere Branchen (zB Gastgewerbe) wurden für Sozialversicherungszwecke daher Trinkgeldpauschalen festgelegt. Gemäß § 44 Abs. 3 ASVG hat die Festsetzung dieser Pauschalbeträge grundsätzlich unter Bedachtnahme auf die durchschnittliche Höhe der Trinkgelder, wie sie erfahrungsgemäß den Versicherten in dem betreffenden Erwerbszweig zufließen, zu erfolgen.

Beispielsweise betragen diese für das Hotel- und Gastgewerbe in Niederösterreich ab Mai 2008 für das Servierpersonal mit Inkasso grundsätzlich € 29,07 pro Monat. Setzt man das Pauschale in ein Verhältnis zum Mindestlohn eines Oberkellners mit mindestens fünf Servierkräften (Monatslohn € 1.592,00), so beträgt die pauschale Trinkgeldkomponente 1,83 % des Monatslohnes.

Stellt man dieser beispielhaft genannten Trinkgeldkomponente die konkrete Situation im Falle des Bw. gegenüber, zu welchem Zweck auf die Beträge gemäß den obigen Tabellen verwiesen wird, bedarf es keiner weiteren Ausführungen, dass im Sinne der wiedergegebenen Rechtsausführungen von einem ortsüblichen (und daher steuerfrei zu belassenden) Trinkgeld keine Rede sein kann.

Wien, am 26. März 2012

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Stichworte