Wirkung eines auf Grund der Änderung des Stammabgabenbescheides ergangenen Anspruchszinsenbescheides
Entscheidungstext
Bescheid
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Referenten R. die Berufungen der Bw., vertreten durch Dkfm. Martin Wirtschaftstreuhand- und SteuerberatungsgesmbH, 4320 Perg, Linzer Straße 36, vom 23. Jänner 2009 ge¬gen die Bescheide des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vertreten durch ADir. Johann Wurm vom 9. Jänner 2009 be¬tref¬fend Einkommensteuer 2005 und Anspruchszinsen 2005 vom 9. Jänner 2009 gemäß § 274 zweiter Satz der Bundes¬abgaben¬ord¬nung (BAO), BGBl Nr. 1961/194 idgF, als gegen¬stands¬los erklärt.
Begründung
Das Finanzamt stellte mit Bescheid vom 27. Februar 2007 gegenüber der Berufungswerberin (Bw.) die im Kalenderjahr 2005 erzielten Einkünfte gemäß § 188 BAO fest.
Auf Grund des Prüfungs- und Nachschauauftrages vom 29. August 2008 fand hinsichtlich der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für 2006 eine Außenprüfung statt. Im Zuge dieser Prüfung wurden auch Feststellungen hinsichtlich des Kalenderjahres 2005 getroffen.
Mit dem Bescheid vom 23. Jänner 2009 hat das Finanzamt die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO betreffend die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2005 verfügt. Gleichzeitig erging mit dem gleichen automationsunterstützt erstellten Ausdruck der Bescheid betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Kalenderjahr 2005.
Das Finanzamt setzte mit dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 2005 vom 9. Jänner 2009 die Einkommensteuer mit 1.869,82 Euro fest. Gleichzeitig wurden Anspruchszinsen in Höhe von 216,30 Euro festgesetzt.
Mit dem Anbringen vom 23. Jänner 2009 wurde mit der Begründung, dass kein Wiederaufnahmsgrund vorliege, Berufung gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO betreffend die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO 2005 eingebracht. Auch der Bescheid vom 19. Dezember 2008 betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Kalenderjahr 2005 wurde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit angefochten. In der gegenständlichen Berufung beantragte die Berufungswerberin (Bw.) die Bescheide über die Festsetzung der Einkommensteuer und der Anspruchszinsen für 2005 aufzuheben, da diese rechtswidrig ergangen seien.
Die Berufungen wurden dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.
Der Unabhängige Finanzsenat hat mit dem Bescheid vom 11. Jänner 2012, RV/0739-L/09, RV/0697-L/09 über die Berufungen ge¬gen die Bescheide vom 19. Dezember 2008 be¬tref¬fend Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO betreffend die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2005 und Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Kalenderjahr 2005 ent¬schieden, dass die Berufung be¬tref¬fend Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO betreffend die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO 2005 gemäß § 273 Abs. 1 der Bundes¬ab¬gaben¬ord¬nung (BAO), BGBl Nr. 1961/194 idgF, als un¬zu¬lässig zurück¬ge¬wiesen wird und der Bescheid vom 19. Dezember 2008 betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Kalenderjahr 2005 aufgehoben wird.
Mit dem gemäß § 295 Abs. 1 BAO ergangenen Einkommensteuerbescheid für 2005 vom 15. Februar 2012 wurde die Einkommensteuer mit 0,00 Euro festgesetzt. Gleichzeitig wurden Anspruchszinsen mit einer sonstigen Gutschrift in Höhe von 216,30 Euro festgesetzt.
Der Bw. wurde dieser Umstand mit Vorhalt vom 16. Februar 2012 zur Kenntnis gebracht. Eine Stellungnahme oder Zurücknahme der Berufung unterblieb.
Zu den Berufungen wurde erwogen:
Tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Berufung angefochtenen Bescheides, so gilt gemäß § 274 BAO die Berufung als auch gegen den späteren Bescheid gerichtet. Soweit der spätere Bescheid dem Berufungsbegehren Rechnung trägt, ist die Berufung als gegenstandslos zu erklären.
§ 274 BAO ist anwendbar bei nachträglich (gemäß den §§ 295 bis 298 BAO) geänderten Bescheiden. Die gegen den durch einen späteren Bescheid ersetzten Bescheid gerichtete Berufung ist, soweit der spätere Bescheid dem Berufungsbegehren Rechnung trägt, nach § 274 zweiter Satz als gegenstandslos zu erklären.
Der Gegenstandsloserklärungsbescheid muss nicht "zugleich" mit dem späteren Bescheid erlassen werden. Daher lässt sich aus § 274 BAO keine Zuständigkeit für die Gegenstandsloserklärung ableiten. Sachlich zuständig zur Erlassung des Gegenstandsloserklärungsbescheides ist sowohl die Abgabenbehörde erster als auch jene zweiter Instanz.
Zur Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 9. Jänner 2009:
Da der gemäß § 295 Abs. 1 BAO erlassene Einkommensteuerbescheid für 2005 vom 15. Februar 2012 dem Berufungsbegehren der Bw. vollinhaltlich Rechnung trägt, war die Berufung vom 9. Jänner 2009 betreffend Einkommensteuer 2005 als gegenstandslos zu erklären.
Zur Berufung gegen den Anspruchszinsenbescheid 2005 vom 9. Jänner 2009:
Ändert sich die Bemessungsgrundlage von Anspruchszinsen mit der Höhe der festgesetzten Abgabe, bietet eine verfahrensrechtliche Handhabe zur Anpassung der Anspruchszinsenfestsetzung § 295 Abs. 3 BAO(vgl. VwGH 27. 8. 2008, 2006/15/0150). Dem Umstand, dass der der Anspruchszinsenfestsetzung zu Grunde liegende Abgabenbescheid (Einkommensteuerbescheid für 2005 vom 9. Jänner 2009) abgeändert wurde, wurde mit dem an den Abänderungsbescheid gebundenen neuen Anspruchszinsenbescheid vom 15. Februar 2012 Rechnung getragen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28. 5. 2009, 2006/15/0316) ist ausreichend, wenn von Amts wegen ein weiterer Zinsenbescheid ergeht, ohne dass eine Abänderung des ursprünglichen - wirkungslos gewordenen - Zinsenbescheides zu erfolgen hat. Damit wurde dem Berufungsbegehren, das die Aufhebung des Anspruchszinsenbescheides vom 9. Jänner 2009 zum Ziel hatte, mit dem Anspruchszinsenbescheid vom 15. Februar 2012, der eine sonstige Gutschrift in Höhe von 216,30 Euro festsetzt, über dem Berufungsantrag hinaus Rechnung getragen. Somit liegen die Voraussetzungen für die Gegenstandsloserklärung gemäß § 274 BAO vor.
Die anderslautende Literaturmeinung (Ritz, BAO4, § 205 Tz. 36), wonach bei nachträglicher Änderung des Stammabgabenbescheides mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen Zinsenbescheid (zB Gutschriftszinsen als Folge des Wegfalles einer rechtswidrigen Nachforderung) Rechnung getragen wird und ein weiterer Zinsenbescheid, jedoch keine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides erfolgt, widerspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Dieser vertritt in den Erkenntnissen vom 27. 8. 2008, 2006/15/0150 und vom 28. 5. 2009, 2006/15/0316 im Falle der nachträglichen Abänderung des Stammabgabenbescheides die Anwendbarkeit des § 295 Abs. 3 BAO. Der Unabhängige Finanzsenat folgt der zitierten ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und sieht in diesem Sinne den auf Grund der Änderung des Stammabgabenbescheides ergangenen Anspruchszinsenbescheid vom 15. Februar 2012 als einen den ursprünglichen Anspruchszinsenbescheid vom 9. Jänner 2009 ersetzenden und nicht hinzutretenden Bescheid.
Gemäß § 284 Abs. 3 BAO kann ungeachtet eines Antrages (§ 284 Abs. 1 Z 1 BAO) von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn die Berufung als gegenstandslos (§ 274 BAO) zu erklären ist.
Linz, am 13. März 2012
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 274 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise: | VwGH, 2006/15/0150 |