UFS RV/0697-G/11

UFSRV/0697-G/1122.2.2012

Investitionszuwachsprämie: Kein wirtschaftliches Eigentum des Leasingnehmers an den geleasten Fahrzeugen bei Teilamortisationsverträgen

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom 5. Dezember 2005 gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom 7. November 2005 betreffend Investitionszuwachsprämie 2004 nach zuvor durchgeführter mündlicher Verhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst B-GmbH (in der Folge: GmbH) betrieb laut amtlichem Fragebogen den "Transport von Gütern aller Art". Geschäftsführerin war IA. Der Ehemann von IA, SA, ist (nach Gesellschaftsumwandlung) seit dem Jahr 1996 als Einzelunternehmer im Transportgewerbe tätig.

In einer am 20. Jänner 2005 eingereichten Beilage zur Körperschaftsteuererklärung machte die GmbH für das Jahr 2004 eine Investitionszuwachsprämie im Betrag von 515.208,18 € ua für 50 Sattelzugmaschinen, 31 Sattelanhänger und einen Kastenwagen geltend. Das Finanzamt schrieb der GmbH die Investitionszuwachsprämie am 21. Februar 2005 am Abgabenkonto gut. Nach Durchführung einer Außenprüfung und Nachschau versagte das Finanzamt der GmbH die Investitionszuwachsprämie für alle 50 Sattelzugmaschinen, für elf (der 31) Sattelanhänger sowie für den Kastenwagen und setzte die Prämie mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 7. November 2005 mit dem Betrag von 55.491,55 € (Abgabennachforderung: 459.715,63 €) fest.

Zum näheren Sachverhalt wird auf die Berufungsentscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom 14. Oktober 2008, RV/0681-G/05, verwiesen. Zum Verständnis der Zeugenaussagen wird ergänzt, dass - wie erst im Zuge der Zeugeneinvernahme des JH (ehemals zuständiger Sachbearbeiter und Prokurist der Leasinggesellschaft) neu hervor gekommen ist - die Laufzeit der betroffenen Leasingverträge im Jahr 2005 aus wirtschaftlichen Gründen (zu hohe Leasingraten) nachträglich auf drei Jahre verlängert wurde, die Fahrzeuge jedoch aufgrund unterlassener Anpassung der Service- und Reparaturverträge vom Fahrzeuglieferanten zurückgenommen und im Jahr 2007 neue Leasingfahrzeuge geliefert wurden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist, ob der GmbH im Zusammenhang mit den im Sachverhalt erwähnten Fahrzeugen die Investitionszuwachsprämie 2004 vom Finanzamt zu Unrecht aberkannt wurde.

In der Berufungsentscheidung vom 14. Oktober 2008, RV/0681-G/05, hat der unabhängige Finanzsenat die Prämienbegünstigung für die geleasten Fahrzeuge mangels wirtschaftlichen Eigentums der GmbH versagt und die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Diese Berufungsentscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 7. Juli 2011, 2008/15/0320, als rechtswidrig aufgehoben, weil der unabhängige Finanzsenat eine von Seiten der GmbH behauptete verbindliche Vereinbarung mit der Leasinggesellschaft über ein Rücknahmerecht bzw. eine Rücknahmeverpflichtung der GmbH zu Vertragsende als nicht maßgeblich für die rechtliche Beurteilung (Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums) angesehen und deshalb die beantragte Einvernahme von Zeugen unterlassen hat.

Im fortgesetzten Verfahren hatte der unabhängige Finanzsenat nun zur Frage des Bestehens einer solchen verbindlichen Vereinbarung - auf Antrag des damaligen steuerlichen Vertreters der GmbH laut Schreiben vom 19. Juni 2008 - die Zeugeneinvernahme des FB (ehemals Geschäftsführer der Leasinggesellschaft) und des JH (ehemals zuständiger Sachbearbeiter und Prokurist der Leasinggesellschaft) sowie - im fortgesetzten Verfahren auf Antrag des Masseverwalters - die Zeugeneinvernahme des SA, des MM (bis September 2005 im Firmenbuch eingetragener Gesellschafter und ehemals für den kaufmännischen Bereich der GmbH zuständig) sowie des JW (seit 30. September 2005 im Firmenbuch eingetragener Gesellschafter der GmbH) durchzuführen.

Beweisfrage in dem genannten Schreiben ist, ob es - rechtlich verbindlich berechtigend und verpflichtend(!) - vereinbart war, dass die GmbH die Fahrzeuge "nach Ablauf der Leasingdauer in jedem Fall zum Restwert bzw. bei vorfälliger Beendigung des Vertrages zum jeweils aushaftenden Betrag übernimmt."

Die Zeugen FB (niederschriftlich einvernommen am 16. September 2011) und JH (niederschriftlich einvernommen am 21. Oktober 2011) sagten beim unabhängigen Finanzsenat übereinstimmend aus, dass es eine solche Vereinbarung zwischen der Leasinggesellschaft und der GmbH nicht gegeben hat.

Der Zeuge SA (niederschriftlich einvernommen am 9. Dezember 2011) sagte beim unabhängigen Finanzsenat aus, dass er von einer solchen Vereinbarung nichts wisse und die ihm vorgehaltenen Aussagen der Zeugen FB und JH wohl richtig sein würden.

Der Zeuge MM (niederschriftlich einvernommen am 24. Jänner 2012) sagte beim unabhängigen Finanzsenat aus, dass er nicht wisse, ob es über die in den schriftlichen Vertragsurkunden mit der Leasinggesellschaft getroffenen Vereinbarungen hinaus auch mündliche Nebenabreden gegeben habe und - nach Vorhalt der Beweisfrage - er über eine solche Vereinbarung auch nichts wisse.

Der Zeuge JW (aus gesundheitlichen Gründen schriftlich einvernommen) gab gegenüber dem unabhängigen Finanzsenat nach schriftlichem Vorhalt der Beweisfrage bekannt, dass er bezüglich der (Anmerkung: hier maßgeblichen) Verträge, die dem Antrag auf Gewährung einer Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2004 zu Grunde lägen, keine Angaben aus eigener Kenntnis machen könne, weil er zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Unternehmen tätig gewesen sei. Bei den Verträgen, die im Jahr 2005 abgeschlossen worden seien, sei neben den vertraglichen Inhalten im Leasingvertrag verbindlich vereinbart gewesen, dass die Leasingnehmerin die Fahrzeuge am Ende der Laufzeit übernimmt. Zur eigenen Absicherung der Leasingnehmerin sei auch eine feste Rücknahmevereinbarung mit dem Fahrzeuglieferanten geschlossen worden, in welcher dieser fixe Werte für die Rücknahme des Leasingfahrzeuges zu bestimmten Fristen zugesichert habe. Im Rahmen dieser Vertragsgespräche habe der Vertreter der Leasinggesellschaft immer wieder darauf hingewiesen, dass dies die gleiche Vereinbarung wie die aus dem Jahre 2004 dem Grunde nach sei. Lediglich die Werte seien auf Grund der geänderten Marktgegebenheiten hier different. Dies habe ihm auch das Ehepaar-A bestätigt, so dass er keinerlei Zweifel an den Angaben des Mitarbeiters der Leasinggesellschaft gehabt habe. Seines Wissens nach sei auch eine entsprechende Aktennotiz des vorgenannten Inhaltes gefertigt worden, die von den Vertragsparteien wechselseitig unterzeichnet worden sei. Soweit es ihm erinnerlich sei, habe es auch eine ähnlich lautende Vereinbarung für die vorhergehenden Verträge gegeben. Jedoch könne neben dem Ehepaar-Anur Herr MM hierzu Angaben machen. Da dem Masseverwalter jedoch alle Leasingakten übergeben worden seien, müsste sich die jeweilige Aktennotiz in der sogenannten Hauptakte, nicht bei den Einzelverträgen befinden.

Vor Würdigung der Zeugenaussagen ist festzuhalten, dass es unstrittig ist, dass sich der Fahrzeuglieferant gegenüber der GmbH in den beiden Auftragsbestätigungen (6. September 2004 und 8. September 2004) bereit erklärt hat, die Fahrzeuge unter bestimmten Voraussetzungen zurückzunehmen (siehe dazu Seite 2 und 3 der Berufungsentscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom 14. Oktober 2008, RV/0681-G/05).

Davon zu unterscheiden ist die für den Ausgang des Berufungsverfahrens entscheidende Beweisfrage, ob die GmbH mit der Leasinggesellschaft - rechtlich verbindlich berechtigend und verpflichtend(!) - vereinbart hatte, die Fahrzeuge nach Ablauf der Leasingdauer in jedem Fall zum Restwert bzw. bei vorfälliger Beendigung des Vertrages zum jeweils aushaftenden Betrag zu übernehmen.

Sämtliche Zeugen - abgesehen vom Zeugen JW - haben das Bestehen einer solchen Vereinbarung, die die GmbH rechtlich verbindlich zur Übernahme der Fahrzeuge nach Vertragsbeendigung berechtigte bzw. verpflichtete, entweder verneint oder konnten darüber mangels Wissens keine Auskunft geben.

Was die Aussage des Zeugen JW betrifft, so geht der unabhängige Finanzsenat in freier Beweiswürdigung davon aus, dass es zwischen den Vertretern der Leasinggesellschaft und den Vertretern der GmbH als Leasingnehmerin Gespräche bezüglich der vom Fahrzeuglieferanten gegenüber der GmbH abgegebenen Rücknahmeerklärungen gegeben hat und sowohl die Vertreter des Leasinggebers als auch jene der GmbH lediglich davon ausgegangen sind, dass die GmbH die Fahrzeuge nach Vertragsende übernehmen und an den Fahrzeuglieferanten zurückgeben werde und darüber wohl auch eine entsprechende Aktennotiz angefertigt wurde (die jedoch nach Aussage des Masseverwalters in der mündlichen Verhandlung bei den ihm vorliegenden Unterlagen nicht aufgefunden werden konnte). Dieser Umstand, dass sowohl der Leasinggeber als auch die GmbH davon ausgegangen sind, dass die GmbH die Fahrzeuge nach Vertragsende übernehmen und an den Fahrzeuglieferanten zurückgeben werde, ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einer rechtlich verbindlichen Vereinbarung, die die GmbH als Leasingnehmerin berechtigt bzw. verpflichtet hätte, die Fahrzeuge nach Vertragsende zu kaufen. Dass eine solche rechtlich verbindliche Vereinbarung nicht bestanden hat, haben die Zeugeneinvernahmen der Vertreter der Leasinggesellschaft glaubwürdig bestätigt.

Der unabhängige Finanzsenat geht daher nach Durchführung aller beantragten Zeugeneinvernahmen in freier Beweiswürdigung davon aus, dass es keine rechtlich verbindlichen Vereinbarung zwischen der Leasinggesellschaft und der GmbH gegeben hat, die diese als Leasingnehmerin berechtigt bzw. verpflichtet hatte, die Fahrzeuge nach Vertragsende zu kaufen. Da der GmbH als Leasingnehmerin keine rechtsverbindliche "Kaufoption zum Restwert" eingeräumt wurde, war das Risiko der Wertminderung und die Chance der Wertsteigerung nicht auf ihrer Seite gelegen.

Vor diesem im Wege der Beweiswürdigung gewonnenen Sachverhaltsergebnis waren die Leasingfahrzeuge wirtschaftlich nicht der GmbH zuzurechnen. Auf die rechtlichen Ausführungen im Erwägungsteil der Berufungsentscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom 14. Oktober 2008, RV/0681-G/05, wird verwiesen.

Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

Graz, am 22. Februar 2012

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 108e Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 24 Abs. 1 lit. d BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Verweise:

UFS 14.10.2008, RV/0681-G/05

Stichworte