UFS RV/0271-F/11

UFSRV/0271-F/114.1.2012

Verzicht auf ein Wohnrecht ist eine Leistung iSd § 29 Z 3 EStG

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bfadr, vertreten durch Plankel Mayrhofer & Partner, Rechtsanwälte, 6850 Dornbirn, Am Rathauspark, vom 16. Mai 2011 gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch vom 18. April 2011 betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2007, Einkommensteuer 2007 sowie Anspruchszinsen 2007 entschieden:

Die Berufungen betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2007 sowie Anspruchszinsen 2007 werden als unbegründet abgewiesen.

Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 wird im Umfang der Berufungsvorentscheidung vom 6. Juni 2011 abgeändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungsführer erhielt von seiner 2006 verstorbenen Lebensgefährtin ua ein Wohnungsgebrauchsrecht an der Wohnung X als Legat. Der Berufungsführer hat dieses Legat in der Verlassenschaftsabhandlung vom 11. Juli 2007 angenommen.

Der Berufungsführer und Frau A haben am 31. August 2007 folgende Vereinbarung abgeschlossen:

"I.

Im Verlassenschaftsverfahren nach der 2006 verstorbenen [Erblasserin], [...] hat Frau A dem Berufungsführer das lebenslängliche und unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht für den persönlichen Bedarf im Erdgeschoss des Hauses X eingeräumt (Niederschrift vom 11.7.2007).

Eigentümerin der belasteten Liegenschaft X ist Frau A.

II.

[Der Berufungsführer] verzichtet hiemit vorbehaltlos auf das zu seinen Gunsten eingeräumte Wohnungsgebrauchsrecht hinsichtlich der Liegenschaft X und verpflichtet sich, die von diesem Wohnungsgebrauchsrecht umfassten Räumlichkeiten bis spätestens 30. September 2007 von seinen Fahrnissen geräumt und besenrein an Frau A zu übergeben. A nimmt diesen Verzicht auf das Wohnungsgebrauchsrecht ausdrücklich zur Kenntnis und an.

Sollte das Wohnungsgebrauchsrecht [vom Berufungsführer] aufgrund des Ergebnisses des Verlassenschaftsverfahrens nach [der Erblasserin] im Grundbuch eingetragen werden, so erteilen die Vertragsparteien hiemit ihre ausdrückliche Einwilligung zur Einverleibung der Löschung der Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechtes für [den Berufungsführer].

III.

Als Gegenleistung für diesen Verzicht auf das Wohnungsgebrauchsrecht hat die Liegenschaftseigentümerin A an [den Berufungsführer] einen Betrag in Höhe von EUR 20.000,-- (Euro zwanzigtausend) binnen 14 Tagen spesen- und abzugsfrei zu bezahlen. Auf eine Verzinsung, Wertsicherung und Sicherstellung dieses Betrages wird bis zur Fälligkeit verzichtet. Im Falle des Zahlungsverzuges sind Verzugszinsen in der Höhe von 6 %p.a. zu leisten. Weiters wird ausdrücklich auf die treuhändige Abwicklung dieser Kaufpreiszahlung verzichtet.

Die Vertragsparteien halten fest, dass [der Berufungsführer] bereits sämtliche Betriebskosten bis 30. September 2007 beglichen hat, sodass diesbezüglich von Herrn [Berufungsführer] keine Zahlungen mehr zu leisten sind.

IV.

Die mit der Errichtung dieses Vertrages verbundenen Kosten gehen zu Lasten der Liegenschaftseigentümerin A.

V.

Mündliche Nebenabreden bestehen zu dieser Vereinbarung nicht. Änderungen dieser Vereinbarung bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform, ebenso das Abgehen von dieser Schriftformklausel."

Der Berufungsführer hat eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2007 beim Finanzamt Feldkirch eingereicht.

Das Finanzamt Feldkirch hat auf Grund dieser Erklärung mit Bescheid vom 9. Mai 2008 die Einkommensteuer für das Jahr 2007 erklärungsgemäß festgesetzt.

Mit Kontrollmitteilung vom 1. März 2011 hat das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel dem Finanzamt Feldkirch die oa Vereinbarung zwischen dem Berufungsführer und Frau A übermittelt.

Im Ersuchen um Ergänzung vom 3. März 2011 hat das Finanzamt Feldkirch dem Berufungsführer mitgeteilt, dass er nach einer vorliegenden Mitteilung Einkünfte im Zusammenhang mit der Veräußerung eines Wohnrechtes bezogen habe. Der Berufungsführer wurde gebeten, dazu Stellung zu nehmen.

Mit Bescheiden vom 18. April 2011 hat das Finanzamt Feldkirch das Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer für das Jahr 2007 wiederaufgenommen, hat einen neuen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 erlassen und dem Berufungsführer Anspruchszinsen für das Jahr 2007 vorgeschrieben. Die 20.000,00 € für den Verzicht auf das Wohnungsrecht wurden vom Finanzamt als sonstige Einkünfte "wiederkehrende Bezüge" gewertet.

In den Berufungen vom 16. Mai 2011 betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2007 sowie gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 brachte der Berufungsführer im Wesentlichen vor:

"1.) Berufungsgegenstand:

Die gegenständliche Berufung richtet sich gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom 18.04.2011 über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2007 sowie gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 des Finanzamtes Feldkirch vom 18.04.2011, Steuernummer b.

2.) Berufungserklärung:

Die zuvor genannten Bescheide werden ihrem gesamten Inhalt und Umfang nach angefochten.

3.) Berufungsbegründung:

Mit den angefochtenen Bescheiden hat das Finanzamt Feldkirch das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2007 gemäß § 303 Abs 4 BAO wieder aufgenommen und die Einkommensteuer für das Jahr 2007 mit EUR 7.991,60 neu festgesetzt.

Diese Entscheidungen werden im Wesentlichen damit begründet, dass anlässlich einer nachträglichen Prüfung Tatsachen und/oder Beweismittel neu hervorgekommen seien, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens erforderlich machen würden. Und zwar habe der Berufungswerber als Gegenleistung für den Verzicht auf ein Wohnungsgebrauchsrecht einen Betrag in der Höhe von EUR 20.000,00 erhalten. Dieser Betrag wurde neben den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit der Berechnung der Einkommensteuer zugrunde gelegt. Davon ausgehend wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2007 mit EUR 7.991,60 neu festgesetzt.

Die vorliegenden Bescheide sind inhaltlich rechtswidrig. Gemäß § 303 Abs 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Die - vom Berufungswerber nicht bestrittene - Tatsache, dass der Berufungswerber als Gegenleistung für den Verzicht auf ein Wohnungsgebrauchsrecht einen Betrag von EUR 20.000,00 erhalten hatte, bedingt entgegen der Ansicht des Finanzamtes Feldkirch keine Neufestsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2007. Es liegen daher die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht vor.

Der Berufungswerber war der Lebensgefährte der 2006 verstorbenen C. Die Erblasserin hatte in ihrem Testament zugunsten des Berufungswerbers das Vermächtnis eines lebenslangen und unentgeltlichen Wohnungsgebrauchsrechtes für den persönlichen Bedarf im Erdgeschoss des Hauses f, eingeräumt. Nach dem Tod seiner Lebensgefährtin hatte der Berufungswerber aber zu keinem Zeitpunkt die Absicht, das Wohnungsgebrauchsrecht in diesem Umfang auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Er hat deshalb mit Vereinbarung vom 31.08.2007 auf das Wohnungsgebrauchsrecht verzichtet. Als Gegenleistung wurde mit der Erbin A die Bezahlung eines Betrages von EUR 20.000,00 vereinbart.

Für die Einräumung eines Wohnungsgebrauchsrechts wurde vom Finanzamt Feldkirch mit Bescheid vom 21.04.2008, Steuernummer d, Erfassungsnummer e, Erbschaftssteuer festgesetzt. Dieser Bescheid ist noch nicht rechtskräftig.

Sollte der Erbschaftssteuerbescheid vom 21.04.2008 vom Unabhängigen Finanzsenat als Berufungsbehörde dem Grunde und der Höhe nach bestätigt werden, käme es einer Doppelbesteuerung gleich, wenn der Berufungswerber nunmehr auch noch Einkommensteuer bezahlen müsste. Eine solche Vorgehensweise findet im Gesetz keine Deckung.

Abgesehen davon handelt es sich bei der Gegenleistung für den Verzicht auf das Wohnungsgebrauchsrecht nicht um einen einkommensteuerpflichtigen (wiederkehrenden) Bezug. Das Finanzamt Feldkirch hätte daher den Betrag von EUR 20.000,00 bei Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2007 nicht berücksichtigen dürfen.

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hat der Einkommensteuerbescheid 2007 vom 09.05.2008, mit welchem die Einkommensteuer für das Jahr 2007 mit -EUR 515,89 festgesetzt wurde, unverändert aufrecht zu bleiben.

4. Berufungsantrag:

Der Berufungswerber stellt höflich den Antrag, die Berufungsbehörde wolle

a) der Berufung Folge geben und die angefochtenen Bescheide ersatzlos aufheben;

in eventu

b) der Berufung Folge geben, die angefochtenen Bescheide aufheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde 1. Instanz zurückverweisen."

In der Berufung vom 16. Mai 2011 gegen den Anspruchszinsenbescheid brachte der Berufungsführer im Wesentlichen vor:

"1. Berufungsgegenstand:

Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom 18.04.2011 über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2007, Steuernummer b.

2. Berufungserklärung:

Der zuvor bezeichnete Bescheid wird seinem gesamten Inhalt und Umfang nach angefochten.

3. Berufungsbegründung:

Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Finanzamt Feldkirch Anspruchszinsen in der Höhe von EUR 591,82 festgesetzt. Verzinst wurde eine Abgabennachforderung, welche mit Einkommensteuerbescheid 2007 vom 18.04.2011, Steuernummer b, nach Gegenüberstellung mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe mit einem Betrag in Höhe von EUR 8.507,49 zur Zahlung vorgeschrieben wurde.

Der Berufungswerber hat gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 18.04.2011, Steuernummer b, fristgerecht Berufung erhoben und die ersatzlose Aufhebung dieses Bescheides beantragt.

Für den Fall, dass der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 Folge gegeben wird, fällt auch die Grundlage für die Festsetzung von Anspruchszinsen aus der zur Vorschreibung gelangten Abgabennachforderung weg.

4. Berufungsantrag:

Der Berufungswerber stellt höflich den Antrag, die Berufungsbehörde wolle

a) der Berufung Folge geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben;

in eventu

b) der Berufung Folge geben, den angefochtenen Bescheid aufheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde I. Instanz zurückverweisen."

Die Berufungen wurden vom Finanzamt Feldkirch mittels Berufungsvorentscheidungen vom 6. Juni 2011 als unbegründet abgewiesen. Die Einkunftsart Sonstige Bezüge wurde von "wiederkehrende Einkünfte" auf "Einkünfte aus Leistungen" geändert. Begründend führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:

"a) Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2007

§ 303 BAO regelt das Rechtsinstitut der Wiederaufnahme des Verfahrens. Durch diese verfahrensrechtliche Vorschrift soll sowohl der Abgabepflichtige, als auch die Abgabenbehörde unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit erlangen, Bescheide gegen die ein ordentliches Rechtsmittel nicht mehr möglich ist - abzuändern. Innerhalb der Grenzen des § 303 BAO wird somit dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang eingeräumt vor dem Prinzip der Rechtssicherheit.

Im berufungsgegenständlichen Fall erfolgte die Wiederaufnahme des Verfahrens auf Grundlage des § 303 Abs 4 BAO von Amts wegen. Im Wiederaufnahmebescheid des Finanzamtes Feldkirch wurde begründend ausgeführt, dass neue Tatsachen bzw. Beweismittel zum Vorschein gekommen sind, welche die Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen. Die Ermessensentscheidung wurde ebenfalls begründet.

§ 119 BAO regelt die Offenlegungs- und Wahrheitspflicht. Dieser Bestimmung folgend hat der Abgabepflichtige alle für den Bestand und den Umfang der Abgabenpflicht bedeutsamen Umstände nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offen zu legen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. Gemäß Abs 2 leg cit dienen der Offenlegung insbesondere die Abgabenerklärungen.

Der BW hat durch Vereinbarung vom 31.08.2007 auf sein Wohnungsgebrauchsrecht verzichtet und dafür noch im Jahre 2007 € 20.000,-- erhalten. Gemäß der den Abgabepflichtigen treffenden Offenlegungs- und Wahrheitspflicht ist er der Abgabenbehörde gegenüber verpflichtet, diese davon in Kenntnis zu setzen. Dies hätte in der Form erfolgen müssen, dass er die ihm zugeflossenen € 20.000,-- in die Steuererklärung für das Jahr 2007 aufnimmt und der Abgabenbehörde gegenüber somit anzeigt. Durch sein Verhalten hat der BW seine ihm obliegende Offenlegungspflicht der Behörde gegenüber jedenfalls verletzt.

Die Abgabenbehörde hatte somit zum Zeitpunkt der Einreichung der betreffenden Steuererklärung und der daran anschließenden Veranlagung keine Kenntnis des betreffenden steuerpflichtigen Sachverhaltes. Aus Sicht der Behörde sind somit aufgrund amtlicher Mitteilung neue Tatsachen hervorgekommen, welche bei Berücksichtigung zu einem anders lautenden Spruch des Bescheides geführt hätten.

Es liegen somit die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen gemäß § 303 Abs 4 BAO vor.

Die Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens liegt im Ermessen der Behörde und ist dementsprechend zu begründen. Wie bei jeder Ermessensentscheidung gemäß § 20 BAO hat auch hier eine Abwägung nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit zwischen den berechtigten Interessen der Partei auf Rechtsbeständigkeit der Entscheidung auf der einen Seite und der Zweckmäßigkeit auf der anderen Seite, sprich dem öffentlichen Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben zu erfolgen.

Im berufungsgegenständlichen Fall verhält es sich so, dass den Interessen der Einbringung der Abgabe und somit einer rechtsrichtigen Entscheidung der Vorrang zu geben war, vor den Interessen der Partei an einer Rechtsbeständigkeit der Entscheidung. Auch sind die steuerlichen Auswirkungen nicht als gering zu werten, was wiederum für die Wiederaufnahme des Verfahrens und somit für das Überwiegen des öffentlichen Interessens an der richtigen Berechnung und Einbringlichkeit der Abgaben spricht.

Nicht unerwähnt möchte es die Behörde an dieser Stelle lassen, dass aufgrund der Verletzung der Offenlegungspflicht durch den BW zumindest eine fahrlässige Abgabenverkürzung gegeben ist.

Die betreffenden Ausführungen in der Berufungsschrift vermögen es diesbezüglich nicht, der Berufung gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens 2007 zum Durchbruch zu verhelfen. Anders als in der Berufungsschrift zu argumentieren versucht, liegen Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen jedenfalls vor und geht die diesbezügliche Argumentation ins Leere.

Den in der Berufungsschrift gestellten Anträgen konnte somit nicht entsprochen werden. Einzig der Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212 a BAO konnte im Sinne des BW erledigt werden.

b) Einkommensteuerbescheid 2007

In § 2 Abs 3 EStG 1988 idgF werden jene Einkunftsarten aufgezählt, welche der Einkommensteuer unterliegen. § 2 Abs 3 Z 7 EStG 1988 idgF zählt dazu auch die sonstigen Einkünfte im Sinne des § 29 EStG.

Die Norm des § 29 Z 3 EStG 1988 regelt die Einkünfte aus Leistungen. Der Begriff "Leistung" wird im Gesetz nicht definiert. Eine Begriffsbestimmung lässt sich jedoch aus den beiden im Gesetz angeführten Beispielen herleiten. Voraussetzung für die Steuerpflicht gem Z 3 ist, dass ein Verhalten vorliegt, das einem anderen einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, sodass es zu einem Leistungsaustausch kommt. Ein angemessenes Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ist dabei nicht erforderlich. Der Tatbestand der Leistung kann auch bei einmaligen Zahlungen erfüllt sein, es ist weder Nachhaltigkeit noch Regelmäßigkeit erforderlich.

Unter Z 3 fallen im Wesentlichen nur die Einkünfte aus Tätigkeiten, die gelegentlich oder zufällig erfolgen, und die Vermietung von beweglichen Gegenständen, soweit die anderen Einkünfte nicht Vorrang haben. Bei Auslegung des Begriffes Leistung ist von der Bedeutung auszugehen, die der Sprachgebrauch des Wirtschaftslebens mit dem Worte Leistung verbindet. In diesem Sinne kann an sich jedes Verhalten, das darauf gerichtet ist, einem anderen einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen, als Leistung bezeichnet werden (VwGH 4. 12. 1953, 1336/51; VwGH 25. 11. 1986,86/14/0072). Auch Unterlassungen, Duldungen und Verzichte können Leistungen darstellen (vgl. dazu Wiesner/Grabner/Wanke, Kommentar zum EStG, Rz 52 zu § 29).

Der BW hat durch den entgeltlichen Verzicht auf sein Wohnungsgebrauchsrecht ein Verhalten gesetzt, dass einem anderen - im berufungsgegenständlichen Fall der Erbin A - einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft hat. Unzweifelhaft ist es diesbezüglich auch zu einem Leistungsaustausch gekommen. Der Berufungsführer hat auf ein ihm zustehendes Recht verzichtet, die Erbin A hat dafür einen Betrag von € 20.000,-- bezahlt. Der wirtschaftliche Vorteil auf Seiten des Berufungsführers ist im Zufluss der € 20.000,-- für die Abtretung des Rechtes des Wohnungsgebrauches zu erblicken.

Der soeben beschriebene Sachverhalt ist zweifelsfrei unter die Norm des § 29 Z 3 EStG 1988 idgF zu subsumieren und handelt es sich somit um einen einkommensteuerpflichtigen Tatbestand.

Die diesbezüglichen Ausführungen in der Berufungsschrift, insbesondere dahingehend, dass es sich in diesem konkreten Fall um eine latente Doppelbesteuerung handelt, sind auf den ersten Blick korrekt. Einzuwenden ist diesbezüglich aber, dass der Gesetzgeber, wollte er für diese Fälle eine Belastung mit Erbschaftssteuer und anschließend Einkommensteuer vermeiden, dies wie in anderen Fällen auch mit in die entsprechende Norm aufnehmen hätte müssen. Aus § 29 Z 3 EStG 1988 ist eine solche Anrechnung von Erbschaftsteuer auf zu entrichtenden Einkommensteuer jedenfalls nicht vorgesehen.

Der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 blieb der Erfolg somit versagt.

c) Anspruchszinsenbescheide

Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen sind an die Höhe der im Bescheidspruch des Grundlagenbescheides ausgewiesenen Nachforderung gebunden. Zinsenbescheide setzen nicht die materielle, sondern nur die formelle Richtigkeit des Grundlagenbescheides voraus. Es sind daher Anspruchszinsenbescheide nicht mit der Begründung anfechtbar, dass der Grundlagenbescheid rechtswidrig wäre. Die Festsetzung von Anspruchszinsenbescheiden ist an den rechtswirksam ergangenen Grundlagenbescheid gebunden.

Den Berufungsanträgen konnte somit mit Ausnahme des Antrages gemäß § 212 a BAO nicht entsprochen werden.

Der Berufung gegen die Anspruchszinsenbescheide 2007 blieb der Erfolg somit versagt."

Im Vorlageantrag vom 4. Juli 2011 brachte der Berufungsführer im Wesentlichen vor:

"Im Rahmen der einen Berufungsvorentscheidung wurde der angefochtene Bescheid vom 18.04.2011 dahingehend abgeändert, dass der Einkommensteuer für das Jahr 2007 neben den nicht verfahrensgegenständlichen Einkünften des Berufungswerbers aus nicht selbstständiger Arbeit anstelle von "wiederkehrenden Bezügen" in der Höhe von EUR 20.000,00 nunmehr "Einkünfte aus Leistungen" in der Höhe von EUR 20.000,00 zugrunde gelegt wurden. Die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer blieb mit EUR 7.991,60 unverändert.

Mit der zweiten Berufungsvorentscheidung in derselben Sache wurden die Berufungen vom 16.05.2011 als unbegründet abgewiesen. Die Behörde begründet diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass gemäß § 2 Abs. 3 Ziffer 7 EStG 1988 idgF in Verbindung mit § 29 Ziffer 3 EStG 1988 auch Einkünfte aus Leistungen der Einkommensteuer unterliegen würden.

Der Begriff "Leistung" sei im Gesetz nicht definiert. Voraussetzung für die Steuerpflicht sei, dass ein Verhalten vorliegt, das einem anderen einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, sodass es zu einem Leistungsaustausch kommt. Es könnten auch Unterlassungen, Duldungen und Verzichte Leistungen darstellen. Der Berufungswerber habe durch den Verzicht auf sein Wohnungsgebrauchsrecht ein Verhalten gesetzt, das der Erbin A einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft habe. Es sei diesbezüglich unzweifelhaft auch zu einem Leistungsaustausch gekommen. Der Berufungswerber habe auf ein ihm zustehendes Recht verzichtet, die Erbin habe dafür einen Betrag von EUR 20.000,00 bezahlt. Bei diesem Sachverhalt handle es sich um einen einkommensteuerpflichtigen Tatbestand. Der Berufungswerber habe seine Offenlegungs- und Wahrheitspflicht gegenüber der Abgabenbehörde verletzt, indem er die ihm zugeflossenen EUR 20.000,00 in die Steuererklärung für das Jahr 2007 nicht aufgenommen habe. Da die Abgabenbehörde somit zum Zeitpunkt der Einreichung der betreffenden Steuererklärung und der daran anschließenden Veranlagung keine Kenntnis vom steuerpflichtigen Sachverhalt gehabt habe, würden die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen vorliegen. Der Anspruchszinsenbescheid sei nicht mit der Begründung anfechtbar, dass der Grundlagenbescheid rechtswidrig wäre. Die Festsetzung von Anspruchszinsen sei an den rechtswirksam ergangenen Grundlagenbescheid gebunden.

Diese Rechtsansicht der Abgabenbehörde I. Instanz erweist sich in rechtlicher Hinsicht als verfehlt. Beachtenswert ist, dass die Behörde der Ansicht des Berufungswerbers, dass im vorliegenden Fall eine Doppelbesteuerung vorliege, nicht entgegen tritt, vielmehr diesen Standpunkt sogar teilt. In diesem Zusammenhang kann aber wohl nicht ernsthaft angenommen werden, dass der Gesetzgeber eine solche Doppelbesteuerung tatsächlich gewollt hat.

Nicht beizupflichten ist der Abgabenbehörde auch insoweit, als der Verzicht des Berufungswerbers auf das Wohnungsgebrauchsrecht als "Leistung" im Sinne des § 29 Ziffer 3 EStG 1988 qualifiziert wird. Tatsächlich hat der Berufungswerber keinerlei "Leistung" im Sinne des Gesetzes erbracht. Auch hat der Berufungswerber aus seinem Verzicht keinen wirtschaftlichen Vorteil gezogen, ist der Betrag von EUR 20.000,00 doch lediglich als Äquivalent zum Wohnungsgebrauchsrecht anzusehen. Hingegen ist es zu keiner einkommensteuerrechtlich relevanten Veränderung im Vermögen des Berufungswerbers gekommen. Der Berufungswerber hatte nach dem Verzicht auf das Wohnungsgebrauchsrecht und Erhalt des Betrages von EUR 20.000,00 insbesondere nicht mehr an Vermögen als zuvor.

Nach Maßgabe der Sach- und Rechtslage war die Zahlung in der Höhe von EUR 20.000,00 als Gegenleistung für den Verzicht auf das Wohnungsgebrauchsrecht nicht in die Steuererklärung für das Jahr 2007 aufzunehmen. Von einer Verletzung der den Berufungswerber treffenden Offenlegungs- und Wahrheitspflicht kann daher keine Rede sein.

Da die mit EUR 7.991,60 festgesetzte Einkommensteuer dem Grunde und der Höhe nach nicht berechtigt ist, kann die Abgabenbehörde auch keine Anspruchszinsen geltend machen.

Der Berufungswerber stellt sohin höflich den Antrag auf Entscheidung über die beiden Berufungen vom 16.05.2011, Steuernummer b, betreffend

1. Wiederaufuahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2007,

2. Einkommensteuerbescheid 2007 und

3. Festsetzung von Anspruchszinsen 2007

durch die Abgabenbehörde II. Instanz."

Über die Berufung wurde erwogen:

Wiederaufnahme des Verfahrens:

Gemäß § 303 Abs 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen unter den Voraussetzungen des Abs 1 lit a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Die Tatsache, dass der Berufungsführer für 20.000,00 € auf sein Wohnrecht verzichtet hat war ein Umstand der im Einkommensteuerverfahren dem Finanzamt Feldkirch zum Zeitpunkt der Erlassung des Einkommensteuerbescheides 2007 nicht bekannt war. Diese Tatsache wurde im Einkommensteuerverfahren dem Finanzamt Feldkirch erst auf Grund einer Kontrollmitteilung des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel bekannt. Aus der Tatsache, dass der Gebührenabteilung des Finanzamtes Feldkirch zum Zeitpunkt der Erlassung des Einkommensteuerbescheides 2007 der Vorgang bereits bekannt war ist für den Berufungsführer nichts zu gewinnen, da das Hervorkommen von Tatsachen aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen ist.

Bei der Tatsache, dass der Berufungsführer für 20.000,00 € auf sein Wohnrecht verzichtet hat, handelt es sich um eine Tatsache, die im neuen Einkommensteuer zu berücksichtigen war.

Es waren daher die Voraussetzungen für eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens gegeben.

Auf Grund der Tatsache, dass die Auswirkungen der Wiederaufnahme nicht nur geringfügig waren und dass die Auswirkungen ausschließlich auf den Wiederaufnahmsgrund zurückzuführen sind, war das Ermessen dahingehend auszuüben dass den Prinzipien der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen war.

Im Übrigen wird auf die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung verwiesen.

Einkommensteuer:

Die Erblasserin Frau C räumte ihrem Lebensgeführten - dem Berufungsführer - im Testament vom 10.1.2006 als Legat das lebenslängliche und unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht im Erdgeschoß des Hauses X ein.

Das Legat wurde von den Erben der Erblasserin anerkannt und vom Berufungsführer angenommen. Auf Grund des Erbteilungsübereinkommens vom 11.7.2007 wurde Frau A Alleineigentümerin der mit dem Wohnrecht zu Gunsten des Berufungsführers belasteten Liegenschaft. Der Berufungsführer verzichtete für 20.000,00 €, die ihm Frau A bezahlt hat, auf das Wohnrecht.

§ 29 Z 3 EStG lautet:

Sonstige Einkünfte sind nur:

3. Einkünfte aus Leistungen, wie insbesondere Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 3 Z 1 bis 6) noch zu den Einkünften im Sinne der Z 1, 2 oder 4 gehören. Solche Einkünfte sind nicht steuerpflichtig, wenn sie im Kalenderjahr höchstens 220 Euro betragen. Übersteigen die Werbungskosten die Einnahmen, so darf der übersteigende Betrag bei der Ermittlung des Einkommens nicht ausgeglichen werden (§ 2 Abs. 2)."

Der gegenständliche entgeltliche Verzicht auf das Wohnrecht stellt eine Leistung iSd § 29 Z 3 EStG dar. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung wird verwiesen. Da im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen wurde, dass es sich um wiederkehrende Bezüge iSd § 29 Z 1 EStG handelt obwohl es sich in Wahrheit um Einkünfte aus Leistungen iSd § 29 Z 3 EStG handelt, war der Bescheid insoweit abzuändern.

Da es sich bei einem höchstpersönlichen Wohnungsgebrauchsrecht nicht um einen Vermögensgegenstand handelt, da es als höchstpersönliches Recht nicht übertragbar ist, handelt es sich um eine Leistung iSd § 29 Z 3 EStG. Selbst wenn es sich beim Wohnrecht um einen Vermögensgegenstand handeln würde, wäre im gegenständlichen Fall für den Berufungsführer nichts zu gewinnen, da in diesem Fall § 29 Z 2 iVm § 30 EStG zur Steuerpflicht führen würden.

Der Erbschaftssteuer unterliegt der Erwerb des Wohnrechtes durch den Berufungsführer, der Einkommensteuer unterliegt der Erwerb der Gegenleistung für den Verzicht auf das Wohnrecht durch den Berufungsführer. Die Erbschaftssteuer und die Einkommensteuer knüpfen daher an zwei vollkommen verschiedene Vorgänge - einerseits an den Erwerb des Wohnrechtes, andererseits an den entgeltlichen Verzicht auf das Wohnrecht - an. Entgegen dem Vorbringen des Berufungsführers liegt keine Doppelbesteuerung vor.

Anspruchszinsen:

Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen, nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen).

Gemäß § 205 Abs. 2 BAO betragen die Anspruchszinsen 2 % über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.

Anspruchszinsen sind mit Abgabenbescheid festzusetzen, wobei Bemessungsgrundlage die jeweilige Nachforderung oder Gutschrift ist. Der Zinsbescheid ist an die im Spruch des zur Nachforderung oder Gutschrift führenden Bescheides ausgewiesene Nachforderung bzw. Gutschrift gebunden. Daher ist eine Anfechtungsmöglichkeit mit der Begründung, der maßgebende Einkommensteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig, nicht gegeben. Erweist sich der genannte Stammabgabenbescheid nachträglich als rechtswidrig und wird er entsprechend abgeändert (oder aufgehoben), so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen. Das Berufungsvorbringen wendet sich inhaltlich ausschließlich gegen dem Einkommensteuerbescheid 2007. Dieser Einwand war aber nach dem oben Gesagten nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Anspruchszinsen in Frage zu stellen. Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

Feldkirch, am 4. Jänner 2012

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 29 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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