Zurückweisung eines wirkungslosen Vorlageantrages
Entscheidungstext
Bescheid
Der Unabhängige Finanzsenat hat über den Vorlageantrag der Bw., vom 1. März 2011 im Berufungsverfahren gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom 9. November 2010, Erfassungsnummer xxx, betreffend Gebühren und Erhöhung entschieden:
Der Vorlageantrag wird gemäß § 273 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr. 1961/194 idgF, als unzulässig zurückgewiesen.
Begründung
Die entscheidungsmaßgeblichen Bestimmungen der BAO lauten:
§ 273. (1) Die Abgabenbehörde hat eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
(2) Eine Berufung darf nicht deshalb als unzulässig zurückgewiesen werden, weil sie vor Beginn der Berufungsfrist eingebracht wurde.
§ 276. (1) Ist die Berufung weder zurückzuweisen (§ 273) noch als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 274) zu erklären, so kann die Abgabenbehörde erster Instanz die Berufung nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen durch Berufungsvorentscheidung erledigen und hiebei den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abändern, aufheben oder die Berufung als unbegründet abweisen.
(2) Gegen einen solchen Bescheid, der wie eine Entscheidung über die Berufung wirkt, kann innerhalb eines Monats der Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt werden (Vorlageantrag). Zur Einbringung eines solchen Antrages ist der Berufungswerber und ferner jeder befugt, dem gegenüber die Berufungsvorentscheidung wirkt.
(3) Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt ungeachtet des Umstandes, dass die Wirksamkeit der Berufungsvorentscheidung dadurch nicht berührt wird, die Berufung von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Berufung wieder als durch die Berufungsvorentscheidung erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehreren hiezu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller dieser Anträge.
(4) Auf das Recht zur Stellung des Vorlageantrages ist in der Berufungsvorentscheidung hinzuweisen. § 93 Abs. 4 bis 6, § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 4, § 249 Abs. 1, § 255, § 256 sowie § 273 Abs. 1 sind sinngemäß anzuwenden.
(5) Eine zweite Berufungsvorentscheidung darf - außer wenn sie dem Berufungsbegehren vollinhaltlich Rechnung trägt - nur erlassen werden, wenn alle Parteien, die einen Vorlageantrag gestellt haben, zustimmen und die Antragsfrist für alle Antragsberechtigten abgelaufen ist. Die Zustimmung ist schriftlich oder zur Niederschrift (§ 87) zu erklären.
(6) Die Abgabenbehörde erster Instanz hat die Berufung, über die eine Berufungsvorentscheidung nicht erlassen wurde oder über die infolge eines zeitgerechten Vorlageantrages von der Abgabenbehörde zweiter Instanz zu entscheiden ist, nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen ohne unnötigen Aufschub der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen. Die Abgabenbehörde erster Instanz hat die Parteien (§ 78) vom Zeitpunkt der Vorlage an den unabhängigen Finanzsenat unter Anschluss einer Ausfertigung des Vorlageberichtes zu verständigen. Erfolgt innerhalb von zwei Monaten ab Einbringung der Berufung oder des Vorlageantrages bei der Abgabenbehörde erster Instanz weder eine das Berufungsverfahren abschließende Erledigung der Abgabenbehörde erster Instanz, noch eine Aussetzung der Berufung nach § 281 oder eine Verständigung von der Vorlage der Berufung, so kann eine Partei (§ 78) bei dem unabhängigen Finanzsenat eine Vorlageerinnerung einbringen. Diese wirkt wie eine Vorlage der Berufung durch die Abgabenbehörde erster Instanz, wenn sie die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides und Angaben über die Einbringung der Berufung enthält.
(7) Partei im Berufungsverfahren vor dem unabhängigen Finanzsenat ist auch die Abgabenbehörde erster Instanz, deren Bescheid mit Berufung angefochten ist.
(8) Sowohl die Vorlage als auch die Vorlageerinnerung lässt das Recht zur Erlassung einer Berufungsvorentscheidung ebenso unberührt wie das Recht der Abgabenbehörde erster Instanz zur Erlassung von Bescheiden gemäß den §§ 85 Abs. 2, 86a Abs. 1, 256 Abs. 3, 273, 274 und 281. In diesen Fällen hat die Abgabenbehörde erster Instanz die Abgabenbehörde zweiter Instanz unverzüglich von Berufungsvorentscheidungen, von das Berufungsverfahren abschließenden Erledigungen gemäß den §§ 85 Abs. 2, 86a Abs. 1, 256 Abs. 3, 273 und 274 sowie von Bescheiden gemäß § 281 unter Anschluss einer Ausfertigung des Bescheides zu verständigen. Diese Pflicht zur Verständigung umfasst weiters Änderungen aller für die Entscheidung über die Berufung bedeutsamen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse.
Dem vorliegenden Abgabenverfahren liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Auf Grund einer Notionierung durch den Verfassungsgerichtshof (siehe Amtlicher Befund über eine Verkürzung von Stempel- oder Rechtsgebühren vom 19. April 2010) setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien gegenüber der nunmehrigen Berufungswerberin (Bw.), Bw., für eine beim Verfassungsgerichtshof zur Zahl XXX am ttmmjjjj von der Bw. als Vertreterin des Beschwerdeführers NN. eingebrachte Beschwerde gemäß Artikel 144 Abs. 1 B-VG mit dem o.a. Sammelbescheid eine Gebühr gemäß § 17a VfGG in Höhe von € 220,00 und eine Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG in Höhe von € 110,00 fest.
In der erkennbar gegen den o.a. Sammelbescheid gerichteten Berufung vom 11. November 2010 ergänzt mit Eingabe vom 12. November 2010 wendet die Bw. ein, die Gebühr von € 220,00 sei bereits am 24. März 2010 durch ihren Mandanten auf das Konto des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern einbezahlt worden.
Das Finanzamt wies diese Berufung mit Bescheid vom 2. März 2011 als unbegründet ab. Die Entrichtung der Gebühr sei dem Verfassungsgerichtshof nicht nachgewiesen worden. Daher läge eine nicht vorschriftsmäßige Entrichtung der Gebühr iSd § 203 BAO vor. Der entrichtete Betrag werde auf die bescheidmäßige Vorschreibung angerechnet.
Bereits mit Schriftsatz vom 1. März 2011, also vor der Zustellung der vorgenannten Berufungsvorentscheidung vom 2. März 2001, stellte die Bw. den Vorlageantrag. Die Bw. räumt dabei ein, den VfGH von der Gebührenentrichtung nicht in Kenntnis gesetzt zu haben, erblickt aber in der Vorschreibung der Gebührenerhöhung eine Unbilligkeit.
Die Einbringung eines Antrages nach § 276 Abs. 1 BAO vor Zustellung der Berufungsvorentscheidung ist ohne rechtliche Wirkung, weil § 276 BA0 keine dem § 273 Abs. 2 BAO entsprechende Bestimmung enthält (VwGH 26.06.1990, 89/14/0122).
Der o.a. Vorlageantrag war wirkungslos, weil ein solcher unabdingbar eine Berufungsvorentscheidung voraussetzt. Dem Unabhängigen Finanzsenat war es daher verwehrt, sich mit dem darin enthaltenen Begehren meritorisch zu befassen.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Wien, am 9. Juni 2011
Zusatzinformationen | |
---|---|
Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | Art. 144 Abs. 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 |
Verweise: |