Nachsicht, Zurückweisung, res iudicata
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2011/13/0075 eingebracht. Mit Erk. v. 19.10.2011 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der H.S., (Bw.) vom 13. Jänner 2010 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom 1. Dezember 2009 betreffend Zurückweisung eines Nachsichtsansuchens entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt Wien 9/18/19 und Klosterneuburg wies am 1. Dezember 2009 den Antrag auf Abgabennachsicht der Bw. vom 15. Juni 2009 als entschiedene Sache zurück und verwies auf die Entscheidung des Finanzamtes vom 27. Mai 2008 (fälschlich mit 2009 bezeichnet).
Dagegen richtet sich die, fälschlich als Rekurs bezeichnete, Berufung vom 13. Jänner 2010, in der wie folgt ausgeführt wird:
"Aufgrund eines Anrufes von Herrn P.L. habe ich erfahren, dass laut EU-Gesetz derlei Zahlungen, wie ich sie zu tätigen habe, bei der Einkommensteuer anerkannt werden und den EU- Staaten vorgeschrieben.
Laut Herrn P.L. habe er bis zum Verwaltungsgerichtshof Wien die gegensätzliche Entscheidung der Finanz Österreich bekämpft und hat nur der Verwaltungsgerichtshof P.L. Recht gegeben.
Laut Ihrem Mitarbeiter, Herrn L., bekomme ich genau dasselbe wie P.L. und G., die Herren, für welche ich diese Kredite zu zahlen habe oder ich verliere all mein Hab und Gut.
Bei Herrn G. wurden alle Verluste vom Cafe X. bei seiner Steuer berücksichtigt seit 1996 und Herr P.L. hat nun das Urteil, Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes.
Und mir, wo ich diesen Herren nur geholfen habe, wollen Sie das nicht geben?
Sie, Herr Y, haben mich gestern angerufen und mir gesagt, ich müsse nicht Rekurs erheben. Sie bieten mir an 20 % Ermäßigung, wenn ich sofort zahle oder auch eine Teilzahlung von € 670,00 monatlich 5 Jahre lang.
Das Finanzamt exekutiert mich aufs Existenzminimum, ich lebe seit ca. 10 Jahren von ca. 70 Euro im Monat. Und Sie sagen mir nicht, dass es da eine Entscheidung vom Verwaltungsgerichtshof gibt, dass diese Zahlungen sehr wohl angerechnet werden bei der Einkommensteuererklärung.
Ja, nicht einmal die Ombutsfrau B sagte mir das. Im Gegenteil!! Sie erklärte mir, dass sie mein Fall nicht interessiere, es da keine Möglichkeit gibt. Ich erwähnte, dass sie von P.L. nichts bekommen. Da wusste ich noch nicht, dass er beim Verwaltungsgerichtshof gewesen ist.
Ich bitte Sie, mir die Steuerschuld nachzulassen, so wie mir das das Finanzamt versprach, genauso wie G. und P.L.. Und ich bitte Sie, dass ich künftig bis zur vollständigen Bezahlung dieser Kredite diese steuerlich absetzen kann."
Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom 29. Juni 2010 abgewiesen.
Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom 23. Juli 2010. Dazu wird auf die Entscheidung zu RV/887-W/11 vom 26. April 2011 verwiesen, wonach das Schreiben vom 23. Juli 2010 als fristgerechter Vorlageantrag zu werten ist.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 276 Abs. 1 BAO gilt: Ist die Berufung weder zurückzuweisen (§ 273) noch als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 274) zu erklären, so kann die Abgabenbehörde erster Instanz die Berufung nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen durch Berufungsvorentscheidung erledigen und hiebei den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abändern, aufheben oder die Berufung als unbegründet abweisen.
(2) Gegen einen solchen Bescheid, der wie eine Entscheidung über die Berufung wirkt, kann innerhalb eines Monats der Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt werden (Vorlageantrag). Zur Einbringung eines solchen Antrages ist der Berufungswerber und ferner jeder befugt, dem gegenüber die Berufungsvorentscheidung wirkt.
(3) Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt ungeachtet des Umstandes, dass die Wirksamkeit der Berufungsvorentscheidung dadurch nicht berührt wird, die Berufung von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Berufung wieder als durch die Berufungsvorentscheidung erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehreren hiezu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller dieser Anträge.
(4) Auf das Recht zur Stellung des Vorlageantrages ist in der Berufungsvorentscheidung hinzuweisen. § 93 Abs. 4 bis 6, § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 4, § 249 Abs. 1, § 255, § 256 sowie § 273 Abs. 1 sind sinngemäß anzuwenden.
(5) Eine zweite Berufungsvorentscheidung darf - außer wenn sie dem Berufungsbegehren vollinhaltlich Rechnung trägt - nur erlassen werden, wenn alle Parteien, die einen Vorlageantrag gestellt haben, zustimmen und die Antragsfrist für alle Antragsberechtigten abgelaufen ist. Die Zustimmung ist schriftlich oder zur Niederschrift (§ 87) zu erklären.
(6) Die Abgabenbehörde erster Instanz hat die Berufung, über die eine Berufungsvorentscheidung nicht erlassen wurde oder über die infolge eines zeitgerechten Vorlageantrages von der Abgabenbehörde zweiter Instanz zu entscheiden ist, nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen ohne unnötigen Aufschub der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen. Die Abgabenbehörde erster Instanz hat die Parteien (§ 78) vom Zeitpunkt der Vorlage an den unabhängigen Finanzsenat unter Anschluss einer Ausfertigung des Vorlageberichtes zu verständigen. Erfolgt innerhalb von zwei Monaten ab Einbringung der Berufung oder des Vorlageantrages bei der Abgabenbehörde erster Instanz weder eine das Berufungsverfahren abschließende Erledigung der Abgabenbehörde erster Instanz, noch eine Aussetzung der Berufung nach § 281 oder eine Verständigung von der Vorlage der Berufung, so kann eine Partei (§ 78) bei dem unabhängigen Finanzsenat eine Vorlageerinnerung einbringen. Diese wirkt wie eine Vorlage der Berufung durch die Abgabenbehörde erster Instanz, wenn sie die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides und Angaben über die Einbringung der Berufung enthält.
(7) Partei im Berufungsverfahren vor dem unabhängigen Finanzsenat ist auch die Abgabenbehörde erster Instanz, deren Bescheid mit Berufung angefochten ist.
(8) Sowohl die Vorlage als auch die Vorlageerinnerung lässt das Recht zur Erlassung einer Berufungsvorentscheidung ebenso unberührt wie das Recht der Abgabenbehörde erster Instanz zur Erlassung von Bescheiden gemäß den §§ 85 Abs. 2, 86a Abs. 1, 256 Abs. 3, 273, 274 und 281. In diesen Fällen hat die Abgabenbehörde erster Instanz die Abgabenbehörde zweiter Instanz unverzüglich von Berufungsvorentscheidungen, von das Berufungsverfahren abschließenden Erledigungen gemäß den §§ 85 Abs. 2, 86a Abs. 1, 256 Abs. 3, 273 und 274 sowie von Bescheiden gemäß § 281 unter Anschluss einer Ausfertigung des Bescheides zu verständigen. Diese Pflicht zur Verständigung umfasst weiters Änderungen aller für die Entscheidung über die Berufung bedeutsamen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse.
Gemäß § 273 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
(2) Eine Berufung darf nicht deshalb als unzulässig zurückgewiesen werden, weil sie vor Beginn der Berufungsfrist eingebracht wurde.
Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Berufungsfrist einen Monat. Enthält ein Bescheid die Ankündigung, dass noch eine Begründung zum Bescheid ergehen wird, so wird die Berufungsfrist nicht vor Bekanntgabe der fehlenden Begründung oder der Mitteilung, dass die Ankündigung als gegenstandslos zu betrachten ist, in Lauf gesetzt.
(2) Durch einen Antrag auf Mitteilung der einem Bescheid ganz oder teilweise fehlenden Begründung (§ 93 Abs. 3 lit. a) wird der Lauf der Berufungsfrist gehemmt.
(3) Die Berufungsfrist kann aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, verlängert werden. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Berufungsfrist gehemmt.
Demnach ist der unvertretenen Rechtsmittelwerberin, die in ihren im Einbringungsakt erliegenden Schriftsätzen - neben einer konkreten Antragstellung - stets auch zu den Grundlagen ihrer Vorverfahren mit dem Finanzamt auszuführen pflegt, zunächst mitzuteilen, dass der Unabhängige Finanzsenat nach der Anerkennung des Schreibens vom 23. Juli 2010 als fristgerechter Vorlageantrag nochmals über die fristgerechte, fälschlich als Rekurs bezeichnete, Berufung vom 13. Jänner 2010 gegen den Zurückweisungsbescheid vom 1. Dezember 2009 zu entscheiden hat.
Dem Zurückweisungsbescheid liegt das Nachsichtsansuchen vom 15. Juni 2009 zu Grunde.
Die Bw. führt darin wie folgt aus:
"S.g. Herr Y! Ich bitte Sie hiermit nochmals um vollständigen Erlass meiner Steuerschuld. Es war mir früher nicht möglich, Ihnen all diese Belege vorzulegen. Wie Sie wissen, habe ich nur geholfen. Ich habe keineswegs das Geld selbst verbraucht. Im Gegenteil, ich habe gefroren bei 15 Grad Celsius, hatte seit 1996 keinen Urlaub, trage nur Kleider von Z, außer Fernsehen habe ich keinerlei Unterhaltung, weil ich es mir nicht leisten kann.
Ich halte nochmals fest, dass ich nicht wusste, dass diese Firma X. bereits konkursreif war vor der ersten Kreditaufnahme und dass gegen P.L. ein Privatkonkurs lief und G. laut eigenen Aussagen bei Gericht niemals in der Lage war noch irgendeinen Kredit zu bedienen. Ich vertraute, da die namhaftesten Unternehmen Wiens Gesellschafter von CW waren und zum Teil noch immer sind. Ich zahle auch nicht freiwillig, sondern werde dazu gezwungen. Zahle ich nicht, dann verliere ich alles, wofür ich und mein Mann unser ganzes Leben gearbeitet haben. Bitte lesen Sie aus dem Urteil 16, dass P.L. dafür zu zahlen hat. P.L. lebt von Notstandshilfe und was er "vermutlich" schwarz verdient. Notstandshilfe sind 600 Euro monatlich laut P.L.. Das sind über 79.000 Euro, die der Staat Österreich P.L. bis dato bezahlte.
Laut Herrn L. bekommt jeder dasselbe vom Staat Österreich. Ich zahlte immer ehrlich jede Steuer bis ich nicht mehr konnte. Gewähren sie mir doch auch diesen Nachlass. Ich bitte sie darum. Ich kann mir einen Steuerberater nicht leisten. Aber ich hörte, dass es in meinem Fall einen Steuernachlass gibt. Die "Klauseln" kenne ich nicht. Ich kann Sie nur darum bitten. Um alles bezahlen zu können, musste ich selbst ganz schnell einen 10 Meter langen Kanal graben im Mai, damit ich das Haus wieder vermieten kann, neben tagelangem Roden von Bäumen, die bis übers Dach gehangen sind, Wege betonieren, ect.. Ich konnte danach ca. 3 Wochen meine Hände kaum bewegen, von meinem Kreuz rede ich nicht. Ich schreibe Ihnen das, damit Sie sehen, dass ich es mir nicht leicht mache. Ich versuche auf ehrlichem Wege die "Fehlurteile" durch Wiederaufnahme zu bekämpfen. Ich habe nur versucht, an Hand der Abschlagszahlungen die Prozente zu errechnen, außerdem lege ich Ihnen Fotokopien bei, woraus Sie bitte die Zahlen ersehen können. Bei der Bank Austria war der Kredit 1.430.000 S, Prozesskosten von 181.133 S, Berufungskosten von 30.458,88 S, gesamt also 1.641.591,88 S. An Abschlagszahlung hatte ich 1.200.000 S zu bezahlen. Das ergibt minus 27 %.
Bei der ABank war die Kredithöhe 167.147,51 Euro, Prozesskosten 21.293,85 Euro, Berufung 2.917,12 Euro, gesamt also 191.368,48 Euro.
An Abschlagszahlung hatte ich 130.000 Euro zu bezahlen. Das ergibt minus 32 %.
Bei der BBank war die Kredithöhe 2.050.000 S wurde als Fremdwährungskredit in SFR gewährt. Da ich die Raten nicht bezahlen konnte, ich zahlte ja für das Geschäft "C" die Kredite zurück, stellte die BBank den Kredit fällig und konvertierte diesen in ÖS mit einem Zinssatz von 8,7 %. Durch die Konvertierung erhöhte sich der Kredit auf ca. 2.300.000 S. Ab 2.4.2001 konnte ich bei der BBank die Zinsfreistellung erbitten. Diese wird mir vorerst bis 31.3.2011 gewährt, also 10 Jahre.
Laut Beleg aus 2001 war der offene Saldo 157.492,49 Euro. An Zinsen wurden nicht verbucht, auch schon für das Jahr 2000 13.936 Euro. Das sind 11 Jahre, also 153,295 Euro ca. 8 ½ Prozent. Das ergibt ein Minus von 92 % allein in den 11 Jahren.
Ich erlaube mir höflich noch zu erwähnen, dass G. die gesamten Schulden von Düsseldorf in Österreich absetzt und P.L. vom Staat Österreich erhalten wird. Selbst die Krankenversicherung zahlt der Staat Österreich für ihn.
Bitte erlassen Sie mir die Steuerschuld, damit ich wieder neu beginnen kann und ehrlich wie vorher meine Steuern pünktlich bezahlen. Sollten Sie noch Unterlagen benötigen, dann schreiben Sie mir oder rufen mich bitte an."
Dem Ansuchen wurden 5 Blatt Urteilskopien, ein Schreiben der ABank vom 5.9.2002, ein Schreiben der B3 vom 11.4.2002 und ein Schreiben der BBank vom 27. März 2008 beigelegt.
Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Gemäß § 236 Abs. 2 BAO findet Absatz 1 auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.
Nach dem Wortlaut des § 236 BAO ist die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung tatbestandsmäßige Voraussetzung für eine Nachsichtsgewährung. Nachsichtsmaßnahmen können daher - abgesehen vom Formalerfordernis einer entsprechenden Antragstellung sowie der eingetretenen Fälligkeit der nachsichtsbezogenen Abgaben - nur bei Erfüllung des Tatbestandsmerkmales der Unbilligkeit der Abgabeneinhebung in Erwägung gezogen werden.
Lässt ein konkret vorliegender Sachverhalt schon die Annahme einer Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nicht zu, dann ist das Nachsichtsgesuch wegen Fehlens der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen bereits aus Rechtsgründen abzuweisen, für eine Ermessensentscheidung bleibt diesfalls kein Raum (VwGH 25.6.1990, 89/15/0088 und 19.10.1992, 91/15/0017).
Die Unbilligkeit im Sinne des § 236 Abs. 1 BAO kann eine "sachlich" oder "persönlich" bedingte Unbilligkeit sein (VwGH 24.2.1998, 97/13/0237).
Sachliche Unbilligkeit der Einhebung liegt nach der Rechtsprechung des VwGH nur dann vor, wenn im Einzelfall bei der Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit anderen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist (VwGH 01.07.2003, 2001/13/0215).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine persönliche Unbilligkeit dann vor, wenn die Einhebung der Abgabe in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen stünde, die sich aus der Einziehung für den Abgabepflichtigen oder den Steuergegenstand ergäben. Zwischen der Abgabeneinhebung und den im subjektiven Bereich des Abgabepflichtigen entstehenden Nachteilen muss somit ein wirtschaftliches Missverhältnis vorliegen (VwGH 9.12.1992, 91/13/0118), es also zu einer anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit ähnlichen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommen (VwGH 25.6.1990, 89/15/0119).
Im Nachsichtsverfahren ist es Sache des Nachsichtswerbers, einwandfrei und unter Ausschluss jeglicher Zweifel das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann (VwGH 13.9.1988, 88/13/0199).
Eine persönliche Unbilligkeit wäre darin gelegen, wenn genau die Einhebung der Steuerrückstände zu einem wirtschaftlichen Ruin der Bw. führen würde.
Das gegenständliche Nachsichtsansuchen kann so wie sämtliche vorherigen Nachsichtsansuchen nur als Geltendmachung persönlicher Unbilligkeit interpretiert werden.
Nach den vorliegenden Unterlagen des Finanzamtes hat die Bw. seit dem Jahr 2000 mehrere Nachsichtsansuchen eingebracht, zuletzt wurde vor dem verfahrensgegenständlichen Ansuchen am 14. Dezember 2007 ein Ansuchen eingebracht, das mit Bescheid vom 27. Mai 2008 abgewiesen wurde. Die Bw. hat dagegen am 9. Juni 2008 Berufung erhoben.
Diese Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom 4. Mai 2009 als unbegründet abgewiesen. Die Zustellung der Entscheidung erfolgte am 7. Mai 2009.
Es wäre der Bw. offen gestanden dagegen eine Vorlage der Berufung an den Unabhängigen Finanzsenat zu begehren und neue Belege vorzulegen, was unterblieb.
Dem weiteren Antrag um Nachsicht vom 15. Juni 2009 wurden Unterlagen über Absprachen mit den Banken aus den Jahren 2002 und 2008 vorgelegt.
Eine neuerliche Antragstellung um Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten ist nur bei Änderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse nach Abspruch über einen Nachsichtsantrag zulässig (Ritz, die Bundesabgabenordnung, Kommentar, 3.überarbeitete Auflage, Seite 713).
Da keine Änderungen nach Abschluss des Rechtsmittelverfahrens zu dem Antrag vom 14. Dezember 2007 eingetreten sind, lag eine entschiedene Sache vor (VwGH 24.3.1994, 92/16/0103).
Der Antrag wurde somit zu Recht durch die Abgabenbehörde erster Instanz zurückgewiesen, die Berufung war daher spruchgemäß abzuweisen.
Wien, am 26. April 2011
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |