Mehrfache Eingabengebühr bei Firmenänderung des Markeninhabers im Markenregister
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2011/16/0052 eingebracht. Mit Erk. v. 18.3.2013 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/0940-W/13 erledigt.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der X., vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Foglar-Deinhardstein KEG, 1015 Wien, Plankengasse 7, vom 18. Mai 2009 gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom 20. April 2009 betreffend Abweisung eines Rückzahlungsantrages (§ 241 BAO) entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Eingabe vom 24. September 2008 beantragte die Berufungswerberin, im Folgenden kurz Bw. genannt, beim Österreichischen Patentamt, Markenregister National, die Änderung des Firmenwortlautes von "Y" in "X" für 70 unterschiedliche Marken, wovon 69 bereits registriert waren und eine Marke (4 ) sich noch im Status der Anmeldung befand.
Mit Schreiben vom 15. Oktober 2008 erinnerte das Patentamt die Bw, dass bei 3 Marken (Nr. 1, 2, 3) die Erneuerungsgebühr fällig wäre und für die Firmenlautänderung pro Marke eine Gebühr von 40,00 € einzuzahlen wäre. Auf eine Verlängerung des Schutzes der drei Marken wurde verzichtet und wurde nur für 66 Marken eine Patentamtsgebühr von 2.640,00 € gefordert und einbezahlt.
Mit Beschluss vom 5. Feber 2009, eingelangt bei der Bw. am 12. Feber 2009, gab das Patentamt bekannt, dass die Firma der Inhaberin bei 66 Marken geändert worden ist. Mit Schreiben vom 11. Feber 2009 forderte das Patentamt die Bezahlung der Schriftengebühr nach dem Gebührengesetz für die Eingaben und Beilagen in Höhe von 885,60 € für die Firmenänderung bei 66 Marken. Dieser Betrag wurde am 18. Feber 2009 an das Patentamt überwiesen.
Die Bw. stellte daraufhin am 2. März 2009 an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien den Antrag auf Erstattung der beim Patentamt zu Unrecht entrichteten Gebühr von 858,00 € im Sinne des § 241 BAO. Sie habe die Veranlassung der Änderung des Firmenwortlautes bei den 66 Marken beim Patentamt mittels eines Gesuches begehrt. Über den Antrag habe nur eine einheitliche Entscheidung ergehen können, nämlich die Änderung des Firmenwortlautes bei allen Marken. Bei keiner Marke habe ein anderer Wortlaut eingetragen werden können. Da das rechtliche Schicksal des Antrages nicht verschieden habe sein können und nur eine Entscheidung habe ergehen können, sei ein innerer Zusammenhang zwischen den einzelnen Begehren, den Firmenwortlaut bei allen 66 eingetragenen Marken zu ändern, gegeben. Daher wäre lediglich eine Eingabengebühr von 13,20 € zuzüglich der Beilagengebühr von 14,40 €, insgesamt 27,60 zu entrichten gewesen.
Zur Unterstützung dieser Ansicht wurde auf eine Entscheidung der FLD Wien, NÖ und Bgld vom 12. 12. 1990, GA 11-1534/90, verwiesen: "Wenn ein Parteienvertreter dem Patentamt lediglich die Änderung des Firmenwortlautes der von ihm vertretenden Firma bekannt gibt, so löst das Anführen von 10 verschiedenen, für die Firma registrierten Marken am Kopf der Eingabe keine mehrfache Gebührenpflicht aus."
Mit Bescheid vom 20. April 2009 wurde der Antrag auf Rückerstattung der Gebühren unter Hinweis auf § 12 Abs. 1 GebG abgewiesen, weil ein innerer Zusammenhang zwischen den Begehren nicht gegeben sei.
Gegen diese Entscheidung wurde Berufung erhoben und unter Anführung von VwGH-Judikatur neuerlich darauf verwiesen, dass das rechtliche Schicksal der kumulierten Ansuchen gleich war.
Das Finanzamt ersuchte das Patentamt um Stellungnahme zur Berufung. Mit Schreiben vom 17. Juni 2009 wurde bekannt gegeben, dass nach Ansicht des Patentamtes die Gebühr für jedes Begehren betr. Schutzrecht zu entrichten sei. Dies gelte auch dann, wenn der Antragsteller Begehren betr. mehrere Schutzrechte in einem Antrag stellt und von Seiten des Amtes Kopien für die restlichen Anträge angefertigt werden müssen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 4. August 2009 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Gegen diese Entscheidung wurde der Vorlageantrag gestellt und bemängelt, dass sich in der Begründung zur Berufungsvorentscheidung keine Erklärung finde, inwiefern das rechtliche Schicksal der Entscheidung des Patentamtes hinsichtlich der Firmenänderung bei den einzelnen Marken hätte verschieden sein können.
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist, ob die in einem Schriftsatz an das Patentamt beantragte Änderung des Firmenwortlautes des Markeninhabers für eine Vielzahl von Marken eine mehrfache Gebührenpflicht auslöst.
Nach § 14 TP 6 Gebührengesetz 1957 unterliegen Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen einer festen Gebühr von 13,20 €.
Werden in einer Eingabe mehrere Ansuchen gestellt, so ist für jedes Ansuchen die Eingabengebühr zu entrichten (§ 12 Abs. 1 GebG 1957).
Sinn der Bestimmung des § 12 Abs. 1 GebG 1957 ist es, eine Umgehung der Gebührenpflicht durch subjektive Kumulierung von verschiedenen Anträgen in einer Eingabe zu verhindern, wobei die Kumulierung mehrerer Anträge anzunehmen ist, wenn in ein und demselben Schriftstück mehrere Amtshandlungen begehrt werden, die untereinander in keinem Zusammenhang stehen (siehe Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, zu § 12, Rz 2).
Für die Frage, ob ein oder mehrere Ansuchen vorliegen, ist es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes daher bedeutsam, ob ein innerer Zusammenhang zwischen den kumulierten Ansuchen besteht, oder ob die Zusammenfassung der Ansuchen in einem Schriftsatz nur willkürlich erfolgt ist. Trotz Vorliegens mehrerer Ansuchen in einem Schriftsatz ist die Gebühr nur dann einmal zu entrichten, wenn die mehreren Ansuchen untereinander in einem Zusammenhang stehen (VwGH 6.3.1989, 88/15/0122, 0123; VwGH 16.11.1995, 94/16/0057).
In seiner Judikatur zum § 12 GebG 1957 geht der Verwaltungsgerichtshof dann von einem inneren Zusammenhang aus, wenn ein Antrag nur ein Akzessorium zu einem anderen Antrag darstellt und ein Begehren von dem anderen derart abhängt, dass es an das Bestehen des anderen gebunden ist. So sieht er beispielsweise den Antrag auf aufschiebende Wirkung als Akzessorium zur VwGH-Beschwerde an und verneint die mehrfache Gebührenpflicht (VwGH 13.4.1972, 2082/71; VwGH 25.1.1988, 87/15/0143).
Weiters bejaht er einen inneren Zusammenhang dann, wenn die Rechtsquelle, die die Antragstellung regelt, nur eine Antragstellung für eine Mehrzahl von Anträgen vorgesehen hat (VwGH 12.11.1997, 96/16/0287, "Erlaubnisscheine"; VwGH 4.3.1982, 81/15/0050, "Schurfberechtigungen"). Hier ergibt sich der innere Zusammenhang schon auf Grund des Gesetzes und ist eine mehrfache Gebührenpflicht daher ausgeschlossen. Ein solcher Zusammenhang auf Grund einer sachlichen oder rechtlichen Akzessorität der Begehren liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.
Das Ergehen einer einheitlichen Erledigung der Ansuchen kann einen Hinweis auf einen inneren Zusammenhang darstellen (vgl. VwGH 11.2.1982, 81/15/0038, "Giftbezugslizenz"). Allerdings ist dabei zu beachten, dass eine einheitliche Entscheidung zumeist bei jeder Antragsmehrheit möglich ist. Der Verwaltungsgerichtshof stellte in seiner Judikatur daher weiterführend fest, dass es bezüglich der Frage der Kumulierung gebührenpflichtiger Anträge darauf ankommt, ob das rechtliche Schicksal der kumulierten Ansuchen verschieden sein kann (VwGH 26.7.1995, 95/16/0190; VwGH 18.4.1997, 97/16/0081).
Diese Aussage bezieht sich damit auf eine Prüfung der Frage, wie viele Verfahrensgegenstände vorliegen. Im erstgenannten Erkenntnis aus dem Jahre 1995 geht es um ein Fristerstreckungsansuchen für ein Verfahren betreffend die Übertragung von zwölf Marken. In der zweiten Entscheidung aus dem Jahre 1997 geht es um die Durchfahrtsbewilligung von fünf Fußgängerzonen. Diese Fälle basieren auf Sachverhalte, bei denen mit der Eingabe jeweils ein verwaltungsbehördliches Verfahren angestrengt worden ist, das mit einer Bewilligung oder einer Versagung beendet werden konnte. Damit unterscheiden sich diese Fälle wesentlich vom vorliegenden Fall und das herausgearbeitete Prüfkriterium, nämlich die Frage, ob das rechtliche Schicksal der Anbringen theoretisch unterschiedlich sein kann, ist nicht anwendbar.
Selbst wenn diese Überlegungen anzuwenden gewesen wären, würde das Ergebnis der Bw. nicht zugute kommen, weil es nicht in allen beantragten Fällen zur Eintragung der Firmenänderung ins Markenregister gekommen ist. So wurde in 4 Fällen (1 , 2 , 3 , 4) keine Eintragung vorgenommen, zum überwiegenden Teil deswegen, weil die Marken gelöscht wurden.
Ein anderer Hinweis, ob in der Eingabe mehrere Ansuchen gestellt worden sind, kann in der Anzahl der selbständigen Amtshandlungen liegen (vgl. VwGH-Erkenntnis vom 5.3.1990, 89/15/0006; VwGH 12.11.1997, 96/16/0287).
Im gegenständlichen Fall liegt ein Schriftsatz mit einem Ansuchen auf Änderung des Firmenwortlautes im Markenregister für eine Vielzahl von verschiedenen Marken vor. Es handelt sich dabei um mehrere gleichartige Begehren, die die gleiche Amtshandlung, nämlich die Eintragung des geänderten Wortlautes des Markeninhabers pro Marke, zum Inhalt haben. Aus der Gleichartigkeit der Amtshandlungen ist aber im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch kein innerer Zusammenhang der Begehren abzuleiten (siehe die in Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, zu § 12, Rz 5, angeführte VwGH-Judikatur). So hält es der VwGH z.B. auch für unerheblich, wenn 130 Bescheide, auf die sich die Eingabe bezog, verschiedene übereinstimmende Merkmale aufgewiesen haben (VwGH 84/15/0136).
Am ehesten kann der gegenständliche Antrag mit dem Ansuchen auf Meldeauskunft für verschiedene Personen verglichen werden, weil dort ebenfalls eine gleichartige Amtshandlung für eine Vielzahl von Fällen begehrt wird (VwGH 6.3.1989, 88/15/0122). Auch nach dieser Entscheidung wird von der Gleichartigkeit der Erledigung nicht auf einen inneren Zusammenhang der Ansuchen geschlossen.
Die Stellungnahme des Patentamtes vom 17. Juni 2009 bestätigt ebenfalls die Rechtsansicht, dass jedes Begehren betreffend ein Schutzrecht ein eigenes Ansuchen darstellt, das die Gebührenpflicht auslöst.
Die Bw. verweist auf den Tenor einer stattgebenden Entscheidung der Finanzlandesdirektion Wien, NÖ und Bgld. aus dem Jahre 1989. Eine Auseinandersetzung mit dieser Entscheidung kann heute nur mehr in dem Umfang erfolgen, in dem diese Erledigung veröffentlicht wurde (FJGV-LS 1991/2). Dabei ist heute nur mehr feststellbar, dass sich der veröffentlichte Leitsatz auf einen Erlass des BMfF vom 2. 6. 1989, AÖFV 185/1989, bezüglich der Weitergeltung übernommener Vollmachten, gründet. Ein Erlass stellt aber mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt keine für den Unabhängigen Finanzsenat verbindliche Rechtsquelle dar.
Da sich nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 1 GebG 1957 die Gebührenpflicht der Eingabe entsprechend der in der Eingabe enthaltenen vielfachen Ansuchen ergibt und die Gebührenentrichtung richtig erfolgte, konnte der Berufung kein Erfolg zukommen.
Graz, am 24. Jänner 2011
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 12 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Schlagworte: | Markeninhaber, Kumulierung, Eingabe, innerer Zusammenhang, Akzessorium, Patentamt |
Verweise: | VwGH 06.03.1989, 88/15/0122 |