UFS RV/3079-W/08

UFSRV/3079-W/0810.1.2011

Vorliegen eines einheitlichen Veräußerungsvorgangs bei unentgeltlicher Anteilsabtretung unter Fruchtgenussvorbehalt und späterem entgeltlichen Fruchtgenussverzicht

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2011/15/0039 eingebracht. Mit Erk. v. 4.9.2014 wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw, vertreten durch Steuerberater, gegen die Bescheide des Finanzamtes, vertreten durch Finanzamtsvertreterin, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2007 nach der am 15. Dezember 2010 in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

1. Der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 wird teilweise Folge gegeben.

Dieser Bescheid wird abgeändert.

2. Die Berufungen gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003 bis 2007 werden als unbegründet abgewiesen.

Diese Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw) ist Gesellschafter der im Jahr 1980 errichteten XY Beteiligungsges.m.b.H. (im Folgenden XY-GmbH). Diese GmbH hielt u.a. einen 60 %-Anteil an der WarenVertriebsAG, die wiederum an der den operativen Betrieb führenden XZ-GmbH GmbH beteiligt ist.

Der Bw ist außerdem, mit einem Stiftungsbetrag von 880.000,00 S, einer der Stifter der am 24. November 2000 mit einem Stiftungsvermögen von 1.000.000,00 S errichteten Y Privatstiftung (im Folgenden Privatstiftung). Die weiteren Stifter sind Familienangehörige des Bw.

Mit notariell beurkundeter Widmungserklärung vom 19. Dezember 2000 brachte der Bw von seinem gesamten Geschäftsanteil an der XY Beteiligungsges.m.b.H. in Höhe von 9.325.000,00 S einen Teil in Höhe von 5.595.000,00 S in die Privatstiftung ein. Auch die zweite Gesellschafterin der XY-GmbH und weitere Stifterin ZY brachte einen Teil ihres Geschäftsanteils ein, womit der Privatstiftung insgesamt ein Geschäftsanteil von 6.060.000 S übertragen wurde. Die Einbringenden behielten sich das Fruchtgenussrecht an den abgetretenen Geschäftsanteilen, einschließlich des Stimmrechts hinsichtlich dieser Anteile, vor. Die Privatstiftung erteilte den Einbringenden zu diesem Zweck eine Stimmrechtsvollmacht.

Eine Einladung zu einer Sitzung des Stiftungsvorstands vom 12. April 2002 enthält als Tagesordnungspunkte den Bericht und die Beschlussfassung über die Ablöse des Fruchtgenussrechts sowie deren Finanzierung und die Besprechung eines Spaltungskonzepts der XY-GmbH. Dieses Konzept sieht eine Teilung des Vermögens der XY-GmbH im Wege einer entflechtenden Spaltung in der Weise vor, dass in einer ausschließlich der Privatstiftung gehörenden Kapitalgesellschaft die Beteiligung an der Y-Beteiligungs AG und in einer anderen, dem Bw und ZY gehörenden Kapitalgesellschaft das restliche Vermögen, nämlich Grundstücke und Auslandsbeteiligungen, verbleiben sollten.

In der Sitzung des Stiftungsvorstandes wurde laut dem darüber aufgenommenen Protokoll vom 24. April 2002 auszugsweise Folgendes besprochen:

Auf Grund des Stimmrechtsvorbehalts des Bw und der ZY könne die Privatstiftung keinen Einfluss auf die Geschäftspolitik und die Ausschüttungspolitik der XY-GmbH nehmen. Darüber hinaus hielten die Mitglieder des Stiftungsvorstandes den Ankauf von Liegenschaften in Südafrika und Tschechien nicht für ein langfristig gutes Investment. Eine Möglichkeit, Einfluss zu gewinnen, bestünde im Kauf des Fruchtgenussrechts samt Stimmrecht. Der Bw habe gegenüber einem der Stiftungsvorstände seine Bereitschaft zur Ablöse des Fruchtgenussrechts bekundet, eine Entflechtung der Geschäftsanteile an der XY-GmbH vorausgesetzt. Weiters würde die Privatstiftung durch die Ablöse auch nur eines Teiles des Fruchtgenussrechts regelmäßig Zuflüsse erhalten. Bei Aufrechterhaltung des gesamten Fruchtgenussrechts hätte die Privatstiftung auf unabsehbare Zeit keine liquiden Mittel; sie müsste entweder Vermögenswerte liquidieren oder eine Nachstiftung erhalten.

Der Wert jenes Anteils des Fruchtgenussrechts, der zur Erlangung einer Mehrheit abgelöst werden müsste, betrage 3.300.000,00 €, wobei 2.300.000,00 € durch Fremdmittel zu finanzieren wären und 1.000.000,00 € als Forderung des Bw offen bleiben würden.

Mit Notariatsakt vom 5. August 2002 gab der Bw hinsichtlich der Hälfte seines Fruchtgenussrechts sowie des diesbezüglichen Stimmrechts eine Verzichtserklärung gegenüber der Privatstiftung ab. Erläuternd wird darin ausgeführt, dass die Privatstiftung zwar das Eigentum an Geschäftsanteilen der XY-GmbH, jedoch weder Fruchtgenuss noch Stimmrecht habe. Durch die gegenständliche Vereinbarung in Verbindung mit einer geplanten Spaltung der XY-GmbH sichere sich die Privatstiftung entscheidenden Einfluss in ihrem Tochterunternehmen. Als Gegenleistung für die Verzichtserklärung verpflichtete sich die Privatstiftung zur Bezahlung eines einmaligen Ablösepreises in der Höhe von 3.300.000,00 €. Dieser Betrag entspreche dem Wert der nach versicherungsmathematischen Grundsätzen diskontierten durchschnittlichen Ausschüttungen. Die Regelung der Zahlungsmodalitäten erfolge außerhalb dieser Erklärung. Im Zuge der Abspaltung zur Neugründung der XY-GmbH solle das verbleibende Fruchtgenuss- und Stimmrecht des Bw so zugeordnet werden, dass vorrangig die Geschäftsanteile der übertragenden Gesellschaft belastet und die Geschäftsanteile an der neu zu gründenden Gesellschaft möglichst unbelastet seien.

Als Ergebnis einer beim Bw durchgeführten Außenprüfung traf der Prüfer Bezug nehmend auf die Widmungserklärung vom 19. Dezember 2000 und die Verzichtserklärung vom 5. August 2002 unter Tz 1 des Berichts die Feststellung, dass die Zuwendung der Beteiligung an die Privatstiftung unter Vorbehalt des Fruchtgenussrechts sowie der spätere entgeltliche Verzicht wirtschaftlich als Einheit zu betrachten seien. In wirtschaftlicher Betrachtung liege ein Kauf der Anteile durch die Privatstiftung vor, der beim Bw im jeweiligen Jahr der Zahlung des Ablösepreises zu sonstigen Einkünfte gemäß § 29 Z 2 i.V.m. § 31 EStG führe.

Unter Tz 2 des Berichts sind die wirtschaftlichen Einwendungen des steuerlichen Vertreters des Bw festgehalten; demnach sei durch die Ablöse des Fruchtgenussrechts eine klare Aufteilung der Entscheidungsbefugnisse und der wirtschaftlichen Verantwortung der nunmehr gespaltenen Tochtergesellschaften erreicht worden, was auch in den Vorstandsprotokollen der Privatstiftung entsprechend dokumentiert sei.

Der Ablösepreis ist nach den Feststellungen der Außenprüfung wie folgt entrichtet worden:

2002:

2.300.000,00 €

2003:

200.000,00 €

2004:

100.000,00 €

2005:

185.000,00 €

2006:

200.000,00 €

2007:

315.000,00 €

 

3.300.000,00 €

Das Finanzamt erließ, hinsichtlich der Jahre 2002 bis 2006 nach Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens, dieser Feststellung Rechnung tragende Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002 bis 2007; die Zahlungen wurden in der von der Außenprüfung festgestellten Höhe als Einkünfte aus der Veräußerung von Beteiligungen mit dem Hälftesteuersatz versteuert.

In den dagegen erhobenen Berufungen wendet der Bw zunächst ein, dass die Bescheide rechtswidrig seien, weil diesen, ebenso wie dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung, eine Begründung und eine Abwägung der rechtlichen Argumente fehlten. Die im Zuge der Prüfung vorgelegten Unterlagen seien nicht erwähnt oder erläutert worden. Aus diesen Dokumenten, insbesondere aus den Aussagen des Stiftungsvorstands, werde aber die wirtschaftliche Begründung der Fruchtgenussablöse eindeutig nachvollziehbar.

Beim gegenständlichen Fruchtgenussrecht handle es sich um einen Nettofruchtgenuss. Eine Disposition über die Einkünfte sei dem Fruchtnießer auf Grund der Stimmrechtsvollmacht möglich gewesen. Der Fruchtnießer habe kein wirtschaftliches Eigentum an den Anteilen gehabt.

Werde ein Fruchtgenussrecht veräußert oder vom Eigentümer abgelöst, so habe dies nur bei den betrieblichen Einkunftsarten steuerliche Folgen; bei außerbetrieblichen Einkünften unterliege die Entschädigung, ausgenommen bei Spekulation, nicht der Einkommensteuer. Eine Subsumierung unter § 31 EStG komme nicht in Betracht, weil der Fruchtgenuss an einem Anteil nicht einmal in wirtschaftlicher Betrachtungsweise einem Anteil gleichzuhalten sei. Die Ablöse eines Fruchtgenussrechts sei außerdem keine Leistung im Sinne des § 29 Z 3 EStG, weil eine Verminderung der Vermögenssphäre vorliege. Eine Subsumierung unter eine Einkunftsart über die gemeinsamen Vorschriften des § 32 EStG komme ebenfalls nicht in Betracht. Auch habe das BMF in den Einkommensteuerrichtlinien seine neue Sichtweise zur Ablöse von Fruchtgenussrechten auf ab dem 1. Juni 2008 verwirklichte Fälle eingeschränkt.

In der am 15. Dezember 2010 abgehaltenen Berufungsverhandlung bemängelte der steuerliche Vertreter zunächst, dass er die vom Finanzamt verfasste Stellungnahme zur Berufung, welche laut Finanzamtsvertreterin gemeinsam mit der Vorlageverständigung versendet worden sei, nicht erhalten habe; in der nunmehr erfolgten Aushändigung dieser Stellungnahme liege eine Nachholung der Begründung.

Weiters brachte der steuerliche Vertreter vor, es liege kein Beweis für den vom Finanzamt angenommenen Sachverhalt vor; dass bereits bei Einlage der Beteiligung die wegen der Zurückbehaltung des Fruchtgenuss- und Stimmrechts mangelnde Einflussmöglichkeit bekannt gewesen sei, sei eine bloße Vermutung. Es fehle auch ein Gegenbeweis dafür, dass der Fruchtgenussvorbehalt im Zeitpunkt der Zuwendung nicht beabsichtigt und wirtschaftlich vernünftig gewesen sei. Dagegen lasse sich aus dem vorgelegten Vorstandsprotokoll der Sachverhalt eindeutig herleiten.

Festzuhalten sei, dass zwischen der Einbringung im Dezember 2000 und dem Notariatsakt vom August 2002 zwei Ausschüttungen der XY-GmbH an die Fruchtgenussberechtigten erfolgt seien, was der unterstellten Veräußerung im Dezember 2000 widerspreche.

Zum wirtschaftlichen Hintergrund sei anzumerken, dass der Bw die Tätigkeit der XY-GmbH ausweiten und u.a. ein risikobehaftetes Investment in Südafrika habe eingehen wollen. Man habe sich daher entschlossen, den Tätigkeitsbereich der XY-GmbH aufzuspalten. Dem einen Bereich sollte die operative Holzhandelstätigkeit zugeordnet werden, dem anderen Bereich die Liegenschaften und sonstigen Beteiligungen, in welchem der Bw seine Investments in eigener Verantwortung durchführen konnte. Das ganze sei vor dem Hintergrund passiert, dass sich das Haftungsrisiko für Stiftungsvorstände hinsichtlich der richtigen Allokation der Vermögensgegenstände der Stiftung zu vergrößern begann.

Zum Beweis des tatsächlichen wirtschaftlichen Gehalts hinter der Widmung der Geschäftsanteile und der Ablöse des Fruchtgenussrechts beantragte der steuerliche Vertreter die Vernehmung der beiden Stiftungsvorstände (deren Anschrift sei aktenkundig). Der tatsächliche wirtschaftliche Gehalt bestehe darin, dass, wie in der Berufung und in der Berufungsverhandlung ausgeführt, die Zuwendung der Beteiligung unter Vorbehalt des Fruchtgenuss- und des Stimmrechts erfolgt und später eine entgeltliche Ablöse dieser Rechte vorgenommen worden sei. Der steuerliche Vertreter gehe davon aus, dass die beiden Vorstände den Vorgang besser wirtschaftlich erklären könnten.

Die Finanzamtsvertreterin hielt diesem Antrag entgegen, es sei nicht ersichtlich, was die Beweisaufnahme gegenüber dem schon bisher Vorgebrachten Zusätzliches ergeben sollte. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei davon auszugehen, dass bei Zuwendung der Beteiligung im Jahr 2000 bereits die Veräußerung beabsichtigt gewesen sei. Wie der steuerliche Vertreter angemerkt habe, seien die Stiftungsvorstände erfahren und sei davon auszugehen, dass sie sich bereits im Jahr 2000 der Auswirkungen voll bewusst gewesen seien.

Der steuerliche Vertreter wies dazu darauf hin, dass die Stiftungsvorstände den Stifter nicht zwingen könnten, was er der Stiftung widme.

Schließlich bemängelte der steuerliche Vertreter, es sei nicht darauf eingegangen worden, dass die im Zuge der Spaltung neu gegründete Y Kapitalbeteiligungs GmbH einen neuen Geschäftsführer, XY jun, habe, und ob der Ablösebetrag dem Wert der Anteile oder dem Wert des Fruchtgenussrechts entspreche; auch sei nicht geprüft worden, warum nur ein Teil des Fruchtgenussrechts abgelöst wurde. Die Kriterien für Angehörigengeschäfte seien eingehalten worden. Weitere außersteuerliche Gründe seien ebenfalls nicht geprüft worden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Zunächst ist festzuhalten, dass der Vorwurf des Bw, die angefochtenen Bescheide enthielten keine Begründung, nicht berechtigt ist. Die nach Abschluss der Außenprüfung hinsichtlich der Jahre 2002 bis 2006 gleichzeitig mit den neuen Sachbescheiden als Sammelbescheid erlassenen und zugestellten Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens enthalten den Hinweis, dass aus dem, dem Bw gleichfalls zugestellten, Prüfungsbericht auch die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen Bescheid zu ersehen ist. Auch der für das Jahr 2007 ergangene Einkommensteuerbescheid verweist zur Begründung der Abweichung von der Steuererklärung auf den Bericht der Außenprüfung. Tz. 1 des Berichts enthält aber eine Begründung für die in den angefochtenen Bescheiden vorgenommene Versteuerung von Einkünften aus der Veräußerung von Beteiligungen, nämlich das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen der Zuwendung der Beteiligung an die Privatstiftung unter Vorbehalt von Fruchtgenuss- und Stimmrecht und dem späteren entgeltlichen Verzicht auf diese Rechte. Dass die Außenprüfung dabei den in Tz. 2 des Berichts enthaltenen wirtschaftlichen Einwendungen des Bw zu Recht nicht gefolgt ist, wird im Folgenden dargelegt. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass allfällige Begründungsmängel im erstinstanzlichen Verfahren im Rechtsmittelverfahren saniert werden können (vgl. Ritz, BAO Kommentar³, § 93 Tz 16).

Gemäß § 29 Z 2 EStG gehören zu den sonstigen Einkünften Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften im Sinne der §§ 30 und 31. Gemäß § 31 Abs. 1 EStG gehören zu den sonstigen Einkünften die Einkünfte aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens einem Prozent (bei Veräußerungsvorgängen vor dem 1. Jänner 2001 zu mehr als 10 %) beteiligt war.

Der Bw war seit der Gründung und so auch noch im Zeitpunkt der Errichtung der Widmungserklärung vom 19. Dezember 2000 zu mehr als 90 % an der XY-GmbH beteiligt. Seine Beteiligung hat daher das Ausmaß der für die Anwendbarkeit des § 31 EStG maßgeblichen Beteiligung jedenfalls, auch in zeitlicher Hinsicht, überschritten.

Streit besteht darüber, ob die am 5. August 2002 zwischen dem Bw und der Privatstiftung vereinbarte Fruchtgenussablöse einen nicht der Einkommensteuer unterliegenden Vorgang darstellt, oder ob in der am 19. Dezember 2000 unter Vorbehalt des Fruchtgenusses erfolgten Übertragung von Geschäftsanteilen an der XY-GmbH und der späteren Fruchtgenussablöse ein einheitlicher, als Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 31 Abs. 1 EStG zu beurteilender Vorgang zu sehen ist.

Getrennt abgeschlossene Verträge sind dann als Einheit aufzufassen, wenn die Beteiligten trotz mehrerer getrennter Verträge eine einheitliche Regelung beabsichtigten und wenn zwischen den mehreren Verträgen ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht (VwGH 19.3.2002, 97/14/0034).

Zwischen dem bloßen Stammrecht eines Anteils an einer GmbH und den mit diesem verbundenen Rechten, wie Gewinnbezugs- und Stimmrecht, besteht ein enger sachlicher Zusammenhang. Dieser sachliche Zusammenhang wird nicht dadurch gelöst, dass die Übertragung des Stammrechts und die Übertragung der dazu gehörenden Rechte auf ein und dieselbe Person in zwei Vertragswerke aufgespaltet werden. Der enge sachliche Zusammenhang zwischen der Widmungserklärung vom 19. Dezember 2000 und der Verzichtserklärung vom 5. August 2002 ist damit deshalb gegeben, weil sich diese zwischen denselben Personen getroffenen Vereinbarungen auf dieselbe Beteiligung bzw. die zu dieser Beteiligung gehörigen Berechtigungen bezogen haben.

Aus dem Inhalt der oben wiedergegebenen Urkunden leuchtet weiters hervor, dass der Bw nicht die Absicht hatte, der Privatstiftung einen mit sämtlichen Rechten ausgestatteten, also nicht mit Fruchtgenuss- und Stimmrechtsvorbehalt belasteten, Geschäftsanteil an der XY-GmbH unentgeltlich zu überlassen. Von einem entgeltlichen Vorgang kann deshalb ausgegangen werden, weil der in der Verzichtserklärung vom 5. August 2002 vereinbarte Betrag von 3,3 Mio € vom gemeinen Wert der übertragenen Anteile nicht wesentlich abweicht. Laut dem zum Jahresabschluss 2000 erstellten Lagebericht der Privatstiftung betrug der gemeine Wert der übertragenen Geschäftsanteile 125,93 Mio S, das sind umgerechnet 9.151.690,00 €. Davon entfallen auf den vom Bw eingebrachten Anteil 92,33 % (5.595.000,00 S:6.060.000,00), das sind 8.449.446,00 €; auf den von der Fruchtgenussablöse betroffenen halben Anteil entfallen damit 4.224.728,00 €. Der Ablösebetrag von 3,3 Mio € beträgt rund 78 % dieses gemeinen Wertes.

Von Bedeutung für die Würdigung des vorliegenden Sachverhalts ist ferner, dass es der Bw als Stifter bzw. als Gesellschafter und selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der XY-GmbH in der Hand hatte, den Vorgang entsprechend zu steuern. Dabei bietet die vom Bw gegen die Feststellung der Außenprüfung vorgetragene wirtschaftliche Motivation der Privatstiftung, durch die Ablöse des Fruchtgenussrechts verbunden mit einer Spaltung einen entscheidenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaften zu erlangen, keine Erklärung für die gewählte Vorgangsweise, der Privatstiftung zuerst unentgeltlich das bloße Stammrecht zuzuwenden, um nachfolgend Gewinnanspruch und Stimmrecht gegen Entgelt zu übertragen. Dass die Privatstiftung einen entsprechenden Einfluss mangels Stimmrecht nicht erlangen konnte, ist nämlich nicht eine Erkenntnis, die sich erst nach der Übertragung der Anteile einstellen konnte; es kann den Stiftern unterstellt werden, sich der Bedeutung der Zurückbehaltung von Fruchtgenuss und Stimmrecht bereits bei der Übertragung im Dezember 2000 bewusst gewesen zu sein.

Zudem vermag die durch das Vorstandsprotokoll vom 24. April 2002 vermittelte Darstellung, die Privatstiftung bzw. deren Vorstand habe auf die Erlangung eines Einflusses auf die Geschäftspolitik der XY-GmbH gleichsam gedrängt und der Bw habe sich, diesem Drängen nachgebend, zu einer entgeltlichen Ablöse des Fruchtgenussrechts bereit gefunden, nicht zu überzeugen. Die beiläufige Erwähnung im Vorstandsprotokoll, die Vorstände hegten Bedenken gegen den Ankauf bestimmter Liegenschaften, kann ebenfalls bloß als Versuch gesehen werden, den Eindruck eines zwischen der Privatstiftung und dem Bw in Bezug auf die Geschäftspolitik bzw. die Unternehmensführung aufgekeimten, zur Ablöse des Fruchtgenusses Anlass gebenden Interessengegensatzes hervorzurufen. Dass ein solcher Interessengegensatz tatsächlich bestanden hätte, ist aber nicht glaubwürdig.

Die Y-Gruppe ist ein seit Jahrzehnten bestehendes, im Großhandel mit XY-Waren tätiges Familienunternehmen. Der Bw war bei Übertragung der Geschäftsanteile und Abgabe der Verzichtserklärung mehr als zwei Jahrzehnte in der Unternehmensgruppe selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer und verfügte daher über entsprechende Erfahrung und Fachkenntnisse. Dass die Stifter mit der Kontinuität der Führung des Familienunternehmens bzw. konkret der Führung der die Beteiligung am operativen Bereich haltenden XY-GmbH brechen und den Einfluss auf Geschäftspolitik bzw. operative Entscheidungen der Privatstiftung übertragen bzw. in die Hände der diese repräsentierenden Stiftungsvorstände legen wollten, ist nicht plausibel. Eine solche Vorgangsweise widerspricht nicht nur allgemein dem Zweck von Privatstiftungen und der Funktion von Stiftungsvorständen, sondern auch dem in Artikel VII der Stiftungsurkunde umschriebenen Aufgabenbereich des konkreten Stiftungsvorstandes, nämlich die Stiftung zu verwalten und sie nach außen zu vertreten.

Dass insbesondere der Bw als Hauptstifter und Geschäftsführer eine Einflussnahme der Stiftungsvorstände auf Geschäftspolitik und Unternehmensführung der XY-GmbH zugelassen hätte, ist daher auszuschließen, zumal es, wie in der Berufungsverhandlung richtig bemerkt wurde, der Stiftungsvorstand den Stiftern nicht vorschreiben kann, was diese der Stiftung zuwenden wollen, es daher allein an den Stiftern lag, über die Zuwendung von Vermögen und damit verbundener Rechte an die Privatstiftung zu disponieren, es die Stifter ebenso in der Hand hatten, über die Verlängerung des gemäß Artikel VII Pkt. 7.1.1. der Stiftungsurkunde auf 5 Jahre befristeten Vorstandsmandats zu entscheiden oder, und dies zunächst vorrangig der Bw, einen Vorstand gemäß Artikel VII Pkt. 7.1.11 der Stiftungsurkunde aus wichtigem Grund abzuberufen, es folglich schon deshalb nicht glaubwürdig ist, dass der Bw einem Drängen der Stiftungsvorstände auf Aufgabe des Fruchtgenussrechts nachgegeben hätte.

Da es konkret um Fragen der Geschäftsführung der XY-GmbH und nicht um die Veranlagung von Stiftungsvermögen geht, ist auch der Hinweis auf eine Haftung der Stiftungsvorstände für eine richtige Allokation des Stiftungsvermögens nicht zielführend. Auf die Bestellung des Geschäftsführers hatte die Privatstiftung mangels Stimmrecht, das sich die Stifter ja bei Zuwendung der Anteile in Ausübung der ihnen zukommenden Freiheit, den Umfang gestifteten Vermögens zu bestimmen, vorbehalten hatten, keinen Einfluss, weshalb die Stiftungsvorstände mangels einer ihnen von den Stiftern eingeräumten Möglichkeit, auf die Bestellung des Geschäftsführers Einfluss zu nehmen, in diesem Zusammenhang auch keine Verantwortung treffen konnte.

Weiters kann sich am wirtschaftlichen Interesse der Stifter, somit auch des Bw als Hauptstifter, am Erfolg des Familienunternehmens und damit an der Entwicklung des in der Stiftung platzierten Vermögens auch nach der Übertragung der Anteile an die Stiftung nichts geändert haben, zumal die Mitglieder der Familie des Bw auch dem Kreis der Begünstigten angehören. Es lagen daher keine widerstreitenden wirtschaftlichen Interessen zwischen der Privatstiftung und dem Bw vor, weshalb auch nicht plausibel ist, dass der branchenerfahrene Bw risikobehaftete Investments zum Nachteil der Privatstiftung getroffen hätte, und er vom Stiftungsvorstand zur entgeltlichen Aufgabe von Fruchtgenuss- und Stimmrecht hätte überredet werden müssen, um die Privatstiftung durch eine entflechtende Spaltung der XY-GmbH vor solchen Nachteilen zu bewahren. Wenn beim Bw tatsächlich die Neigung zu solch risikobehafteten Geschäften bestanden hätte, wäre es außerdem nicht verständlich, warum er auch nach der entflechtenden Spaltung zum selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer der die Beteiligung an der operativen Gesellschaft haltenden Y Kapitalbeteiligungs GmbH bestellt worden ist.

Es ist daher davon auszugehen, dass auch nach der Zuwendung der Anteile an die Privatstiftung die Einflussnahme auf die XY-GmbH unverändert geblieben ist, bzw. weiterhin der Bw als Hauptstifter und Geschäftsführer die Geschicke der Gesellschaft bestimmte.

Das vermeintliche Bestreben der Privatstiftung bzw. der Stiftungsvorstände, einen wirtschaftlichen Einfluss auf die Geschäftspolitik zu gewinnen, sowie die angeblichen Bedenken des Stiftungsvorstandes gegen den Ankauf bestimmter Liegenschaften stellen daher Scheinargumente dar, die durch die Herstellung eines Bezugs zu der bei der XY-GmbH durchgeführten entflechtenden Spaltung den Eindruck hervorrufen sollen, dass der Entschluss zur entgeltlichen Aufgabe eines Teiles des Fruchtgenussrechts erst nachträglich, nach der Zuwendung im Dezember 2000, gewachsen sei. Gleiches gilt für den im Protokoll vom 24. April 2002 ebenfalls angesprochenen fehlenden Zufluss von liquiden Mitteln, zumal auch insoweit bereits bei Übertragung der Anteile im Dezember 2000 feststand, dass der Privatstiftung infolge der Zurückbehaltung des Fruchtgenusses liquide Mittel aus Gewinnausschüttungen nicht zugehen werden. Zudem macht dieses Argument die gewählte Vorgangsweise auch deshalb nicht plausibel, weil die - dem Wert der diskontierten durchschnittlichen Ausschüttungen entsprechende - Ablöse des Fruchtgenussrechts einen solchen Zufluss in absehbarer Zeit nicht sicherstellen konnte, wurde der Ablösebetrag doch zur Gänze fremdfinanziert (2,3 Mio € als Bankkredit, der Rest als Verbindlichkeit gegenüber dem Bw), weshalb die Aufgabe des Fruchtgenussrechts nicht nur den Zufluss liquider Mittel in Form von Gewinnausschüttungen aus der übertragenen Beteiligung, sondern gleichzeitig auch den Abfluss liquider Mitteln aus der Tilgung der Fremdmittel mit sich bringen musste.

Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Übertragung des Stammrechts und dem Verzicht auf das Fruchtgenussrecht ist in Ansehung des zwischen den beiden Vorgängen liegenden Zeitraums von nur etwa eineinhalb Jahren ebenfalls gegeben.

Auf Grund des engen zeitlichen, persönlichen und sachlichen Zusammenhangs der gegenständlichen Vereinbarungen vom 19. Dezember 2000 und vom 5. August 2002, der mangelnden Plausibilität der vom Bw für die Trennung der Verträge vorgebrachten wirtschaftlichen Überlegungen, sowie der erkennbaren Absicht des Bw, der Privatstiftung einen unbelasteten Geschäftsanteil nicht unentgeltlich zu übertragen, liegt ein einheitlicher, auf die entgeltliche Übertragung von Geschäftsanteilen an der XY-GmbH gerichteter Vorgang vor, der den Tatbestand eines Veräußerungsgeschäfts im Sinne des § 31 EStG verwirklicht.

Dem in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag auf Vernehmung der Stiftungsvorstände war aus folgendem Grund nicht zu entsprechen:

Auf die Aufnahme beantragter Beweise darf, um dem verfahrensökonomisch bedingten Gebot der Zweckmäßigkeit unter Beschränkung des Beweisverfahrens auf geeignete Beweismittel Rechnung zu tragen, verzichtet werden, wenn diese von vornherein unzweifelhaft unerheblich sind, weil die Art des Beweismittels oder der Erkenntnisstand eine andere Beurteilung des Verfahrensgegenstandes mit Bestimmtheit ausschließen (VwGH 5.8.1993, 93/14/0026).

Als Zweck der Befragung der Stiftungsvorstände nennt der vom steuerlichen Vertreter formulierte Antrag den Beweis des tatsächlichen wirtschaftlichen Gehalts hinter der Widmung der Geschäftsanteile und der Ablöse des Fruchtgenussrechts. Nun wurde aber dieser vom Bw behauptete wirtschaftliche Gehalt durch die im Prüfungsverfahren vorgelegten Unterlagen, insbesondere das Protokoll über die Sitzung des Stiftungsvorstandes vom 24. April 2002, sowie durch die Ausführungen in Berufung und Berufungsverhandlung ohnehin hinreichend präsentiert. Eine nochmaligen Wiedergabe dieser Umstände durch die Stiftungsvorstände führt zu keinem anderen Erkenntnisstand, zumal dem Beweisantrag auch nicht zu entnehmen ist, welche zusätzlichen Erkenntnisse eine Befragung der Stiftungsvorstände erbringen sollte. Die Behauptung, die beiden Stiftungsvorstände könnten den Vorgang besser wirtschaftlich begründen, stellt keinen konkreten Beweisantrag dar.

Zum weiteren Vorbringen in der Berufungsverhandlung ist Folgendes zu bemerken:

Der Umstand, dass die XY-GmbH im Zeitraum zwischen der Zuwendung im Dezember 2000 und dem Fruchtgenussverzicht im August 2002 Gewinne zur Gänze an den Bw und an ZY ausbezahlt hat, steht einer von dieser Auszahlung abweichenden Beurteilung der beiden getrennt abgeschlossenen Verträge als einheitliche, auf einen Anteilsverkauf gerichtete Regelung nicht entgegen. Welche Bedeutung dem Umstand, dass XY jun neuer Geschäftsführer der Y Kapitalbeteiligungs GmbH ist, im vorliegenden Zusammenhang zukommen soll, ist nicht nachvollziehbar, zumal auch der Bw selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer dieser Gesellschaft ist. Der Vorwurf, es sei nicht geprüft worden, ob der Ablösebetrag dem Wert der Anteile oder dem Wert des Fruchtgenussrechts entspreche, ist angesichts des gleichzeitigen Hinweises, dass die Kriterien für Angehörigengeschäfte eingehalten worden seien, nicht verständlich. Zudem konnte bei Feststellung des gemeinen Wertes der Anteile, wie bereits dargelegt, auf die Angaben im Lagebericht der Privatstiftung zurückgegriffen werden. Weshalb es notwendig gewesen wäre, den Grund dafür zu prüfen, dass nur ein Teil des Fruchtgenussrechts abgelöst wurde, und welche weiteren außersteuerlichen Gründe zu prüfen gewesen wären, wurde nicht näher erläutert.

Als Einkünfte sind gemäß § 31 Abs. 3 EStG der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös einerseits und den Anschaffungskosten sowie den Werbungskosten andererseits anzusetzen. Die angefochtenen Bescheide berücksichtigen demgegenüber bei Ermittlung der Einkünfte die dem Bw aus der Anschaffung des veräußerten Anteils erwachsenen Anschaffungskosten nicht. Der in der Verzichtserklärung vom 5. August 2002 für die Hälfte des Fruchtgenussrechts vereinbarte Ablösebetrag von 3,3 Mio € ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise Entgelt für die Veräußerung der Hälfte des auf die Privatstiftung übergegangenen Anteils. Diesem Entgelt ist die Hälfte der hinsichtlich dieses Anteils vom Bw zur Gänze einbezahlten Stammeinlage von 5.595.000,00 S, das sind 2.797.500,00 S bzw. 203.302,25 €, als Anschaffungskosten gegenüberzustellen. Weitere Anschaffungs- oder Werbungskosten hat der Bw nicht geltend gemacht.

Die Besteuerung der Einkünfte richtet sich nach dem Zufluss; daher werden die Einkünfte bei der Veräußerung gegen Raten erst in dem Zeitpunkt erfasst, in dem die Summe der zugeflossenen Raten die Anschaffungs- und Werbungskosten übersteigt (Doralt/Kempf, § 31 Tz 119, 120).

Die von der Außenprüfung festgestellten Zuflusszeitpunkte sind unstrittig. Der im Jahr 2002 zugeflossene Betrag von 2.300.000,00 € übersteigt die Anschaffungskosten von 203.302,25 € um 2.096.697,75 €, weshalb für das Jahr 2002 die Einkünfte gemäß § 31 EStG abweichend vom angefochtenen Bescheid in dieser Höhe festgesetzt werden.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am 10. Jänner 2011

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 31 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Verweise:

VwGH 19.03.2002, 97/14/0034

Stichworte