UFS RV/1394-L/09

UFSRV/1394-L/0915.12.2010

Großes oder kleines Pendlerpauschale?

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Günter Meyer, Steuerberater, 07545 Gera, Johannisstraße 4, vom 27. Juli 2009 gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom 30. Juni 2009 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2008 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber hat seinen Familienwohnsitz in Deutschland und war im Kalenderjahr 2008 als Leiharbeiter auf verschiedenen Baustellen in Österreich beschäftigt. Bei seinen Arbeitseinsätzen bewohnte er verschiedene Unterkünfte im Nahebereich der jeweiligen Baustelle. Im Zuge seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Kalenderjahr 2008 beantragte er unter anderem die Berücksichtigung von Familienheimfahrten sowie die Berücksichtigung von Reisekosten (Kilometergeldern) für die Fahrten zwischen der jeweiligen Unterkunft und den Baustellen als Werbungskosten. Das Finanzamt berücksichtigte in der Arbeitnehmerveranlagung lediglich die Familienheimfahrten, limitiert mit dem höchsten Pendlerpauschale gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit.e EStG 1988.

In der dagegen eingebrachten Berufung wandte der Berufungswerber ein, es seien seine als Werbungskosten geltend gemachten Reisekosten ohne Begründung nicht berücksichtigt worden. Er lege daher die Zusammenstellung seiner Aufwendungen nochmals seinem Antrag bei.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Berufungsvorentscheidung mit der Begründung, dass es sich bei den durchgeführten Fahrten um keine Dienstreisen, sondern um Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte handle, welche mit dem Verkehrsabsetzbetrag agbegolten seien.

Im Vorlageantrag führte der Berufungswerber sinngemäß aus: Wenn die Fahrten zwischen den Unterkünften und den wechselnden Einsatzstellen keine Reisekosten seien, dann seien diese seiner Ansicht nach zumindest mit dem großen Pendlerpauschale zu berücksichtigen. Durch die unregelmäßigen Arbeitszeiten und die ungünstigen Verbindungen sei die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.

Das Finanzamt forderte hierauf eine Aufstellung aller Adressen seiner Unterkünfte und Arbeitsstellen des Jahres 2008 an, die Angabe seiner Arbeitszeiten sowie die Benennung der öffentlichen Verkehrsmittel, die auf den betreffenden Strecken verkehrten. In Beantwortung dieses Vorhalts gab der Berufungswerber vier Baustellen samt Adressen bekannt, an denen er im Berufungsjahr gearbeitet hatte, sowie die Adressen der jeweiligen Unterkünfte. Es waren dies im Einzelnen: 7.1. - 27.1.: Baustelle T, Unterkunft O; 28.1. - 12.10. Baustelle M, Unterkunft L; 13.10. - 9.12.: Baustelle S, Unterkunft K; 10.12. - 22.12.: Baustelle B, Unterkunft I. Bezüglich der Arbeitszeiten erklärte der Berufungswerber, dass meist von 7 Uhr bis 17 Uhr gearbeitet wurde, je nach Arbeitslage konnte es auch länger dauern. Bezüglich öffentlicher Verkehrsmittel erklärte der Berufungswerber: Es sei sicherlich möglich gewesen, die eine oder andere Baustelle mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Da er jedoch sein gesamtes persönliches Werkzeug im Auto habe, sei es ihm nicht möglich, mit Bus oder Bahn zu fahren.

Im Zuge des weiteren Berufungsverfahrens stellte der Unabhängige Finanzsenat an den Berufungswerber die Anfrage, um welches Werkzeug es sich handle, ob er es täglich transportieren müsse oder ob er es auf der Baustelle belassen könne, weiters ob seitens des Arbeitgebers eine Verpflichtung bestünde, eigenes Werkzeug zu benutzen, und hierüber eine Bestätigung vorgelegt werden könne. Der Vorhalt wurde sinngemäß folgendermaßen beantwortet: Da er nicht wisse, wofür er als Leiharbeiter in der jeweiligen Baufirma vorgesehen sei, führe er die gesamte Kollektion an Werkzeug als Schalungszimmerer bzw. Maurer mit sich. Dies seien: Wasserwaage, Schalhammer, Winkel, Lot, Schlagschnur, Maurerhammer, Fäustel, Meisel, Maurerschnur, Nageltasche, 5 verschiedene Maurerkellen, Reibebretter. Er führe auch noch Sachen mit, die nicht jeden Tag benötigt werden, wie Gummistiefel, Regenjacke, Regenhose und Bauhelm. Keine Baufirma, bei der er beschäftigt war, habe dieses Werkzeug zur Verfügung gestellt. Man gehe davon aus, dass ein Facharbeiter sein Werkzeug mitbringe. Da das Werkzeug einen gewissen Wert habe, sei er auch bemüht, es zusammen zu halten. Es sei schon vorgekommen, dass sich andere Kollegen an seinem Werkzeug bedient haben und es sei dann kaputt oder ganz verschwunden gewesen. Es sei auch schon vorgekommen, dass der Werkzeugcontainer aufgebrochen und Werkzeug gestohlen wurde. Eine Bestätigung der jeweiligen Arbeitgeber könne er jedoch nicht vorlegen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuzehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten sind u.a. auch:

Z 6: Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

Grundsätzlich sind die Ausgaben bei einer einfachen Fahrtstrecke bis zu 20 km durch den Verkehrsabsetzbetrag abgegolten. Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, werden, abgestuft nach der Länge der Fahrtstrecke, zusätzliche in dieser Gesetzesstelle angeführte Pauschbeträge berücksichtigt. Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden bereits ab einer Fahrtstrecke von 2 km zusätzliche Pauschbeträge berücksichtigt, die ebenfalls nach der Länge der Fahrtstrecke abgestuft sind. Bis 30.6.2008 betrug dieser Pauschbetrag für die Strecke 2 km bis 20 km jährlich 297 €, danach jährlich 342 €.

Das Gesetz unterscheidet somit zwischen Fahrtkosten, die dem Steuerpflichtigen für die Zurücklegung der Strecke von der Wohnung zur Arbeitsstätte erwachsen, und sonstigen Fahrtkosten, die beruflich veranlasst sind. Während letztere in Höhe der tatsächlichen (nachgewiesenen) Aufwendungen als Werbungskosten berücksichtigt werden können, können die Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nur bis zur Höhe bestimmter im Gesetz festgelegter Pauschbeträge Berücksichtigung finden. Arbeitsstätte ist jener Ort, an dem der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber regelmäßig tätig wird. Gehört es zu den Dienstpflichten eines Arbeitnehmers, für längere Zeit an einem anderen Einsatzort tätig zu werden, entsteht dadurch auf Dauer dieses Einsatzes eine neue Arbeitsstätte. Der Berufungswerber wird als Leiharbeiter jeweils für einige Zeit einer Baufirma zugeteilt und an einer bestimmten Baustelle eingesetzt. Es steht außer Frage, dass die jeweiligen Baustellen seine Arbeitsstätte sind, sodass Aufwendungen, die ihm für die Fahrten zwischen seinen Unterkünften und diesen Arbeitsstätten erwachsen, nur nach der einschränkenden Regelung des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 berücksichtigt werden können.

Hiezu ist zunächst festzuhalten, dass nach den eigenen Angaben des Berufungswerbers die weiteste Entfernung, die zwischen der Baustelle und der jeweiligen Unterkunft lag, 15 km betragen hat. Derartige Strecken sind nach der oben zitierten gesetzlichen Regelung mit dem Verkehrsabsetzbetrag abgegolten, es sei den es ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels "überwiegend" und "zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke" nicht zumutbar.

Was unter dem Begriff der "Zumutbarkeit" der Benützung eines Massenbeförderungsmittels im Sinn des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG zu verstehen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Der Verwaltungsgerichtshof zieht daher zur Auslegung des Begriffes die Gesetzesmaterialien (amtliche Erläuterungen zur Regierungsvorlage) heran. Danach richtet sich die Unzumutbarkeit nach dem Verhältnis der Fahrtdauer mit dem Massenbeförderungsmittel einerseits und dem PKW andererseits. Unzumutbar ist die Fahrt mit dem Massenverkehrsmittel jedenfalls dann, wenn sie mehr als dreimal solange dauert wie mit dem eigenen PKW. Im Nahebereich von 25 km ist jedoch auch nach diesen Erläuterungen die Benützung des Massenbeförderungsmittels zumutbar, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt (vgl. Doralt, Einkommensteuergesetz Kommentar, Tz 105 zu § 16).

Daran anknüpfend ist nach der Verwaltungspraxis die Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels dann gegeben, wenn die Wegzeit hinsichtlich der Dauer nicht zumutbar wäre, oder bei tatsächlicher Unmöglichkeit, was dann der Fall ist, wenn zumindest auf mehr als der halben Fahrtstrecke zu Beginn oder Ende der Arbeitszeit ein Massenbeförderungsmittel überhaupt nicht verkehrt. Nach den Lohnsteuerrichtlinien kann sich die Unzumutbarkeit überdies aus einer starken Gehbehinderung ergeben, was durch eine entsprechende Bescheinigung nachzuweisen ist.

Nach diesen Ausführungen liegt im gegenständlichen Fall eine Unzumutbarkeit der Benützung von Massenbeförderungsmittel nicht vor. Die Arbeitsstätten des Berufungswerbers sowie seine Unterkünfte lagen jeweils in Ballungszentren, die an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden sind und insbesondere zu den Zeiten seines (üblichen) Arbeitsbeginnes und Arbeitsendes auch angefahren werden. Den Großteil des Jahres (Ende Jänner bis Mitte Oktober) war er im Stadtgebiet L. wohnhaft und die damalige Arbeitsstätte wird unter anderem auch von den regelmäßig verkehrenden innerstädtischen Verkehrsmitteln angefahren, die Fahrzeit beträgt nicht mehr als eine halbe Stunde. Auch im nachfolgenden Zeitraum lag seine Unterkunft an einer regelmäßig befahrenen Buslinie und lag die Fahrtdauer bei etwa einer halben Stunde. Soweit in Einzelfällen Arbeitszeitüberschreitungen erforderlich waren, führt dies auf Grund des gesetzlichen Erfordernisses, dass die Unzumutbarkeit "überwiegend" im Lohnzahlungszeitraum gegeben sein muss, zu keiner anderen Beurteilung.

Der Berufungswerber bestreitet in seinen Ausführungen auch nicht, dass die Baustellen auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar waren, er begründet seinen Antrag jedoch damit, dass er seine gesamte Kollektion an Werkzeug mitführen müsse, was nur im Auto möglich sei. Die Erklärung des Berufungswerbers, warum er täglich das gesamte Werkzeug zwischen Baustelle und Unterkunft hin- und hertransportieren müsse und es nicht allenfalls auf der Baustelle zurücklassen könne, ist jedoch nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates nicht überzeugend. Der Berufungswerber ist stets für einen längeren Zeitraum auf ein und derselben Baustelle beschäftigt. Wenn er dennoch sein gesamtes Werkzeug täglich wieder nach Hause transportiert und nicht dort, etwa in einem Container, belässt, so dürfte dies eher seiner freiwilligen Entscheidung zuzuschreiben sein. Eine Bestätigung seitens einer Arbeitgeberfirma, dass dies nicht möglich wäre, liegt nicht vor. Aus dem Vorbringen des Berufungswerbers kann ein glaubhafter Grund für eine Unzumutbarbeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels nicht abgeleitet werden.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Linz, am 15. Dezember 2010

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Pendlerpauschale, Zumutbarkeit eines Massenbeförderungsmittels

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