Verdeckte Gewinnausschüttung wegen gesellschaftsrechtlich veranlasstem Forderungsverzicht gegenüber einer Schwestergesellschaft
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende und die weiteren Mitglieder über die Berufung der Bw, vertreten durch Steuerberater, gegen die Bescheide des Finanzamtes, vertreten durch Finanzamtsvertreter, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Körperschaftsteuer für das Jahr 1997, Körperschaftsteuer für die Jahre 1997 und 1999 sowie Haftung für Kapitalertragsteuer für das Jahr 1999 entschieden:
1. Die Berufung gegen den Bescheid betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Körperschaftsteuer für das Jahr 1997 und Körperschaftsteuer für das Jahr 1997 wird als unbegründet abgewiesen.
Die Bescheide bleiben unverändert.
2. Der Berufung gegen den Bescheid betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 1999 wird teilweise Folge gegeben.
Der Bescheid wird abgeändert.
3. Der Bescheide betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer für das Jahr 1999 wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe und dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Die gegenständliche Entscheidung ergeht im fortgesetzten Verfahren nach dem aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.4.2010, 2005/15/0057. Die hinsichtlich Wiederaufnahme des Körperschaftsteuerverfahrens 1997, Körperschaftsteuer 1997 und 1999 sowie Haftung für Kapitalertragsteuer 1999 erfolgte Aufhebung wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften bezieht sich auf die mangelhafte Begründung des Punktes 3 der Berufungsentscheidung vom 21.3.2005, RV/1843-W/03, RV/1844-W/03 und RV/0062-W/05, "Forderungsabschreibung".
Gegenstand des von der Berufungswerberin (Bw) in der Rechtsform einer GmbH geführten Unternehmens, das den Gewinn nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr zum 31. März eines jeden Jahres ermittelt, ist Elektroinstallationen- und handel. Gesellschafter der Bw sind zu jeweils 25 % ABjun, ABsen, CB und DB. Geschäftsführer der Bw war im Berufungszeitraum ABsen. Seit Jänner 2009 führt der in R wohnhafte XY die Geschäfte der Bw. ABsen war weiters zu 60 % an der tschechischen Gesellschaft Zspolsro. (im Folgenden Zspol) beteiligt.
Als Ergebnis einer bei der Bw durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde u.a. die von der Bw durchgeführte Abschreibung einer gegenüber der Zspol bestehenden Lieferforderung in Höhe von 5.654.036,80 S nicht als Betriebsausgabe anerkannt und als verdeckte Gewinnausschüttung der Kapitalertragsteuer unterworfen; der Verbleib des Warenlagers der Zspol sei nicht aufgeklärt worden. Die Betriebsprüfung stellte dazu (lt. Tz 22 des Betriebsprüfungsberichts und Arbeitsbogen) u.a. fest, dass die Bw zum 31. März 1997 eine Einzelwertberichtigung im Ausmaß von 5.424.235,80 S gebildet habe. Aus dem Kundenkonto der Bw sei ersichtlich, dass bereits zum Stichtag 1. April 1996 Forderungen an die Zspol in Höhe von 5.031.454,80 S bestanden hätten. Zum 31. März 1997 weise das Kundenkonto Forderungen in Höhe von 5.564.606,80 S aus. Die Bw habe trotz der hohen Forderungen zum 1. April 1996 im Wirtschaftsjahr 1996/1997 weiterhin Waren im Wert von 6.516.630,50 S, von denen im Wirtschaftsjahr 1996/1997 auch 5.963.478,50 S beglichen wurden, geliefert. In der Bilanz zum 31. März 1999 sei die Einzelwertberichtigung aufgelöst und seien die aushaftenden Forderungen in Höhe von 5.654.036,80 S abgeschrieben worden. Im Zuge der Prüfung sei die Bw u.a. ersucht worden, alle Unterlagen über eventuelle gegen die Zspol gesetzte Einbringungsmaßnahmen beizubringen. Die Bw habe dazu ein mit 22. April 2002 datiertes Schreiben von Rechtsanwälten vorgelegt, in welchem diese aus der Erinnerung bestätigten, dass die Zspol Ende der 90er Jahre in Liquidation getreten sei und zumindest seit 1998 die finanziellen Verhältnisse derart miserabel gewesen seien, dass keine Aussicht bestehe, Geld von dieser zu erhalten. Laut dem weiters vorgelegten Schreiben des Liquidators der Zspol habe diese weder über Vermögen noch über Finanzmittel verfügt. Ein Teil der Waren sei im Mai/Juni 1998 an eine D-Holding. verkauft worden. Unterlagen, welche die tschechischen Behörden im Amtshilfeweg (Arbeitsbogen Ordner 2 Bl. 246-249) übermittelt haben, zeigten offene Verbindlichkeiten der Zspol gegenüber der Bw in Höhe von 10.626.764,05 CZK (rd. 4 Mio S) sowie bis Jänner 1999 an die Bw geflossene Zahlungen von rd. 11,7 Mio S, darunter bei der Zspol durchgeführte Kompensationsbuchungen. Die Betriebsprüfung habe von der Bw die Aufklärung der Differenz von rd. 3,9 Mio S zwischen den bei der Zspol festgestellten Überweisungen und Kompensationen sowie den bei der Bw bis Juni 1999 gebuchten Zahlungseingängen, wobei die Bw keine Kompensationen gebucht habe, sowie die Aufklärung der Differenz von rd. 2 Mio S zwischen dem in der Bilanz der Bw ausgewiesenen Forderungsstand und dem Verbindlichkeitenstand bei der Zspol verlangt. Die Bw habe dazu eine Bestätigung des Liquidators der Zspol (Arbeitsbogen Band 2 Bl. 43) vorgelegt, wonach gegenüber der Bw Verbindlichkeiten in Höhe von 16.110.464,05 CZK (das sind rd. 6 Mio S) offen seien, sowie eine Inventur der Zspol zum 10. März 1998 mit einem Warenbestand von 25.440.000,00 CZK (rd. 10.176.000,00 S). Auf die Frage, warum die Bw im Hinblick auf das große Warenlager nicht versucht habe, die Waren, an denen sie Eigentumsvorbehalt gehabt habe, zurückzuerhalten, habe ABsen erklärt, dass keine Möglichkeit bestanden hätte, die Waren nach Österreich zurückzubringen.
Die Bw brachte vor, dass nicht erkennbar sei, auf Grund welcher Überlegungen der ungeklärte Verbleib des Warenlagers der Zspol als Begründung für die Nichtanerkennung einer Forderungsabschreibung herangezogen werde. Die Bw habe unbestritten bis einschließlich 1998/1999 Waren an die Zspol geliefert, aus der Verbuchung der zugehörigen Ausgangsrechnungen seien Forderungen in Höhe von insgesamt rd. 5,5 Mio S entstanden. Diese Erlöse seien auch im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb versteuert worden und seien infolge der Zahlungsunfähigkeit der Zspol durch Buchung eines Aufwandes gewinnmindernd zu erfassen, wodurch der richtige Totalgewinn hergestellt werde. Unstrittig sei auch, dass die Zspol weder über Vermögen noch über Finanzmittel verfügt habe, die Forderung daher als uneinbringlich betrachtet werden müsse. Die Abgabenbehörde vermute scheinbar Zahlungsflüsse von der Zspol an die Bw, wofür es aber keine Anhaltspunkte gebe. Was die behauptete Differenz zwischen dem Lieferantenkonto bei der Zspol und dem Kundenkonto bei der Bw betreffe, so sei eine korrespondierende Verbuchung bei den beiden Firmen als Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Forderungsabschreibung weder aus dem Gesetz noch aus der Judikatur abzuleiten. Die Liquidation der Zspol sei am 7. Juli 1998 erfolgt. Die tschechischen Finanzbehörden hätten das Warenlager erst im August 1998 beschlagnahmt. Da die Zspol von der Bw nur bis Ende 1997 beliefert worden sei und danach noch einen Geschäftsbetrieb aufrecht erhalten habe, sei es nur logisch und den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechend anzunehmen, dass jener Teil des zum Stichtag 31. Dezember 1997 vorhandenen Warenlagers, dessen Verbleib nicht restlos geklärt werden kann, im Zeitraum 1. Jänner bis 7. Juli 1998 von der Zspol im Rahmen ihres laufenden Geschäftsbetriebes verkauft worden sei. Es könne daher auch aus diesem Grund in einer nicht restlosen Aufklärung des Verbleibes dieses Warenlagers kein Indiz für eine verdeckte Gewinnausschüttung gesehen werden. Die Behauptung des Finanzamtes, dass die Zspol um rd. 3,9 Mio S mehr überwiesen, als die Bw gebucht habe, müsse entweder unrichtig oder der Sachverhalt nicht aufgeklärt worden sein. Die Differenz müsse nämlich irgendwo sein. Da die Betriebsprüfung keine Schwarzgeldflüsse festgestellt habe, erweise sich diese Feststellung als unrichtig. An den Waren sei zwar Eigentumsvorbehalt vereinbart gewesen, von dessen Geltendmachung habe die Bw jedoch Abstand genommen, weil ABsen von einer Rechtsanwaltskanzlei die Auskunft erhalten habe, dass dieser aller Voraussicht nach nicht durchsetzbar sein werde. Die Bw habe im Geschäftsjahr 1996/1997 weiter an die Zspol geliefert, um von dieser geführte Verkaufsverhandlungen nicht zu gefährden. Zum Zeitpunkt dieser Lieferungen sei die Bw noch der Meinung gewesen, dass die Altforderungen durch den vereinbarten Eigentumsvorbehalt ausreichend besichert seien. Erst im Zuge der Insolvenz der Zspol habe sich herausgestellt, dass der Eigentumsvorbehalt rechtlich nicht durchsetzbar sei. Jeder Versuch, den Eigentumsvorbehalt durchzusetzen oder die offene Forderung zu betreiben, hätte nur unnötige zusätzliche Kosten verursacht. Die Forderungen seien mangels Einbringlichkeit - nach schriftlicher Auskunft des Konkursverwalters sei kein verwertbares Vermögen vorhanden gewesen - auch nicht im Konkurs der Zspol angemeldet worden.
Mit Schreiben vom 30. Juli 2010 ersuchte der unabhängige Finanzsenat unter Hinweis auf die Ausführungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.4.2010 die Bw, nachvollziehbar jene Umstände darzulegen, die ein der Zspolsro. fremd gegenüberstehendes Unternehmen davon abgehalten hätten, trotz ausstehender Lieferforderungen von immerhin rd. 5,6 Mio S jeglichen Versuch, vom Eigentumsvorbehalt an den gelieferten Waren in Tschechien Gebrauch zu machen, zu unterlassen; darzulegen, warum und zu welchem Zeitpunkt sich die Annahme der Bw, die "Altforderungen" seien durch den vereinbarten Eigentumsvorbehalt ausreichend besichert, als unrichtig herausgestellt hat; weiters Inhalt und Zeitpunkt der eingeholten "Auskunft einer Rechtsanwaltskanzlei" sowie Name und Anschrift der Rechtsanwaltskanzlei bekanntzugeben bzw. falls die Auskunft schriftlich erteilt wurde, diese vorzulegen; sowie nachvollziehbar darzulegen, warum trotz der Mehrheitsbeteiligung des Gesellschafter-Geschäftsführers ABsen an der Zspolsro. keine Einflussmöglichkeit auf die Gestion der Zspolsro. bestanden habe.
Das Schreiben blieb unbeantwortet.
Über die Berufung wurde erwogen:
Die gegenständliche Berufung richtet sich hinsichtlich Körperschaftsteuer für das Jahr 1997 auch gegen die Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens. Eine Wiederaufnahme von Amts wegen ist gemäß § 303 Abs. 4 BAO unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist nur dann zulässig, wenn aktenmäßig erkennbar ist, dass dem Finanzamt nachträglich Tatumstände zugänglich gemacht wurden, von denen es nicht schon vorher Kenntnis hatte. Eine Wiederaufnahme eines mit Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nach Wiederaufnahme erlassenen Sachentscheidung hätte gelangen können (z.B. VwGH 26.11.2002, 99/15/0176).
Der die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Körperschaftsteuer für das Jahr 1997 verfügende Bescheid verweist zur Begründung der Wiederaufnahme auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen seien. Damit sind die zur Wiederaufnahme führenden Umstände festgelegt mit den unter Tz 22 des Berichts betreffend "Forderungsabschreibung Zspol" getroffenen Feststellungen.
Aus den im wiederaufzunehmenden Körperschaftsteuerverfahren 1997 eingereichten Abgabenerklärungen inklusive Jahresabschlüssen der Bw waren die Sachverhaltselemente, die zu den erwähnten Feststellungen führten, nicht erkennbar. Aus dem Jahresabschluss des Jahres 1997 geht lediglich hervor, dass zu Auslandsforderungen eine Einzelwertberichtigung in Höhe von 5.424.235,80 S dotiert wurde. Jene Tatumstände, die eine Beurteilung der Frage, ob der aus der Wertberichtigung resultierende Aufwand betrieblich oder gesellschaftsrechtlich veranlasst war, erlaubt haben, sind erst durch die im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung durchgeführten Erhebungen zutage getreten. Ob das Finanzamt aus den neu hervorgekommenen Sachverhaltselementen zu Recht jene Schlussfolgerungen treffen durfte, die in die angefochtenen Bescheide Eingang gefunden haben, und folglich zu Recht die Wiederaufnahme verfügt hat, wird nachfolgend dargelegt.
Die Betriebsprüfung hat u.a. darauf hingewiesen, dass die Zspol, im Wege von Überweisungen und Kompensationen, mehr Forderungstilgungen gebucht habe als die Bw, bzw. dass der von der Bw zum 31. März 1999 abgeschriebene Forderungssaldo höher sei, als die in den Büchern der Zspol der Bw gegenüber ausgewiesene Verbindlichkeit. Sie stützte sich dabei auf die von der tschechischen Zollbehörde übermittelten Unterlagen. Dabei handelt es sich zwar um der Buchhaltung der Zspol entstammende Aufstellungen, insbesondere der seit Anfang 1996 gebuchten Erstattungen von Fakturen (Bl. 246-249 Arbeitsbogen). Diesen Aufstellungen kann allerdings nicht entnommen werden, auf welches Bankkonto Überweisungen vorgenommen wurden. Es sind auch keine Überweisungsbelege oder sonstigen Bankunterlagen aktenkundig, aus denen sich Überweisungen auf ein bestimmtes der Bw zurechenbares Bankkonto nachweisen ließen. Was der Anlass für die von der Zspol im Wesentlichen im Jahr 1999 vorgenommenen Kompensationsbuchungen gewesen ist, bzw. mit welchen der Bw gegenüber bestehenden Ansprüchen die betreffenden Rechnungsbeträge kompensiert wurden, kann mangels Vorhandenseins aussagekräftiger Unterlagen ebenfalls nicht nachvollzogen werden. Die Bw, die sich auf den Einwand, die Betriebsprüfung habe keine Schwarzgeldflüsse festgestellt, zurückziehen konnte, hat bereits im Prüfungsverfahren eine Mitwirkung an der Aufklärung der Kompensationsbuchungen, bzw. des Umstandes, dass sich gegengleiche Kompensationen in ihrer Buchhaltung nicht finden, unterlassen. Für die Annahme, dass die Zspol den Saldo ihrer der Bw gegenüber bestehenden Lieferverbindlichkeiten zutreffend um Kompensationsbuchungen vermindert hat, folglich der in den Büchern der Zspol ausgewiesene Saldo den wahren Stand der Forderungen der Bw widerspiegelt, fehlt es somit an entsprechenden Beweisergebnissen. Damit kann auch die Feststellung, dass mehr Überweisungen an die Bw getätigt wurden, als diese in ihren Büchern erfasst hat, nicht getroffen werden. Es kann daher im Weiteren nur davon ausgegangen werden, dass der von der Bw zum 31. März 1999 abgeschriebene Forderungssaldo von 5.654.036,80 S dem tatsächlichen Forderungsstand entsprochen hat.
Verdeckte Gewinnausschüttungen sind Vorteile, die eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern aus ihrem Vermögen in einer nicht als Gewinnausschüttung erkennbaren Form unter welcher Bezeichnung auch immer gewährt, die sie anderen Personen, die nicht ihre Gesellschafter sind, nicht oder nicht unter den gleichen günstigen Bedingungen zugestehen würde. Entscheidendes Merkmal einer verdeckten Gewinnausschüttung ist die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverteilung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben. Diese Ursache wird an Hand eines Fremdvergleichs ermittelt (z.B. VwGH 29.7.2010, 2006/15/0215).
Verzichtet eine Kapitalgesellschaft causa societatis zu Gunsten eines Gesellschafters auf eine ihm gegenüber bestehende Forderung, so liegt im Zeitpunkt des Verzichts eine verdeckte Ausschüttung vor, für welche Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zuflusses der Kapitalerträge nach § 95 Abs. 4 EStG abzuziehen ist (z.B. VwGH 26.4. 2006, 2004/14/0066; VwGH 24.9.2008, 2008/15/0110). Wie der Verwaltungsgerichtshof im aufhebenden Erkenntnis vom 29.4.2010, 2005/15/0057 ausgesprochen hat, kann ein solcher Verzicht nicht nur ausdrücklich vereinbart werden, sondern sich schlüssig aus dem Verhalten der Bw ergeben. Indiz für einen gesellschaftsrechtlich veranlassten Verzicht ist etwa das Unterbleiben fremdüblicher Betreibungsmaßnahmen (VwGH 4.2.2009, 2008/15/0167).
Es ist unstrittig, dass an den an die Zspol gelieferten Waren Eigentumsvorbehalt der Bw bestanden hat. Fest steht weiters, dass die Bw letztmals am 19. Dezember 1997 eine Lieferung an die Bw getätigt hat, dass zu diesem Zeitpunkt fällige Lieferforderungen von rd. 5,5 Mio S unberichtigt aushafteten, dass die Zspol rd. 3 Monate nach der letzten Lieferung, zum 10. März 1998, noch über ein Warenlager mit einem Inventurwert von rd. 10,1 Mio S verfügt und dass die Liquidation der Zspol am 7. Juli 1998 begonnen hat. Weiters kann, im Einklang mit dem Vorbringen der Bw, davon ausgegangen werden, dass bis zu diesem Zeitpunkt der Geschäftsbetrieb der Zspol aufrecht gewesen ist.
Bei dieser Sachlage ist nicht erkennbar, was einen der Zspol fremd gegenüberstehenden Lieferanten dazu bewogen hätte, auf Maßnahmen zur Durchsetzung seiner fälligen Lieferforderungen zu verzichten. Die Bw hat keine Umstände aufgezeigt, die ihr Verhalten, auch nach Beendigung der Geschäftsbeziehungen zur Zspol, bzw. nach Durchführung der letzten Lieferung im Dezember 1997, keine Aktivitäten zur Betreibung ihrer fälligen Forderungen in Millionenhöhe zu setzen, begreiflich machen würden. Die Bw begründet das Unterlassen der Geltendmachung ihrer offenen Lieferforderungen zum einen mit der Unmöglichkeit, den Eigentumsvorbehalt, zum anderen mit der Aussichtslosigkeit, Ansprüche gegenüber der insolvent gewordenen Zspol durchzusetzen. Diese Begründungen überzeugen nicht.
Die Liquidation der Zspol hat am 7. Juli 1998 begonnen, den Antrag auf Eröffnung des Konkurses hat, wie dem im Betriebsprüfungsverfahren vorgelegten Schreiben des Liquidators NA (Bl. 43 Arbeitsbogen) zu entnehmen ist, dieser gestellt. Betreffend Inhalt und Zeitpunkt der zur Frage der Durchsetzbarkeit des vereinbarten Eigentumsvorbehalts eingeholten Auskunft einer Rechtsanwaltskanzlei hat sich die Bw zwar auch im fortgesetzten Verfahren verschwiegen. Sie hat aber in ihrer gegen die Berufungsentscheidung vom 21. März 2005 erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde vorgebracht, es habe sich erst im Zuge der Insolvenz der Zspol herausgestellt, dass der Eigentumsvorbehalt rechtlich nicht durchsetzbar sein werde. Aus dieser Zeitangabe und dem Umstand, dass der Liquidator den Konkursantrag gestellt hat, ist aber zu folgern, dass die vermeintliche Kenntniserlangung von der Nichtdurchsetzbarkeit des Eigentumsvorbehalts frühestens nach dem 7. Juli 1998 erfolgt sein kann.
Hat sich somit erst nach diesem Zeitpunkt herausgestellt, dass der Eigentumsvorbehalt nicht durchsetzbar sein werde, dann kann die Unterlassung von Einbringungsmaßnahmen in den Monaten davor, so insbesondere auch im Zeitraum nach der letzten Lieferung im Dezember 1997 und vor dem Liquidationsbeginn im Juli 1998, nicht schlüssig mit der Kenntniserlangung von der mangelnden Durchsetzbarkeit des Eigentumsvorbehalts begründet werden. Der Einwand, der Eigentumsvorbehalt wäre nicht durchsetzbar gewesen, stellt daher eine bloße Ausflucht dar, zumal die Bw auch nicht nachvollziehbar gemacht hat, welche konkreten Hindernisse einer Durchsetzung des Eigentumsvorbehalts tatsächlichen entgegengestanden wären. Gleiches gilt für die Behauptung, im Insolvenzverfahren der Zspol wären Ansprüche nicht durchsetzbar gewesen, weil dieses Hemmnis ebenfalls erst nach dem 7. Juli 1998 eingetreten sein kann, folglich keine Erklärung dafür bieten kann, dass die Bw davor keine Anstrengungen zur Geltendmachung ihrer Ansprüche gesetzt hat. Die Bw hat damit letztlich keinen plausiblen Grund für das Unterlassen von Einbringungsschritten vorgebracht, schon gar keinen, der auch einen der Zspol fremd gegenüberstehenden Lieferanten, insbesondere angesichts der bis in die ersten Monate des Jahres 1998 gegebenen Verhältnisse, als Warenlager und Geschäftsbetrieb der Zspol noch vorhanden waren, von jeglichem Versuch, Maßnahmen zur Betreibung ausstehender Lieferforderungen in der gegenständlichen Größenordnung zu ergreifen, abgehalten hätte.
Umstände, die auf bereits zum 31. März 1997 bestehende und damit gerade zu diesem Stichtag zu einer Wertberichtigung berechtigende Zweifel an der Einbringlichkeit der Lieferforderungen schließen ließen, sind aus diesem, auf nach dem 7. Juli 1998 liegende Ereignisse bezogenen Vorbringen der Bw schon gar nicht zu erkennen.
Die Bw hat ferner, auch im fortgesetzten Verfahren, nicht nachvollziehbar gemacht, warum ihr Gesellschafter-Geschäftsführer ABsen trotz seiner Mehrheitsbeteiligung an der Zspol keine Möglichkeit gehabt hätte, auf die Gestion der Zspol Einfluss zu nehmen. Wenn die Bw daher in Ansehung der Tatsache, dass für die Betreibung ihrer Ende 1997 fälligen Forderung von rd. 5,6 Mio S ein Warenlager, das auch rd. 3 Monate später noch Waren mit einem Inventurwert von rd. 10 Mio S umfasste, zur Verfügung stand, zum Verbleib des Warenlagers bloß vorzubringen weiß, dass dieses wohl im laufenden Geschäftsbetrieb der Zspol verkauft worden sei, so gibt sie damit eine auffallende Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal des Warenlagers zu erkennen. Ein solches Verhalten der Bw bzw. ihres Gesellschafter-Geschäftsführers ABsen findet seine Erklärung nur in den an der Zspol bestehenden Gesellschafterinteressen des ABsen.
Da die Bw somit fremdübliche Betreibungsmaßnahmen nicht gesetzt hat, auch keine Umstände vorgebracht wurden, die das Unterlassen solcher Maßnahmen plausibel machen würden, ist darauf zu schließen, dass die Bw ihre ausstehende Lieferforderung mit Rücksicht auf das an der Zspol bestehende Gesellschafterinteresse des ABsen nicht betrieben hat. Daraus ist weiters zu folgern, dass der zum 31. März 1997 vorgenommenen Wertberichtigung und der zum 31. März 1999 durchgeführten Forderungsabschreibung keine betrieblichen Überlegungen zu Grunde lagen. Mit der Abschreibung der Forderung hat die Bw vielmehr ein Verhalten gesetzt, aus dem sich im Zusammenhalt mit der Unterlassung fremdüblicher Betreibungsmaßnahmen schlüssig ein auf gesellschaftsrechtlichen Gründen beruhender Verzicht auf ihre gegenüber der Zspol bestehende Lieferforderung ableiten lässt.
Dass eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht notwendig an den Gesellschafter der ausschüttenden Gesellschaft gehen muss, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen und dabei zum Ausdruck gebracht, dass eine verdeckte Ausschüttung auch dann dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zuzurechnen ist, wenn die von der Gesellschaft gewährten Vorteile nicht diesem, sondern einer ihm nahestehenden Person zufließen (z.B. VwGH 21.6.2007, 2006/15/0043). Subjektive Voraussetzung für eine verdeckte Ausschüttung ist eine auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung der Körperschaft, wobei sich die Absicht der Vorteilsgewährung schlüssig aus den Umständen des Falles ergeben kann (z.B. VwGH 14.12.2005, 2002/13/0022).
Da ABsen im Berufungszeitraum alleiniger Geschäftsführer der Bw war, er als solcher den entscheidenden Einfluss in Bezug auf die Gestaltung der Beziehungen zur Zspol ausgeübt hat, kann davon ausgegangen werden, dass die Bw mit dem in der Ausbuchung manifestierten Verzicht auf ihre Lieferforderung der ihr auf Grund der 60 % Beteiligung ihres Gesellschafter-Geschäftsführers nahestehenden Zspol bewusst einen als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilenden Vorteil zugewendet hat.
Die Auswirkungen einer verdeckten Ausschüttung bestehen bei der Körperschaft darin, dass die von der verdeckten Ausschüttung ausgehenden Wirkungen zu neutralisieren sind. Im Rahmen dieser Neutralisierung werden verdeckte Ausschüttungen, die bei der Körperschaft als Betriebsausgaben abgesetzt wurden, deren Einkommen zugeschlagen. Die zeitliche Erfassung der verdeckten Ausschüttung bei der Körperschaft richtet sich nach deren Gewinnermittlungsgrundsätzen. Daraus leitet sich der Grundsatz ab, dass verdeckte Ausschüttungen in jenem Veranlagungszeitraum der Körperschaft zu korrigieren sind, in dem das körperschaftsteuerliche Einkommen durch die verdeckte Ausschüttung beeinflusst wurde (vgl. Bauer / Quantschnigg / Schellmann / Werilly, KStG, § 8 Tz 51.1, 51.2).
Die Bw hat erstmals zum 31. März 1997 ihren Gewinn durch Dotierung einer Wertberichtigung für die berufungsgegenständlichen Lieferforderungen vermindert. Die Abschreibung der Forderungen erfolgte zum 31. März 1999, wobei in diesem Jahr auch die über den Betrag der Wertberichtigung hinausgehenden Forderungen aufwandswirksam ausgebucht wurden. Da die als verdeckte Ausschüttungen einzustufenden Aufwendungen somit in den Jahren 1997 und 1999 das Einkommen der Bw beeinflusst haben, hat eine Korrektur bei der Bw in diesen Veranlagungszeiträumen zu erfolgen und sind daher die aus dem Titel der Wertberichtigung bzw. Forderungsabschreibung von der Bw abgesetzten Aufwendungen dem Einkommen der Jahre 1997 und 1999 zuzuschlagen.
Die für diese Beurteilung maßgeblichen Tatumstände sind erst nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Körperschaftsteuerverfahrens 1997 hervorgekommen. Aus dem Jahresabschluss 1997 geht nicht einmal hervor, wem gegenüber die wertberichtigte Forderung bestanden hat. Erst durch die Erhebungen der Außenprüfung ist hervorgekommen, dass die wertberichtigte Forderung gegenüber einem Abnehmer bestanden hat, der mit der Bw gesellschaftsrechtlich verbunden war, dass die Bw Einbringungsmaßnahmen nicht ergriffen, insbesondere den Eigentumsvorbehalt nicht geltend gemacht hat, dass der Geschäftsbetrieb der Zspol nach der letzten Lieferung noch für rund ein halbes Jahr aufrecht und in diesem Zeitraum auch noch ein Warenlager der Zspol vorhanden war. Diese Tatumstände bilden daher einen tauglichen Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Körperschaftsteuer für das Jahr 1997. Die steuerliche Auswirkung des Wiederaufnahmsgrundes mit einer Hinzurechung zum körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn des Jahres 1997 in Höhe von 5.424.235,80 S ist erheblich, weshalb dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit einzuräumen war. Die gegen den Bescheid betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Körperschaftsteuer 1997 gerichtete Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.
Ebenso erweist sich aus den dargelegten Gründen die Berufung gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1997 als unbegründet.
Der Körperschaftsteuerbescheid 1999 war aus den in der Berufungsentscheidung vom 21. März 2005, RV/1843-W/03, RV/1844-W/03 und RV/0062-W/05, dargelegten Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, zu Gunsten der Bw abzuändern, weshalb der Berufung insoweit teilweise Folge zu geben war. Hinsichtlich der Begründung dafür, dass die im Jahr 1999 angefallenen Bürgschaftsaufwendungen eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen, wird ebenfalls auf diese Berufungsentscheidung sowie auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.4.2010, 2005/15/0057, verwiesen.
Da die Vorteilszuwendung an die Schwestergesellschaft der Bw als verdeckte Ausschüttung an deren gemeinsamen Gesellschafter ABsen zu beurteilen ist, ist die verdeckte Gewinnausschüttung nicht bei sämtlichen Gesellschaftern der Bw, sondern nur beim Gesellschafter ABsen zu erfassen. Die auf die verdeckte Gewinnausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer ist im Zeitpunkt des Zuflusses abzuziehen (VwGH 28.6.2006, 2002/13/0229). Ein solcher Zufluss setzt einen entsprechenden Mittelabfluss bei der Bw voraus. Die bloße Wertberichtigung der Forderungen zum 31. März 1997 vermochte einen solchen Mittelabfluss noch nicht zu begründen. Erst mit dem Ausbuchen der Forderung zum 31. März 1999, als die Bw ihrem - gesellschaftsrechtlich veranlassten - Verzicht auf die Forderung Ausdruck verlieh, ist es zu einem Mittelabfluss bei der Bw bzw. zum Zufluss des entsprechenden Vorteils an die Zspol gekommen. Die auf die verdeckte Ausschüttung von 6.654.036,80 S entfallende Kapitalertragsteuer war daher zur Gänze mit dem Haftungsbescheid 1999 vorzuschreiben.
Hinsichtlich der ebenfalls mit Haftungsbescheid 1999 vorzuschreibenden Kapitalertragsteuer für die durch die Bürgschaftszahlungen bewirkte verdeckte Gewinnausschüttung sowie der Begründung für die Bemessung der Kapitalertragsteuer mit einem Satz von 33,33 % wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Berufungsentscheidung vom 21. März 2005, RV/1843-W/03, RV/1844-W/03 und RV/0062-W/05, sowie auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.4.2010, 2005/15/0057, verwiesen.
Der angefochtene Bescheid betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer 1999 war daher entsprechend abzuändern.
Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für die Körperschaftsteuer 1999:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb lt. BP: | 3.442.509,00 |
Saldendifferenz F: | 55.799,72 |
Forderung Q.: | -560.187,00 |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb lt. BE: | 2.938.121,72 |
Ermittlung der Kapitalertragsteuer 1999:
Bürgschaft | Forderungs- abschreibung | 33,33% KESt | |||
13.512.269,00 | 5.654.036,80 | 19.166.305,80 | |||
davon entfallen auf | |||||
ABsen | 13.512.269,00 | 5.654.036,80 | 19.166.305,80 | 6.388.768,60 |
Die von der Bw gemäß § 95 Abs. 2 EStG im Haftungswege zu entrichtende Kapitalertragsteuer beträgt daher für das Jahr 1999: 6.388.768,60 S (464.289,92 €).
Beilage: 1 Berechnungsblatt
Wien, am 26. November 2010
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 8 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 |
Schlagworte: | verdeckte Gewinnausschüttung, Forderungsverzicht, Schwestergesellschaft |