Spekulationsgeschäft bei Verkauf einer Liegenschaft - Nichtanerkennung eines mündlichen Kaufvertrages
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/13/0201 eingebracht. Mit Erk. v. 23.2.2011 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Haunschmidt & Partner Steuerberatungs GmbH, 1090 Wien, Julius Tandler Platz 6/9, vom 29. September 2008 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom 20. Mai 2008 betreffend Einkommensteuer 2007 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe (in Euro) betragen: Bemessungsgrundlage 359.193,55 Einkommensteuer ...... 171.181,78.
Die getroffene Feststellung ist dem Ende der folgenden Entscheidung zu entnehmen und bildet einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Die Fälligkeit des mit dieser Entscheidung festgesetzten Betrages der Abgaben ist aus der Buchungsmitteilung zu ersehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (Bw.), eine amerikanische Staatsbürgerin, war bis ins Jahr 2007 Anteilseignerin bzw. zuletzt Alleineigentümerin der Liegenschaft in Wien und bezog daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Im Zuge einer im Jahr 2008 durchgeführten Betriebsprüfung (Bp), abgeschlossen mit Bericht vom 14.4.2008, war u.a. die Einkommensteuer des Jahres 2007 Prüfungsgegenstand.
Die Bp stellte fest, dass 1) infolge einer in der Einnahmen- Ausgabenrechnung 2007 nicht erfassten Überzahlung die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung für den Zeitraum 1.1. - 31.5.2007 um Euro 10.558,54 zu erhöhen seien und 2) der im Jahr 2007 erfolgte Verkauf der angeführten Liegenschaft den Tatbestand eines Spekulationsgeschäfts iSd § 30 Abs 1 Z 1 lit a EStG 1988 erfülle und die Einkünfte daraus der Einkommensteuer zu unterziehen seien.
U.a. wird zu Punkt 2) im Prüfungsbericht ausgeführt: "Seit dem Jahr 1963 ist die Bw. im Besitz von ¼ Anteilen an der Liegenschaft in Wien. Im Jahr 2002 wurden von der Bw. die restlichen, im Familienbesitz befindlichen ¾ Anteile mit Kaufverträgen aus Juni und November 2002 erworben. D.h. ab 2003 ist die Bw. Alleineigentümerin der Liegenschaft, die im Jahr 2007 mit Kaufvertrag vom 23.5.2007 zur Gänze veräußert wurde. Im vorliegenden Fall beträgt der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung weniger als 10 Jahre, daher handelt es sich um eine Spekulationsgeschäft. Bei der Besprechung am 15.11.2007 wurde vom steuerlichen Vertreter eingewendet, dass die Kaufverträge zwar erst 2002 ausgefertigt wurden, aber schon viele Jahre früher beabsichtigt war, dass die Bw. die restlichen ¾ Anteile aus dem Familienbesitz erwerben und Alleineigentümerin sein sollte. Daher sei auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise Bedacht zu nehmen und der förmliche Abschluss der Kaufverträge nicht maßgeblich. Von der Bp wurden daher entsprechende Unterlagen zur Untermauerung dieses Argumentes abverlangt. Mit Schreiben vom 19.12.2007 wurde vom steuerlichen Vertreter bekannt gegeben, dass bereits lange vor dem Jahr 1997 daran gearbeitet und vereinbart wurde, dass sich sämtliche Hausanteile bei der Bw. konzentrieren. Durch die Vielzahl der verschiedenen Erben war dies keine leichte Aufgabe. Aus dem Testament des Großvaters ergibt sich der Auftrag, das Haus im Familienbesitz zu behalten. Bis zum Jahr 1996 wurden sämtliche Nacherben ermittelt und mit beiliegender Korrespondenz wird dokumentiert, dass bereits damals die Zusammenziehung der Hausanteile bei der Bw. vereinbart wurde. Durch diverse administrative und behördliche Schritte hat diese Zusammenziehung letztendlich erst 2002 stattgefunden...."
Zum Nachweis, dass die Bw. in wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Liegenschaftsanteile schon 1997 erworben habe, wurden im Laufe des Bp-Verfahrens verschiedene Schreiben aus den Jahren 1997 bis 2008 aus der Korrespondenz mit der damals beauftragten Hausverwaltung, den Rechtsanwälten und zwischen den Anteilsinhabern beigebracht (Es sind diese im Detail in Tz. 3 des Bp-Berichtes angeführt).
Mit Vorhalt vom 10.1.2008 gab die Bp unter Hinweis auf die Einkommensteuerrichtlinien und die VwGH-Rechtsprechung zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise dem steuerlichen Vertreter bekannt, dass die bisher vorgelegten Unterlagen nicht ausreichten, ein schon vor 2002 bestehendes wirtschaftliches Alleineigentum der Bw. nachzuweisen. Es liege daher ein Spekulationsgeschäft gem. § 30 EStG 1988 vor.
Auch nach Beurteilung weiterer, im Bp-Bericht angeführter Unterlagen, kam die Bp zum Schluss, dass, selbst wenn die vorgelegten Vollmachten mit Kaufvertrag als Vorverträge anzusehen wären, die Unterfertigung innerhalb der Spekulationsfrist erfolgt sei.
Es sei nicht ersichtlich, dass vor Abschluss des Kaufvertrages ein Tatbestand verwirklicht worden wäre, der den wirtschaftlichen Vorteil eines Verkaufsgeschäftes für beide Vertragsteile vorweggenommen hätte. D.h. es sei weder die Kaufpreisentrichtung, noch die Übergabe der Liegenschaft mit allen steuerlichen Konsequenzen außerhalb der Spekulationsfrist erfolgt. Ausschlaggebend sei nicht der Willensentschluss, sondern das Verpflichtungsgeschäft. Im gegenständlichen Fall sei der Kauf der restlichen ¾ Anteile mit Kaufverträgen aus Juni und November 2002 erfolgt. Der Verkauf der gesamten Liegenschaft sei mit Kaufvertrag vom 23.5.2007, somit innerhalb der Spekulationsfrist von 10 Jahren erfolgt.
Die vorgelegten Unterlagen reichten nicht aus, ein schon vor 2002 - außerhalb der Spekulationsfrist - bestehendes wirtschaftliches Alleineigentum der Bw. nachzuweisen. Es liege ein Spekulationsgeschäft gem. § 30 EStG 1988 vor. Da auch keine Unterlagen betreffend eventuell berücksichtigungswürdiger Werbungskosten vorgelegt worden seien, werde der Spekulationsgewinn iHv Euro 341.323,25 (entsprechend der im Bericht enthaltenen Berechnung) in Ansatz gebracht.
Die Abgabenbehörde erster Instanz folgte den o.a. Feststellungen der Bp. Der entsprechende Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 wurde mit Datum 20.5.2008 erlassen.
Mit Schreiben vom 29.9.2008 wurde fristgerecht nach mehreren Verlängerungsansuchen gegen den o.a. Bescheid das Rechtsmittel der Berufung erhoben.
Die Berufung richtet sich gegen die hinsichtlich des Vorliegens eines Spekulationsgeschäftes getroffenen Feststellungen. Zur Feststellung, dass nach dem Datum der Kaufverträge die Spekulationsfrist von 10 Jahren im Jahr 2007 noch nicht abgelaufen gewesen sei, wird auf Literatur und Rechtsprechung verwiesen. Demnach seien für die Fristauslösung in erster Linie schuldrechtliche Rechtsgeschäfte maßgeblich, aufgrund derer Leistung und Gegenleistung erbracht werden. Die Vereinbarungen müssten grundsätzlich auf die Übertragung des Eigentums an einem Wirtschaftsgut gerichtet sein (vgl VwGH 17.3.1967, 112/66); es genüge aber auch der entgeltliche Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums (VwGH 22.9.1981, 217/80). Der Zeitpunkt des Kaufvertrages sei dann nicht maßgebend, wenn schon vorher ein Tatbestand verwirklicht worden sei, der den wirtschaftlichen Vorteil eines Verkaufsgeschäftes für beide Vertragsteile vorwegnehme (Doralt, EStG, zu § 30).
Es werde auf die im Zuge der Bp übergebenen zahlreichen Schriftstücke und Dokumente verwiesen, aus denen hervorgehe, dass im April 1997 eine Einigung zwischen den Miteigentümern über den Verkauf an die Bw. stattgefunden habe. Zu diesem Zeitpunkt habe die Liegenschaft im Miteigentum verschiedener Miterben gestanden. Durch die Notwendigkeit der Grundbuchsbereinigung auf den aktuellen Stand musste der bereits beschlossene Verkauf an die Bw. so lange aufgeschoben werden. Das Verfahren sei juristisch höchst kompliziert gewesen und habe mehrere Jahre gedauert. Erst im Jahr 2002 seien die Grundbuchsstände der Miteigentümer soweit bereinigt gewesen, dass der Verkauf an die Bw. habe abgewickelt werden können. Die Bp habe diese Argumente erwogen, jedoch die vorgelegten Dokumente nicht für ausreichend gehalten um schon ein vor 2002 bestehendes wirtschaftliches Alleineigentum der Bw. anzunehmen.
Infolge weiterer Nachforschungen der steuerlichen Vertretung werden ergänzend mit der Berufung Kopien wesentlicher Teile des Schriftverkehrs der Hausverwaltung M. aus dem damaligen Zeitraum übermittelt (insgesamt 13 Seiten): 1) Bericht über die Willenseinigung im Jahr 1997 betreffend den Verkauf an die Bw - Schreiben der Hausverwaltung M. vom 16.9.2008 an steuerliche Vertretung der Bw. 2) Dokumentation der 1997 durchgeführten Kaufpreisbewertung - Schreiben vom 30.1.1996 eines Maklers an die Hausverwaltung. Objekt wäre jederzeit zu verkaufen. Der Verkaufspreis sollte ATS 6 Mio nicht übersteigen. - Schreiben vom 22.3.1996 der Hausverwaltung an die Miteigentümer, Halbjahresabrechnung 1995; diese beinhaltet neben einem allgemeinen Verwaltungsbericht Informationen über den erzielbaren Verkaufspreis für die Liegenschaft aufgrund verschiedener Interessentenbekundungen nach Zeitungsanzeige (Preisangebote in Höhe des Schätzgutachtens bzw. ATS 6 Mio durch Makler und 6,5 Mio durch weiteren Interessenten) sowie über die Notwendigkeit, dass im Falle des Verkaufs die Anteile im Grundbuch den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen müssen. Ohne Richtigstellung der Anteile ist ein Verkauf nicht möglich, da dafür von jedem Miteigentümer eine beglaubigte Vollmacht oder Unterschrift vorhanden sein muss. 3) Schreiben vom 4.4.1997 der Hausverwaltung an die Miteigentümer, Hausabrechnung für das 2. Halbjahr 1996; Information über Kosten der Maßnahmen für Grundbuchsbereinigung und geplante Beauftragung an Rechtsanwalt. 4) Schreiben vom 24.3.1998 und 29.4.1998 der Rechtsanwälte H. an die Hausverwaltung; Berichte über vorläufige Ergebnisse zum Grundbuchsstand und weitere Schritte, über die Beschaffung einer Abschrift des Testaments aus 1937 und über Vorsprache bei Gericht zur Klärung der Angelegenheit. 5) Schreiben vom 13.9.2002 der Hausverwaltung an die Miteigentümer, Jahresabrechnungen 2000 und 2001; neben dem Bericht über verwaltungstechnische Belange ist darin Hinweis enthalten, dass der Verkauf der Liegenschaft in absehbarer Zeit abgeschlossen sein wird. 6) Notariatsakt (eidesstattliche Erklärung) über die Kaufverpflichtung seitens der Bw.
In der Berufungsschrift wird weiters darauf verwiesen, dass nach der Rechtsprechung des VwGH das Rechtsgeschäft nach den Prinzipien des bürgerlichen Gesetzbuches in den schuldrechtlichen Teil (Abschluss Kaufvertrag) und das sachenrechtliche Verfügungsgeschäft (Übergabe) getrennt werde. Der Kaufvertrag könne auch mündlich abgeschlossen werden, Formzwang bestehe nicht. Es genüge dafür grundsätzlich die Einigung über die essentialia negotii; die Einigung über Ware und Preis. Voraussetzung sei zudem, dass die Parteien einen Abschlusswillen geäußert haben. Ob eine von den Parteien erzielte Vereinbarung schon vollständig war, der Vertragsabschluss daher perfekt wurde, müsse mit den Mitteln der Auslegung ergründet werden. Im gegenständlichen Fall sei es der Wille der Parteien gewesen, den Kaufvertrag zu schließen. Eine Einigung über Ware und Preis sei erzielt worden. Zudem sei eine aufschiebende Bedingung vereinbart worden, mit deren Eintritt der Kaufvertrag - wie vereinbart - verschriftlicht und durchgeführt worden sei.
Zusammenfassend werden die Fakten der Einigung der Miteigentümer im April 1997 dargestellt: - verbindliches Kaufanbot der Bw. - Willenserklärung des Verkaufes durch alle anderen Miteigentümer an die Bw. - Kaufpreisbewertung auf Basis Gesamtwert ATS 6 Mio - aufschiebende Bedingung der Grundbuchsbereinigung - rechtliche Durchführung sobald als möglich; jedoch zuvor Grundbuchsbereinigung.
Der Nachweis des Kaufanbots und dessen Annahme sei durch die verschiedenen Korrespondenzen dokumentiert. Daneben bestehe weiters die eidesstattliche, beglaubigte Erklärung der Bw. vom 22.5.1997 - "In vollem Einverständnis mit den Mitbesitzern werde ich es in Betracht ziehen, selbst die restlichen ¾ Anteile zu erwerben." (Verteiler an alle Miteigentümer). Im Brief der Rechtsanwälte H. vom 11.6.1997 sei enthalten - "Die Miteigentümer der Liegenschaft bzw. die Erben nach den verstorbenen Miteigentümern sind nun übereingekommen, diese Grundbuchsbereinigung durchzuführen und ihre Anteile an die Miteigentümerin, die Bw., zu verkaufen." Die Kaufpreisbewertung sei unter anderem im Schreiben der Hausverwaltung M. vom 22.3.1996 dokumentiert. Der Ankauf durch die Bw. sei auch dann im Jahr 2002 aufgrund dieser Bewertung mit ATS 6 Mio durchgeführt worden.
Nach Ansicht der Bw. seien somit alle wesentlichen Punkte bereits im April 1997 durch mündliche und teilweise auch schriftliche Vereinbarungen fixiert gewesen. Auch die spätere Durchführung im Jahr 2002 nach genau diesen bereits 1997 getroffenen Vereinbarungen unterstreiche die Verbindlichkeit der getroffenen Vereinbarungen. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei der Ankauf der Liegenschaft bereits spätestens im April 1997 erfolgt.
Es wird daher der Antrag gestellt, den Einkommensteuerbescheid 2007 abzuändern und die festgestellten Einkünfte aus Spekulationsgeschäft außer Ansatz zu lassen.
Nach ergänzender Vorlage des im Berufungsschreiben angeführten Notariatsaktes 1997 (eidesstattliche Erklärung der Bw. vom 22.5.1997) sowie des Kaufvertrages vom 4.5.2007 über die Veräußerung der Liegenschaft durch die Bw. wurde die Berufung durch die Abgabenbehörde erster Instanz mit Berufungsvorentscheidung (BVE) vom 11.12.2008 abgewiesen. Eine Änderung des Bescheides erfolgte lediglich dahingehend, dass eine Zuordnung und Aufteilung der betragsmäßig unveränderten Gesamteinkünfte zu den entsprechenden Einkunftsarten (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte, Einkünfte aus Spekulationsgeschäften) erfolgte.
In der Begründung kam die Abgabenbehörde erster Instanz zum Schluss, dass aus keinem der vorgelegten Schreiben ein wirtschaftliches Eigentum bereits ab dem Jahr 1997 abgeleitet werden könne, da mit den Erklärungen weder Rechte und Pflichten auf die Bw. übergegangen seien.
Mit Schreiben vom 19.1.2009 wurde fristgerecht der nunmehr dem Unabhängigen Finanzsenat (UFS) zur Entscheidung vorliegende Vorlageantrag gestellt.
Es wurde darin auf das Kernargument der BVE Bezug genommen und nochmals betont, dass ein Angebot der Bw. auf Basis eines Gesamtkaufpreises von ATS 6 Mio vorgelegen sei. Teil des Angebots sei die aufschiebende Bedingung hinsichtlich der vor dem Gesamtverkauf zu erledigenden Grundbuchsbereinigung gewesen. Diese Bereinigung dauerte dann von 1997 bis 2002. Es habe die von der Hausverwaltung M. bekundete Annahme des Angebotes im Jahr 1997 gegeben. Es sei daher bereits im Jahr 1997 ein zunächst mündlicher Kaufvertrag, der die wesentlichen Punkte beinhaltete, zustande gekommen. Die schriftliche Form des Kaufvertrages sei nach erfolgter Grundbuchsbereinigung im Jahr 2002 erstellt worden. Danach sei das Eigentum im Grundbuch eingetragen worden. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei die Bw. ab 1997 als Eigentümerin anzusehen gewesen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Im gegenständlichen Fall ist die Berücksichtigung der bis zum Verkauf der Liegenschaft in Wien am 4.5.2007 erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iHv Euro 9.870,30 bei Bemessung der Einkommensteuer der Bw. für das Jahr 2007 unstrittig.
Strittig ist jedoch dem Grunde nach die Feststellung der Bp hinsichtlich des Vorliegens von Einkünften aus einem Spekulationsgeschäft iSv § 30 EStG 1988 im Jahr 2007 im Zusammenhang mit dem am 4.5.2007 durch die Bw. erfolgten Verkauf der o.a. Liegenschaft. Der Höhe nach wurde der durch die Bp ermittelte Spekulationsgewinn von Euro 341.323,25 nicht bestritten.
Nach Ansicht der Bw. habe das (zumindest wirtschaftliche) Eigentum an der Liegenschaft bereits seit 1997 bestanden, sodass die steuerlich maßgebliche Spekulationsfrist von zehn Jahren jedenfalls nicht unterschritten worden sei.
Gemäß § 30 Abs 1 Z 1 lit a EStG 1988 liegen bei Veräußerungsgeschäften von Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, Spekulationsgeschäfte vor, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Die Berechnung des Zeitraumes zwischen Anschaffung und Veräußerung erfolgt "von Tag zu Tag" wobei der Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes maßgebend ist. Schon die bloße Tatsache, dass ein Wirtschaftsgut innerhalb der in § 30 Abs 1 EStG 1988 festgelegten Zeit seit der Anschaffung weiterveräußert wird, begründet die unwiderlegbare gesetzliche Vermutung für das Vorliegen eines Spekulationsgeschäftes. Auf eine Spekulationsabsicht kommt es dabei nicht an (s. VwGH 30.10.1964, 1718/63).
Unter Anschaffung und Veräußerung im Sinne des § 30 EStG 1988 sind in erster Linie schuldrechtliche Rechtsgeschäfte zu verstehen, auf Grund derer Leistung und Gegenleistung erfolgen (vgl. VwGH 8.2.1989, 88/13/0049). Aus diesem Grunde kommt es auch in der Regel für die Berechnung der Spekulationsfrist und somit für die Frage, ob überhaupt ein Spekulationsgeschäft vorliegt, nur auf den Zeitpunkt des schuldrechtlichen Rechtsgeschäftes, also auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages an. Der Zeitpunkt der (sachenrechtlichen) Durchführung ist nicht von Bedeutung (vgl. VwGH 21.4.1971, 1152/70, VwGH 17.3.1967, 0112/66). Der Zeitpunkt des Kaufvertrages ist jedoch dann nicht maßgebend, wenn schon vorher ein Tatbestand verwirklicht worden ist, der den wirtschaftlichen Vorteil eines Verkaufsgeschäftes für beide Vertragsteile vorwegnimmt (vgl. VwGH 8.2.1989, 88/13/0049, VwGH 17.12.1965, 2372/64). Ein Anbot führt nicht zur Anschaffung bzw. Veräußerung, wenn nicht durch Zusatzvereinbarungen wirtschaftliches Eigentum übertragen wird. Dies gilt auch dann, wenn das Anbot nicht mehr widerrufen werden kann. Ein Vorvertrag ist hingegen im Sinne des § 30 EStG 1988 als Anschaffung bzw. Veräußerung zu betrachten, denn er muss bereits alle wesentlichen Punkte des Hauptvertrages enthalten (§ 936 ABGB).
Tatsache ist, dass die Bw., eine amerikanische Staatsbürgerin, die mit ihren Einkünften in Österreich der beschränkten Steuerpflicht unterlag, im Jahr 2007 Alleineigentümerin der Liegenschaft in Wien war. Nach den Eintragungen im Grundbuch war die Bw. seit dem Jahr 1963 infolge Erbschaft Eigentümerin von ¼ der Anteile der Liegenschaft. Die weiteren ¾ Anteile befanden sich sämtlich im Familienbesitz; d.h. zuletzt im Eigentum der ebenfalls nicht in Österreich ansässigen Kusinen und Kusins der Bw.
Die schriftlichen Kaufverträge für den Erwerb der weiteren ¾ Anteile seitens der Bw. wurden im Juni und Dezember 2002 geschlossen.
Mit Vertrag vom 4.5.2007 verkaufte die Bw. die Liegenschaft.
Für die Beurteilung des Vorliegens eines Spekulationsgeschäfts ist daher als Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung der Liegenschaft, aufgrund der Berechnung "von Tag zu Tag", die Zeit vom 4.5.1997 bis 4.5.2007 maßgeblich.
Die Bw. brachte vor, dass sie in wirtschaftlicher Betrachtungsweise bereits seit 1997 Alleineigentümerin der Liegenschaft gewesen sei und somit die Spekulationsfrist von zehn Jahren nicht unterschritten worden sei. Die Kaufverträge aus dem Jahr 2002 seien lediglich die schriftliche Form des bereits im Jahr 1997 mit den Miteigentümern, unter der aufschiebenden Bedingung der Grundbuchsbereinigung, geschlossenen mündlichen Kaufvertrages gewesen. Der mündliche Kaufvertrag habe die wesentlichen Teile - Einigung über Verkauf, Ware und Preis - enthalten.
Im Zuge des Bp-Verfahrens wurde angegeben, dass die Miteigentümer der Liegenschaft im Jahr 1997 die Bw. zu ¼ der Anteile sowie deren Kusinen und Kusins, d.h. nach dem verstorbenen J.F. (Großvater der Bw.) die Nachlegatare (Enkel) bzw. auch schon deren Kinder aufgrund der zwischenzeitig eingetretenen Erbfolgen, seien und zwar: Dr. Peter I., die minderjährige Natalia K., Lucianna N., György S., Frank R. sowie Dr. Thomas R. mit je 1/8 der Anteile.
Im Jahr 1997 waren nur die Eigentumsverhältnisse hinsichtlich der Anteile der Bw. eindeutig. Die o.a. weiteren Miteigentümer waren nicht eingeantwortet. Wie die Bw. selbst vorbrachte, entsprachen die Eintragungen im Grundbuch nicht dem aktuellen Stand. Die letzten Eintragungen stammten aus den 1960er und 1970er Jahren. Um eine Grundbuchsbereinigung und schließlich den Verkauf der Liegenschaft durchführen zu können, war es aber vorerst nötig die Erbfolge nachzuvollziehen um die tatsächlichen Miteigentümer festzustellen. Die Hausverwaltung M. führte dazu in ihrem Schreiben vom 22.3.1996 an die Miteigentümer aus: "... Beim Verkauf der Liegenschaft muss berücksichtigt werden, dass die Anteile im Grundbuch den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. ... Ohne Richtigstellung ... ist ein Verkauf der Liegenschaft nicht möglich, da für den Verkauf von jedem Miteigentümer eine beglaubigte Vollmacht oder Unterschrift vorhanden sein muss. ... bitte Sie mir behilflich zu sein, durch Übersendung von Urkunden, aus denen hervorgeht, dass Sie das Erbe nach ... angetreten haben. ..."
Um die Eigentumsverhältnisse an der Liegenschaft festzustellen war das Testament vom Datum des am Datum1 verstorbenen J.F. (Großvater der Bw.) heranzuziehen. Durch die seit 1997 betriebenen Nachforschungen der beauftragten Rechtsanwälte H., u.a. auch im Archiv der Stadt Wien, konnte eine Abschrift des Testaments im Jahr 1998 beschafft werden (Schreiben vom 29.4.1998 - Rechtsanwälte H. an die Hausverwaltung betreffend Grundbuchsbereinigung; Übermittlung einer Abschrift des Testaments des J.F. vom Datum). Eine Kopie liegt vor.
Mit der letztwilligen Anordnung hinterließ J.F. seinen sechs Kindern das ihm zur Gänze gehörende Haus in Wien zu gleichen Teilen, beschränkt durch die Substitution zugunsten deren Kinder (Enkel des Erblassers).
Aufgrund der seitdem eingetretenen Erbanfälle infolge des Todes der eingesetzten Erben bzw. auch von Enkeln (Substitutionslegatare) war es zur Einantwortung der Erbschaft und für die Bereinigung der Eintragungen im Grundbuch erforderlich, die noch offenen Verlassenschaftsverfahren nach J.F. und Dr. P.I. (Enkel) zu führen und abzuschließen.
Diese Verlassenschaftsverfahren wurden durch die im Juni 1997 beauftragten Rechtsanwälte H. vorbereitet und dauerten jedenfalls bis ins Jahr 2002. Zur Durchführung der notwendigen Schritte erteilten die sämtlich im Ausland ansässigen Beteiligten (Daten wie unten angeführt) Vollmacht an Dr.S. - "Bevollmächtigung den nachstehenden Kaufvertrag (Textierung bereits wie später tatsächlich geschlossen) in Vollmachtsnamen zu fertigen, sämtliche grundbücherlichen Eingaben zu fertigen und anzubringen, Einverleibungsbewilligungen zu erteilen, Zustellungen aller Art, insbesondere von Grundbuchsbeschlüssen entgegenzunehmen und überhaupt alles vorzukehren, was er für diese Rechtsangelegenheit für nötig und nützlich erachten wird." - Dr. Lucianna S. N. vom 3.3.2000 - Dr. Thomas R. vom 16.3.2000 - George S. vom 3.3.2000 - Frank R. vom 2.5.2000 - Dr. Peter I. vom 6.9.2001 und - Natalia K. (minderjährig) vertreten durch Dr. Peter I. vom 6.9.2001.
Der aufgrund der erbrechtlichen Situation erforderliche Kaufvertrag nach Dr. P.I. (Enkel des Erblassers) über einen Teil der Anteile wurde schließlich am 7.6.2002 zwischen der Verlassenschaft nach Dr. P.I. vertreten durch die erbserklärten Erben Dr. Peter I. (Urenkel) und die Minderjährige Natalia K. (Ururenkelin und vertreten durch einen Kollisionskurator) als Verkäufer und der Bw. als Käuferin abgeschlossen.
Am 8.11. und 17.12.2002 wurde der Kaufvertrag über die weiteren Anteile zwischen den (teils bücherlichen, teils als Nachlegatare) Miteigentümern Dr. Lucianna S. N., Dr. Thomas R., George S., Frank R., Dr. Peter I. sowie Natalia K. (minderjährig) vertreten durch Dr. Peter I. als Verkäufer und der Bw. als Käuferin unterzeichnet. Dieser enthält auch die für die Durchführung der Verlassenschaftsverfahren erforderliche Vollmacht: "Die Vertragsparteien beauftragen und bevollmächtigen den vorstehend genannten Vertragserrichter und Treuhänder einvernehmlich und unwiderruflich mit ihrer Vertretung in den Verlassenschaftsverfahren nach J.F. und Dr. P.I. , insbesondere für sie die unbedingte oder bedingte Erbserklärung abzugeben ...".
Aufgrund der beiden angeführten schriftlichen Kaufverträge wurde die insgesamt ¾ Anteile an der Liegenschaft durch die Bw. mit Dezember 2002 erworben. Der Verkauf der gesamten Liegenschaft erfolgte durch die Bw. am 4.5.2007.
Die Bw. argumentierte gegen die Feststellung des Kaufes der Liegenschaft im Jahr 2002. Nach ihrer Ansicht sei bereits im April 1997 der Abschluss eines mündlichen Kaufvertrages über die restlichen ¾ Anteile an der Liegenschaft erfolgt und es handle sich bei den Kaufverträgen im Jahr 2002 nur um die schriftliche Form desselben. Zur Untermauerung dieses Arguments wurde im Verfahren auf ein Schreiben der Hausverwaltung M. vom 16.9.2008 an die steuerliche Vertretung der Bw. verwiesen. Darin wird bestätigt: " ... Die Bw. hat den Miteigentümern angeboten alle Hausanteile aufzukaufen. Als Preisbasis wurde nach meinen Erhebungen 6 Mio ATS für das ganze Haus festgesetzt. ... Ich habe dann mit allen Miteigentümern im Zeitraum Jänner bis April 1997 telefoniert. Sämtliche Miteigentümer haben das Angebot angenommen und ihr telefonisches Einverständnis zu dieser Vorgangsweise erklärt. ... "
Dazu wird seitens des UFS festgehalten: Auch wenn das österreichische Vertragsrecht vom Grundsatz der Formfreiheit beherrscht wird, Verträge somit, abgesehen von bestimmten Ausnahmen, mündlich oder schriftlich abgeschlossen werden können, werden für das Zustandekommen eines Kaufvertrages, d.h. für die Einigung über Kaufobjekt und Preis, Angebot und Annahme vorausgesetzt. Angebot und Annahme sind einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärungen, die erkennbar an den Vertragspartner gerichtet sein müssen und gegenüber diesem abgegeben werden müssen. Erklärungen an einen Dritten reichen nicht aus, auch dann nicht, wenn der andere davon Kenntnis erlangt.
Die Ausführungen der Hausverwaltung bezüglich der telefonischen Anbotsannahmen sind lediglich als telefonische Erklärungen gegenüber einem Dritten, eben der Hausverwaltung, zu beurteilen und sind für einen Vertragsabschluss zwischen der Bw. und den weiteren Eigentümern der Liegenschaftsanteile nicht ausreichend. Weiters war im Jahr 1997 aufgrund der offenen Verlassenschaftsverfahren keine Klarheit über die tatsächlichen Verkäufer, d.h. die möglichen Vertragsparteien, und deren Anteile gegeben. Damit war aber auch unklar zu welchem Preis die Bw. verbindliche Anbote an die einzelnen Verkäufer stellte. Die Hausverwaltung nannte nur eine pauschale "Preisbasis" für die gesamte Liegenschaft. Hinsichtlich der Rolle der Hausverwaltung wird festgestellt, dass die Tätigkeit eines Hausverwalters nicht die Befugnis umfasst die verwaltete Liegenschaft zu verkaufen. Dass die Hausverwaltung bevollmächtigt war um für die Beteiligten Vertragsverhandlungen zu führen und einen Vertrag zu schließen, wurde weder behauptet noch geht dies aus den beigebrachten Unterlagen hervor. Aufgrund dieser Unwägbarkeiten kann nicht davon ausgegangen werden, dass die für einen Vertragsabschluss erforderlichen korrespondierenden Willenserklärungen der Vertragsparteien schon 1997 vorlagen.
Abgesehen davon, steht das genannte, mehr als zehn Jahre nach den Ereignissen ergangene, Schreiben der Hausverwaltung im Widerspruch zu Schriftstücken aus dem April und Mai 1997. Es handelt sich dabei um zeitnah zu den fraglichen Geschehnissen ergangene Schriftstücke der Bw. bzw. eines Teils der möglichen Verkäufer. Aus deren Inhalt folgt, dass im Jahr 1997 bei den Beteiligten, inklusive der Bw., die Absicht vorlag die Liegenschaft in Wien zu verkaufen und weiters der Entschluss bestand, dies möglichst rasch an den besten Interessenten/Anbieter zu tun. Jedoch hat die Bw. hinsichtlich des Kaufes der restlichen Anteile nachweislich nur erklärt Interesse am Kauf zu haben bzw. diesen in Betracht zu ziehen. Es liegen keine Angaben der möglichen Verkäufer darüber vor nur an die Bw. verkaufen zu wollen.
So ist im Schreiben in englischer Sprache vom 28.4.1997 - Bw. an Dr. Peter I., minderjährige Natalia K., Lucianna N., György S., Frank R. sowie Dr. Thomas R. (jeweils mit Angabe der Anteile und des Erblassers) angeführt (freie Übersetzung): "Ich gehe davon aus, dass ihr das letzte Schreiben von Frau M. erhalten habt, samt den Beilagen betreffend den enormen Aufwand an Zeit und Kosten um den Status der Eigentümerverhältnisse nach den Erbschaften von unseren Müttern zu bereinigen und zu aktualisieren. ... Berücksichtigt man dies, stimmen wir alle überein, dass die einzig realistische Lösung die Konsolidierung und der Verkauf der Liegenschaft ist. Ich habe heute mit Frau M. telefoniert um herauszufinden ob etwas getan werden kann um den Prozess zu beschleunigen. Ohne sicher zu sein, ob es hilfreich sein wird, schlug sie vor, dass jeder der derzeitigen Eigentümer eine Erklärung über seine Zustimmung zur Konsolidierung und zum Verkauf der Liegenschaft abgeben sollte. ... Ich habe das beiliegende Konzept entworfen, lediglich als Richtlinie und in jeder Richtung änderbar. Bedenkt dabei folgendes: ich bin keine Anwalt, der Entwurf wurde ohne Heranziehung rechtlicher Auskünfte erstellt - im Moment bin ich Eigentümerin von ¼ der Anteile der Liegenschaft und ich habe ausdrückliches, hiermit nochmals bestätigtes Interesse die restlichen ¾ Anteile zu erstehen. Bitte bedenkt all dies vor Unterzeichnung und/oder Abänderung der Erklärung um Eure Interessen zu schützen. ... ."
Die Eidesstattliche Erklärung der Bw. vom 22.5.1997 enthält: " Ich bin Besitzerin von einem Viertel Anteil der obgenannten Realität. Da die Verwaltung von so kleinen Anteilen sowohl unpraktisch als auch unrentabel ist, haben wir (die anderen Mitbesitzer = Kusins und Kusinen) uns entschlossen, diese Liegenschaft, sobald als möglich, an den besten Interessenten/Anbieter zu verkaufen. In vollem Einverständnis mit den Mitbesitzern würde ich es in Betracht ziehen selbst die restlichen ¾ Anteile zu erwerben."
Die weiteren vorliegenden Eidesstattlichen Erklärungen von Dr. Lucianna N. vom 21.5.1997 und Dr. Peter I. vom 22.5.1997 enthalten ebenfalls nur grundsätzliche Aussagen über den Entschluss die Liegenschaft verkaufen zu wollen: " ... Da alle Erben sich entschlossen haben die obige Liegenschaft zu verkaufen, ist es unbedingt notwendig, dass die Grundbucheintragungen mit den gegenwärtigen Tatsachen übereinstimmen. Aus diesem Grunde ersuchen wir um baldigste Erledigung der Grundbucheintragungen ... ."
Auch der Verweis auf das Schreiben der Rechtsanwälte H. vom 11.6.1997 kann das Vorbringen, dass bereits im April ein mündlicher Kaufvertrag geschlossen worden wäre, nicht untermauern. Darin ist lediglich ausgeführt: " ... Die Miteigentümer der Liegenschaft bzw. die Erben nach den verstorbenen Miteigentümern sind nun übereingekommen, diese Grundbuchsbereinigung durchzuführen und ihre Anteile an die Miteigentümerin (Anmerkung: die Bw.) zu verkaufen." Ähnlich wird im e-mail der Rechtsanwälte vom 25.4.2008 ausgeführt: " ... Soweit aus meinem Handakt feststellbar ist, bestand bei Übernahme des Mandates am 10.6.1997 bereits Einigung darüber, dass die Liegenschaft verkauft wird. ... erforderlich, den Grundbuchsstand zu berichtigen. ...".
In keinem der zeitnah zum behaupteten Vertragsabschluss im April 1997 gelegenen Schriftstücke der Beteiligten bzw. der Rechtsanwälte wird konkret auf einen bereits erfolgten Abschluss eines Kaufvertrages Bezug genommen oder darauf verwiesen. Ohne Zweifel haben Überlegungen und Besprechungen hinsichtlich Kauf und Verkauf der Liegenschaft stattgefunden, jedoch sind allgemeine Absichtserklärungen der Beteiligten nicht ausreichend um als Nachweis für den tatsächlichen Abschluss eines Kaufvertrages zu dienen bzw. daraus den Schluss zu ziehen, dass ein solcher im April oder Mai 1997 abgeschlossen wurde.
Den diesbezüglichen Angaben der Hausverwaltung vom September 2008 ist aufgrund des langen Zeitabstandes zum Geschehen (mehr als zehn Jahre) die höhere Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit jedenfalls abzusprechen. Wird, wie im gegenständlichen Fall, ein Sachverhalt in mehreren, zeitlich auseinander liegenden Schriftstücken unterschiedlich dargestellt, so ist den Inhalten früherer Schriftstücke erhöhte Beweiskraft zu unterstellen.
Aufgrund des zu beurteilenden Sachverhaltes wird festgestellt, dass der Kauf der weiteren ¾ Anteile der Liegenschaft nicht schon im April 1997 sondern erst mit dem Abschluss der schriftlichen Verträge im Dezember 2002 erfolgte. Da die Bw. die gesamte Liegenschaft am 4.5.2007 verkaufte, wurde die Spekulationsfrist von zehn Jahren gem. § 30 EStG unterschritten. Damit ist der Tatbestand des Spekulationsgeschäftes gegeben. Selbst wenn man davon ausginge, dass im Zeitpunkt des Vorliegens aller Vollmachten der Beteiligten für die Rechtsanwälte und der Kenntnis des schriftlichen Kaufvertrages, nämlich am 6.9.2001, ein Vorvertrag gegeben war, lag der Verkauf durch die Bw. innerhalb der Spekulationsfrist.
Dem weiteren Argument der Bw., dass sie seit 1997 wirtschaftliche Eigentümerin der Liegenschaft gewesen sei, ist ebenfalls nicht zu folgen. Von wirtschaftlichem Eigentum ist auszugehen, wenn jemand anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind, wie insbesondere Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung und Veräußerung, auszuüben in der Lage ist und wenn er zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechts, nämlich den Ausschluss Dritter von der Einwirkung auf die Sache, geltend machen kann.
Es liegen im gegenständlichen Fall keine Unterlagen oder Nachweise vor, aufgrund derer zu schließen wäre, dass die Bw. über die Liegenschaft schon seit April 1997 insofern die alleinige Herrschaftsgewalt besessen hat, um die Liegenschaft zu gebrauchen, zu nutzen, zu verändern und um jeden von dieser Herrschaftsgewalt auszuschließen.
Offensichtlich ist, dass die Haus- und Jahresabrechnungen sowie die Überweisungen jeweiliger Guthaben seitens der Hausverwaltung stets an die ihr bekannten Miteigentümer erfolgten. Sämtliche Schriftstücke, in denen auch Angelegenheiten der Verwaltung des Hauses mitgeteilt wurden, ergingen auch nach 1997 an diese Miteigentümer. Siehe z.B.: Schreiben vom 4.4.1997 - Hausverwaltung M. an die Miteigentümer - Hausabrechnung 2. Halbjahr 1996; Schreiben vom 11.6.1997 - Rechtsanwälte H. an die Miteigentümergemeinschaft im Wege der Hausverwaltung M. betreffend Grundbuchbereinigung und Verkauf der Anteile; Schreiben vom 4.5.1998 - Hausverwaltung M. an die Miteigentümer betreffend Hausabrechnung für das 2. Halbjahr 1997; Schreiben vom 13.9.2002 - Hausverwaltung M. an die Miteigentümer betreffend Jahresabrechnungen 2000 und 2001. Auch steuerlich wurden die Einkünfte aus der Vermietung der Liegenschaft bis 2003 jeweils entsprechend bei den Miteigentümern erfasst. Siehe dazu: Schreiben vom 14.10.2005 - Immobilientreuhänder Ing. für die Bw. an das zuständige Finanzamt betreffend Einkommensteuererklärung bei beschränkter Steuerpflicht: " ... Die Bw. ist ab 1.1.2003 Alleineigentümerin der Liegenschaft in Wien." Beilagen dazu: Kaufverträge vom 7.6.2002 sowie vom 8.11.2002 und 17.12.2002; Bescheid Magistrat der Stadt Wien vom 11.12.2003 - Genehmigung nach dem Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz für die Bw.; Feststellungsbescheid zum 1.1.2003 betreffend Grundbesitz, Zurechnungsfortschreibung. " ... Die Einkommensteuererklärung für Personen mit beschränkter Steuerpflicht für das Jahr 2004 für die Personen Lucianna N., Thomas R., George S., Frank R.ist somit nicht mehr erforderlich. ... "
In freier Beweiswürdigung wird daher festgestellt, dass die Bw. kein wirtschaftliches Eigentum an den weiteren Anteilen der Liegenschaft in Wien erworben hat. Es wurde 1997 kein Tatbestand verwirklicht, der den wirtschaftlichen Vorteil eines Verkaufsgeschäftes für die Vertragsparteien vorweggenommen hat.
Aus obigen Ausführungen folgt, dass bis zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Spekulationsfrist, nämlich den 4.5.1997, weder ein Kaufvertrag abgeschlossen noch das wirtschaftliche Eigentum an die Bw. übertragen wurde.
Da die Anschaffung der weiteren ¾ Anteile der Liegenschaft durch die Bw. erst mit Verträgen aus Juni und Dezember 2002 erfolgte, wurde jedenfalls die steuerlich maßgebliche Spekulationsfrist von zehn Jahren unterschritten.
Die seitens der Bp ermittelten Einkünfte aus dem Verkauf der Liegenschaft iHv Euro 341.323,25 stellen daher Einkünfte aus Spekulationsgeschäften dar und sind bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer des Jahres 2007 zu berücksichtigen.
BEMESSUNGSGRUNDLAGE FÜR DIE EINKOMMENSTEUER 2007 (in Euro)
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ................................. 9.870,30 Einkünfte aus Spekulationsgeschäft § 30 EStG 1988 ................... 341.323,25 Hinzurechnung gem. § 102 Abs 3 EStG 1988 ................................ 8.000,00
Bemessungsgrundlage gesamt ................................................ 359.193,55.
Die Entscheidung über die Berufung war spruchgemäß zu treffen.
Wien, am 28. Oktober 2010
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |