UFS RV/0076-L/10

UFSRV/0076-L/1028.9.2010

Pendlerpauschale, Benützung des Massenbeförderungsmittels ist zumutbar.

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw., vom 5. November 2009 gegen die Bescheide des Finanzamtes Linz vom 9. Oktober 2009 betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2004, 2005, 2006, 2007 und 2008 entschieden:

Die Berufungen betreffend die Jahre 2004, 2005, 2006 und 2007 werden als unbegründet abgewiesen.

Der Berufung betreffend das Jahr 2008 wird teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabe betragen:

 

Bemessungsgrundlage

Abgabe

Jahr

Art

Höhe

Art

Höhe

2008

Einkommen

36.549,20 €

Einkommensteuer

10.790,86 €

   

- anrechenbare Lohnsteuer

-10.597,19 €

ergibt folgende festgesetzte Einkommensteuer (Nachforderung)

193,67 €

Die Berechnung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der Abgabe sind dem als Anlage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin ist im Schuldienst tätig, ihre Arbeitsstätte befindet sich in LA. Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beträgt 22 km. Da der Arbeitgeber in den Jahren 2004 bis 2007 das Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit.b EStG 1988 für eine Fahrtstrecke von 40 km bis 60 km berücksichte, wurde nach einer Berichtigung der Lohnzettel das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer für diese Jahre wiederaufgenommen und in den Einkommensteuerbescheiden das kleine Pendlerpauschale für eine Fahrtstrecke von 20 km bis 40 km berücksichtigt. Gleichzeitig wurde die Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 2008 durchgeführt und im Bescheid ebenfalls das kleine Pendlerpauschale für diese Fahrtstrecke berücksichtigt.

In den gegen die Bescheide eingebrachten Berufungen vetrat die Berufungswerberin die Ansicht, dass statt dessen das große Pendlerpauschale zu gewähren sei, da die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht zumutbar sei. Hiezu führte die Berufungswerberin sinngemäß aus: Sie hätte ursprünglich in den Einkommensteuererklärungen nur das kleine Pendlerpauschale geltend gemacht, sei jedoch nunmehr der Ansicht, dass das große Pendlerpauschale zu gewähren sei, da sie sich genauer über die Voraussetzungen hiefür informiert habe. Die Fahrzeit mit dem Pkw zwischen Wohnort und Arbeitsort betrage je nach Verkehrslage 20 bis 25 Minuten, laut Routenplaner ergebe sich eine Fahrzeit von 27 Minuten. Öffentliche Verkehrsmittel zwischen Wohnort und Arbeitsort verkehren nur einmal jede Stunde - die Fahrpläne der ÖBB lägen bei. Bei optimaler Kombination der Verkehrsmittel betrage die Fahrzeit lediglich 46 Minuten. Aufgrund der an Schulstunden gebundenen Arbeitszeiten sei jedoch eine optimale Kombination der Verkehrsmittel nicht möglich. Sie hätte mehrfach auch Nachmittagsunterrichtseinheiten, die jeweils um 16:10 oder 17:05 Uhr enden. Bei einer Nachbereitungszeit von ca. 10 Minuten und einer Wegstrecke zur Haltestelle von ca. 2 Minuten ergebe sich je nach Arbeitsende eine effektive Einstiegsmöglichkeit ins öffentliche Verkehrsmittel um 16:22 Uhr oder 17:17 Uhr. Aufgrund der aus den Fahrplänen ersichtlichen Abfahrts- und Ankunftszeiten würde sie dann am Wohnort um 17:55 Uhr bzw. 18:55 Uhr ankommen, was inklusive Wartezeiten eine Gesamtfahrzeit von 93 bzw. 98 Minuten ohne Gehzeit von der Haltestelle zum Wohnort bedeuten würde. Ein vorzeitiges Beenden der Unterrichtseinheiten, um die Verkehrsmittel rechtzeitig in Anspruch nehmen zu können, sei nicht möglich. Diese Situation der Unzumutbarkeit sei an der Mehrzahl der Wochen- und Monatstage gegeben. Die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels sei einerseits dann unzumutbar, wenn die Fahrzeit 90 Minuten überschreite, andererseits, wenn die Fahrt mehr als dreimal so lang wie mit dem Pkw dauere. In ihrem Fall seien beide Voraussetzungen erfüllt.

Den Berufungen lag eine Übersicht der Verkehrsverbindungen zwischen der Straßenbahnhaltestelle in der Nähe der Schule und der Endhaltestelle T, die vom Busunternehmen W bedient wird, bei.

In der Folge forderte das Finanzamt die Vorlage der Stundenpläne aus den Jahren 2004 bis 2008 nach. Die Stundenpläne wurden vorgelegt, hiezu gab die Berufungswerberin folgende ergänzende Information ab: Zu Schuljahr 2004/05 habe sie festgestellt, dass entgegen ihrer Aussage in der Berufung die Nachmittagsunterrichtseinheiten bereits um 16:05 Uhr und 17:00 Uhr endeten, was jedoch an den angegebenen Berufungsgründen nichts ändere. Zu den Schuljahren 2006/07 und 2007/08 habe sie festgestellt, dass die Nachmittagsunterrichtseinheiten einmal auch um 15:15 Uhr endeten, was ebenfalls an den Berufungsgründen nichts ändere. Bezüglich des Schuljahres 2007/08 sei sie überdies in der Berufung von vier Nachmittagsunterrichtseinheiten ausgegangen, es seien jedoch nur drei gewesen, was ebenfalls für ihre Berufungsgründe nicht schädlich sei.

Im Zuge des weiteren Berufungsverfahrens teilte der Unabhängige Finanzsenat der Berufungswerberin mittels Vorhalt mit, dass nach Erhebungen der Verkehrsverbindungen außer der in den Berufungen angeführten Möglichkeit, nach T zu fahren, auch die Möglichkeit einer Verbindung nach S mit anschließendem Fußweg von 15 Minuten bestehe. Da diese Verbindung ganztägig und in wesentlich kürzeren Abständen erfolge, würden damit die Wartezeiten nach Unterrichtsende wegfallen und die Fahrzeiten wesentlich unter 90 Minuten bleiben. Anstelle des Fußweges zur Haltestelle könne mit dem Pkw zugefahren werden, was die Gesamtfahrzeit weiter reduzieren würde.

Der Vorhalt wurde von der Berufungswerberin nicht mehr beantwortet.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten sind auch:

Z. 6: Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt Folgendes:

Grundsätzlich sind die Ausgaben bei einer einfachen Fahrtstrecke bis zu 20 km durch den Verkehrsabsetzbetrag abgegolten. Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, werden, abgestuft nach der Länge der Fahrtstrecke, zusätzliche in dieser Gesetzesstelle angeführte Pauschbeträge berücksichtigt. Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden bereits ab einer Fahrtstrecke von 2 km höhere Pauschbeträge, die ebenfalls nach der Länge der Fahrtstrecke abgestuft sind, berücksichtigt.

Zur Frage, wann die Benützung eines Massenbeförderungsmittels unzumutbar ist, gehen die Lohnsteuerrichtlinien davon aus, dass Unzumutbarkeit jedenfalls dann gegeben ist, wenn die Wegzeit hinsichtlich der Dauer nicht zumutbar wäre, aber auch, wenn eine starke Gehbehinderung vorliegt, oder bei tatsächlicher Unmöglichkeit, insbesondere wenn zumindest auf mehr als der halben Fahrtstrecke zu Beginn oder Ende der Arbeitszeit ein Massenbeförderungsmittel überhaupt nicht verkehrt.

Die amtlichen Erläuterungen zu § 16 Abs. 1 Z 6 EStG (RV 621 BlgNR XVII. GP 75) führen hiezu aus: Unzumutbar sind im Vergleich zu einem Kfz jedenfalls mehr als dreimal so lange Fahrzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit dem Massenbeförderungsmittel als mit dem Kfz; im Nahbereich von 25 km ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels entsprechend den Erfahrungswerten über die durchschnittliche Fahrtdauer aber auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt.

In diesem Sinn führt die Berufungswerberin als kürzest mögliche Verbindung für die Strecke von der Arbeitsstätte zur Wohnung eine Kombination von Straßenbahn und anschließender Busfahrt auf der Linie des Busunternehmens W bis zur Haltestelle T an. Die reine Fahrzeit beträgt für diese Strecke nur 46 Minuten, die unzumutbare Länge dieser Verkehrsverbindung ergibt sich jedoch aus der langen Wartezeit nach Dienstschluss, da die Verbindung nur stündlich gegeben ist und die Abfahrtszeiten nicht unmittelbar an das Dienstende anschließen.

Nach den Erhebungen im Berufungsverfahren besteht für die Berufungswerberin jedoch nicht nur diese eine Möglichkeit der Nutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels, vielmehr steht ihr neben der Linie des erwähnten Busunternehmens zu ihrem Wohnort auch ein ÖBB-Postbus (Richtung A) sowie der Regionalzug nach P zur Verfügung, sodass Fahrmöglichkeiten in wesentlich kürzeren Abständen vorhanden sind. Nach den vorgelegten Stundenplänen hatte die Berufungswerberin überwiegend folgende Unterrichtsschlusszeiten: 15:15 Uhr, 16:05 Uhr bzw. 16:10 Uhr, 17:00 Uhr bzw. 17:05 Uhr. Unter Berücksichtigung der von der Berufungswerberin erwähnten Nachbereitungszeit von 10 Minuten hätte sie in diesen Fällen jedenfalls die Möglichkeit, mit der Straßenbahnlinie um 15:32 Uhr, 16:32 Uhr bzw. 17:32 Uhr zum Regionalzug zuzufahren, der jeweils um 16:24 Uhr, 17:24 Uhr bzw. 18:24 Uhr eine Haltestelle erreicht, von der sie anschließend einen Fußweg von ca. 15 Minuten nach Hause hat. Bei den Schlusszeiten 16:05 Uhr bzw. 17:05 Uhr könnte sie überdies mit der Straßenbahnlinie um 16:20 Uhr bzw. 17:20 Uhr einen ÖBB-Postbus erreichen, der jeweils um 16:56 Uhr bzw. 17:56 Uhr eine passende Haltestelle erreicht. Im ersteren Fall wäre die gesamte Wegzeit einschließlich Wartezeit nur etwa 1 ¼ Stunden, im zweiten Fall weniger als eine Stunde. Hiezu kommt nach, dass die Berufungswerberin überdies die Möglichkeit hätte, die Strecke vom Wohnort zur Einstiegstelle mit dem Pkw zurückzulegen, wodurch sich diese Wegzeit noch weiter verringern würde.

In ähnlicher Weise stehen auch für die Hinfahrt zur Schule ausreichende Verkehrsverbindungen zur Verfügung. Bei der geschilderten Sachlage ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels auf mehr als der halben Fahrtstrecke zumutbar.

An dieser Feststellung ändert auch ein Vergleich der benötigten Fahrzeiten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Privat-Pkw nichts. Bei einer Fahrzeit laut Routenplaner von 27 Minuten benötigt die Fahrt mit dem öffentlichen Verkehrsmittel in den meisten Fällen nur etwa die doppelte Zeit, zumal ein Teil der Fahrstrecke durch den Großraum X führt und dieser Streckenabschnitt mit dem Pkw in den Stoßzeiten erfahrungsgemäß auch längere Zeit in Anspruch nimmt. Das Finanzamt hat daher zu Recht nur das kleine Pendlerpauschale berücksichtigt.

Betreffend das Jahr 2008 wurde jedoch festgestellt, dass hier das Pendlerpauschale zu niedrig bemessen wurde. Angesetzt wurde ein Betrag von 546 €. Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit.b EStG 1988 beträgt der Pauschbetrag bei einer Fahrtstrecke von 20 km bis 40 km bis 30.6.2008 546 €, ab 1.7.2008 630 €, sodass der Gesamtbetrag im Jahr 2008 588 € beträgt. Das Pendlerpauschale war daher um 42 € zu erhöhen.

In der Neuberechnung der Einkommensteuer wurde daher dieser zusätzliche Betrag von 42 € unter den Werbungskosten berücksichtigt.

Aus den angeführten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Linz, am 28. September 2010

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Pendlerpauschale, Zumutbarkeit eines Massenbeförderungsmittels

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