Dienstgeberbeitragspflicht und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Vergütungen der AlleingesellschafterinKeine "res iudicata" (entschiedene Sache) bei neuem Abgabenbescheid bei Selbstbemessungsabgaben, nachdem mit BVE die Erstbescheide aufgehoben worden waren, weil sie keine Bemessungsgrundlage enthielten
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende HRätin Dr. Anna Maria Radschek und die weiteren Mitglieder Hofrätin Dr. Elfriede Murtinger, Werner Just und Mag. Robert Steier über die Berufung der Bw, in G, vertreten durch Draschtak und Partner WP und Stb GmbH, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei, 1030 Wien, Boerhaavegasse 6, vom 31. Jänner 2008 gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling vom 16. Jänner 2008 betreffend Dienstgeberbeitrag (DB) zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für die Jahre 2002 bis 2005 nach der am 18. August 2010 in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (Bw) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Alleinige Gesellschafterin (100 Prozent) der Bw ist Frau W. Frau W übt im Rahmen eines Werkvertrages selbstständig das Controlling der Filialen sowohl am Sitz der Gesellschaft als auch im Außendienst aus. Dabei überprüft und analysiert sie auch die wirtschaftliche Entwicklung der Filialen mit Hilfe des elektronischen Zugriffes auf die EDV-Organisation der Gesellschaft von der Zentrale aus. Zur Durchführung ihrer Tätigkeit steht der Alleingesellschafterin ein Firmenfahrzeug zur Verfügung, das auch für private Zwecke Verwendung findet. Für diese Tätigkeit legt die Alleingesellschafterin regelmäßig eine Honorarnote, die sich auf monatlich 3.000,00 Euro netto für 2002 und 2003 und ab 2004 auf monatlich netto 5.000,00 Euro beläuft.
Im Zuge einer Lohnsteuerprüfung stellte die Finanzbehörde fest, dass die an Frau W ausbezahlten Honorare für die Tätigkeit im Controlling der Gesellschaft in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einzubeziehen seien, da die Alleingesellschafterin durch ihre Tätigkeit in den organisatorischen Ablauf der Gesellschaft eingegliedert sei. Es ergingen in der Folge am 13. März 2007 entsprechende Abgabenbescheide für die Jahre 2002 bis 2005.
Gegen diese Bescheide wurde Berufung eingebracht. Die Bw führte darin aus:
Frau W erziele aus dem Werkvertrag Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit gemäß § 22 Z 2 EStG und sei pflichtversichert nach dem GSVG. Sie sei daher weder lohnsteuerpflichtig noch pflichtversichert nach dem ASVG. Sie erziele auch keine Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, weil die wesentlichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer dienstnehmerähnlichen Eigenschaft nicht erfüllt seien. Die Leistungen von Frau W beträfen im Wesentlichen das Controlling der Filialen am Sitz der Gesellschaft oder im Außendienst. Die Tätigkeit umfasse die Überprüfung und die Analyse der wirtschaftlichen Entwicklung der Filialen von der Zentrale aus mit Zugriff auf die EDV-Organisation der Gesellschaft sowie die Beratung und Unterstützung der Franchisenehmer. Die Sicherstellung der reibungslosen administrativen Abläufe zwischen den Filialen und der Zentrale habe dabei untergeordnete Funktion, sei aber Teil der Tätigkeit, um zeitgerecht über die erforderlichen Informationen zu verfügen. Frau W erbringe die Leistungen völlig weisungsfrei. Ebenso wenig liege eine organisatorische Eingliederung in den geschäftlichen Betrieb des Auftraggebers vor. Die spezifische Art der Leistung erfordere den Zugriff auf das EDV-System der Gesellschaft. Wie, wann und in welchem Ausmaß sie das tue, bliebe ganz allein Frau W überlassen. Die Einnahmen würden auf Grund der gelegten Honorarnoten und nicht auf Grund eines Dienstverhältnisses erzielt. Die Festsetzung von Dienstgeberbeiträgen und Zuschlägen zu Dienstgeberbeiträgen sei daher keineswegs nachvollziehbar. Es werde daher beantragt, dass für Frau W keine Dienstgeberbeiträge und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag festgesetzt werden.
Die Betriebsprüfung führte in ihrer Stellungnahme zur Berufung aus:
Frau W sei in den Organismus des Betriebes der Körperschaft eingegliedert. Sie führe das Controlling der im Franchisesystem betriebenen Filialen sowohl im Innendienst als auch an Ort und Stelle im Außendienst durch. Sie habe damit zu jeder Zeit die Kenntnis der firmenrelevanten Daten, sei es im wirtschaftlichen, organisatorischen oder im finanziellen Bereich. Zur Durchführung dieser Tätigkeiten stehe der Alleingesellschafterin ein Firmenfahrzeug zur Verfügung, das auch für private Zwecke Verwendung finde. Die Innendiensttätigkeiten würden in Büroräumen durchgeführt, die von der Körperschaft von Frau W angemietet werden. Die Liegenschaft stehe im Alleineigentum von Frau W. Über diese Tätigkeit werde regelmäßig monatlich eine Honorarnote gelegt. In der Einkommensteuererklärung, in der die Einnahmen aus den gelegten Honorarnoten erklärt wurden, seien die etwaigen Betriebsausgaben pauschal mit 6 Prozent angesetzt worden. Somit seien offensichtlich die gegebenenfalls mit der Tätigkeit angefallenen Aufwendungen durch die Körperschaft ersetzt worden. Der sowohl handelsrechtlich als auch gewerberechtlich bestellte Geschäftsführer, Herr H, erhalte keine Geschäftsführervergütung, was ein weiteres Indiz dafür sei, welche Agenden von der Alleingesellschafterin abgedeckt würden. Nach Darlegung dieser Fakten und auf Grund der auf Dauer angelegten kontinuierlichen Leistung der Alleingesellschafterin zumindest im operativen Bereich der Gesellschaft sei ein eindeutiges Tätigkeitsbild von Frau W gegeben und sei damit eine Eingliederung in den Organismus des Betriebes verwirklicht.
Die Bw nahm zu den Ausführungen der Betriebsprüfung wie folgt Stellung:
Frau W benötige zur Beratung und Unterstützung der Franchisenehmer - wie jeder externe Berater auch - die Kenntnis aller firmenrelevanten Daten. Ebenso sei der EDV-technische Zugang erforderlich. Sie sei aber bei der Ausübung ihrer Tätigkeit völlig frei, sie unterliege keinen Weisungen, habe keine zeitlichen Vorgaben, sie könne sich vertreten lassen, sie könne den Ort ihrer Tätigkeitsausübung völlig frei wählen und habe auch keine Urlaubsansprüche. Sie schulde einen Arbeitserfolg und nicht die Zurverfügungstellung ihrer Arbeitskraft. Sie vertrete die Gesellschaft nicht nach außen - weder gegenüber Kunden noch gegenüber Lieferanten. Diese Funktion übernähmen der Geschäftsführer der Gesellschaft bzw. Herr AW im Rahmen einer Spezialvollmacht. Frau W habe lediglich beratende und unterstützende Funktion. Es könne daher nur von einer offensichtlichen Nichteingliederung in den Organismus der Gesellschaft gesprochen werden. Frau W erkläre seit Jahren ihre Einkünfte als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Sie stelle ihre Honorarnoten mit Umsatzsteuer aus und sei daher auch aus umsatzsteuerlicher Sicht als Unternehmerin einzustufen. Zur Vermeidung zusätzlicher rechtlicher Unsicherheit könne daher nur von der Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag abgesehen werden, da sich andernfalls die Frage nach der Rückabwicklung der Umsatzsteuer, einer Pflichtversicherung nach ASVG und der begünstigten Besteuerung eines allenfalls zu verteilenden 13. und 14. Monatsgehaltes stellen würde.
Das Finanzamt hob mit Berufungsvorentscheidung die Abgabenbescheide auf, weil sie keine vollständige Bemessungsgrundlage enthielten, sondern im Spruch der Bescheide nur die Abgabennachforderung ausgewiesen war und derartige Bescheide rechtswidrig seien. In der Folge wurden am 16. Jänner 2008 neue Abgabenbescheide für die Jahre 2002 bis 2005 erlassen, die die gesamten Bemessungsgrundlagen enthielten. Die Honorare von Frau W wurden in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen.
Gegen diese Abgabenbescheide wurde Berufung eingebracht und beantragt, die Bescheide ersatzlos wegen Formmangels aufzuheben. Mit Berufungsvorentscheidung sei der Berufung stattgegeben und die Bescheide ersatzlos aufgehoben worden. Wenige Tage später seien über diese bereits entschiedenen und damit erledigten Abgabenerhebungen neue Bescheide erlassen worden. Zudem lasse die stattgebende Berufungsvorentscheidung eine Auseinandersetzung mit der Berufung vom 13. April 2007 vermissen. Inhaltlich wiederholte die Bw ihr Vorbringen. Mangels eines Dienstverhältnisses sei die Vorschreibung von Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag nicht nachvollziehbar. Es werde eine mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Finanzsenat beantragt.
Das Finanzamt legte die Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vor.
In der am 18. August 2010 abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt:
Der Berufung sei mit Berufungsvorentscheidung vom 9.1.2008 stattgegeben worden und die Bescheide vollinhaltlich aufgehoben worden. Danach seien neuerlich die Abgaben in gleicher Höhe mit Bescheiden vom 16.1.2008 festgesetzt worden. Für diese neuen Bescheide gäbe es keinen formellen Titel, da keine Wiederaufnahmsgründe vorlägen. Die Vertreterin des Finanzamtes führte aus, dass die ursprünglichen Bescheide weder eine Bemessungsgrundlage noch eine Abgabe enthalten hätten, sondern lediglich den Nachforderungsbetrag.
Inhaltlich brachte der steuerliche Vertreter vor, dass Frau W niemals Geschäftsführerin gewesen sei. Geschäftsführer sei Herr H gewesen, der seine Tätigkeit mittels Spezialvollmacht an Herrn AW delegiert habe. An diesen sei eine regelmäßige Gehaltszahlung von monatlich 7.200 Euro erfolgt, da dieser tatsächlich die Geschäftsführungsagenden innegehabt habe.
Die Organisation bei der Bw sei in der Weise geregelt, dass diese den zentralen Einkauf vornehme, der Verleih aber an verschiedene Betreiber übertragen werde. Diese hätten nach Vorgaben der Bw zu agieren und jeden Tag die von ihnen erzielten Umsätze an die Bw mitzuteilen. Die Umsätze seien an die Bw zu überweisen und der jeweilige Betreiber erhalte hievon eine Provision. Der Tätigkeitsbereich von Frau W habe darin bestanden, die einzelnen Betreiber im Bereich des Marketings zu unterstützen. Die Bücher seien bei der steuerlichen Vertretung der Bw geführt worden.
Vor Aufnahme der Tätigkeit habe Frau W eine Prüfung durch die Wiener Gebietskrankenkasse veranlasst, ob sie ASVG oder GSVG-Versicherte sein müsse. Von der Gebietskrankenkasse sei festgehalten worden, dass sie nicht ASVG-Versicherte, sondern GSVG-Versicherte zu sein habe. Beim Finanzamt habe Frau W eine Steuernummer und eine UID-Nummer erhalten.
Der Vertreter ersuchte der Berufung stattzugeben.
Über die Berufung wurde erwogen:
Die Behörde ist bei ihrer Entscheidung von folgendem Sachverhalt ausgegangen:
Frau W ist an der Bw seit dem Jahr 1998 zu 100 Prozent beteiligt.
Die Alleingesellschafterin führt für die Bw auf Grund eines Werkvertrages folgende Leistungen aus: Controlling der Filialen am Sitz der Gesellschaft oder im Außendienst zur Überprüfung und Analyse der wirtschaftlichen Entwicklung der Filialen; Sicherstellung der reibungslosen administrativen Abläufe zwischen den Filialen und der Zentrale. Sie hat zu jeder Zeit Kenntnis der firmenrelevanten Daten in wirtschaftlicher, organisatorischer und in finanzieller Hinsicht und den dafür erforderlichen technischen Zugriff auf das EDV-System der Gesellschaft. Frau W unterstützt die einzelnen Filialen, die im Franchisesystem betrieben werden, im Bereich des Marketings.
Die Alleingesellschafterin hat ein Firmenfahrzeug zur Verfügung, das auch privat verwendet wird. Sie führt ihre Tätigkeit in Büroräumen aus, die im Alleineigentum der Gesellschafterin stehen und von der Bw angemietet werden.
Es gibt keine schriftliche Vereinbarung dieses Werkvertrages.
Jahr | 2002 | 2003 | 2004 | 2005 |
Währung | € | € | € | € |
Vergütung | 36.000 | 36.000 | 60.000 | 60.000 |
Sachbezug PKW | 1.000 | 1.000 | 1.000 | 1.000 |
BmGL DB, DZ | 37.000 | 37.000 | 61.000 | 61.000 |
Dieser Sachverhalt gründet sich auf das Vorbringen der Bw sowie auf die Feststellungen im Rahmen der Lohnsteuerprüfung und ist insoweit nicht strittig.
Rechtliche Würdigung:
Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
Entsprechend der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG 1967 in der ab 1994 geltenden Fassung BGBl. Nr. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z 2 EStG 1988.
Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG 1967 idF BGBl. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z 2 EStG 1988.
Nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.
Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25 Prozent beträgt (§ 22 Z 2 EStG 1988).
Die Regelung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag, der von der in § 41 FLAG 1967 festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, findet sich für die Jahre 2002 bis 2005 in § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 (WKG).
Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 1.3.2001, G 109/00, darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis wären, im Falle der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung verlieren, gehören nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor allem Folgende (vgl. hierzu auch Arnold, ÖStZ 2000, 639f): fixe Arbeitszeit (VwGH vom 22.9.2000, 2000/15/0075, VwGH vom 30.11.1999, 99/14/0270, und VwGH vom 27.7.1999, 99/14/0136), fixer Arbeitsort (VwGH vom 30.11.1999, 99/14/0226), arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit (VwGH vom 24.2.1999, 98/13/0014), Anwendbarkeit typisch arbeitsrechtlicher Vorschriften, wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz (VwGH vom 26.4.2000, 99/14/0339, VwGH vom 27.1.2000, 98/15/0200), sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (VwGH vom 26.4.2000, 99/14/0339). Der Verfassungsgerichtshof hat weiters aufgezeigt, dass dies insbesondere für die Merkmale der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Unternehmens und des Fehlens des Unternehmerwagnisses nicht zutreffe.
Bezug nehmend auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes kristallisierten sich danach in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vor allem drei Merkmale eines Dienstverhältnisses heraus, nämlich
- die Eingliederung in den betrieblichen Organismus,
- das fehlende Unternehmerrisiko
- eine laufende, wenn auch nicht monatliche Entlohnung
Im Erkenntnis des verstärkten Senates vom 10. November 2004 (VwGH 10.11.2004, 2003/13/0018), stellte der Verwaltungsgerichtshof klar, dass bei der Frage, ob Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 erzielt werden, entscheidende Bedeutung dem Umstand zukommt, ob der Gesellschafter bei seiner Tätigkeit in den betrieblichen Organismus des Unternehmens der Gesellschaft eingegliedert ist. Weiteren Elementen, wie etwa dem Fehlen des Unternehmerwagnisses oder einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, kann nur in solchen Fällen Bedeutung zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes nicht klar zu erkennen wäre.
Eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. des wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung dieser Aufgaben spricht für die Eingliederung (vgl. VwGH vom 23.4.2001, 2001/14/0054 und 2001/14/0052). Unerheblich ist, ob der Gesellschafter im operativen Bereich der Gesellschaft oder im Bereich der Geschäftsführung tätig ist. Dies ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes deswegen unerheblich, weil die Bestimmung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 an den Inhalt der Tätigkeit des an der Gesellschaft wesentlich Beteiligten und an seine handelsrechtliche Stellung nicht anknüpft. Deshalb steht der Annahme der Eingliederung in den Organismus des Betriebes auch nicht entgegen, dass der Gesellschafter nicht handelsrechtlicher Geschäftsführer ist (VwGH 10.11.2004, 2003/13/0018).
Entsprechend dem der Behörde vorliegenden Firmenbuchauszug war Frau W seit dem Jahr 1998 Alleingesellschafterin der Bw und übte die angeführte Tätigkeit bereits vor dem Prüfungszeitraum aus. Sie bildete in Erfüllung der Aufgaben des Controllings und durch die Beratung der Franchisenehmer einen Teil des rechtlichen und wirtschaftlichen Organismus der Bw und führte ihre Tätigkeit im Interesse der Bw aus. Vor dem Hintergrund des vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen funktionalen Verständnisses vom Begriff der Eingliederung in den Organismus des Betriebes ist für die Gesellschafterin durch die unbestritten kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung dieser Aufgaben das Merkmal der Eingliederung ohne Zweifel gegeben (VwGH v. 23.11.2004, 2004/15/0068).
Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass die Betätigung der Alleingesellschafterin auf Grund der zweifelsfreien Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Bw als eine Betätigung im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 zu qualifizieren ist. Die Vergütungen der Alleingesellschafterin sind daher im Sinne der obigen Ausführungen in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einzubeziehen.
Zum Vorbringen der bereits entschiedene Sache:
Bei den streitgegenständlichen Bescheiden handelt es sich um Festsetzungsbescheide von Selbstbemessungsabgaben. Bei Selbstbemessungsabgaben erfolgt eine Festsetzung nur, wenn sich die Abgabenberechnung als nicht richtig erweist. Diese Festsetzungsbescheide haben gemäß § 198 Abs. 2 BAO als Abgabenbescheide im Spruch die Bemessungsgrundlage und die daraus zu ermittelnde Abgabe in ihrer Gesamtheit zu enthalten und nicht bloß die Nachforderung, um welche sich die Selbstberechnung als zu niedrig erweist, festzusetzen. Der Spruch der Bescheide vom 13. März 2007 enthielt jedoch lediglich eine Nachforderung an Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag. Als Begründung wurde nur auf die Lohnsteuerprüfung verwiesen, der Prüfbericht war in der Bescheidbegründung nicht angeführt. Die Begründung konnte somit nicht zur Auslegung der Bescheide herangezogen werden. Die Bescheide waren daher mit Rechtswidrigkeit behaftet, da sie nicht die Erfordernisse des § 198 Abs. 2 BAO erfüllten. (VwGH 28.5.2008, 2008/15/0136).
Da die Abgabenbehörde zweiter Instanz im Rechtsmittelverfahren nur insoweit entscheiden darf, als die Sache erstinstanzlich bescheidmäßig erfasst ist, war es nicht möglich, über die Bemessungsgrundlagen im Zuge der Berufungsentscheidung erstmalig zu entscheiden.
Der Spruch der Bescheide vom 16. Jänner 2008 enthält die gesamte Bemessungsgrundlage, welche sich aus den Arbeitslöhnen der übrigen Dienstnehmer und den Vergütungen an die Alleingesellschafterin zusammensetzt, und die darauf entfallende Abgabe. Es erfolgte damit erstmals eine vollständige Abgabenfestsetzung im Sinne des § 201 iVm § 198 Abs. 2 BAO.
Die Identität der Sache wird abgabenrechtlich in erster Linie und ausschlaggebend nach dem Inhalt des Spruches und seiner Elemente bestimmt. Da die Bescheide vom 13. März 2007 und jene nachfolgenden Bescheide vom 16. Jänner 2008 sich in ihrem Spruch wesentlich unterschieden und mit den Bescheiden vom 16. Jänner 2008 im Gegensatz zu den Bescheiden vom 13. März 2007 erstmals über die Höhe der Bemessungsgrundlagen entschieden wurde, war keine Sachidentität gegeben. "Entschiedene Sache" lag daher nicht vor.
Die Berufung war daher im Sinne der obigen Ausführungen als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 20. August 2010
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, FLAG, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise: | VwGH 22.09.2000, 2000/15/0075 |