UFS RV/0390-G/10

UFSRV/0390-G/109.7.2010

Haftung des Finanzstraftäters: Aufgliederung der Haftungsbeträge nach Abgabenart und Abgabenzeitraum im Spruch des Haftungsbescheids erforderlich

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/16/0169 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. 24.1.2013 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/0087-G/13 erledigt.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch Grezesch & Bachmann Fachanwälte für Steuerrecht Partnerschaft, D-28053 Bremen, Wachtstraße 24, Postfach 10 53 43, vom 14. Dezember 2007 gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom 28. November 2007 betreffend Haftung gemäß § 11 BAO entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Der Bw wurde mit Urteil des LG für Strafsachen Graz vom 8. November 2007 als faktischer Geschäftsführer der R-GmbH wegen vorsätzlicher Hinterziehung von Umsatzsteuer für die Jahre 1999 bis 2001 im Betrag von "zumindest € 350.000" zu einer Geldstrafe von 70.000 Euro verurteilt.

Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 28. November 2007 zog das Finanzamt den Bw gemäß § 11 BAO zur Haftung für die Umsatzsteuer heran, wobei der Spruch bezüglich der Haftungsbeträge wie folgt lautet:

Die Haftung wird für folgende Abgabenschuldigkeiten, die bisher nicht entrichtet wurden, geltend gemacht:

Zeitraum

Abgabenart

Betrag in Euro

1999-2001

Umsatzsteuer

350.000,00

Dagegen erhob der Bw mit Schreiben seines berufsmäßigen Vertreters vom 14. Dezember 2007 die Berufung.

Im Mängelbehebungsschreiben vom 15. Mai 2009 wird zur Begründung ua. vorgebracht:

Der Höhe nach erfolgt die Anfechtung, weil der pauschal angesetzte Betrag von € 350.000,00 sich zwar aus dem Strafverfahren ableiten lässt. Im Haftungsverfahren ist jedoch zu erwarten, dass die Besteuerungsgrundlage so detailliert dargestellt wurden, dass eine Beziehung zwischen dem Haftungsbescheid und dem ursprünglichen Steuerbescheid vorgenommen werden kann. Dieses ist allein deshalb notwendig, um nachvollziehen zu können, ob eventuelle Tilgungen der Steuer auch zu einer Reduzierung der Haftungsschuld führen. Selbst wenn in dem vorliegenden Fall möglicherweise festzustellen ist, dass noch keinerlei Reduzierung der eigentlichen Steuerschuld eingetreten ist, entbindet dieses die Behörde nicht von der Verpflichtung, eine detaillierte Darlegung über die Ermittlung der Haftungsschuld vorzunehmen.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 25. Februar 2010 als unbegründet ab, wobei es die Haftungssumme wie folgt aufgliederte:

Die Aufteilung der Haftungsbeträge auf die einzelnen Jahre wird daher rechnerisch wie folgt ermittelt (€ 350.000 dividiert durch € 618.569,73 [Anmerkung: Gesamtrückstand Umsatzsteuer 1999 bis 2001] mal 100 ergibt 56,5821%).

Nachforderung lt. Bescheid

 

Haftungsbetrag (gerundet)

Umsatzsteuer 1999

€ 10.183,72

x 56,5821%

€ 5.762,16

Umsatzsteuer 2000

€ 79.596,96

x 56,5821%

€ 45.037,63

Umsatzsteuer 2001

€ 528.789,05

x 56,5821%

€ 299.199,95

   

€ 349,999,74

Mit Schreiben seines berufsmäßigen Vertreters vom 12. April 2010 beantragte der Bw die Vorlage und die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Das Finanzamt legte die Berufung dem unabhängigen Finanzsenat im Juni 2010 zur Entscheidung vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

Bei vorsätzlichen Finanzvergehen und bei vorsätzlicher Verletzung von Abgabenvorschriften der Länder und Gemeinden haften rechtskräftig verurteilte Täter und andere an der Tat Beteiligte für den Betrag, um den die Abgaben verkürzt wurden (§ 11 BAO).

Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten (§ 224 Abs. 1 BAO).

Wie von Seiten des Bw richtig vorgebracht, erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig, weil das Finanzamt die Abgaben im Spruch des Bescheides zusammengerechnet hat. Bei der Geltendmachung der Haftung sind aber die im Haftungsweg geltend gemachten Abgabenansprüche nach Abgabenarten und Zeiträumen aufgeschlüsselt auszuweisen, um sie dem Haftenden zur Kenntnis zu bringen. Geht der Haftungsbetrag auf mehrere Abgabenbescheide (bzw. auf mehrere Meldungen von Abgaben) zurück, so ist eine entsprechende Aufgliederung vorzunehmen (UFS 25.11.2005, RV/0437-G/05). Dieser Anforderung wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht, weil dort die Umsatzsteuern der Jahre 1999 bis 2001 in einer Summe ausgewiesen, jedoch nicht aufgegliedert werden. Die erforderliche Aufschlüsselung ist auch nicht aus der Begründung des angefochtenen Bescheides oder einer Beilage dazu zu entnehmen. Eine Auslegung des Spruchs unter Heranziehung der Begründung war also ebenfalls nicht möglich. Die Berufungsvorentscheidung konnte allenfalls im Nachhinein Aufklärung bringen, vermochte aber die diesbezügliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht hintanzuhalten.

Der Berufung war daher Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

Nur der Vollständigkeit halber wird das Finanzamt darauf hingewiesen, dass die diesbezügliche Stattgabe der Berufung einer neuerlichen Heranziehung des Bw zur Haftung für diese Abgaben - soweit nicht verjährt - nicht entgegensteht.

Graz, am 9. Juli 2010

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 11 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Verweise:

UFS 25.11.2005, RV/0437-G/05

Stichworte