Dienstgeberbeitrag für Bezüge eines wesentlich beteiligten Gesellschafters-Geschäftsführers.
Beachte:
VfGH-Beschwerde zur Zl. B 619/10 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 7.06.2010 abgelehnt. VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/15/0109 eingebracht.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei, 4020 Linz, Kudlichstraße 41-43, vom 31. Juli 2009 gegen die Bescheide des Finanzamtes Linz vom 11. Juli 2009 betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2004, 2005 und 2006 sowie Säumniszuschlag für den Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2005 und 2006 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Anlässlich einer bei der Berufungswerberin über die Jahre 2004 bis 2006 durchgeführten Lohnsteuerprüfung wurde neben hier nicht strittigen Feststellungen auch die Feststellung getroffen, dass die Bezüge des wesentlich beteiligten Geschäftsführers A (Tätigkeitszeitraum November 2004 bis August 2006) nicht in die Bemessungsgrundlage des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfond und des Zuschlags zum Dienstgeberbeitrag einbezogen wurden. Das Finanzamt schloss sich der Ansicht des Prüfers an, dass diese Bezüge dienstgeberbeitragspflichtig wären, und forderte mit den angefochtenen Bescheiden den darauf entfallenden Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag nach und setzte für die Nachzahlungen der Jahre 2005 und 2006 auch Säumniszuschläge fest.
In der gegen die Bescheide eingebrachten Berufung wurde beantragt, die Nachforderungen einschließlich der Säumniszuschläge mit 0 € festzusetzen, und dies sinngemäß mit folgenden Ausführungen begründet: Zunächst wurde nach Zitierung der gesetzlichen Regelung und Hinweis auf die aktuelle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 10.11.2004, 2003/13/0018) eingewendet, dass der Verwaltungsgerichtshof damit von seiner bisherigen Rechtsprechung abgewichen sei. Zuvor hätte er erkannt, dass ein ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko eines an der Kapitalgesellschaft wesentlich Beteiligten den Einkünften im Sinn des § 22 Z 2 TS 2 EStG entgegenstünde. Der neu eingeschlagene Rechtsprechungsweg werde in einem Aufsatz von Dr. Wolf-Dieter Arnold "Eingliederung in den Betrieb - und (diesfalls wirklich) "sonst keine Merkmale eines Dienstverhältnisses"?", erschienen in SWK 2005, Seite 24ff., kritisiert, den die Berufungswerberin im folgenden kurz und sinngemäß wiedergab. Dieser nachfolgend auszugsweise zitierte Artikel kritisiert im Wesentlichen die Reduzierung der Merkmale eines Dienstverhältnisses auf die der Legaldefinition, sodass damit letztlich nur ein einziges übrig bleibe. Begründet sei dies unter anderem damit worden, dass ein Unternehmerrisiko ohnehin nie erwiesen werden konnte. Im Ergebnis sei damit jeder Gesellschafter-Geschäftsführer ein solcher im Sinn des § 22 Z 2 TS 2 EStG. Wenn der Gesetzgeber dies so gewollt hätte, hätte er die Bestimmung anderes formuliert. Durch die Einschränkung "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" wollte er jedoch Ausnahmen festlegen. Der Verwaltungsgerichtshof setze sich mit seiner Rechtsmeinung dem diametral entgegen. Er setze sich auch über die Rechtsmeinung des VfGH hinweg, der klarstelle, dass aus der Höhe der Beteiligung das Schwinden einer Erkennbarkeit jeglicher Merkmale eines Dienstverhältnisses resultieren könne. Auch nach den Materialien zum KommStG 1993 gehe hervor, dass nur ein Tätigwerden in der Art eines Dienstnehmers Steuerpflicht auslöse. Nach dem VfGH sei auch der Begriff des Dienstverhältnisses nicht durch § 47 EStG abschließend definiert, sondern müsse als durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneter Typusbegriff gedeutet werden. Dies entspreche auch dem Wortsinn des § 22 Z 2 EStG - "sonst alle Merkmale" sei eindeutig ein Verweis auf mehr als ein Merkmal. Mit der Reduzierung der "sonstigen Merkmale" auf ein einziges seien auch die Voraussetzungen nicht mehr gegeben, unter denen der VfGH seinerzeit im Gesetzesprüfungsverfahren die verfassungsrechtlichen Bedenken des VwGH als nicht gegeben erachtete. Hieraus zog die Berufungswerberin für ihren Fall folgenden Schluss: Der Geschäftsführer könne der GmbH die Arbeitskraft nicht geschuldet haben, da er auch mit anderen beruflichen Tätigkeiten beschäftigt war, er schulde der GmbH nur eine Leistung, die darin bestand, das Unternehmen zu führen. Es fehle an der Weisungsgebundenheit, da sich ein 100%iger Gesellschafter keine Weisungen geben könne. Es sei ihm frei gestanden, wann und wo er arbeite, er hätte keinen festen Arbeitsplatz und keine feste Arbeitszeit, er sei in die organisatorische Struktur nicht eingegliedert und hätte auch keinen Urlaubsanspruch, da er sich seine Freizeit einteilen könne. Sein Entgelt stehe in direkter Abhängigkeit zum wirtschaftlichen Erfolg, die Vereinbarung von Gehaltskürzungen im Verlustfall seien für einen Arbeitnehmer völlig untypisch. In den geprüften Jahren sei er auch mit wesentlichen Einkommensschwankungen konfrontiert, da das Entgelt im Jahr 2004 104.133,06 € betrug, 2005 294.640,23 €, 2006 304.701,18 €. Laufende Entlohnung könne nicht vorliegen, wenn ein Jahresentgelt nach Vorliegen des Jahresabschlusses nur einmal bezahlt werde. Wirtschaftliche Abhängigkeit liege ebenfalls nicht vor, da er noch weitere Tätigkeiten verrichte, aus denen Einkünfte bezogen würden. Falls der Senat der verfehlten Rechtsprechung des VwGH folgen würde, könnte die Wortfolge im Gesetzestext "für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisende Beschäftigung" genauso gut durch die Wortfolge "für ihre sonst keine Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisende Beschäftigung" ersetzt werden - das Ergebnis bliebe das selbe. Der angefochtene Bescheid sei daher ersatzlos aufzuheben.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen. Nach § 41 Abs. 2 FLAG 1967 in der seit 1.1.1994 geltenden Fassung sind Dienstnehmer Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinn des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinn des § 22 Z 2 EStG 1988.
Nach Absatz 3 der zitierten Gesetzesstelle ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Absatz 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht. Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit.a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinn des § 22 Z 2 leg.cit.
Gemäß § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 fallen unter die Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Für die Frage, ob "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" gegeben sind, ist eine auf Grund des Beteiligungsverhältnisses fehlende Weisungsgebundenheit fiktiv hinzuzudenken und sodann nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu prüfen, ob die Voraussetzungen eines steuerlichen Dienstverhältnisses gegeben sind (vgl. VwGH 20.11.1996, 96/15/0094). Hiebei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse, nicht auf die vom Steuerpflichtigen gewählte Form der Bezeichnung an.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung von Beschwerden, die sich gegen die Einbeziehung der Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art im Sinn des § 22 Z 2 EStG 1988 in den Dienstgeberbeitrag nach dem FLAG richteten, abgelehnt (VfGH 9.6.1998, B 286/98 und vom 24.6.1998, B 998/98 und B 999/98) und weiters auch die Anfechtungsanträge des Verwaltungsgerichtshofes mit den Erkenntnissen vom 1.3.2001, G 109/00 und vom 7.3.2001, G 110/00 abgewiesen.
Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1.3.2001, G 109/00, wird unter Zitierung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darauf hingewiesen, dass im Fall der auf die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zurückzuführenden Weisungsungebundenheit verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses ihre Indizwirkung für die Lösung der Frage verlieren, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses gegeben sind. Dies trifft vor allem auf folgende zu: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Arbeits- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung bestimmter Arbeiten etc.
In dem dieser Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes unmittelbar nachfolgenden Erkenntnis vom 23.4.2001, 2001/14/0054, und in zahlreichen späteren Judikaten hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen "sonst aller Merkmale eines Dienstverhältnisses" vor allem auf folgende Kriterien abstellt: die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen eines Unternehmerrisikos. Von Bedeutung ist auch noch das Vorliegen einer laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung.
Schließlich ist der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10.11.2004, 2003/13/0018, in einem nach § 13 Abs.1 Z 1 VwGG gebildeten Senat von dieser Rechtssprechung insoweit abgegangen, dass er die Feststellung, ob "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" vorliegen, nur mehr auf die gesetzliche Definition eines steuerrechtlichen Dienstverhältnisses in § 47 Abs. 2 EStG 1988 stützt. Da in dieser Legaldefinition das steuerrechtliche Dienstverhältnis lediglich durch zwei Merkmale, nämlich die Weisungsgebundenheit einerseits und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Betriebes andererseits umschrieben ist, kommt es nach Ausklammerung der Weisungsgebundenheit nur mehr darauf an, ob diese Eingliederung in den geschäftlichen Organismus gegeben ist. Den anderen Merkmalen kann nur in solchen Fällen Bedeutung zukommen, in denen die Eingliederung nicht klar zu erkennen wäre.
Gleichzeitig führt der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis unter Hinweis auf seine Vorjudikatur aus, dass von einer Eingliederung in aller Regel auszugehen sein wird, da dieses Merkmal bereits durch jede nach außen hin als auf Dauer angelegte erkennbare Tätigkeit hergestellt wird, mit welcher der Unternehmenszweck der Gesellschaft verwirklicht wird. Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für diese Eingliederung.
Der Unabhängige Finanzsenat sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung des verstärkten Senates vom 10.11.2004, 2003/13/0018, abzugehen. Im Sinn dieses Erkenntnisses liegt zweifellos eine Eingliederung des Geschäftsführers in den geschäftlichen Organismus der Berufungswerberin auch im gegenständlichen Fall vor, da auch nach den Ausführungen in der Berufung kein Grund zur Annahme besteht, dass er seinen mit der Geschäftsführung verbundenen Verpflichtungen nicht nachgekommen wäre. Die Berufungswerberin kritisiert in ihren Ausführungen in erster Linie die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als verfehlt, bringt in der Folge jedoch nichts vor, das eine andere Betrachtungsweise zulassen könnte. Das Fehlen der Weisungsgebundenheit auf Grund der Beteiligung ist typisches Merkmal der Einkünfte im Sinn des § 22 Z 2 EStG und der diesbezügliche Hinweis der Berufungswerberin entbehrlich. Wenn sie vermeint, der Geschäftsführer schulde seine Arbeitskraft nicht, da er auch mit anderen beruflichen Tätigkeiten beschäftigt sei, so kann dieser Aussage insofern nicht gefolgt werden, da auch mehrere Dienstverhältnisse zu verschiedenen Arbeitgebern unterhalten werden können. Die Definition des Dienstverhältnisses fordert nicht, dass die gesamte Arbeitskraft einer Person nur einem Dienstgeber zur Verfügung gestellt wird. Die nachfolgenden Hinweise auf das Fehlen fixer Arbeitszeit, eines fixen Arbeitsortes etc. hat bereits der Verfassungsgerichtshof im oben zitierten Erkenntnis vom 1.3.2001, G 109/00, als ungeeignet für die hier strittige Beurteilung verworfen, da diese Merkmale auf die jedenfalls fehlende Weisungsgebundenheit zurückzuführen sind und nicht bedeuten, dass keine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus vorliegt.
Damit kommt auch der Frage, ob der Geschäftsführer ein Unternehmerwagnis zu tragen habe, nicht mehr entscheidungswesentliche Bedeutung zu (vgl. auch VwGH 23.11.2004, 2004/15/0068 und zahlreiche nachfolgende Erkenntnisse).
Dennoch wird zu den diesbezüglichen Ausführungen in der Berufung noch bemerkt: Auch der Hinweis auf die wesentlichen Einkommensschwankungen des Geschäftsführers in den Jahren 2004 bis 2006, mit dem wohl ein Unternehmerrisiko dargestellt werden sollte, ist nicht nachvollziehbar bzw. lassen die Geschäftsführerbezüge solche Schwankungen nicht erkennen. Bei den in der Berufung angeführten Beträgen handelt es sich um die gesamten aus mehreren Einkunftsquellen stammenden Jahreseinkünfte des Geschäftsführers. Hingegen waren die in gegenständlichem Verfahren dem Dienstgeberbeitrag unterworfenen Geschäftsführerbezüge folgende: November bis Dezember 2004 18.461,54 €, Jänner bis Dezember 2005 112.000 €, Jänner bis August 2006 74.652,05 €. Teilt man den Jahresbezug 2005 in Monatsbeträge, entspricht dies Monatsbezügen von etwa 9.300 €. Monatsbezüge in etwa dieser Höhe ergeben sich auch aus den Zahlungen der Jahre 2004 und 2006. Wesentliche Schwankungen, die auf ein Unternehmerrisiko deuten könnten, zeigen die Geschäftsführerbezüge daher nicht auf.
Auf Grund dieser Feststellungen weist die Tätigkeit des wesentlich beteiligten Geschäftsführers somit - unter Außerachtlassung der Weisungsgebundenheit - die Merkmale eines Dienstverhältnisses auf, sodass die von der Gesellschaft bezogenen Vergütungen als Einkünfte im Sinn des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 in die Beitragsgrundlage zum Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einzubeziehen waren.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Linz, am 30. März 2010
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, FLAG, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 41 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Schlagworte: | wesentlich beteiligter Geschäftsführer, Dienstverhältnis |
Verweise: |