Ständiger Aufenthalt und Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich oder Ägypten?
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/16/0127 eingebracht. Mit Erk. v. 27.9.2012 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw., vom 8. August 2008 gegen die Bescheide des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom 16. Juli 2008 und vom 22. Juli 2008 betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab 1. Mai 2008 entschieden:
Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin hat vier Kinder: O, geboren 1989, A, geboren 1991, N, geboren 1999, und B, geboren 2005. Zusammen mit ihrem Ehegatten und ihren Kindern lebt sie teilweise in Österreich, teilweise in Ägypten. Bereits mit einem im Jänner 2008 erlassenen Bescheid wies das Finanzamt den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für die Kinder ab November 2007 ab. Im Zuge eines Berufungsverfahrens gegen diesen Bescheid wurde im März 2008 eine Nachschau durchgeführt, bei der durch eine Nachbarin der Berufungswerberin folgende Auskunft gegeben wurde: Die gesamte Familie halte sich nur von Mai bis September in ihrer Wohnung in Österreich auf, Oktober bis April verbringe die Familie im Ausland, vermutlich Ägypten. Da die Mutter der Berufungswerberin derzeit krank sei und ein Wechsel ins Pflegeheim anstehe, sei die Berufungswerberin mit dem jüngsten Kind seit ca. 2-3 Wochen in S, ansonsten sei sie mit ihrem Kind bei der restlichen Familie im Ausland. Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung abweisend erledigt.
Ein Neuantrag auf Gewährung der Familienbeihilfe wurde mit den im gegenständlichen Verfahren angefochtenen Bescheiden für sämtliche Kinder ab Mai 2008 unter Hinweis darauf abgewiesen, dass nach der gesetzlichen Regelung des § 2 Abs. 8 FLAG 1967 Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe hätten, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben und sich die Kinder ständig im Bundesgebiet aufhalten.
In der dagegen eingebrachten Berufung wandte die Berufungswerberin sinngemäß ein, dass sie immer noch den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in Österreich habe und sich die Kinder mindestens 7 Monate im Jahr in Österreich aufhalten würden. In diesem Jahr (2008) würden sie etwas später kommen, erst am 25. Mai, da sich die Schule aufgrund des Fastenmonats, der dieses Jahr in den Sommer falle, etwas verlängerte und der Schulanfang nach hinten versetzt werde. Sie würden in diesem Jahr daher voraussichtlich am 7. November wieder zurückfliegen. Sie selbst und B seien das Jahr über in Österreich gewesen. Bei ihrer Anmeldung für die Familienbeihilfe habe sie beigelegt, dass sich B hier das Bein gebrochen hätte und hier ärztlich versorgt werde. Es werde daher ersucht, den Fall neu zu prüfen.
Neben Unterlagen des Arbeitsmarktservices lagen dem Finanzamt eine Schulbestätigung der Tochter O über den Besuch einer vierjährigen Hotelfachschule in Ägypten und eine Schulbestätigung der Tochter N über einen Schulbesuch der VS S im Zeitraum 10. September bis 5. Oktober 2007 und wieder ab 27. Mai 2008 vor.
Nach Vorlage der Berufung an den Unabhängigen Finanzsenat wurden mittels Vorhalt folgende Fragen an die Berufungswerberin gerichtet: Für wie lange Zeit haben sich die Berufungswerberin und die Kinder seit Mai 2008 jeweils in Österreich bzw. in Ägypten aufgehalten - wo haben die Kinder eine Schule besucht - wo hat sich der Ehegatte während dieser Zeit aufgehalten, wo war er beruflich tätig und jeweils wie lange - wie sind die Wohnverhältnisse in Ägypten, wird dort eine berufliche Tätigkeit ausgeübt - welches Einkommen wird während des Aufenthaltes in Ägypten bezogen, welches in Österreich?
Der Vorhalt wurde sinngemäß folgendermaßen beantwortet: Die Kinder O , A und N waren vom Mai 2008 bis 14. November 2008 in Österreich und gingen ab 17. November wieder in Ägypten zur Schule. Die Berufungswerberin selbst und B flogen ebenfalls am 14. November 2008 nach Ägypten und waren zuvor im Jahr 2008 in Österreich. Der Ehegatte kam am 27. März 2008 nach Österreich und flog ebenfalls am 14. November 2008 nach Ägypten. Er war ab und zu bei verschiedenen Leasingfirmen tätig oder beim AMS angemeldet. Der Auskunft wurden die Boardingpässe für die Rückfahrt, Schulbestätigungen der Kinder, verschiedene Arztbestätigungen über Behandlungen in Österreich und Einkommensnachweise des Ehegatten beigelegt. Zu den Wohnverhältnissen in Ägypten wurde erklärt, dass eine kleine Wohnung vorhanden sei, die von den Eltern des Ehegatten zur Verfügung gestellt werde. Die Berufungswerberin sei dort nur Hausfrau und hätte in Ägypten kein Einkommen, in Österreich sei sie beim AMS gemeldet.
In Ergänzung zu diesen Ausführungen wurde im Rahmen eines am 28.10.2009 geführten Telefongesprächs von der Berufungswerberin noch mitgeteilt: Die gesamte Familie kam am 26. Mai 2009 wieder nach Österreich zurück und würde am 16. November wieder nach Ägypten fliegen. Die größeren Kinder würden nur in Ägypten zur Schule gehen, die kleinere noch schulpflichtige Tochter würde während ihres Österreichaufenthaltes auch hier zur Schule gehen. Zum Lebensunterhalt in Ägypten wurde erklärt, dass die Familie dort ein Fischgeschäft hätte, das gemeinsam betreut würde.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 8 FLAG 1967 in der für den Berufungszeitraum geltenden Fassung haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet haben und sich die Kinder ständig im Bundesgebiet aufhalten. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.
Die zitierte gesetzliche Regelung fordert somit zwei Voraussetzungen, die für den Anspruch auf Familienbeihilfe kumulativ vorliegen müssen. Während für die anspruchsvermittelnden Kinder gefordert wird, dass ihr ständiger Aufenthalt im Bundesgebiet liegt, ist für den Antragsteller entscheidend, ob sich der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in einem bestimmten Zeitraum im Bundesgebiet befunden hat.
Nach den durchgeführten Ermittlungen liegt im gegenständlichen Fall folgender Sachverhalt vor: Die Berufungswerberin, ihr Ehegatte und ihre Kinder sind österreichische Staatsbürger. Während die Berufungswerberin von Geburt an Österreicherin ist, ist ihr Ehegatte in Ägypten geboren und es leben auch seine Eltern noch in Ägypten. Die Familie hat sowohl in Österreich als auch in Ägypten einen Wohnsitz und hält sich zumeist im Winter in Ägypten, im Sommer in Österreich auf. Die beiden ältesten nicht mehr schulpflichtigen Kinder besuchen in Ägypten weiterbildende Schulen, die jüngere noch schulpflichtige Tochter besucht in Ismailia (Ägypten) die Manar Language School. Im Jahr 2008 besuchte sie überdies von Ende Mai bis Schulschluss und vom 8.9. bis 14.11.d.J. die Volksschule S .
Im Berufungszeitraum (ab Mai 2008) konnten folgende Aufenthaltsorte der einzelnen Familienmitglieder festgestellt werden: O , A und N waren bis 25.5.2008 in Ägypten, von 25.5.2008 bis 14.11.2008 in Österreich, von 14.11.2008 bis 26.5.2009 in Ägypten, anschließend bis 16.11.2009 in Österreich. Seither halten sie sich wieder in Ägypten auf. Die Berufungswerberin selbst war zusammen mit dem jüngsten Kind vor und zu Beginn des Berufungszeitraumes in Österreich, ab 14.11.2008 jeweils gleichzeitig mit den anderen Kindern in Ägypten. Der Kindesvater kam am 27.3.2008 von Ägypten nach Österreich und hielt sich ab 14.11.2008 ebenfalls zu den gleichen Zeiten wie die übrige Familie in Ägypten auf.
Sowohl die Berufungswerberin als auch ihr Ehegatte hatten während ihrer Aufenthalte im Bundesgebiet teilweise kurzzeitige Arbeitsverhältnisse und bezogen im Übrigen Überbrückungshilfen durch das Arbeitsmarktservice.
Aufgrund dieses Sachverhaltes ergeben sich folgende Feststellungen zum Vorliegen der in § 2 Abs. 8 FLAG 1967 geforderten Voraussetzungen:
1. Ständiger Aufenthalt der Kinder:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der ständige Aufenthalt im Sinn dieser Gesetzesbestimmung unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen. Danach hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn der Abgabenvorschriften dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Diese nicht auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen abstellende Beurteilung ist nach objektiven Kriterien zu treffen. Ein Aufenthalt im genannten Sinn verlangt grundsätzlich körperliche Anwesenheit. Daraus folgt auch, dass eine Person nur einen gewöhnlichen Aufenthalt haben kann. Um einen gewöhnlichen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, ist aber keine ununterbrochene Anwesenheit erforderlich. Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehend gewollt anzusehen sind, unterbrechen nicht den Zustand des Verweilens und daher auch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt.
Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in mehreren Erkenntnissen den Familienbeihilfenanspruch für Kinder verneint, die im Ausland eine Schule besuchen und sich nur in der Ferienzeit im Inland aufhalten (vgl. z.B. VwGH 20.6.2000, 98/15/0016; VwGH 2.6.2004, 2001/13/0160, u.a.). Kehren die Kinder nach ihren jeweiligen Ferienaufenthalten in Österreich wieder an die Schule ins Ausland zurück, dann ist das Verbringen der Ferien in Österreich nur als vorübergehende Abwesenheit zu beurteilen, durch die der ständige Aufenthalt der Kinder im Ausland nicht unterbrochen wird. Auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen kommt es bei dieser Beurteilung nicht an.
Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass die drei älteren Kinder der Berufungswerberin in Ägypten ihre Schulausbildung absolvieren, nach Ende des ägyptischen Schuljahres nach Österreich reisen und zu Beginn des neuen Schuljahres wieder dorthin zurückkehren. So haben sie sich aus diesem Grunde auch zu Beginn des Berufungszeitraumes noch in Ägypten aufgehalten, obwohl ihre Eltern zu dieser Zeit bereits in Österreich waren. Wenn auch die Sommerferien in Ägypten bedingt durch die Witterung länger als in Österreich sind und ein Schuljahr nach Auskunft der Berufungswerberin üblicherweise von November bis Mai dauert, so verbringen sie dennoch auf diese Weise die überwiegende Zeit des Jahres in Ägypten und sind im Sinn der oben zitierten Rechtsprechung ihre Aufenthalte in Österreich nur als vorübergehende Abwesenheit von ihrem ständigen Aufenthaltsort in Ägypten anzusehen. Dies trifft nicht nur auf die beiden ältesten Kinder zu, für die der Aufenthalt in Österreich tatsächlich nur Ferienaufenthalt ist, sondern in gleicher Weise auch auf die jüngere Tochter N , die aufgrund des in Österreich länger dauernden Schuljahres jeweils für ca. ein Monat zu Ende des Schuljahres und zu Beginn des neuen Schuljahres zusätzlich noch in Österreich die Volksschule besuchte.
Auf Grund dieser Feststellungen besteht für die drei Schulkinder allein deshalb kein Anspruch auf Familienbeihilfe, da ihr ständiger Aufenthaltsort im Sinn des Gesetzes in Ägypten ist.
Da der Aufenthalt des jüngsten im Jahr 2005 geborenen Kindes jedenfalls bis zur Ausreise im November 2008 überwiegend in Österreich war, gelten die zuvorstehende Feststellungen für dieses Kind nicht.
2. Mittelpunkt der Lebensinteressen der Antragstellerein:
Zum Mittelpunkt der Lebensinteressen vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass eine Person zwar über mehrere Wohnsitze verfügen kann, jedoch nur einen Mittelpunkt der Lebensinteressen haben kann (z.B. VwGH 30.1.1990, 89/14/0054, u.a.). Zur Legaldefinition, wonach für die Feststellung, wo eine Person den Mittelpunkt der Lebensinteressen hat, die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen den Ausschlag geben, wird Folgendes ausgeführt: Unter persönlichen Beziehungen zu einem Land sind all jene zu verstehen, die jemand aus in seiner Person liegenden Gründen aufgrund der Geburt, der Staatsangehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, mit anderen Worten nach allen Umständen, die den eigentlichen Sinn des Lebens ausmachen, an ein bestimmtes Land binden, während den wirtschaftlichen Beziehungen nur eine weitergehenden Zwecken dienende Funktion zukommt. Wiederholt hat der Verwaltungsgerichtshof auch ausgesprochen, dass die stärkste persönliche Beziehung eines Menschen im Regelfall zu dem Ort besteht, an dem er regelmäßig mit seiner Familie lebt, sodass bei verheirateten Personen der Mittelpunkt der Lebensinteressen regelmäßig an dem Ort sein wird, an dem sich die Familie aufhält. Bei getrennter Haushaltsführung kommt es auf die Umstände der Lebensführung an, wie etwa eine eigene Wohnung, gesellschaftliche Bindungen und auf objektive und subjektive Beziehungen.
Hat eine Person mehrere Wohnsitze, können auch die auf die einzelnen Wohnsitze entfallenden Aufenthaltszeiten ein bedeutsames quantitatives Kriterium dafür sein, wo eine Person den Mittelpunkt ihrer Lebensverhältnisse hat (vgl. VwGH 18.1.1996, 93/15/0145).
§ 2 Abs. 8 FLAG fordert nicht, dass die Absicht besteht, den Mittelpunkt der Lebensinteressen für immer im Bundesgebiet beizubehalten. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen kann sich auch verlagern - aufgrund der verstärkt zu erkennenden Mobilität ist dies auch mehrmals möglich. Entscheidend ist, wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen im Streitzeitraum befunden hat.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich im gegenständlichen Fall folgendes Bild: Die Berufungswerberin, die zweifellos ihre Wurzeln in Österreich hat und deren Mutter hier lebt, lebt in aufrechter Ehe mit ihrem in Ägypten geborenen Ehegatten, der österreichischer Staatsbürger ist, dessen Eltern jedoch in Ägypten leben. Bereits seit mehreren Jahren hält sich die gesamte Familie regelmäßig während des Winterhalbjahres für mehrere Monate in Ägypten auf und bewohnt dort eine Wohnung, die nach Auskunft der Berufungswerberin von den Eltern des Ehegatten zur Verfügung gestellt wurde. Weder die Berufungswerberin noch ihr Ehegatte stehen während ihrer Aufenthalte in Österreich in einem regelmäßigen Arbeitsverhältnis, sondern nur teilweise in kurzzeitigen Dienstverhältnissen und beziehen zumeist Überbrückungshilfe durch das Arbeitsmarktservice. Nach Auskunft der Berufungswerberin würde der Lebensunterhalt in Ägypten aus einem Fischgeschäft bestritten, das der Familie des Ehegatten gehöre und gemeinsam von allen betreut würde. Die Kinder absolvieren ihre Schulausbildung in Ägypten. Diese Lebensweise zeigt trotz der österreichischen Herkunft der Berufungswerberin und der noch bestehenden Beziehungen zur Mutter starke persönliche Beziehungen zu Ägypten auf, zumal auch die Entscheidung für eine Schulausbildung der Kinder in Ägypten den Schluss zulässt, dass den dort vermittelten kulturellen Werten der Vorzug gegenüber den in Österreich vermittelten Werten gegeben wurde.
Dass sich die Berufungswerberin von der Geburt des jüngsten Kindes im Jahr 2005 bis zum Jahr 2008 teilweise alleine mit diesem Kind überwiegend in Österreich aufgehalten hat, einerseits da das Kind gesundheitliche Probleme hatte, andererseits deshalb, da im Winter 2007/2008 auch die Mutter der Berufungswerberin pflegebedürftig wurde und eine Übersiedlung ins Pflegeheim vorbereitet wurde, zeigt wiederum persönliche Beziehungen zu Österreich auf, die speziell in den ersten Lebensjahren des Kindes nicht von der Hand zu weisen sind.
Gemäß § 167 Abs.2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Aus den zuvor geschilderten Lebensumständen kommt der Unabhängige Finanzsenat aus folgenden Gründen zu dem Schluss, dass die Berufungswerberin im hier maßgeblichen Zeitraum die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Ägypten hat: Die Berufungswerberin lebt mit ihrer Familie (Ehegatte und vier Kinder) regelmäßig sowohl in Österreich als auch in Ägypten zusammen, wobei aufgrund der Schulausbildung der Kinder ein leichter zeitlicher Überhang in Ägypten gegeben ist. Insbesondere aus der Tatsache, dass die Kinder ihre gesamte Schulausbildung in Ägypten erhalten, schließt der Unabhängige Finanzsenat, dass die Bildung der Kinder im Sinn der kulturellen Werte dieses Landes auch von der Berufungswerberin gewollt ist, was wiederum annehmen lässt, dass diese Werte für sie größere Bedeutung gegenüber den in Österreich vermittelten kulturellen Werten haben. Ist doch davon auszugehen, dass auch die Kinder damit einen stärkeren Bezug zu Ägypten erhalten und sich dadurch das Familienleben der Berufungswerberin immer stärker nach Ägypten verlagern wird. Demgegenüber stehen die persönlichen Bindungen, die die Berufungswerberin noch an ihre in Österreich lebende Mutter hat, im Hintergrund.
Aus dem Umstand, dass die Berufungswerberin in Österreich großteils nur Transferleistungen bezieht und auch die österreichischen Arbeitseinkünfte des Ehegatten so gering sind, dass damit der Lebensunterhalt für eine sechsköpfige Familie nicht bestritten werden kann, ist zu schließen, dass der Familienbetrieb in Ägypten die eigentliche Einkunftsquelle ist, die der Familie den Lebensunterhalt ermöglicht, sodass auch der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Beziehungen in Ägypten gelegen ist.
Ungeachtet eines allfälligen Schwerpunktes der persönlichen Beziehungen zu Österreich während der ersten Lebensjahre des jüngsten Kindes sieht daher der Unabhängige Finanzsenat im Berufungszeitraum den Mittelpunkt der Lebensinteressen als nicht mehr in Österreich gelegen an, sodass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 8 FLAG nicht vorliegen.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Linz, am 23. Februar 2010
Zusatzinformationen | |
---|---|
Materie: | Steuer, FLAG, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 2 Abs. 8 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Schlagworte: | ständiger Aufenthalt, Mittelpunkt der Lebensinteressen |
Verweise: | VwGH 30.01.1990, 89/14/0054 |