Zurückweisung einer Berufung gegen einen an eine nicht mehr existente Gesellschaft gerichteten Bescheid
Entscheidungstext
Bescheid
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Peter Steurer und die weiteren Mitglieder Dr. Wolfgang Kofler, Bernd Feldkircher und Dr. Klaus Holbach über die Berufung der Y Handelsgesellschaft m.b.H., [Adresse], vertreten durch die Rödl und Partner GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, 1130 Wien, Zaunergasse 4/4. OG, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom 4. Februar 2009 betreffend Änderung des Gruppenfeststellungsbescheides gemäß § 9 Abs. 10 KStG 1988 nach der am 12. November 2009 in 6800 Feldkirch, Schillerstraße 2, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom 12. Juli 2006 hat das Finanzamt antragsgemäß das Bestehen einer Unternehmensgruppe gemäß § 9 Abs. 8 KStG 1988 mit der X AG als Gruppenträger und ihrer 100%igen Tochter, der Y Handelsgesellschaft m.b.H., als einzigem Gruppenmitglied ab der Veranlagung 2006 festgestellt.
Mit Verschmelzungsvertrag vom 22. März 2007 wurde die Y Handelsgesellschaft m.b.H. mit Wirkung zum 31. Dezember 2006 durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes mit der X AG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge unter Inanspruchnahme der Begünstigungen des Artikel I UmgrStG verschmolzen. Am 29. März 2007 wurde die Verschmelzung verbunden mit der Auflösung und Löschung der Y Handelsgesellschaft m.b.H im Firmenbuch eingetragen.
Das Finanzamt sah infolgedessen die in § 9 Abs. 10 KStG 1988 statuierte Mindestdauer von drei Jahren für das Bestehen einer Gruppe als nicht erfüllt an und erklärte die Gruppe mit Bescheid vom 4. Februar 2009 rückwirkend ab der Veranlagung 2006 als beendet, Gruppenträger und Gruppenmitglied seien ab 2006 wieder gesondert zu veranlagen.
Gegen den an die Y Handelsgesellschaft m.b.H. gerichteten Bescheid wurde in deren Namen Berufung erhoben und nach Ergehen einer an die X AG als Rechtsnachfolgerin gerichteten abweisenden Berufungsvorentscheidung von dieser die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragt.
Der Unabhängige Finanzsenat hat darüber erwogen:
Gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist. Unzulässig in diesem Sinne ist ua. eine Berufung gegen eine abgabenbehördliche Erledigung, der mangels gesetzmäßiger Bezeichnung des Adressaten keine Bescheidqualität zukommt (vgl. Ritz, BAO3, § 273 Tz 2 und 6, mwN; VwGH 28.11.2007, 2004/15/0131).
Die angefochtene Erledigung des Finanzamtes vom 4. Februar 2009 ist an die zu diesem Zeitpunkt bereits mit der X AG verschmolzene Y Handelsgesellschaft m.b.H. ergangen.
Mit der Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften nach Art. I UmgrStG geht das Vermögen der übertragenden Gesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende Gesellschaft über; die übernehmende Gesellschaft tritt in die Rechtsstellung der übertragenden Gesellschaft ein. Mit der (hier am 29. März 2007 auf Grundlage des Verschmelzungsvertrages vom 22. März 2007 und des Generalversammlungsbeschlusses vom gleichen Tag erfolgten) Eintragung der Verschmelzung im Firmenbuch geht die übertragende Gesellschaft unter (vgl. VwGH 19.1.2005, 2004/13/0164, mwN). Folglich kann diese ab dem Zeitpunkt der Verschmelzung nicht mehr rechtswirksam Subjekt abgabenrechtlicher Rechte und Pflichten und daher auch nicht mehr Adressat eines abgabenrechtlichen Bescheides sein (vgl. VwGH 27.8.2008, 2006/15/0256, betreffend Umwandlung einer GmbH). Erledigungen, die an ein nicht (mehr) existierendes Rechtssubjekt gerichtet sind, gehen nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ins Leere und vermögen keine Rechtswirkungen zu entfalten (vgl. VwGH 27.8.2008, 2006/15/0256, mwN; VwGH 19.1.2005, 2004/13/0164).
Der an die aufgrund der Verschmelzung rechtlich nicht mehr existente Gesellschaft (die Y Handelgesellschaft m.b.H.) gerichteten Erledigung des Finanzamtes vom 4. Februar 2009 kommt damit keine Bescheidqualität zu und war die dagegen (überdies auch im Namen der nicht mehr existierenden Gesellschaft) erhobene Berufung sohin gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückzuweisen.
Entscheidet die Abgabenbehörde zweiter Instanz über eine bei ihr anhängige Berufung in der Sache, obwohl die bekämpfte Erledigung keine Wirksamkeit erlangt hat, handelt sie außerhalb ihrer Zuständigkeit (vgl. VwGH 29.03.2007, 2004/15/0140). Dass die Berufungsvorentscheidung richtigerweise an die X AG als Rechtsnachfolgerin der Y Handelsgesellschaft mbH gerichtet wurde und der Vorlageantrag in deren Namen gestellt wurde, steht dem nicht entgegen, ändert dies doch nichts am Fehlen eines rechtsmittelfähigen Bescheides und verliert überdies mit dem Ergehen eines Zurückweisungsbescheides gemäß § 273 BAO die (zu Unrecht ergangene) Berufungsvorentscheidung ihre Wirksamkeit, ohne dass es dazu einer gesonderten Aufhebung bedürfte (vgl. VwGH 22.4.2009, 2007/15/0074).
Lediglich der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass aus den in der die X AG als Gruppenträger betreffenden Berufungsentscheidung (UFS vom 17.11.2009, RV/0197-F/09) aufgezeigten Gründen auch in der Sache nichts zu gewinnen gewesen wäre.
Feldkirch, am 17. November 2009
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 273 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise: |