UFS RV/0734-L/04

UFSRV/0734-L/0421.9.2009

Aufhebungsantrag iZm. Vorsteuerabzug für gemischt genutzte Gebäude

 

Anmerkungen:
Abweichend UFS 12.5.2010, RV/0424-I/09

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Referenten R. über die Berufung des Bw., vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH, 4020 Linz, Kudlichstraße 41-43, vom 30. Juli 2004 gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, vertreten durch Reinhard Schatzl, vom 12. Juli 2004 mit dem der Antrag auf Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 1999 vom 3.7.2001, des Umsatzsteuerbescheides 2000 vom 6.7.2001 und des Umsatzsteuerbescheides 2001 vom 11.4.2002 gemäß § 299 BAO abgewiesen wurde, entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

1. Verfahren vor dem Finanzamt:

1.1. Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO:

Der Berufungswerber (Bw.) beantragte im Schreiben vom 12. Februar 2004 die Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 1999 vom 3.7.2001, des Umsatzsteuerbescheides 2000 vom 6.7.2001 und des Umsatzsteuerbescheides 2001 vom 11.4.2002 gemäß § 299 BAO. Mit Kaufvertrag vom 23.3.1999 hätte der Bw. gemeinsam mit seiner Ehefrau die Liegenschaft EZ 749, GB K., samt dem darauf errichteten Gebäude erworben. Im Anschluss daran sei das Gebäude saniert worden. Die Sanierungskosten hätten im Jahr 1999 849.796,78 S netto und die darauf entfallende Vorsteuer 169.959,34 S betragen. Die Sanierungskosten für das Jahr 2000 hätten 686.446,24 S netto und die darauf entfallende Vorsteuer 135.471,06 S betragen. Für das Jahr 2001 hätten die Sanierungskosten 157.497,47 S netto und die darauf entfallende Vorsteuer 26.098,09 S betragen.

Das Gebäude werde zu 14 % betrieblich und 86 % zu privaten Zwecken genutzt. In Zusammenhang mit der Errichtung oder Erhaltung von Gebäuden stehenden Leistungen hätten bis zum 31.12.1999 als Regelfall die teilweise Zuordnung zum unternehmerischen Bereich, wie sie sich nach einkommensteuerlichen Vorschriften ergibt, gegolten. Dem Unternehmer werde jedoch die Möglichkeit eingeräumt, den Teil der Lieferungen und sonstigen Leistungen, der nach den einkommensteuerlichen Vorschriften keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellt, ebenfalls dem Unternehmen zu widmen. Seit dem 1.1.2000 würden Leistungen in Zusammenhang mit einem unternehmerisch genutzten Gebäude unabhängig davon, in welchem Ausmaß die unternehmerische Nutzung erfolgt, grundsätzlich zur Gänze als für das Unternehmen ausgeführt (UStR 2000, Rz 1908 ff) gelten. Die erstmalige Verwendung des Gebäudes sei im Jahr 2000 erfolgt, sodass das Gebäude zu 100 % dem Unternehmen zugeordnet gelte. Die Vorsteuern in Zusammenhang mit der Sanierung seien folglich zu 100 % abzugsfähig. Die Nutzung zu privaten Wohnzwecken sei als Eigenverbrauch iSd § 1 Abs 1 Z 2 lit a UStG zu versteuern.

Im Detail ergeben sich iZm dem Gebäude folgende umsatzsteuerliche Berichtigungen zu der eingereichten Steuererklärungen:

Jahr

bisher erklärte Vorsteuer

Vorsteuer neu

1999

23.794,31 S

169.959,34 S

2000

18.965,95 S

135.471,06 S

2001

3.653,73 S

26.098,09 S

Jahr

Eigenverbrauch Bemessungsgrundlage bisher

Eigenverbrauch Bemessungsgrundlage neu

USt/Eigenverbrauch

1999

0,00 S

0,00 S

0,00

2000

0,00 S

51.792,09 S (3.763,88 €)

10.358,42 S (752,78 €)

2001

0,00 S

41.666,79 S (3.028,04 €)

8.333,36 S (605,61 €)

1.2. angefochtener Bescheid:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag abgewiesen. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, der EuGH hat in dem Urteil C-269/00 entschieden, dass die Verwendung eines insgesamt dem Unternehmen zugeordneten Betriebsgebäudes für den privaten Bedarf des Unternehmers keine steuerfreie Vermietung eines Grundstückes iS des Art 13 Teil B lit. b der 6. EG-RL (entspricht § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994) darstellt (eine Vermietung an sich selbst ist begrifflich nicht möglich). Es komme daher weder die Steuerbefreiung des § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 noch die Steuerermäßigung des § 10 Abs. 2 Z 4 lit. a UStG 1994, sondern stets der Normalsteuersatz zur Anwendung.

Das würde grundsätzlich bedeuten, dass ein Unternehmer, der ein gemischt genutztes Gebäude, das zur Gänze dem Unternehmen zugeordnet ist, errichtet bzw. anschafft, auch diejenigen auf die Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge abziehen kann, die den nichtunternehmerisch genutzten Gebäudeteil betreffen. Dieses Urteil sei für den Zeitraum vom 1. 1. 1995 bis 31. 12. 2003 grundsätzlich nicht anzuwenden:

1.3. Berufung vom 30. Juli 2004:

In der gegenständlichen Berufung wurde vorgebracht, in den oa. Jahren stehe das Recht zur Geltendmachung des Vorsteuerabzuges des privat genutzten Teiles des gemischt genutzten Gebäudes zu, wobei ausgehend von der auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer verteilten Anschaffungs- und Herstellungskosten - insoweit eine Vorsteuerabzugsberechtigung bestanden hat - ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung des Gebäudes eine Eigenverbrauchsbesteuerung vorzunehmen ist.

In der Begründung wurde zusammenfassend dargelegt, es seien die Umsatzsteuerbescheide 1999-2001 rechtswidrig, da das Recht zur Geltendmachung des Vorsteuerabzuges vom privat genutzten Teil des gemischt genutzten Gebäudes zustehe. Dies gelte unabhängig vorn Ausmaß der unternehmerischen bzw. privaten Nutzung. Ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung sei eine Eigenverbrauchsbesteuerung (Bemessungsgrundlage jährliche AfA der auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer verteilten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, insoweit eine Vorsteuerabzugsberechtigung bestanden hat) mit 20 % vorzunehmen.

2. Verfahren vor dem unabhängigen Finanzsenat:

2.1. Berufungsvorlage und Aussetzung des Berufungsverfahrens:

Nach Vorlage der Berufung am 4. August 2004 an den Unabhängigen Finanzsenat wurde diese mit Bescheid vom 7. November 2006 gemäß § 282 Abs. 2 BAO bis zur Beendigung des beim Verwaltungsgerichtshof zur Zl. 2006/15/0231 u.a. anhängigen Verfahrens ausgesetzt, da der Ausgang dieses Verfahrens hinsichtlich der Frage, ob bei einem gemischt genutzten Gebäude für die privat genutzten Teile der Vorsteuerabzug zusteht, von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung war.

2.2. Fortsetzung des Berufungsverfahrens:

Im Vorhalt vom 16. 7. 2009 wurde der Bw. aufgefordert, im Lichte des Erkenntnisses des VwGH vom 28.5.2009, 2009/15/0100 die vermeintliche Unrichtigkeit der Bescheide, deren Aufhebung begehrt wird, so darzulegen, dass von einer Gewissheit der Unrichtigkeit der Sprüche der Umsatzsteuerbescheide für 1999, 2000 und 2001 ausgegangen werden kann.

Der Bw. wurde darauf hingewiesen, dass im anhängigen Berufungsfall betreffend Aufhebung nach § 299 BAO in Zusammenhang mit der "Seeling-" Problematik ein 100 %-iger Vorsteuerabzug für nur teilweise betrieblich genutzte Gebäude (betriebliche Nutzung 14%, private Nutzung 86%) geltend gemacht wird. Der Antragsteller (Bw.) hätte im Antragsverfahren nach § 299 BAO aus eigenem Antrieb und zweifelsfrei darzulegen, dass der Spruch der aufzuhebenden Bescheide gewiss unrichtig ist. Die Aufhebung setze die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus; die bloße Möglichkeit reicht nicht. Die Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit setze daher grundsätzlich die (vorherige) Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes voraus, da nach § 299 Abs. 2 BAO der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid gleichzeitig mit dem Aufhebungsbescheid zu erlassen ist (vgl. Ritz, BAO³, § 299 Tz. Tz. 11 bis 13 und UFS 26. 5. 2009, RV/0438-L/07, RV/0442-L/07). Die im Aufhebungsantrag aufgezeigte Unrichtigkeit der Umsatzsteuerbescheide 1999, 2000 und 2001 (100 %-iger Vorsteuerabzug bei 14 %-iger betrieblicher Nutzung) liege auf Grund des Erkenntnisses des VwGH vom 28.5.2009, 2009/15/0100 gewiss nicht vor.

2.3. Stellungnahme des Berufungswerbers:

In der Stellungnahme vom 25. 8. 2009 führte der Bw. aus, es sei nach wie vor davon auszugehen, dass die Sprüche der betroffenen Umsatzsteuerbescheide unrichtig sind. Daran könne auch das Erkenntnis des VwGH nichts ändern, da die Entscheidung gegen geltendes Gemeinschaftsrecht verstoße und zugleich verfassungsrechtlich bedenklich erscheine. Die Entscheidung des VwGH zum Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Gebäuden möge aus rechtspolitischer Sicht zufrieden stellend sein. Aus rechtsstaatlicher Sicht sei die Entscheidung abzulehnen, da sie gegen geltendes Gemeinschaftsrecht verstoße. Dass sich der VwGH bei der Auslegung von Gemeinschaftsrecht täuschen kann, sei auch kein Novum (vgl hiezu die Ausführungen des EuGH 30.9.2003, Rs C-224/01 Köbler, Slg 2003 I-10239). Im Hinblick auf die dargestellten offenen Fragen, sei daher eine erneute Anrufung des EuGH unumgänglich. Diese Begründung untermauerte der Bw. mit einer umfangreichen Darlegung seiner Rechtsansicht.

Über die Berufung wurde erwogen:

3. Entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Mit Kaufvertrag vom 23.3.1999 hätte der Bw. gemeinsam mit seiner Ehefrau die Liegenschaft EZ 749, GB K., samt dem darauf errichteten Gebäude erworben. Im Anschluss daran ist das Gebäude saniert worden. Die Sanierungskosten haben im Jahr 1999 849.796,78 S netto und die darauf entfallende Umsatzsteuer 169.959,34 S betragen. Die Sanierungskosten für das Jahr 2000 haben 686.446,24 S netto und die darauf entfallende Umsatzsteuer 135.471,06 S betragen. Für das Jahr 2001 haben die Sanierungskosten 157.497,47 S netto und die darauf entfallende Umsatzsteuer 26.098,09 S betragen.

Das Gebäude wird zu 14 % betrieblich und 86 % zu privaten Zwecken genutzt.

In den Umsatzsteuerbescheiden für 1999, 2000 und 2001 vom 3.7.2001, 6.7.2001 und 11.4.2002, deren Aufhebung gemäß § 299 BAO beantragt wird, wurden die anteiligen Vorsteuern erklärungsgemäß nach dieser Aufteilung (14 % betrieblich / 86 % privat) anerkannt.

Die beantragte Änderung bezieht sich somit nicht auf eine vermeintlich unrichtige Annahme eines Sachverhaltes (zB. unrichtige Nutzungsaufteilung), sondern ausschließlich aus rechtlichen Gründen.

4. Rechtslage zu § 299 BAO

§ 299 der Bundesabgabenordnung (BAO) i.d.F. BGBl. I Nr. 124/2003 (Inkrafttretensdatum: 20.12.2003) lautet:

"(1) Die Abgabenbehörde erster Instanz kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden.

(3) Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat."

Die Aufhebung setzt weder ein Verschulden der Abgabenbehörde noch ein Verschulden (bzw ein Nichtverschulden) des Bescheidadressaten voraus. Die Rechtswidrigkeit muss auch nicht offensichtlich sein. Die Aufhebung setzt jedoch die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus; die bloße Möglichkeit reicht nicht (zB BMF, AÖF 2003/65, Abschn 3; vgl. zu § 299 aF zB Gassner, ÖStZ 1985, 5; VwGH 5.8.1993, 91/14/0127, 0128; Stoll, BAO, 2888). Die Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit setzt daher grundsätzlich die (vorherige) Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes voraus (vgl zu § 299 aF zB VwGH 22.2.2000, 96/14/0018; 22.2.2001, 98/15/0123). Dies gilt nach der neuen Rechtslage umso mehr, als nach § 299 Abs. 2 BAO der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid gleichzeitig mit dem Aufhebungsbescheid zu erlassen ist (Vgl. Ritz, BAO³, § 299 Tz. 11 bis 13).

Zu den allgemeinen Grundsätzen des Abgabenverfahrens gehört es, dass die Abgabenbehörde zwar die Feststellungslast für alle Tatsachen trägt, die vorliegen müssen, um einen Abgabenanspruch geltend machen zu können, dies doch die Partei nicht von ihrer Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht befreit. Nach der Judikatur tritt die amtswegige Ermittlungspflicht gegenüber der Behauptungs- und Mitwirkungspflicht in den Hintergrund, wenn die Behörde nur auf Antrag tätig wird (vgl. Ritz, BAO³, § 115 Tz. 11).

5) Zur behaupteten Unrichtigkeit der Sprüche der Umsatzsteuerbescheide für 1999, 2000 und 2001 wegen unrichtiger Rechtsanwendung:

Im Erkenntnis vom 28. 5. 2009, 2009/15/0100, welches dem Bw. im Zuge des Vorhalteverfahrens zur Kenntnis gebracht wurde, lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

"Die Beschwerdeführerin errichtete im Zeitraum vom November 2002 bis Juni 2004 ein Einfamilienwohnhaus samt Schwimmbad. Mit Eingabe vom 10. Juli 2003 teilte sie dem Finanzamt mit, dass sie ein Zimmer des Einfamilienhauses zu Bürozwecken steuerpflichtig vermieten und daraus einen voraussichtlichen Umsatz von rund EUR 2.000,-- jährlich erzielen werde. Neben den zu erwartenden Einkünften aus Vermietung und Verpachtung beziehe sie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von rund EUR 10.000,-- jährlich.

Im Zuge einer im Herbst 2004 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, dass sich im Gebäude zwei Büroräume befinden, von welchen der eine ab November 2003 und der andere ab Jänner 2004 vermietet wurden. Die Privatnutzung habe im November 2003 begonnen. Der unternehmerisch genutzte Teil des Gebäudes betrage rund 11%. Im Zeitraum von Oktober 2002 bis März 2004 seien Errichtungskosten von rund EUR 609.200,-- brutto (darin enthalten Vorsteuern in Höhe von rund EUR 99.800,--) angefallen. Die Beschwerdeführerin habe das Einfamilienhaus zur Gänze dem Unternehmensbereich zugeordnet und unter Hinweis auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache "Seeling" die für die Errichtung des Gebäudes in Rechnung gestellten Vorsteuern zur Gänze geltend gemacht.

Mit Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 2002 und 2003 ließ das Finanzamt die für die Errichtung des Schwimmbades in Rechnung gestellten Umsatzsteuern nicht zum Abzug zu und anerkannte von den übrigen Errichtungskosten nur einen Vorsteuerabzug im Ausmaß der unternehmerischen Nutzung von 11%.

Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde u. a. mit der Begründung ab, dass für gemischt genutzte Gebäude schon vor dem Beitrittszeitpunkt Österreichs zur EU ein Vorsteuerausschluss hinsichtlich privat genutzter Gebäudeteile bestanden habe und der nationale Gesetzgeber sein diesbezügliches gemeinschaftsrechtliches Beibehaltungsrecht nicht aufgegeben habe."

Damit ist der dem Verwaltungsgerichtshofverfahren zu Grunde liegende Fall durchaus vergleichbar mit dem gegenständlichen Berufungsfall, wird auch im gegenständlichen Fall ausgeführt, dass das zur Gänze dem Unternehmensbereich zugeordnete Einfamilienhaus zu 14 % betrieblich und zu 86 % privat genutzt wird. Der Umstand, dass im gegenständlichen Fall der Vorsteuerabzug von Sanierungskosten und nicht von Errichtungskosten geltend gemacht wird, ist eine unmaßgebliche Abweichung im Sachgeschehen. Für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung macht es keinen Unterschied, ob der Leistungsgegenstand eine Gebäudeherstellung oder eine Gebäudesanierung ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 28. 5. 2009, 2009/15/0100 zunächst auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 2007, EU 2007/0008, an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) gemäß Art. 234 EG um Vorabentscheidung hingewiesen und dann in der rechtlichen Würdigung ausgeführt:

"Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1988 gelten Lieferungen und sonstige Leistungen, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 sind, als nicht für das Unternehmen ausgeführt. Dieselbe Regelung fand sich in § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1972.

§ 20 Abs. 1 EStG 1988 erfasst in Z 1 "die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge" und in Z 2 lit. a "Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung". Aufwendungen des Unternehmers für die seinen privaten Wohnzwecken dienende Wohnung stellen nicht abzugsfähige Aufwendungen der Lebensführung dar.

Ein Gebäude, das zu einem Teil betrieblichen Zwecken dient, zu einem anderen Teil privaten Wohnzwecken des Unternehmers, wird nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einkommensteuerlich wie folgt behandelt:

Werden räumliche Bereiche eines Gebäudes unterschiedlich genutzt, die einen betrieblich, die anderen privat, so erfolgt aus einkommensteuerlicher Sicht eine Aufteilung des Gebäudes in einen betrieblichen und einen privaten Teil.

Für Zwecke der Aufteilung des Gebäudes ist zunächst jeder Raum als betrieblicher oder als privater Raum einzustufen. Diese Einstufung erfolgt nach dem Überwiegen der betrieblichen oder privaten Nutzung des Raumes. Entscheidende Bedeutung kommt sohin der auf den einzelnen Raum bezogenen Überwiegensprüfung zu.

Die Aufteilung des Gebäudes ergibt sich sodann aus dem Verhältnis der Summe der Nutzflächen der auf diese Weise ermittelten betrieblichen Räume zur Summe der Nutzflächen der auf diese Weise ermittelten privaten Räume. Dabei ist allerdings zu beachten, dass Räume, die von vornherein gemeinschaftlichen Zwecken dienen, wie Heizraum, Tankraum, Stiegenhaus, das Aufteilungsverhältnis nicht beeinflussen; vielmehr wird das gesamte Gebäude nach dem Verhältnis der anderen Räume aufgeteilt, sodass die von vornherein gemeinschaftlichen Zwecken dienenden Räume anteilig in den betrieblichen Bereich fallen (siehe zu dieser Aufteilung für viele die hg. Erkenntnisse vom 19. September 1989, 88/14/0172, vom 25. Jänner 1995, 93/15/0003, und vom 14. Dezember 2005, 2002/13/0114; sowie Doralt, EStG11, § 4 Tz. 85, und Sarnthein, in Achatz/Tumpel, Vorsteuerabzug, 21 (25)).

Wird wie im Beschwerdefall ein Gebäude nur zum Teil vermietet und zum anderen Teil für eigene Wohnzwecke genutzt, richtet sich die Ermittlung des zu nicht abziehbaren Aufwendungen führenden Anteils grundsätzlich wie im betrieblichen Bereich nach der anteiligen Nutzfläche.

Der Anordnung des § 12 Abs. 2 lit. a UStG 1994 iVm § 20 Abs. 1 Z 1 und 2 EStG 1988 zufolge sind in Bezug auf ein Gebäude, bei welchem einzelne Teile (iSd oben dargestellten Aufteilungsgrundsätze) überwiegend Wohnzwecken des Unternehmers gewidmet sind, die Umsatzsteuern, welche auf eben diese Räume entfallen, vom Vorsteuerausschluss erfasst.

§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 ist entgegen dem Vorbringen in der ergänzenden Stellungnahme der Beschwerdeführerin unabhängig von § 12 Abs. 2 Z 1 leg.cit., also - um mit den Worten des EuGH zu sprechen (Rn 95) - autonom anwendbar. Soweit die gemischte Nutzung eines Gebäudes darauf zurückzuführen ist, dass ein Teil des Gebäudes als private Wohnung des Unternehmers Verwendung findet, ergibt sich der anteilige Vorsteuerausschluss (auch abschließend) aus § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994. Einer Bezugnahme auf § 12 Abs. 2 Z 1 leg.cit. bedarf es nicht.

Allerdings führen bei einem Gebäude, das zum Teil für private Wohnzwecke des Unternehmers gewidmet ist, § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 einerseits und § 12 Abs. 2 Z 1 leg.cit. andererseits unabhängig voneinander zu jeweils gleichartigen Rechtsfolgen. In diesem Sinne sind die beiden Bestimmungen im Vorlagebeschluss als "überlappend" beurteilt worden. Und in diesem Sinne ist es für die Art der Rechtsfolge unerheblich, ob sich der Rechtsanwender (in der Vergangenheit) auf § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 oder auf § 12 Abs. 2 Z 1 leg.cit. (dessen gemeinschaftsrechtliche Unbedenklichkeit fingiert) gestützt hat.

Anders als in der ergänzenden Stellungnahme der Beschwerdeführerin zum Ausdruck gebracht, decken sich die Anwendungsbereiche von § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 und § 12 Abs. 2 Z 1 leg.cit. jedoch nicht. § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 erfasst nämlich zusätzlich auch völlig anders gelagerte Sachverhalte, etwa wenn sich die Mischnutzung daraus ergibt, dass das Gebäude neben der unternehmerischen einer anderen, aber nicht durch § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 erfassten Nutzung unterliegt. Ein derartiger - ausschließlich durch § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 erfasster - Fall liegt etwa vor, wenn ein räumlicher Teil des Gebäudes betrieblichen Zwecken dient, der andere Teil hingegen brach liegt, vom Unternehmer also überhaupt keiner Verwendung gewidmet wird (zu weiteren Beispielen vgl. Sarnthein, Gemischte Nutzung von Grundstücken im Unternehmen, ÖStZ 2005/184).

Im Beschwerdefall ergibt sich - wie bereits im Vorlagebeschluss ausgeführt - der Vorsteuerausschluss hinsichtlich des privaten Wohnzwecken der Beschwerdeführerin dienenden Gebäudeteils bereits als Rechtsfolge der Anwendung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994. Diese Bestimmung ist unabhängig von § 12 Abs. 2 Z 1 leg.cit. anwendbar. Im Beschwerdefall ergibt sich der strittige Vorsteuerausschluss, ohne dass es eines Rückgriffes auf § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 bedarf, aus der durch Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der 6. RL gedeckten Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994."

Im Erkenntnis vom 8. 7. 2001, 2009/15/0101 führte der Verwaltungsgerichtshof zu einem ähnlichen Fall aus:

"Mit Erkenntnis vom 28. Mai 2009, 2009/15/0100, hat der Verwaltungsgerichtshof im Anschluss an das Urteil des EuGH entschieden, dass sich der Vorsteuerausschluss hinsichtlich der privaten Wohnzwecken dienenden Gebäudeteile bereits als Rechtsfolge der Anwendung des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994 ergibt. Diese Bestimmung ist unabhängig von § 12 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. anwendbar. Der strittige Vorsteuerausschluss ergibt sich, ohne dass es eines Rückgriffes auf § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 bedarf, aus der durch Art. 17 Abs. 6 Unterabsatz 2 der 6. Richtlinie gedeckten Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994.

Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in allen für die Entscheidung wesentlichen Sachverhalts- und Rechtsfragen jenem, der dem Erkenntnis vom 28. Mai 2009, 2009/15/0100, zu Grunde liegt. Demgemäß war auch die hier vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen."

Gleichlautend sind auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. 7. 2009, 2009/15/0102 und 2009/15/0103.

Dem Verwaltungsgerichtshofverfahren zu Zl. 2006/15/0231, das Anlass für die Aussetzung der gegenständlichen Berufung war, lag laut Erkenntnis vom 8. Juli 2009 folgender Sachverhalt zu Grunde:

"Die beschwerdeführende Gemeinde errichtete in den Streitjahren 2003 und 2004 eine Sporthalle, die sowohl für schulische (und damit hoheitliche, nicht unternehmerische) als auch für unternehmerische Zwecke (Vermietung) verwendet wird. Die diesbezüglichen Nutzungsverhältnisse betragen unstrittig 46% (hoheitlich) zu 54% (unternehmerisch).

In ihren Umsatzsteuererklärungen der Jahre 2003 und 2004 machte die Beschwerdeführerin einen anteiligen Vorsteuerabzug in Höhe von 54% der gesamten auf die Sporthalle entfallenden Aufwendungen geltend.

Gegen die erklärungsgemäß ergangenen Umsatzsteuerbescheide 2003 und 2004 brachte die Beschwerdeführerin Berufung ein, in der sie beantragte, "in Anwendung der EU-Rechtslage" den vollen Vorsteuerabzug zu gewähren. Sie begründete ihre Rechtsansicht damit, dass § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 idF des AbgÄG 1997 die volle Zuordnung gemischt genutzter Gebäude zum Unternehmensbereich ermögliche (ab dem Jahr 2000 sei dies sogar der Regelfall) und die zugleich in § 6 Abs. 1 Z 16 leg. cit. normierte unechte Steuerbefreiung gegen Gemeinschaftsrecht verstoße (Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 8. Mai 2003, C-269/00 , Seeling).

Gemeinschaftsrechtswidrig seien auch die ab 1. Mai 2004 geltende Bestimmung des § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994, die explizit ein Vorsteuerabzugsverbot im Zusammenhang mit der Privatnutzung eines zur Gänze dem Unternehmen zugeordneten gemischt genutzten Grundstückes vorsehe, und die korrespondierende Bestimmung des § 3a Abs. 1a UStG 1994, nach der der Eigenverbrauch eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes nicht umsatzsteuerbar sei. Dieser mit BGBl. I Nr. 27/2004 unternommene weitere Versuch des österreichischen Gesetzgebers, den vollen Vorsteuerabzug für gemischt genutzte Grundstücke zu versagen, könne - anders als vom Finanzausschuss vertreten (436 BlgNR XXII. GP ) - auch nicht auf Art. 6 Abs. 2 der 6. MwSt-RL gestützt werden, welcher nicht dazu dienen können, die Judikatur des EuGH in der Rechtssache Seeling zu "umgehen".

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend vertrat sie die Ansicht, dass die 6. MwSt-RL den Steuerpflichtigen für Leistungen im Zusammenhang mit gemischt genutzten Gegenständen nur einen anteiligen Vorsteuerabzug einräume."

Der Verwaltungsgerichtshof führte im Erkenntnis vom 8. 7. 2009, 2006/15/0231, mit dem die Beschwerde gegen die Berufungsentscheidung des UFS vom 24. 5. 2006, RV/0740- L/05, betreffend Umsatzsteuer 2003 und 2004, als unbegründet abgewiesen wurde, aus:

"Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 24. Juni 2009, 2007/15/0192, zu Recht erkannt, dass Körperschaften des öffentlichen Rechtes der Vorsteuerabzug in Bezug auf Grundstücke (Gebäude) insoweit nicht gewährt werden darf, als diese für Aufwendungen (auch solche für die Anschaffung oder Herstellung gemischt genutzter Gegenstände) den nichtunternehmerischen, hoheitlichen Bereich der Körperschaft verwendet werden. Wie der EuGH in Rn. 37 des Urteils vom 12. Februar 2009, C-515/07 , Vereniging Noordelijke Land- en Tuinbouw Organisatie (VNLTO), ausgeführt habe, ist der Abzug von Vorsteuer auf Aufwendungen eines Steuerpflichtigen nicht zulässig, soweit sie sich auf Tätigkeiten beziehen, die auf Grund ihres nichtwirtschaftlichen Charakters nicht in den Anwendungsbereich der 6. Sechsten Richtlinie 77/388/EWG (RL) fallen. Derartige Aufwendungen im Zusammenhang mit einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin liegen auch im Beschwerdefall hinsichtlich der schulischen Nutzung der Sporthalle vor. Die Berufung der Beschwerdeführerin auf Art. 6 Abs. 2 der RL geht daher fehl. Zur näheren Begründung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des angeführten Erkenntnisses verwiesen."

Wie bereits angeführt wurde, setzt die Aufhebung die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus; die bloße Möglichkeit reicht nicht. Bei der Klärung der Frage, was rechtswidrig ist, spielen die Erkenntnisse der Höchstgerichte und die Judikatur des UFS eine wesentliche Rolle. Aus den oben dargestellten Judikaten des Verwaltungsgerichtshofes ist nachzuvollziehen, in welchem Ausmaß der Vorsteuerabzug bei Errichtung oder Sanierung von gemischt genutzten Gebäuden zusteht. Demnach ergibt sich der Vorsteuerausschluss hinsichtlich der privaten Wohnzwecken dienenden Gebäudeteile bereits als Rechtsfolge der Anwendung des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994. Diese Bestimmung ist unabhängig von § 12 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. anwendbar. Der strittige Vorsteuerausschluss ergibt sich, ohne dass es eines Rückgriffes auf § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 bedarf, aus der durch Art. 17 Abs. 6 Unterabsatz 2 der 6. Richtlinie gedeckten Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994. Dass diese Rechtsauslegung des Verwaltungsgerichtshofes unter Berücksichtigung der vom Bw. dargestellten Argumente möglicherweise unzutreffend sein könnte, ist im gegenständlichen Fall nicht zu klären. Vielmehr ergibt sich aus dem Vorbringen des Bw., dass er selbst eine erneute Anrufung des EuGH zur Bestätigung seiner Argumente für unumgänglich hält. Schon daraus ergibt sich, dass von einer Unrichtigkeit der Umsatzsteuerbescheide für 1999, 2000 und 2001, deren Aufhebung begehrt wird, mit der für die Anwendung des § 299 Abs. 1 BAO geforderten Gewissheit nicht auszugehen ist. Der Bw. hat nicht behauptet, dass die Zuerkennung von Vorsteuern in den Umsatzsteuerbescheiden für 1999, 2000 und 2001, deren Aufhebung begehrt wird, nicht den im Erkenntnis vom 28. 5. 2009, 2009/15/0100 angeführten Rechtsansichten des Verwaltungsgerichtshofes entspricht. Somit ist auch aus diesem Gesichtspunkt nicht von einer Unrichtigkeit der Sprüche der Umsatzsteuerbescheide für 1999, 2000 und 2001, deren Aufhebung begehrt wird, auszugehen.

Aus diesen Gründen war die gegenständliche Berufung als unbegründet abzuweisen.

Linz, am 21. September 2009

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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