UFS RV/0700-S/08

UFSRV/0700-S/0811.8.2009

Arbeitskräftegestellung

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/15/0174 eingebracht. Mit Erk. v. 23.1.2013 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der B, vertreten durch die Pölzleitner Wirtschaftstreuhand KEG, 4870 Vöcklamarkt, Dr. Scheiberstraße 20, vom 10. November 2008 gegen die Haftungsbescheide gemäß § 99 EStG 1988 des Finanzamtes Salzburg-Land vom 14. Oktober 2008 für die Jahre 2004 und 2005 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

 

Unternehmensgegenstand der Bw war die Bauspenglerei. Die Bw war ab dem Jahr 2004 (Juni 2004) als Subunternehmer für diverse Baugesellschaften und als ARGE-Partner der ARGE X. im Baunebengewerbe tätig. Sie erbrachte dabei Subleistungen im Bereich von Eisenbiegertätigkeiten (Verlegung von Baueisen). Gesellschafter der Bw waren K.J. (5%) als Komplementär und G.B. als persönlich haftender Gesellschafter (95%).

Im Rahmen einer bei der Bw gem. § 147 BAO (Bundesabgabenordnung) durchgeführten Betriebsprüfung zur Umsatzsteuer und einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für den Zeitraum 2004 und 2005 wurden folgende steuerliche Feststellungen getroffen (siehe auch Betriebsprüfungsbericht vom 23.9.2008):

Die Arbeiten wären zum Großteil durch ausländische Arbeitskräfte durchgeführt worden, welche von portugiesische Unternehmen zur Arbeitsverrichtung nach Österreich entsandt worden wären: Fa. V.L., Fa. D.T., Lda. sowie Fa. O., Lda.

Die Arbeiter wären von inländischen Polieren beaufsichtigt und angewiesen worden. Die Arbeiter wären auf verschiedenen Baustellen- je nach momentanen Bedarf- eingesetzt worden. Die Bezahlung der Fremdleistungslöhne wäre zum weitaus überwiegenden Teil bar an die Arbeiter erfolgt. Folgende Beträge wären als Fremdleistungen verrechnet worden:

Jahr

V.L.

D.T., Lda.

O., Lda.

2004

€ 68.576,10

€ 306.567,37

 

2005

 

€ 27.507,75

€ 461.335,29

Am 20. 2. 2007 erging gem. Artikel 2 der EU-Richtlinie 77/799 bzw. gem. § 2 Abs 1 EG Amtshilfegesetz ein Auskunftsersuchen des Finanzamtes nach Portugal, an die Central Liaison Office for International Cooperation, mit dem Ersuchen nachstehende Fragen klären zu lassen:

Waren die Personen laut beiliegender "Arbeiter"-Liste im Zeitraum Februar 2005 oder später bei der Fa. O., Lda. beschäftigt?

Wurden die Arbeiter von der Fa. O., Lda. zur Tätigkeit nach Österreich entsendet?

Wurden die beiliegenden Rechnungen von der Fa. O., Lda. ausgestellt?

Welche Verträge und Zahlungsvereinbarungen bestehen zwischen der Fa. O., Lda. und der Bw? Wie hoch war der Gesamtumsatz, der von der Fa. O., Lda. an die Bw im Jahr 2005 und 2006 verrechnet wurde?

Mit Schreiben vom 12. 12.2007 wurde über das " Ministerio das Financas e da Administracao Publica "über die Fa. O., Lda. wie folgt Stellung genommen: Die auf der beigefügten Namensliste angeführten portugiesischen Arbeitnehmer waren in der Zeit von Jänner bis April 2005 bei der Fa. O., Lda. angestellt und angemeldet gewesen. Die auf der Liste angeführten Arbeitskräfte waren nach Österreich geschickt worden, um dort die Tätigkeit als Stahlbieger/ Eisenflechter auszuüben. Sie hätten sich während des Jahres 2005 dort aufgehalten. Die Firma hatte bestätigt, dass die Rechnungen (Nr. A100 und A 102) von der Fa. O., Lda. ausgestellt worden sind. Dem Schreiben angeschlossen waren "Verträge", welche von der Fa. O., Lda. und der Bw unterzeichnet wurden, sowie eine Liste aus der Steuererklärung 2005.

Die Finanzbehörde hat die Tätigkeit der ausländischen Arbeitskräfte als Arbeitskräftegestellung durch ausländische Unternehmer im Sinne des § 99 Abs 1 Z 5 EStG 1988 eingestuft. Gem. § 99 EStG 1988 wurden die im Rahmen der Gestellung an das ausländische Unternehmen erfolgen Gestellungsentgelte der 20%igen Abzugssteuer unterworfen und der zum Abzug verpflichteten Bw mit den Bescheiden vom 14.10.2008 ein Gesamtbetrag von € 75.028,69 für 2004 und € 97.768,81 für 2005 vorgeschrieben:

Jahr

V.L.

D.T., Lda.

O., Lda.

2004

€ 13.715,22

€ 61.313,47

 

2005

 

€ 5.501,75

€ 92.267,06

In der am 10.11.2008 gegen die Abgaben- und Haftungsbescheide 2004 und 2005 eingebrachten Berufung führte die Bw aus, dass die Bw selbst keine Eisenbieger beschäftigen und die Leistungen der Bw sich ausschließlich auf Bauleitungsfunktionen beschränken würden. Für die ausführenden manuellen Tätigkeiten würden von der Bw diverse Subunternehmen beauftragt worden sein. Die Abrechnungen dieser Subunternehmen wäre leistungsbezogen erfolgt. Die vom Werkunternehmer erbrachten Dienstleistungen würden ein vom Betriebsgegenstand des Werkbestellers abweichendes bzw unterscheidbares Werk darstellen. Weder das eingesetzte Material noch das Werkzeug würde von der Bw zur Verfügung gestellt worden sein. Die Mitarbeiter der jeweiligen Subfirmen wären organisatorisch in die Firma der Bw nicht eingegliedert worden. Die Bw hätte die Bauleitung über die übernommenen Baustellen und damit die Fachaufsichtpflicht gegenüber allen Professionisten. Die konkrete Arbeitseinteilung wäre durch die Subfirmen erfolgt. Die Subunternehmer würden dem Auftraggeber ein Werk schulden, die Abrechnung wäre weder stundenweise noch pauschal, sondern werkbezogen erfolgt. Nach durchgeführter Werksleistung und Prüfung wäre eine Übernahme und Abrechnung der getätigten Subleistungen erfolgt.

Von den Firmen V.L., D.T., Lda. sowie O., Lda. wären die durchgeführten Leistungen in Portugal erklärt und versteuert worden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 26.11.2008 wies das Finanzamt die Berufung mit der Begründung ab, dass für die steuerliche Beurteilung der wahre wirtschaftliche Gehalt ausschlaggebend wäre. Die portugiesischen Unternehmen hätten der Bw lediglich Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt, die auf Anweisung und unter Aufsicht der Vorarbeiter der Bw die Arbeit ausgeführt hätten. Aufzeichnungen über Arbeitszeiten von Fremdarbeitern würden darauf hinweisen, dass die tatsächlich geleisteten Stunden die Bemessungsgrundlagen für die Fremdlöhne gewesen wären. Die Bw hätte auch die Unterbringung der Arbeiter übernommen Das Material für die Arbeiten wäre von der Bw zur Verfügung gestellt worden.

Die Bw beantragte daraufhin die Vorlage der Berufung zur Entscheidung an die Abgabenbehörde zweite Instanz.

Über die Berufung wurde erwogen:

Das Unternehmen der Bw wurde mit März 2004 zu FN Y. in das Firmenbuch eingetragen. Gesellschafter waren als persönlich haftender Gesellschafter G.B. und K.J. als Komplementär. Die Mitgesellschafter sind am Ergebnis und am Firmenvermögen im Verhältnis ihrer Einlage beteiligt, G.B. mit 95% und K.J. mit 5%. Im strittigen Zeitraum oblag die Geschäftsführung G.B. (Gesellschaftsvertrag vom 27.2.2004).

Geschäftsgegenstand der Bw war die Bauspenglerei. Die Bw war Vertragspartner von diversen Baugesellschaften. Sie erbrachte Subleistungen im Bereich von Eisenbiegertätigkeiten (Eisenflechtertätigkeiten): Da die Bw nicht über entsprechendes eigenes Personal verfügte, vergab sie diese Arbeiten wiederum an Subfirmen (portugiesische Firmen, siehe Niederschrift Geschäftsführer G.B. "... Ich habe 18 Angestellte, die auch in der Firma gemeldet sind. Weiteres Personal erhalte ich von der Fa. O., Lda. zur Verfügung gestellt...").

Dem Eisenflechter obliegt die Herstellung des Traggerüstes aus Bewehrungsstahl eines im Stahlbeton auszuführenden Bauwerkes (zumeist) an Ort und Stelle, wobei die Bewehrung die Aufgabe zufällt, dem Stahlbeton die dem Beton fehlende Zugfestigkeit zu liefern und ihm damit Biegefestigkeit zu verleihen. Die Werkleistung besteht in der lagerichtigen Verlegung der bauseits bzw vom Biegebetrieb bereitgestellten und allenfalls von Eisenbiegern vorgefertigten Betonstähle bzw Betonstahlteilkonstruktionen hergestellten Formen (Schalung). Als wichtigstes Leistungsmerkmal neben der Termintreue zur Einhaltung des Betoniertermins sind dabei der richtige Abstand der statisch wirksamen Stähle zueinander und der Abstand der Konstruktion zur Schalung hervorzuheben. Das fertige Werk des Eisenflechters wird vor dem Betoniergang vom Auftraggeber und vom Planverfasser abgenommen. Das Abnahmeprotokoll gilt in de Praxis als Übergabe des Werkes an den Auftraggeber.

Eisenflechter ist in Österreich kein eigenständiger Beruf, die Tätigkeit wird im Rahmen des Baumeistergewerbes ausgeübt. Die Ausbildung erfolgt im Rahmen der Pflichtgegenstände des Lehrplanes des schulautonomen Ausbildungsschwerpunktes Bauhandwerkschule für Maurer. Durch praktische Einsätze in so genannten "Eisenflechterpartien" erhält der Eisenflechter seine weitere Ausbildung, wobei er unter Unterweisung durch den Partieführer nach einer Ausbildungszeit vom 4-5 Jahren nach Sammlung entsprechender Erfahrung vom Hilfspartieführer zum Partieführer aufsteigen. Er überträgt zB die Teilungen der Planvorlagen mittels Kreide"rissen" auf die Schalung, teilt den Arbeitsablauf ein und bestimmt die nötige Mannschaftsstärke zur Einhaltung des Betoniertermins, muss Konstruktions - oder Planmängel erkennen und stellt die richtige Lage der Bewehrung in der Schalung sicher.

Im streitgegenständlichen Zeitraum beschäftigte die Bw zur Ausübung ihrer Aufträge neben österreichischen Stammarbeitern portugiesische Arbeiter als Eisenflechter zur Verlegung von Baueisen (Bewehrungsarbeiten) auf diversen Baustellen in Österreich (siehe ua Niederschrift über die Erhebung/Nachschau anlässlich einer Neuaufnahme vom 5.1.2005, Niederschrift U.S., Baustellenkontrolle). Vorarbeiter war ein österreichischer Arbeitnehmer der Bw. Die ausländischen Arbeitskräfte wurden im strittigen Zeitraum von den portugiesischen Firmen V.L., D.T., Lda. sowie O., Lda. zur Arbeitsverrichtung bei der Bw als Eisenflechter nach Österreich entsandt. Die Arbeitskräfte waren bei den obgenannten Firmen in Portugal angestellt und angemeldet (siehe Auskunftsersuchen von 2007 des Finanzamtes nach Portugal, an die Central Liaison Office for International Cooperation, KSV-International Unternehmensprofil vom 7.12.2006 bzw 1.8.2005).

Die Eingangsrechnungen der portugiesischen Firmen wurden in der Buchhaltung der Bw auf dem Konto Fremdleistungen erfasst.

Gemäß § 99 Abs 1 Z 5 EStG 1988 wird die Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger durch Steuerabzug erhoben (Abzugsteuer): "Bei Einkünften aus im Inland ausgeübter kaufmännischer oder technischer Beratung und bei Einkünften aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung".

Eine Gestellung von Arbeitskräften liegt vor, wenn ein Unternehmer (Gesteller) seine Dienstnehmer einem anderen Unternehmer (Gestellungsnehmer) zur Verfügung stellt, ohne dass zwischen dem Gestellungsnehmer und den Arbeitnehmern des Gestellers ein Dienstverhältnis begründet wird. Beim Gestellungsvertrag handelt es sich um einen Vertrag eigener Art.

Entscheidend für die Arbeitskräftegestellung ist auch, dass der Gesteller Arbeitgeber bleibt. Er trägt den Lohnaufwand und zu ihm stehen die Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis, es bleibt das Dienstverhältnis zum demjenigen aufrecht, der die Dienste verschafft.

Im Unterscheid zum Werkvertrag schuldet er jedoch kein Werk, sondern lediglich die Bereitstellung von Arbeitnehmern. Bei einem Werkvertrag hingegen verpflichtet sich der Unternehmer zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges. Die Vergütung, die der Gesteller durch den Gestellungsnehmer erhält, ist zum einen als Entgelt anzusehen, aus dem die Löhne und sonstigen Aufwendungen abgedeckt werden und zum anderen auch als Entgelt für die in der Gestellung der Arbeitskräfte liegende Leistung. Damit unterscheidet sich die Arbeitskräftegestellung von jenen Fällen, bei denen ein Werkvertrag zwischen Gestellungsnehmer und Gesteller geschlossen wird.

Im Unterschied zum Werkvertrag liegt das Gefahrenrisiko beim Gestellungsvertrag ausschließlich beim Gestellungsnehmer. Der Gesteller haftet sohin nicht für die tatsächlichen Leistungen der von ihm gestellten Arbeitnehmer, sondern nur für ihre grundsätzliche Qualifizierung (vgl. Quantschnigg-Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 98 Rz 8.7).

Die Arbeiten werden unter Leitung und Verantwortung des Gestellungsnehmers durchgeführt.

Entscheidend für die Beurteilung und Einstufung der Sachverhaltes sind die steuerlich maßgeblichen Kriterien und nicht die Bestimmungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (vgl. Doralt, EST-Kommentar, § 98 Tz 56). Der Begriff der Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes darf daher nicht mit jenem der Gestellung von Arbeitskräften im Sinne des § 98 EStG 1988 gleichgesetzt werden. Bei der Prüfung des Vertragscharakters ist auch zu beachten, dass gemäß § 21 BAO im Steuerrecht nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes, sondern der wahre wirtschaftliche Gehalt ausschlaggebend ist: Damit sind für die Beurteilung der strittigen Leistungsbeziehung nicht die vertraglichen Abmachungen maßgeblich, sondern stets das tatsächlich verwirklichte Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit, wobei auch der im Wirtschaftsleben üblichen Gestaltungsweise Gewicht beizumessen ist (VwGH 25.10.1994, 90/14/0184, VwGH 20.12.2000, 99/13/0223, VwGH 19.09.2007, 2007/13/0071 betr. Scheinselbständigkeit von Bauarbeitern).

Danach ist es nicht ausreichend, wenn zwar einzelne für das Vorliegen eines Werkvertrages sprechende Sachverhaltselemente vorliegen, sich aber aus den Gesamtumständen Gegenteiliges ergibt (VwGH v 29.1.2009, 2007/09/0341):

Vorweg ist festhalten, dass der Geschäftsführer der Bw und gleichzeitig persönlich haftender Gesellschafter G.B. in seine Einvernahme vom 4.8.2006, Finanzamt Salzburg-Land, S 5, auf die Frage des Leiters der Amtshandlung, was das genau für ein Auftragsverhältnis mit der Fa. O., Lda. gewesen sei, antwortet,"... dass sie uns Arbeiter zur Verfügung stellen, "Personalgestellung". Herr G.B. gibt damit klar zum Ausdruck, dass es sich bei den Auftragsvergaben an die portugiesischen Firmen zur Erfüllung der durch die Vertragspartner der Bw erteilten Aufträge um Arbeitskräfteüberlassungsverträge handelte.

Wenn die Bw nun behauptet, dass die ausländischen Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Bereich des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbrachten, so muss ihr entgegengehalten werden, dass bei der Beurteilung der im Akt aufliegenden an die jeweilige portugiesische Firmen gerichteten und von der Bw als Werkverträge eingestuften Verträgen samt Anlagen (siehe Auftragsschreiben, Auftragserteilung) festzustellen ist, dass bei diesen das für einen Werkvertrag typisches Element, nämlich die genaue Beschreibung des bedungenen Erfolges, damit den genauen Leistungsumfang, das Werk, fehlt: Der Vereinbarung fehlt deshalb das für einen Werkvertrag typische Spezifikationsmerkmal, weil die geschuldete Leistung nur gattungsmäßig umschrieben ist. Die in diesen Vertragwerken vorgefunden Leistungsbeschreibung umfasst lediglich ganz allgemein "Bewehrungsarbeiten". Unter Punkt 2) der Verträge (Auftragsschreiben) "Auftragsumfang" wird darauf hingewiesen, dass der Auftragsumfang und die dazugehörigen Leistungsvergütungen in der Auftragsscheiben-Anlage aufgelistet sind (siehe ua Auftragsschreiben vom 2.7.2004, 2.7.2004 bzw 3.1.2005 sowie die Anlagen zum Hauptvertrag an die die Firmen V.L., D.T. und O.). Bei genauer Durchsicht dieser Anlagen ist jedoch ersichtlich, dass die Leistung bzw der Auftragumfang lediglich mit der zu erwartenden Tonnage an zu verlegendem Bewehrungsstahl bzw mit dem Preis/Tonne definiert wird. Ein bei der Auftragsvergabe mit Verlegung von "Tonnen (Bewehrungsstahl)-Preis" umschriebener voraussichtlicher (ca. 200 to) Auftragsumfang" reicht jedoch nicht aus, um davon ein vom Überlasser herbei zu führendes, klar abgrenzbares, Werk ableiten zu können. Nur wenn es sich auftragsgemäß um die Bewehrung von eindeutig voneinander getrennten Bauabschnitten handelt und bei der praktischen Umsetzung keine Vermengung stattfindet, wird der Subeisenflechter ein echtes Werk erbringen und nicht Arbeitskräfteüberlasser sein.

Der Unabhängige Finanzsenat schließt aus der Art der Tätigkeit der ausländischen Arbeitskräfte, dass es sich bei diesen Tätigkeiten um einfache Hilfstätigkeiten handelte: Die Auftragserfüllung erfolgte unter Aufsicht und Leitung eines Vorarbeiters, eines Arbeitnehmers der Bw. In seiner Einvernahme vom 22.9.2006 durch das Finanzamt Salzburg-Land gibt G.F., Vorarbeiter bei der Bw, folgendes bekannt: "....Ich bin für die Verlegung der Bewehrung und die Einteilung der Leute verantwortlich und bei der Bw angestellt." Auf die Frage, ob alle Arbeiter bei der Bw beschäftigt sind, erklärte er: "...Bei den Arbeitskräften der Bw handelt es sich zum einen um polnische und portugiesische, die von polnischen und portugiesischen Leasingfirmen an uns verleast werden. Die Arbeiter sind Leasingarbeiter und arbeiten auf mein Kommando. Nur die österreichischen Arbeitskräfte sind bei der Fa. B. angestellt. Ich hole die Leute um 6:00 vom Quartier ab und teile sie ein, wo sie hinmüssen. Die Leute, die ich brauche, nehme ich gleich auf meine Baustelle mit. Ich kriege am Freitag eine Wochenliste für die ganze kommende Woche, welche Baustellen zu besetzen sind. Diese Listen bekomme ich entweder vom Verlegeleiter der Vertragsfirma und dem Verlegeleiter der Bw. Ich teile ein und gebe auf den Baustellen alleine die Weisungen. Einen anderen Polier, der diesen Leuten etwas anschaffen könnte, gibt es nicht. Das, was zu machen ist, teile ich ein, ich bin der Polier."

Mit der Aussage des Poliers der Bw steht fest, dass die ausländischen Arbeitskräfte zu Beginn einer Woche je nach Bedarf (Wochenliste) durch den Vorarbeiter auf dessen Weisung auf diverse Baustellen eingeteilt wurden und der Zeitablauf und Arbeitsort des Einsatzes somit von ihm vorgegeben und bestimmt wurden. Welche Arbeiten wann und wo zu erledigen waren und wie viele Arbeiter dazu benötigt werden, wurde vom Vorarbeiter kurzfristig entschieden. Dass es sich damit nur um einfache Hilfstätigkeiten handeln kann, liegt auf der Hand. Solche Leistungen gehen im Allgemeinen mit dem gewöhnlichen Baufortschritt Hand in Hand. Es ist so gut wie auszuschließen, dass solche Tätigkeiten als selbständige Tätigkeiten vergeben werden, sodass alles andere als eine Beschäftigung in Form von Arbeitskräfteüberlassung schwer denkbar ist. Die Tätigkeit erfolgt schon wegen dem betrieblichen Ablauf nicht ohne Unterordnung der Hilfskräfte unter der Aufsicht und dem Willens des Poliers (Betriebsleiters). Sie ist im gesamten Eisenflechtvorgang integriert, sodass sie von den insgesamt zu erbringenden Eisenflechtarbeiten kaum abgrenzbar ist (siehe dazu Dr. Heinz Bachler, Einsatz von Werkverträgen im Ausländerbeschäftigungsrecht).

Diese Einschätzung wird durch die Aussagen des Poliers G.F. untermauert, wonach die Eisenflechtarbeiten auf den diversen Baustellen der Bw nicht nur von ausländischen, sondern auch von österreichischen Arbeitskräften unter Leitung und Aufsicht des Poliers durchgeführt wurden (ua Niederschrift über die Einvernahme des Poliers G.F. vom 22.9.2006, S 2, "...die portugiesischen Arbeitskräfte sind von einer portugiesischen Leasingfirma, nur die Österreicher sind von der Fa. B. ). Ausländische und österreichische Arbeitskräfte wurden sohin gemeinsam auf den diversen Baustellen eingesetzt. Es wurde damit in einer praktisch nicht auseinander zuhaltenden Verwendung unter Weisung des Poliers der Bw auf den Baustellen gearbeitet. Aus den Unterlagen im Akt ergibt sich kein Hinweis, dass die ausländischen Arbeitskräfte selbständig eingesetzt wurden. Mangelnde Unterscheidbarkeit der im Betrieb (Baustellen) der Bw hergestellten Bauleistungen weist aber jedenfalls auf Arbeitskräfteüberlassung hin.

So stellt der der VwGH in seinem Erkenntnis vom 13.2.1997, 95/09/0154, 95/09/0155 klar, dass derartigen einfache Hilfsarbeiten (Ausführungen siehe oben), die im unmittelbaren zeitlichen Arbeitsablauf erbracht werden müssen, kein selbständiges Werk darstellen können, vor allem dann, wenn durch die Art der Tätigkeit eine Abgrenzbarkeit der in Mischverwendung von Stammarbeitern und ausländischen Arbeitskräften der im Betrieb der Bw zu erstellenden Arbeitsergebnisse nicht möglich ist.

Die Ausführung der Arbeiten an den Baustellen erfolgte nicht nur unter weitgehender Dienst- und Fachaufsicht des Poliers der Bw, sondern es wurden den ausländischen Arbeitskräften, auch das erforderliche Material, das Werkzeug, die Baustellenfahrzeuge, die notwenigen Arbeitsmittel sowie teilweise auch die Unterkunft von der Bw zur Verfügung gestellt: Die Bw bzw deren Auftraggeber stellten den zu verlegenden Baustahl zur Verfügung. Das Material stammte daher nicht von den portugiesischen Firmen. Die am Bau übliche Schutzbekleidung (Helm, Handschuhe, Regenschutz) wurde ebenfalls von der Bw bereitgestellt (siehe KA 1081, Rechnung vom 19.4.2005, Fa. Lampl&Schreiber, KA 1053, KA 1637). Die Unterkünfte für die ausländischen Arbeitskräfte wurden von der Bw angemietet und bezahlt bzw von den Auftraggebern der Bw gegen entsprechende Berechnung zur Verfügung gestellt (siehe Aussage P.H. vom 9.10.2007, Rechnung vom 2.8.2004, Fa. Gösweiner Günther, AV vom 23.6.09),. Die übrigen Arbeitsmittel (zB Zange, Bindedraht und Abstandhalter) erhielten die ausländischen Arbeitskräfte von der Bw. Nach der Aussage des Poliers G.F. vom 22.9.2006, S 4, stellte die Bw auch die Baustellenautos zur Verfügung, mit denen die Arbeiter gefahren werden. Kurze Strecken fuhren die Arbeiter selbst (siehe ua Niederschrift über die Baustellenkontrolle G.W. vom 20.10.2004, Baustellenkontrolle B.S. vom 6.10.2004).

Dafür, dass die streitgegenständlichen Leistungen tatsächlich in Form der Zurverfügungstellung von Arbeitskräften erbracht worden sind, spricht auch Nachstehendes:

Entgegen den Ausführungen der Bw (Berufungsschrift vom 10.11.2008, Abrechnung erfolge werkbezogen) zeigen die Ermittlungsergebnisse der Betriebsprüfung auf, dass Belege vorliegen, die die Arbeitszeiten von den Fremdarbeitern dokumentieren. Es liegen Stundenaufzeichnungen vor, die die Bw nicht nur über die eigenen (österreichischen) Arbeitnehmer geführte hatten, sondern auch über die Arbeiter der ausländischen Firmen. Im jeweiligen Vertragswerk (Auftragsscheiben) selbst lässt sich keine Bestimmung entnehmen, die die Bw verpflichten würde, die Arbeitszeiten ihrer ausländischen Arbeitskräfte aufzuzeichnen. Der Umstand, dass sie es trotzdem tat, lässt den Schluss zu, dass als Bemessungsgrundlage für die Fremdlöhne die tatsächlich geleisteten Stunden herangezogen wurden und daher von einer leistungsbezogenen Entlohnung auszugehen ist. Es gibt keine Gesamtabrechnung pro Bauprojekt. Eine leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages.

Nach den Ermittlungen der Betriebsprüfung und den Aussagen der Auskunftspersonen, erfolgte die Lohnauszahlung regelmäßig und überwiegend bar an den Baustellen durch den Vorarbeiter G.F. oder durch K.J. . Die Kassa- Ausgangsbelege waren für jeden einzelnen Arbeiter direkt ausgestellt. In seiner Aussage vom 22.9.2006, S.4 erklärt der Vorarbeiter, dass er Vorschüsse, aber auch Löhne an die "Portugiesen" ausbezahlt habe. "...Die Portugiesen bekommen den Lohn auch da. Normalerweise macht das der K.J. selbst. Ich habe denen ein Kuvert übergeben, wo außen die Stundenanzahl und der Betrag, nicht aber der Firmenname draufgestanden sind. Wenn ich von K.J. die Lohngelder bekommen habe, musste ich keine Quittung unterschreiben." Aus den Aussagen weiterer Auskunftspersonen (Niederschriften vom 18.9.2006, 29.9.2006) geht weiters hervor, dass die Urlaubs- und Krankenmeldung beim Polier G.F. bzw direkt bei K.J. zu erfolgen hatte bzw erfolgte.

Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw die Vertragsverpflichtung des Werkbestellers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werkes beurteilt werden können. Punkt 9) der Auftragsschreiben ua vom 3.1.2005 enthält Gewährleistungsbestimmungen, wonach der Auftragnehmer (ausländische Firma) für die sach- und fachgerechte sowie termingemäße Ausführung der beauftragten Leistungen haftet. Obwohl K.J. unter anderem in der Niederschrift vom 13.6.2007 vor dem Finanzamt erklärte, die Geschäftsverbindung mit der Firma V.L. hätte nur ein paar Monate gedauert, weil die Zusammenarbeit mit dieser Firma nicht funktioniert hätte und "diese nicht ordentlich gearbeitet hätte", konnte im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum kein einziger Fall aufgezeigt und nachgewiesen werden (Buhhaltung, Schriftverkehr), in welchem es zu einer Inanspruchnahme der ausländischen Firmen aus dem Titel der Gewährleistung gekommen wäre- was bei der Anzahl an Aufträgen ungewöhnlich ist. Dies entspricht nicht den Erfahrungen des allgemeinen Wirtschaftslebens.

Ein Gestellungsvertrag ist ein den Dienstverschaffungsverträgen zuzuordnender Arbeitnehmerüberlassungsvertrag, bei dem (wie oben bereits ausgeführt) der Vertragsgegenstand in der Zurverfügungstellung arbeitsbereiter Arbeitskräfte besteht und nicht in der Verpflichtung, bestimmte Dienstleistungen zu erbringen oder einen bestimmten Leitungserfolg herbeizuführen. Der Verleiher schuldet die Überlassung der Arbeitskraft selbst zum Zweck der Arbeitsleistung und nicht zur Ausführung einzelner Arbeiten. Im vorliegenden Fall sind die ausländischen Arbeitskräfte organisatorisch in den Betrieb des Auftragsgebers eingegliedert und unterstehen dessen Dienst- und Fachaufsicht: Die Eingliederung zeigt sich hier insbesondere in der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitstortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber und damit in der unmittelbaren Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Auftraggebers (Bw bzw Polier teilt die Arbeitskräfte kurzfristig nach Bedarf ein, Wochenplan, siehe Ausführungen oben). Das Tätigwerden der ausländischen Arbeitskräfte nach den jeweiligen zeitlichen Gegebenheiten bringt eine Eingliederung in den Unternehmensorganismus zum Ausdruck, das dem Vorliegen eines Werkverhältnisses zuwider läuft (VwGH 15.9.1999, 97/13/0164).

Es hat sich somit im gesamten Verfahren kein Hinweis ergeben, dass die ausländischen Eisenflechter selbständig eingesetzt gewesen waren. Die österreichischen und ausländischen Arbeiter waren vielmehr gemeinsam auf den Baustellen eingeteilt. Ihre Tätigkeiten verrichteten sie unter der Weisung und Anleitung des Vorarbeiters. Arbeitsort und Arbeitszeit wurden ihnen kurzfristig und ausschließlich vom Polier der Bw vorgegeben. Damit waren sie organisatorisch in den Betrieb der Bw eingegliedert. Die Bemessungsgrundlage für die Fremdlöhne waren - nach den vorgefundenen Aufzeichnungen - die tatsächlich geleisteten Stunden, die Entlohnung daher nicht werkbezogen. Das Unternehmerrisiko bzw Erfolgshaftung trug die Bw. Bei den Tätigkeiten der ausländischen Arbeiter handelte es sich somit zum einen um einfache Hilfsarbeiten, die im unmittelbar zeitlichen Arbeitslauf erbracht wurden und zum anderen mangels unterscheidbarer Arbeitseinsätze der österreichischen bzw ausländischen Arbeitskräfte um keine von den sonstigen im Betrieb der Bw abgrenzbaren Bauleistungen und Arbeitserfolge. Da die Bw mit dem Einsatz der portugiesischen Arbeitskräfte kein eigenständiges Werk, das sich von den sonstigen im Betrieb der Bw erbrachten Leistungen deutlich abhebt, erbracht hat, ist der Tatbestand der Arbeitskräfteüberlassung erfüllt.

Das Gestellungsentgelt unterliegt gem. § 99 EStG 1988 in Österreich der Abzugsteuer. Die Bw haftet für die Einbehaltung und Abfuhr dieser Abgaben. Die Haftungsbescheide für die Jahre 2004 und 2005 bestehen daher zu Recht.

Hinzuweisen sei in diesem Zusammenhang noch, dass auf Grund des § 5 Abs 3 der DBA Entlastungsverordnung, Verordnung des BMF betreffend die Entlastung von der Abzugsbesteuerung auf Grund von Doppelbesteuerungsabkommen, BGBl. III Nr. 92/2005 idF BGBl. II Nr. 44/2006 in Fällen inländischer Beschäftiger von verleasten ausländischen Arbeitskräften (internationale Arbeitskräftegestellung) die Möglichkeit geschaffen wird, eine Entlastung hinsichtlich der von der Gestellungsvergütung zu erhebenden Abzugssteuer zu begehren, dies aber nur dann, wenn die lohnsteuerliche Erfassung der Arbeitslöhne sichergestellt wird. Die abkommensgemäße Steuerentlastung kann durch Steuerrückzahlung (oder durch Steuerbefreiung) herbeigeführt werden.

Salzburg, am 11. August 2009

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 99 Abs. 1 Z 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Bauspenglerei, Gestellung, Mischverwendung, Abgrenzbarkeit, Hilfsarbeiten

Verweise:

VwGH 25.10.1994, 90/14/0184
VwGH 20.12.2000, 99/13/0223
VwGH 19.09.2007, 2007/13/0071
VwGH 15.09.1999, 97/13/0164
VwGH 29.01.2009, 2007/09/0341
VwGH 13.02.1997, 95/09/0154

Stichworte